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Veröffentlicht am 08.04.2019

Am Abgrund

Nemesis
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Staatsanwältin C.J. Townsend ist zurück in Miami und sie hat Informationen, die sie nicht zur offiziellen Strafverfolgung weitergeben kann, da sie verheimlich muss, wie sie an diese Daten gekommen ist. ...

Staatsanwältin C.J. Townsend ist zurück in Miami und sie hat Informationen, die sie nicht zur offiziellen Strafverfolgung weitergeben kann, da sie verheimlich muss, wie sie an diese Daten gekommen ist. Daher macht sich C.J. alleine auf die Suche nach den Männern, die an mehreren Snuff-Filmen beteiligt waren. Bisher kennt sie nur die Namen der aktiven Zuschauer, aber sie will auch wissen, wer die Produzenten der Filme, in denen Frauen brutal ermordet werden, sind.

Zwar ist es nicht unbedingt erforderlich, die vorherigen Bücher der Reihe um C.J. Townsend gelesen zu haben, aber es ist zumindest sehr empfehlenswert, um verstehen zu können, warum die Staatsanwältin so handelt, wie sie es in „Nemesis“ tut. Wer „Cupido“, „Morpheus“ und „Argus“ nicht kennt, sollte sich also nachfolgend auf Spoiler gefasst machen.

Schon während der ersten Kapitel wird schnell klar, dass C.J. kurz vor einem Nervenzusammenbruch steht. Ihre Vergangenheit und zu viele Geheimnisse belasten sie und würden ihre Ehe und auf jeden Fall ihre Karriere zerstören, wenn sie ans Tageslicht kommen würden. Niemand weiß, dass der geflohene Serienmörder Bantling C.J.s Vergewaltiger war, auch wenn ihr Mann dies ahnt. Erst recht weiß niemand, dass Bantling nicht mehr lebt. Er wurde von C.J. getötet, als er sie umbringen wollte. Vorher hatte sie ihn noch dazu gezwungen, die Namen der Männer zu nennen, die zu einem Kreis von Snuff-Film-Kunden gehören. Jetzt weiß C.J., wer diese Männer sind, aber sie kann diese Namen nicht weitergeben, da sie nicht erklären kann, wie sie an die Daten gekommen ist. Also macht sie sich selbst an die Arbeit und lauert den Männern auf. Dabei gerät die Situation immer mehr außer Kontrolle und C.J. wird zur Nemesis, der Rachegöttin. Schnell ist eine rote Linie übertreten, ein Zurück ist nicht mehr möglich und nicht nur der Leser fragt sich, wie dies überhaupt zu einem guten Ende finden soll.

„Nemesis“ ist kein bequemes Buch, auch wenn man wie ich einige harte Thriller gewohnt ist. Aber das Thema Snuff-Filme, also Filme, in denen Menschen vor laufender Kamera ermordet werden, ist noch einmal eine ganz andere Kategorie. Hinzu kommt, dass C.J. sich immer weiter in eine ausweglose Situation hineinmanövriert hat, die eigentlich nur in einer Katastrophe enden könnte, wobei ich aber natürlich das Gegenteil gehofft habe. Dass Jilliane Hoffman keine Probleme damit hat, ihre Hauptfiguren in die schlimmsten aller Situationen zu bringen, sollte dem Leser spätestens seit dem Ende von „Argus“ bekannt sein.
Auf jeden Fall stand ich beim Lesen ständig unter Strom, da ich das Schlimmste befürchtete. Dabei habe ich dann auch gerne mal ein Auge zugedrückt, wenn die Handlung zu sehr auf manch glücklichen Zufall beruhte.

Wie immer ist dem Thriller anzumerken, dass die Autorin selbst jahrelang als stellvertretende Staatsanwältin gearbeitet hat. Da daraus eingestreuten Details und Informationen machen die Reihe viel glaubwürdiger und authentischer, ohne dass man sich als Leser langweilt.

Es wäre keine große Überraschung, wenn die Reihe mit einem fünften Teil fortgesetzt wird. Ich würde ihn auf jeden Fall lesen.

Veröffentlicht am 12.07.2018

endlich konnte ich mich mal wieder gruseln

Das Haus der Mädchen
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Es ist schon eine Weile her, dass ich mich bei einem Thriller so richtig gegruselt und auch unwohl in meiner Umgebung gefühlt habe. Mit seinem neuesten Thriller „Das Haus der Mädchen“ hat dies Andreas ...

Es ist schon eine Weile her, dass ich mich bei einem Thriller so richtig gegruselt und auch unwohl in meiner Umgebung gefühlt habe. Mit seinem neuesten Thriller „Das Haus der Mädchen“ hat dies Andreas Winkelmann aber tatsächlich geschafft.

