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Veröffentlicht am 17.12.2018

Zurück zur Stadt der Finsternis

Verborgene Magie
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Mit diesem Buch kehren wir zurück zu den Anfängen von Ilona Andrews, der Stadt der Finsternis und das Universum, in dem sie spielt. Die Hauptrolle dabei haben natürlich Kate Daniels und Curran, Herr der ...

Mit diesem Buch kehren wir zurück zu den Anfängen von Ilona Andrews, der Stadt der Finsternis und das Universum, in dem sie spielt. Die Hauptrolle dabei haben natürlich Kate Daniels und Curran, Herr der Bestien, aber diese Welt ist mittlerweile bei zehn Büchern so komplex geworden, dass auch andere Protagonisten Geschichten tragen können. Und so gibt es für Kate Daniels tatsächlich auch nur eine Story, in der sie vorkommt, und in welcher sie das erste Mal auf Saiman trifft: eine Begegnung, die so typisch für die beiden ist, wie es nur geht.
Ansonsten begleiten wir Julie, die Ziehtochter von Kate, bei einem Abenteuer in einer neuen Schule. Eigentlich soll sie nach einem verschwundenen Mädchen suchen und dabei ihre besonderen Gaben einsetzen, dass es ihr dabei in dieser Schule auch gefallen könnte, ist ein netter Nebeneffekt, den Kate mit Sicherheit eingeplant hat.
Man lernt den Cousin von Saiman kennen, der mit seiner mehr als ungewöhnlichen Partnerin einen mehr als ungewöhnlichen Fall zu bearbeiten hat, erfährt, dass Schweinchen die neuen Prinzen sind und erlebt in der letzten Story die ungewöhnliche Liebesgeschichte zweier Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, eigentlich nichts gemeinsam haben, aber durch gewisse Umstände miteinander auskommen müssen.

Wie auch bei ihren Büchern ist die große Stärke des Autorenehepaars, dass sie mit wenigen, treffenden Beschreibungen und Überlegungen Protagonisten entwerfen können, denen man gerne folgt, von denen man auf alle Fälle mehr erfahren möchte und bei denen man traurig ist, wenn die Geschichte vorbei ist, weil man einfach gern Zeit mit ihnen verbracht hat. Dabei kommen weder Menschlichkeit noch Humor noch überraschende Wendungen zu kurz, sodass man eigentlich nie weiß, was passieren wird. Dieses Buch macht deshalb einfach Spaß - man kann es auch mal zwischendurch lesen, aber man wird es so schnell nicht vergessen.

Einen einzigen, dafür großen Kritikpunkt habe ich, für den aber die Autoren nichts können: Die Behauptung, es handle sich hier um unveröffentliche Kurzgeschichten, ist erstunken und erlogen. Mindestens zwei der Stories waren auf jeden Fall denen bekannt, die die Stadt der Finsternis lesen. So was darf und sollte in einer Ankündigung nicht passieren, denn das könnte mit Recht zu Leserunmut führen. Der Verlag sollte diese Behauptung schleunigst entfernen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 12.11.2018

Hinter Gittern

Gangsterblues
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Joe Bausch ist Gefängnisarzt in Werl, einem Knast, in dem nur die notorischsten oder gefährlichsten Kriminellen, meistens aus dem Pott, einsitzen. Ich kannte den Mann nicht, hatte dank selbstgewählter ...

Joe Bausch ist Gefängnisarzt in Werl, einem Knast, in dem nur die notorischsten oder gefährlichsten Kriminellen, meistens aus dem Pott, einsitzen. Ich kannte den Mann nicht, hatte dank selbstgewählter TV-Abstinenz auch noch nie von ihm gehört (Punch intented) und wunderte mich, dass er anfangs erwähnte, er sei ein "bekannter Schauspieler". Das ist vielleicht ein bisschen optimistisch ausgedrückt, und ich gebe zu, dass ich anfangs daher auch ein bisschen Schwierigkeiten mit ihm hatte, zumal er eine gewöhnungsbedürftige Art zu sprechen und betonen hat. Aber sobald ich die Eingewöhnungsphase hinter mir hatte, gefiel mir seine langsame, tiefe, bedächtige Art vorzulesen.

