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Veröffentlicht am 18.10.2018

Sehr kritisch

Die Hungrigen und die Satten
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Sehr kritisch

Die Hungrigen und die Satten von Timur Vermes

Vielen Lesern ist Timur Vermes sicher bereits durch sein Erstlingswerk " Er ist wieder da" bekannt. Er hat ein Faible gesellschaftskritische ...

Sehr kritisch

Die Hungrigen und die Satten von Timur Vermes

Vielen Lesern ist Timur Vermes sicher bereits durch sein Erstlingswerk " Er ist wieder da" bekannt. Er hat ein Faible gesellschaftskritische und satirische Roman, was er auch hier in seinem neuem Buch unter Beweis stellt.
Der Roman ist fiktiv, doch der Hintergrund ist trotzdem erschreckend, denn wenn man den Inhalt mit aktuellen Themen vergleicht, erscheint manch ein Szenario gar nicht so unrealistisch zu sein.

Der Roman spielt in einem Deutschland in naher Zukunft, es hat sich ausgemerkelt, so in etwa würde Vermes es beschreiben. Die Flüchtlinge werden in afrikanischen Lagern am südlichen Ende der Sahara untergebracht, dort ist alles abgeriegelt, niemand kann nach Europa.
Nadeche Hackenbusch ist die Moderatorin einer berühmten Sendung und macht in diesem Lager Aufnahmen. Einer der Flüchtlinge tut sich hervor und begleitet sie auf ihrer Tour, dolmetscht und erklärt ihr vieles, dem Publikum gefällt es. Nadeche verliebt sich in den Flüchtling, den alle Lionel getauft haben, er möchte natürlich wie alle anderen nach Deutschland. Er überredet sie dann mit allen 150000 nach Deutschland zu wandern. Ein riesiges Unterfangen startet, gefolgt von logistischen Herausforderungen wie man sie sich nicht vorstellen kann.

Der Roman beginnt sehr langsam erst an Fahrt aufzunehmen. Es wird sehr detailliert beschrieben, wie alles zustande kommt. Man bekommt von Seiten der Presse, der Politik und der involvierten Personen Eindrücke der Situation geschildert. Das Problem der Flüchtlingskarawane wird sehr breit gefächert geschildert. Viele Anspielungen auf bekannte Persönlichkeiten und Ereignisse runden das Ganze ab.
Erschreckend realitätsnah wirkten die Zustände des Konvois auf mich, ich könnte es mir gut vorstellen, dass so etwas so ähnlich ablaufen könnte.
Timur Vermes hält währenddessen allen unentwegt den Spiegel vor, seien es die Politiker oder auch die quotengeilen Medien, er macht vor niemandem halt.
Ein bissiger Roman, der erschreckend aktuelle Tendenzen aufweist, gespickt mit einer gehörigen Portion Gesellschaftskritik, sollte man gelesen haben.

Veröffentlicht am 13.10.2018

Regt zum nachdenken an

Honolulu King
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Regt zum nachdenken an

Honolulu King von Anne - Gine Goemans

Hardy Hardy ist nun 80 Jahre alt und hat so einiges erlebt in seinem Leben. Als 11 Jähriger erlebte er schreckliches in Java, während der ...

Regt zum nachdenken an

Honolulu King von Anne - Gine Goemans

Hardy Hardy ist nun 80 Jahre alt und hat so einiges erlebt in seinem Leben. Als 11 Jähriger erlebte er schreckliches in Java, während der Zeit der japanischen Besatzung. Erst als Erwachsener sollte das Leben es wieder gut mit ihm meinen. Er gründet mit seinen Freunden Cok und George die Band Honolulu Kings. Sie landen einen großen Hit, doch die Musik soll sie zeitlebens begleiten.
Hardy lernt seine Frau Christina kennen und baut sich in Holland mit ihr eine Zukunft auf. Sie betreiben ein Toko, gemeinsam mit Cok und George. Sie bekommen eine Tochter, Aswani, die ihnen dann eine Enkelin, Synne, schenkt, die nun oft mit Opa Hardy gemeinsam in der Küche des Tokos steht. Doch Christina lebt nun in einem Hotel, wie Hardy es nennt. In Wahrheit ist es eine Pflegeeinrichtung, da Christina an Demenz erkrankt ist. Sie erkennt ihren eigenen Mann nicht mehr, das schlimmste für Hardy.

