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Bianste

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.03.2019

Träume muss man leben

Allee unserer Träume
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Ilse Schellhaas wächst in einem Haushalt auf, in dem sie einerseits erfährt, welchen Restriktionen Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts unterliegen, andererseits wächst sie durch ihren Vater in die Welt ...

Ilse Schellhaas wächst in einem Haushalt auf, in dem sie einerseits erfährt, welchen Restriktionen Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts unterliegen, andererseits wächst sie durch ihren Vater in die Welt der Architektur und seines Bauunternehmen hinein.
Deshalb beschließt sie, selbst ein Studium in diesem Bereich zu absolvieren. Es gelingt ihr gegen alle Widerstände. Nach dem Krieg und der Gründung der DDR gelingt es ihr tatsächlich, in das Planungskomitee berufen zu werden, das die neue Prachtstraße in Ostberlin, die Stalin- bzw. Karl-Marx-Allee entwickeln soll. Ilse als Frau wird jedoch nicht für voll genommen und ist durch einen Fehler in ihrer Vergangenheit erpressbar. Trotzdem bringt sie ihre Ideen ein, setzt sich durch und setzt sich außerdem für die Belange der Bauarbeiter auf den Baustellen ein. Sie will Häuser und Wohnungen für die einfachen Menschen, mit Annehmlichkeiten, aber ohne Schickimickikram.
Dieser Roman erzählt die Geschichte Ilses auf zwei Ebenen, einerseits entlang des Baufortschritts der Prachtstraße, andererseits in Rückblicken auf Ilses Leben, sodass sich nach und nach zeigt, wo ihr Weg wie verlaufen ist und warum sie heute steht, wo sie steht.
Ilse ist eine starke Frau, nicht unfehlbar, ein Kind ihrer Zeit, aber trotzdem intelligent, und man wünscht ihr beim Lesen recht bald, dass sie ihr Glück findet, sich beruflich verwirklichen kann und gleichzeitig die Liebe findet.
Zahlreiche Nebenfiguren bevölkern den Roman, einige tauchen wiederholt auf und spielen eine entscheidende Rolle in mehreren Lebensabschnitten von Ilse.
Zeitgeschichte wird en passant mit erzählt, aber weder belehrend noch als Mittel zum Zweck. Die beiden Autoren haben jeweils Szenen ausgewählt und „in Szene gesetzt“, die sich ausgezeichnet eignen, um exemplarisch zu erfahren, wie die Lebensbedingungen waren, die andererseits aber, da durch Ilses Augen betrachtet, eben auch entscheidend für ihre jeweiligen Entscheidungen waren.
Wie ein Puzzle setzt sich im Laufe des Romans Ilses Schicksal zusammen.

Veröffentlicht am 20.11.2018

Wunderbar fantastische Adventsgeschichte

Spekulatius der Weihnachtsdrache
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Mats ist – nach Ansicht seiner Mutter – zu alt für ihren selbstgebastelten Adventskalender mit kleinen Päckchen und Süßigkeiten. Stattdessen bekommt er einen Kalender mit schlauen Sprüchen, die ihn ziemlich ...

Mats ist – nach Ansicht seiner Mutter – zu alt für ihren selbstgebastelten Adventskalender mit kleinen Päckchen und Süßigkeiten. Stattdessen bekommt er einen Kalender mit schlauen Sprüchen, die ihn ziemlich verärgern. Doch als er durch die Stadt läuft, sieht er genau den Spruch, den er an diesem Tag aus dem Kalender genommen hat, an einem Schaufenster. Als er hineingeht, trifft er auf die Besitzerin, Frau Karma, die ihm ein goldenes Ei schenkt, das sie von einer Reise mitgebracht hat.
Danach verändert sich alles für Mats. Aus dem Ei schlüpft ein winziger Weihnachtsdrache. Er ist golden, hat kleine Flügel und lernt bald, sich mit ihnen zu verständigen. Mats kleine Schwester Matilda weiß auch Bescheid und unterstützt Mats tatkräftig dabei, den kleinen Drachen vor den Eltern und allen anderen versteckt zu halten.
Das ist nicht ganz so einfach, wie es sich anhört. Wie der Drache „Specki“ Spekulatius fliegen lernt, warum er so gerne Lebkuchen frisst und Kakao trinkt, was er als Pipi von sich gibt, woher er stammt und worin sein Geheimnis besteht, das alles wird in den 24 Kapiteln dieses wundervollen Adventskalender-Weihnachtsbuches stimmungsvoll erzählt.
Das Buch ist in Weihnachtsrot eingebunden. Die einzelnen Kapitel sind immer 7 Seiten lang, sodass man etwa ein Viertelstündchen zum Vorlesen benötigt. Der Text wird von zahlreichen, niedlichen, aber nicht süßlichen Illustrationen begleitet. Sie lockern den Text auf, sind humorvoll und bieten Anlass zum Austausch über das Gelesene bzw. Gehörte. Kinder werden einen Heidenspaß an der ganz besonderen Sprache des kleinen Drachen haben – sie eignet sich perfekt zum Nachmachen.
Jedes Kapitel beginnt mit einer bunt gestalteten Seite auf grünem Grund, die den Tag angibt, an dem dieser Teil der Geschichte gelesen werden sollte, wenn man bis Weihnachten alles wissen möchte, was es mit Spekulatius auf sich hat und ob die ganze Sache gut ausgeht. Ich gehe allerdings davon aus, dass die meisten Familien eher alles ausgelesen haben. Das wäre aber auch nicht schlimm. Beim zweiten Lesen entdeckt man sicher noch Details, die einem entgangen sind.