Und ja, auch die Fälle gefielen mir, vor allem, wie sie vorgestellt wurden. Als jemand, der viel True Crime liest oder hört, hat man irgendwann das Gefühl, schon alles zu kennen. Das ging mir hier nicht so. Noch von keinem der vorgestellten Täter oder Fälle hatte ich je etwas aus den Medien erfahren und da hier nicht aus der Perspektive eines Polizisten, Rechtsmediziners oder Anwalt erzählt wird, sondern von einem, der im Knast ist und die Kriminellen behandelt, bekommt man auch einmal völlig neue Ansichten.

Dabei kamen einem die verschiedensten Fälle unter. Manchmal hegt man sogar Sympathie für einige der vorgestellten Männer, einmal ist man maßlos empört über die deutsche Justiz, die scheinbar so starr in ihren Regeln ist, dass Fehler "nicht existieren" oder falls sie existieren auf keinen Fall zugegeben werden können. Man leidet sogar ein einem oder zwei Fälle mit todkranken Patienten von Bausch mit, amüsiert sich ein bisschen über die drei Alten vom Affenfelsen und bei dem Adoptivsohn, der seine Familie auf dem Gewissen hat, aber nach 23 Jahren entlassen werden soll, kochen noch mal die Gefühle hoch. Warum darf so einer jemals wieder auf freien Fuß?
Weil das Gesetz sagt, jeder, der resozialisiert ist, bekommt eine zweite Chance, wenn er bereut und seine Zeit abgesessen hat. So ist das wohl und in vielen Fällen vielleicht auch gut so. Vielleicht aber auch nicht. Die Zeit wird es zeigen.

Spannende Geschichten aus einem spannenden Millieu, gut vorgetragen. Schürt das Interesse auf mehr - und nach über 30 Jahren als Knastarzt dürfen wir von Joe Bausch wohl auch noch den einen oder anderen Schwank von Erlebnissen hinter Gittern erwarten. 4,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 11.11.2018

Tödliche Träume

Mörderische Renovierung
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A. ist dreiundzwanzig und der Erbe eines großen Anwesens in den Staaten. Zu dem Anwesen gehören praktischerweise auch ein paar Millionen Dollar, sodass er es sich leisten kann, Müßiggang zu betreiben. ...

A. ist dreiundzwanzig und der Erbe eines großen Anwesens in den Staaten. Zu dem Anwesen gehören praktischerweise auch ein paar Millionen Dollar, sodass er es sich leisten kann, Müßiggang zu betreiben. Zu ihm gehört ein stummes, irisches, etwa 15jähriges Mädchen und einige Zeit später ein Hund namens Help. Das Erbe ist riesig, nicht nur finanziell gesehen. Im Haus befinden sich so viele Türen und Zimmer, ein Garten zum Verlaufen samt einem Labyrinth und Grund, soweit das Auge reicht. Doch schon nach kurzer Zeit bemerken sie, dass irgendwas in ihrem neuen Zuhause nicht stimmt. A. träumt immer scheußlichere Träume und vielleicht, so die düstere Ahnung, hat es einen Grund, warum der Mann, der ihm das alles vererbt hat, Selbstmord begangen hat ...

Das ist mal eine originelle Geschichte, wie ich sie in der Art noch nie gelesen habe. Nicht nur, dass der Plot sehr interessant entwickelt wird und auch das ein oder andere Mal Humor nicht fehlt, ist die Art des Buches sehr cool gestaltet. In Tagebucheinträgen, Briefen an eine ominöse Tante Liza, Kameraaufzeichnungen und anderen Dokumenten wird vor dem Leser das Bild einer komplexen Story entworfen, die nur auf den ersten Blick einfach zu durchschauen ist. Ganz, ganz kurz gab es zum Ende des ersten Abschnitts einen kurzen Hänger, doch der endet mit einem solchen: einen Cliffhanger, der dazu zwingt, sofort weiterzulesen und Geheimnis um Geheimnis aufzudecken. Dabei bekommt man en passant Einblicke in Dechiffrierung und Decodierung - nicht immer leicht zu verstehen, aber wenn man sich reinfuchst, richtig faszinierend.