Dank mehrerer Perspektivwechsel zwischen den einzelnen Kapiteln gelingt es dem Autor, den Leser lange im Ungewissen und unter Spannung zu lassen. Neben dem Ermittler, der erfreulicherweise schnell ein Gespür dafür hat, dass mehr hinter dem Mord an einem Mann in seinem Auto steckt (nichts ist ärgerlicher als ein Ermittler, der ahnungslos durch die Gegend stapft), erlebt der Leser, wie die junge Leni als Praktikantin für ein paar Wochen nach Hamburg zieht und sich alleine in der Großstadt zurecht finden muss. Außerdem ist da noch ein Obdachloser, der sich in der Nähe des ersten Tatorts herumtreibt und natürlich gibt es auch Szenen mit den entführten Mädchen und dem Täter. Gerade diese Szenen haben es verständlicherweise in sich.

Geschickt werden falsche Spuren gelegt, mehrmals musste ich meine Theorien verwerfen und neue aufbauen, nicht nur in Bezug auf den Täter. Zwar lag ich am Ende nicht vollkommen falsch, aber ich musste auch erst einmal häufiger neue Überlegungen anstellen.
Zum Ende hin konnte die atmosphärische Stimmung, die bei mir zum Unwohlsein führte, leider nicht mehr komplett gehalten werden, da zwischenzeitlich schon zu viele Geheimnisse gelüftet wurden. Dennoch hebt sich dieser Thriller von der Masse ab.

Sympathische Hauptfiguren, die nicht perfekt, aber auch nicht mit Problemen und Komplexen überladen sind, sorgen zusätzlich dafür, dass der Thriller eine paar schöne Lesestunden liefert.

Fazit: Der Autor hat es geschafft, mit meinen Urängsten zu spielen und hat damit dafür gesorgt, dass ich das Buch kaum zur Seite legen konnte.

Veröffentlicht am 08.12.2018

Unterhaltsamer Blick hinter die Kulissen

Good Morning, Mr. President!
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Beck Dorey-Stein war jahrelang Stenographin im Weißen Haus und erlebte so die Obama-Administration hinter den Kulissen. In „Good Morning, Mr. President!“ erzählt sie von dieser turbulenten und aufregenden ...

Beck Dorey-Stein war jahrelang Stenographin im Weißen Haus und erlebte so die Obama-Administration hinter den Kulissen. In „Good Morning, Mr. President!“ erzählt sie von dieser turbulenten und aufregenden Zeit.

Knallharter Enthüllungsjournalismus ist „Good Morning, Mr. President!“ definitiv nicht. Zwar bekommt der Leser ab und an eine Anekdote aus dem obersten Zirkel der Macht geliefert, aber hauptsächlich geht es um die Arbeit, die Kollegen und auch das Privatleben von Beck Dorey-Stein.
Das soll auf keinen Fall heißen, dass dieses Buch nicht interessant sei, definitiv nicht. Denn ich habe einen sehr guten Eindruck davon bekommen, wie speziell das Leben in Washington D.C. und insbesondere im Weißen Haus ist. Besonders die Reisen, auf die der Tross den Präsidenten begleitet, wirken wie extrem stressige Klassenfahrten auf Drogen.

Beck Dorey-Stein hat einen äußerst lockeren Schreibstil, der sich sehr gut lesen lässt. Die meist kurzen Kapitel lassen sich so leicht „wegschmökern“. Einzig ihre etwas naive Haltung dem Präsidenten und seinem engsten Zirkel gegenüber, die schon an Heldenverehrung grenzt, hat mich etwas gestört. Aber vielleicht gehört zu einem Job an diesem Ort eine gehörige Portion Idealismus dazu.

Wer sich etwas für amerikanische Politik interessiert, wird in diesem Buch auf viele bekannte Politiker treffen und dennoch sicherlich viel Neues entdecken können.
Beim Lesen schlich sich bei mir immer wieder ein Tropfen Wehmut ein, wenn ich daran dachte, wer jetzt im Weißen Haus sitzt und welcher Umgangston dort momentan herrscht.

Veröffentlicht am 04.11.2018

Vom Aufstieg der Mafia in New York

Black Hand
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Anfang des 19. Jahrhunderts trieb die Black Hand ihr Unwesen in New York. Der Vorläufer der Cosa Nostra erpresste vor allem bei italienischen Einwanderern Schutzgeld und schreckte nicht vor Entführung ...

Anfang des 19. Jahrhunderts trieb die Black Hand ihr Unwesen in New York. Der Vorläufer der Cosa Nostra erpresste vor allem bei italienischen Einwanderern Schutzgeld und schreckte nicht vor Entführung und Mord zurück. Joseph Petrosino, selbst aus Italien eingewandert, leitete die Italien Squad bei der New Yorker Polizei und sagte der Black Hand den Kampf an.