Der Roman schildert zum einen wie das Leben von Hardy Hardy zur Zeit abläuft. Die Autorin bringt die Themen Demenz gefühlvoll zur Sprache, zeigt an Hardys Beispiel, wie schwierig es für Angehörige ist, damit umzugehen. Synne liebt ihren Opa, sie versucht ihn zu unterstützen wo sie nur kann. Dabei läuft in ihrem Leben auch einiges schief. Ihre Mütter drängt sie zu studieren, obwohl Synne eigentlich lieber in die Fußstapfen ihres Großvaters treten würde.
Aber auch die Vergangenheit von Hardy nimmt großen Raum der Handlung ein. Ich habe viel von den schrecklichen Zuständen zur Besatzungszeit in Indonesien erfahren. Hardys Hass ist gewaltig, doch trotz allem ist er ein fröhlicher Mensch geworden.
Die Autorin bringt einen Handlungsstrang in die Geschichte ein, die es dem Leser ermöglicht auch eine Stellungnahme aus japanischer Sicht zu erhalten. Es ist nicht alles nur schwarz oder weiß, das ist für mich die Botschaft dieses Romans. Sehr anschaulich beschrieben anhand der Lebensgeschichte des Hardy Hardy. Ein Roman, der zum Denken anregt, aber auch teilweise sehr lustig ist. Aufgeputscht durch die Klänge der Hawaii-Musik, die eine sehr zentrale Rolle spielen.

Veröffentlicht am 13.10.2018

Überzeugend

Die Gewitterschwimmerin
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Überzeugend

Die Gewitterschwimmerin von Franziska Hauser

Da ich die Nominierung zum Deutschen Buchpreis immer rege verfolge, bin ich schnell über diesen Roman gestolpert. Nun da ich ihn gelesen habe, ...

Überzeugend

Die Gewitterschwimmerin von Franziska Hauser

Da ich die Nominierung zum Deutschen Buchpreis immer rege verfolge, bin ich schnell über diesen Roman gestolpert. Nun da ich ihn gelesen habe, kann ich sagen, dass er zu meinen persönlichen Favoriten gehört.

Worum geht es?
Tamara erfährt zu Beginn des Romans vom Tod ihrer Mutter Adele.
Die Familie Hirsch wohnt im Berliner Osten. Der Vater, Alfred, ist mit seiner zweiten Frau verheiratet, seine erste Frau, Esther, war Jüdin. Das Ehepaar lässt seine Töchter Tamara und Dascha, oft in der Obhut der Haushälterin Irmgard.
Tamara und ihre jüngere Schwester Dascha wuchsen in einem Umfeld auf, das von Missbrauch gezeichnet war. Tamara kann sich durchsetzen, ganz im Gegensatz dazu Dascha, die eher der Spielball aller wird. Dies hat zur Folge, dass sie bereits in jungen Jahren sehr viel trinkt und daran zu Grunde geht.
Die Familie kam über Umwege in sowjetische Besatzungszone. Alfred fühlte sich dort wohl, war beruflich erfolgreich. Tamara fühlte sich dort nie wohl, haderte mit dem gesamten Konzept. Als Dascha stirbt verändert sich aber auch der ansonsten fröhliche Alfred.
Hauser erzählt hier eine erschreckende Geschichte, bei der man oft betroffen reagiert, sehr einfühlsam, aber dennoch direkt. Ich konnte mich sehr gut in die Gefühlswelt von Tamara hineinversetzen, und hatte das Gefühl an einem Stück deutscher Geschichte teilzunehmen, einem der unschönen Sorte.

Veröffentlicht am 06.10.2018

Spannender siebter Teil

Er will dein Herz (Ein Marina-Esposito-Thriller 7)
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Spannender siebter Teil

Er will dein Herz von Tania Carver

Dies ist bereits der siebte Teil der Reihe die ich von diesem Autorenduo lese. Ich mag die Entwicklung der Charaktere, allen voran die Psychologin ...

Spannender siebter Teil

Er will dein Herz von Tania Carver

Dies ist bereits der siebte Teil der Reihe die ich von diesem Autorenduo lese. Ich mag die Entwicklung der Charaktere, allen voran die Psychologin Marina Esposito und DI Phil Brennan. Hier in diesem Teil steht wieder einmal ein grausames Verbrechen im Vordergrund.