Zum Abschluss eine Warnung: Das Buch spielt Mitte der 90iger, vielleicht schreckt das den einen oder anderen ab, denn die Technik mutet teilweise antik an. Außerdem werden viele überhaupt nicht mit den verschiedenen Arten der Erzählung, die ich oben erwähnt habe, klarkommen, das ist nicht jedermanns Sache und ziemlich oft ist Mitdenken erforderlich. Wen das alles nicht stört, bekommt von mir eine dicke Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 28.10.2018

Harry Potter im Wandel der Zeiten

Harry Potter: Eine Geschichte voller Magie
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Eine Geschichte voller Magie ist ein Zusatzband zu den Harry-Potter-Geschichten, welcher anlässlich des 20jährigen Jubiläums vom "Stein der Weisen" und der Ausstellung anlässlich dieses Ereignisses erschienen ...

Eine Geschichte voller Magie ist ein Zusatzband zu den Harry-Potter-Geschichten, welcher anlässlich des 20jährigen Jubiläums vom "Stein der Weisen" und der Ausstellung anlässlich dieses Ereignisses erschienen ist.

Eigentlich gibt es nicht viel dazu zu sagen. Es ist eine Sammlung - bestehend aus handschriftlichen Notizen und Zeichnungen von J.K.Rowling selbst, ersten Entwürfen in ihrer krakeligen Handschrift, mit der sie selbst Professor Snape Konkurrenz macht, Experten und Kuratoren der Archive der English Library, die nicht nur über alte Artefakte berichten, sondern auch, welche Beziehung sie zu den Harry-Potter-Büchern haben. Es ist aufgebaut wie die Unterrichtsfächer in Hogwarts und als solche geben sie Einführung in die Magie alter Zeiten, in Aberglauben, in Hexenkünste, Zaubersprüche, Symbole, Pergamente und fantastische Tierwesen.

Ergänzt wird vieles durch die Bilder von Jim Kay, der durch die illustrierten Ausgaben der Harry-Potter-Bücher bekannt wurde sowie Zeichnungen und Sketche von Rowling selbst, die auch hier viel Talent beweist. Interessant fand ich Anmerkungen von ihr selbst und der Lektorin/dem Lektor und wie sehr manche Szenen eigentlich für andere Stellen oder gar andere Bücher der Reihe geplant waren. Alles in allem ist das kein Buch zum einfach mal durchblättern. Stattdessen ist es wirklich wie eine Ausstellung, aber eine, die man im Regal stehen hat, immer wieder herausziehen und ansehen kann - und auch wird, um einfach jedes Mal aufs Neue etwas anderes Faszinierendes zu entdecken.

Veröffentlicht am 19.09.2018

I see dead saints

Heilige und andere Tote
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Maud Drennan ist Irin, Sozialbetreuerin und in der Lage, tote Heilige zu sehen, was weiß Gott nicht immer die einfachste Angelegenheit ist, da die dazu neigen, sich ungefragt in Gespräche einzumischen. ...

Maud Drennan ist Irin, Sozialbetreuerin und in der Lage, tote Heilige zu sehen, was weiß Gott nicht immer die einfachste Angelegenheit ist, da die dazu neigen, sich ungefragt in Gespräche einzumischen. Ihr neuester Pflegefall ist Cathal Flood, ein alter, knorriger, mürrischer und möglicherweise gefährlicher Mann. Ist doch sowohl seine Frau unter merkwürdigen Umständen ums Leben gekommen als auch seine Tochter unter noch merkwürdigeren Verhältnissen verschwunden. Sein Haus ist eine Messiekatastrophe, und je mehr Maud entrümpelt, desto mehr enthüllen sich ihr, den Heiligen und ihrer neugierigen Vermieterin Geheimnisse, von denen einige hofften, dass sie für immer unter all dem Müll verschwunden geblieben wären.

Jess Kidd hatte mich schon letztes Jahr mit ihrem Erstling "Der Freund der Toten" in den Bann gezogen. Und wie auch schon dort sind die Hauptprotagonisten eigentlich nicht die Lebenden, sondern die Toten, die sich ein wenig in die Angelegenheit der Lebenden einmischen. Auch hier ist die Sprache von einer Poesie, die ich noch in keinem anderen Buch gefunden habe und trotz des Fantasieanteils gibt es wenige Bücher, die authentischer wirken. Die Autorin hat ein Händchen für völlig skurrile Typen, ausgefallene Handlungen und einen Schreibstil, der andere in den Schatten stellt. Dies ist eine Lektüre, die man über die Jahre immer wieder lesen kann, um Neues zu entdecken und mit alten Freunden einen Tee zu trinken.