Stephan Taltys Werk ist sowohl die Biographie des italo-amerikanischen Polizisten Joe Petrosino, als auch ein Buch über die Black Hand, einer Gang, die als Vorläufer der New Yorker Mafia gilt. Dabei wird ein spannendes Sittengemälde der damaligen Zeit gezeichnet, bei dem das New York des 19. Jahrhunderts lebendig wird. Auch damals war Rassismus ein großes Thema, es traf insbesondere die italienischen Einwanderer. Zu diesem Zeitpunkt bestand der Großteil der New Yorker aus Iren, ein Italiener in ihren Reihen wurde misstrauisch beäugt. Die Taten der Black Hand trugen zusätzlich dazu bei, dass das Bild der Italiener in der Bevölkerung nicht sehr positiv war. Allerdings konnte sich die Gang am Anfang auch so weit ausbreiten, weil ihre Opfer zu Beginn nur italienische Einwanderer waren, deren Schicksal der restlichen Bevölkerung relativ egal war.
Im Vordergrund steht die Arbeit von Joe Petrosino, über ihn selbst scheint es jedoch nicht so viele Informationen zu geben. Zwar ist bekannt, wo und wie er aufwuchs, die wichtigsten Stationen seines Lebens werden aufgeführt, aber bis auf ein paar Bruchstücke zu seiner Persönlichkeit bleibt der Ermittler doch relativ unbekannt. Dafür werden seine Erfolge in seiner beruflichen Laufbahn detailliert dargestellt und genau nachgezeichnet, wie sich unter ihm das Italien Squad und der Kampf gegen die Black Hand entwickelte.
Unzählige Verbrechen der Black Hand werden aufgeführt, sodass man fast den Überblick verliert. Diese Vielzahl an Fakten hat mich manchmal fast erschlagen. Leider gibt es keinen Blick hinter die Kulissen, die Black Hand wird immer nur von außen betrachtet.

Fazit: Ein spannendes Sachbuch, das einen aber manchmal mit seiner Detailliertheit erschlägt.

Veröffentlicht am 15.10.2018

Interessanter Einblick in das Milieu

Gangsterblues
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Vielen Zuschauern dürfte Joe Bausch als Rechtsmediziner aus dem Kölner Tatort bekannt sein. Doch der Arzt arbeitet hauptberuflich als Regierungsmedizinaldirektor in der Justizvollzugsanstalt Werl und hat ...

Vielen Zuschauern dürfte Joe Bausch als Rechtsmediziner aus dem Kölner Tatort bekannt sein. Doch der Arzt arbeitet hauptberuflich als Regierungsmedizinaldirektor in der Justizvollzugsanstalt Werl und hat somit direkten Kontakt zu Schwerstverbrechern. In „Gangsterblues“ erzählt er die Geschichten dieser Insassen, mal sind sie berührend, mal schockierend, aber immer fesselnd und unterhaltsam.

Eigentlich bin ich kein großer Fan von Kurzgeschichten, da ich immer das Gefühl habe, dass zu viel auf der Strecke bleibt, aber hier habe ich zum Glück eine Ausnahme gemacht. Ein großer Pluspunkt ist in diesem Fall, dass nicht die Taten der Kriminellen im Vordergrund stehen, sondern ihre eigene Person und Geschichte, soweit diese bekannt ist.
In zwölf Kurzgeschichten geht es hauptsächlich um die Täter, manchmal kommt aber auch die andere Seite zu Wort. Diese Täter sind bunt gemischt, es gibt uneinsichtige Schwerstverbrecher, sogar Unschuldige, Schlitzohre oder solche, die tatsächlich versuchen, gegen ihre inneren Dämonen zu kämpfen. Theoretisch handelt es sich hier um True Crime Stories, aber der Blick auf die Verantwortlichen ist nie voyeuristisch, sondern eher von Menschlichkeit geprägt.

Je nach Länge der Kapitel habe ich zehn bis zwanzig Minuten zum Lesen benötigt. Damit ist dies dann auch ein ideales Buch für Zwischendurch.

Da ich selbst noch nie einen Tatort gesehen habe, war mir Joe Bausch bisher unbekannt. Deshalb kann ich auch nicht beurteilen, ob der Tonfall dieses Buchs typisch für ihn ist. In einer leicht schnodderigen Art erzählt er die Geschichten und bedient häufig des Slangs des kriminellen Milieus, was „Gangsterblues“ sehr authentisch wirken lässt.

Fazit: Kurzweilige Kurzgeschichten aus dem echten Knastleben, die berühren und einen besseren Einblick in das Milieu geben.