Gemma wollte mit ihrer Tochter Carly vor ihrem gewalttätigen Ehemann ins Frauenhaus fliehen, kam dort aber nie an. Sie wurde bestialisch getötet, vor den Augen ihrer Tochter wurde ihr das Herz herausgeschnitten. Marina und Phil, sonst ein Paar, haben sich aufgrund der Vorkommnisse im letzten Band getrennt, müssen nun durch den aktuellen Fall aber zusammenarbeiten. Ein Fall der an die Substanz geht, denn es bleibt nicht bei einem Mord, der Mörder scheint es auf Frauen abgesehen zu haben, die von ihren Mann misshandelt werden.
Das neue Team um Phil macht seine Sache sehr gut, ein wenig Trauer ich aber immer noch den altbekanntenErmittlern nach, die einem aus den ersten Teilen noch geläufig sind.
Privat leiden sowohl Phil, als auch Marina, kann beide verstehen, und hoffe das im nächsten Teil einiges wieder in die Spur kommt.
Der Fall war spannend, teilweise leider etwas vorhersehbar, aber alles war schlüssig und stimmig konzipiert. Sehr gut gefallen hat mir der Sichtweise des Mörders. Alles in allem ein spannender Fall, aber sicher nicht der stärkste Band aus dieser Reihe.

Veröffentlicht am 05.10.2018

Direkt und schonungslos

Mit der Faust in die Welt schlagen
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Direkt und schonungslos

Mit der Faust in die Welt schlagen
Lukas Rietzschel

Der Titel drückt in etwa das aus, was man als Leser gedanklich während der Lektüre gern tun würde. Vielleicht nicht gleich ...

Direkt und schonungslos

Mit der Faust in die Welt schlagen
Lukas Rietzschel

Der Titel drückt in etwa das aus, was man als Leser gedanklich während der Lektüre gern tun würde. Vielleicht nicht gleich in die Welt, aber zumindest auf den Tisch, um die Erwachsenen in diesem wachzurütteln, ihnen zu sagen, dass sie doch bitte mal ihre Augen öffnen sollen, damit sie sehen, was um sie herum alles falsch läuft.

Philipp und Tobias ziehen mit den Eltern bald ins gemeinsame Haus, die Familie freut sich darauf. In Sachsen ist es beruflich gesehen sehr schwierig nach der Wende, nicht jeder hat Arbeit, ein Eigenheim für viele unerschwinglich. Uwe, ein entfernter Bekannter der Familie, hilft beim Bau, ansonsten hat er wenig zu tun, seine Frau hat ihn verlassen, er schlägt sich mit Gelegenheitsarbeiten durch , trinkt viel. Als Uwe Suizid begeht, haben es alle irgendwie geahnt, dass es mal dazu kommen wird, unternommen hat aber irgendwie niemand etwas.
Philipp und Tobi bekommen häufig mit, dass viele Bewohner etwas gegen Ausländer haben. Ein Hakenkreuz verschandelt einen Stein in der Schule, doch die Schüler werden nicht aufgeklärt. Das dahin geschriebene Wort Jude am Rand des Schulheftes, was nur wegradiert werden muss, ohne darüber zu sprechen. Die angezettelte Prügelei gegen Ausländer...
Bald schon kommt eins zum anderen, die Jugendlichen reagieren auf ihre Weise auf das Thema. Philipp und Tobi erliegen dem Reiz der älteren Jugendlichen, finden dort Bestätigung.

Lukas Rietzschel, selbst Ostdeutscher, versucht mit seinem Roman dem Leser aufzuzeigen, wie Fremdenhass oft entsteht. Er zeigt die Perspektivlosigkeit in den neuen Bundesländern auf. Er prangert nicht direkt an, regt aber zum nachdenken an. Das Beispiel der beiden Brüder ist dabei maßgeblich beteiligt, er zeigt auf, dass beide Richtungen möglich sind. Es muss nicht immer in einer Sackgasse enden. Dennoch macht der Autor klar, dass es vor allem für Kinder und Jugendliche nicht leicht ist, einen Weg zu finden ohne die richtige Unterstützung. Wegschauen bringt nichts, das hat mir der Roman noch einmal bewusst vor Augen geführt.