Veröffentlicht am 17.08.2018

Weit weg und nah dran

Weit weg von Verona
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Jessica Vye sagt immer die Wahrheit, sie weiß auch, dass niemand sie leiden kann … und … sie betrachtet sich als Schriftstellerin. Das jedenfalls erzählt uns die 13-jährige Ich-Erzählerin innerhalb der ...

Jessica Vye sagt immer die Wahrheit, sie weiß auch, dass niemand sie leiden kann … und … sie betrachtet sich als Schriftstellerin. Das jedenfalls erzählt uns die 13-jährige Ich-Erzählerin innerhalb der ersten Sätze. Wie sie darauf kommt, dass sie Schriftstellerin ist, berichtet sich gleich im Anschluss. Als diese Episode stattfand, war sie 9 Jahre alt. Mr Hangar besuchte die Schule, auf die Jessica ging, und berichtete darüber, wie schön das Schriftstellerleben sei. Anschließend übergab Jessica ihm ihre Texte, die sie bisher geschrieben hatte. Später hat er sich gemeldet und ihre Texte gelobt.
Seither ist viel passiert. Nicht nur, dass die Familie umgezogen ist, sondern auch dass der 2. Weltkrieg ausgebrochen ist.
Das verändert nicht nur die Lebensbedingungen, sondern beschert auch Jessica ziemlich viele neue Erfahrungen, an denen sie wachsen kann, an denen sie aber auch zerbrechen könnte.
„Romeo und Julia“ sind als Lektüre nicht so ihr Ding, sie mag lieber so etwas wie „Silbermond und Kupfermünze“. Sie hat Freundinnen, erste amouröse Anwandlungen und kommt auch mit den Lehrerinnen recht gut zurecht. Trotzdem zweifelt sie an sich und allem anderen, sagt kompromisslos, was sie denkt und liebt es, unabhängig zu handeln. Sie hinterfragt vieles, kann aber mit den Antworten nicht immer etwas anfangen.
Insgesamt haben wir es mit einer altklugen, 13-jährigen Ich-Erzählerin zu tun, die sich und uns die Welt zu erklären versucht und so selbst nach und nach erwachsener wird.
Fazit: Ein Buch, das sich auch für jüngere Leserinnen und Leser anbietet, weil es eine Geschichte vom Heranwachsen erzählt und dabei humorvoll und pointiert die Welt und sich selbst aufs Korn nimmt.
Muss eigentlich noch angeführt werden, dass Jessica am Ende des Buches, (endlich?) ein Buch von Mr. Hangar in die Hände fällt und sie von seinem Stil und seinen Gedichten endlos enttäuscht ist? Was bedeutet das für ihre eigenen Texte? Wenn Mr Hangar so schlecht schreibt, müssten doch Jessicas Texte auch schlecht sein, wenn er sie gut findet.
Welch ein Glück, dass die Times das anders sieht.

Veröffentlicht am 17.08.2018

Problem gelöst!

Die Kunst, einfache Lösungen zu finden
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Überall Probleme, dazu noch ein paar Konflikte und eine ordentliche Portion Selbstzweifel, schon dreht sich das Rad der Selbstzerfleischung, das einem schlaflose Nächte beschert. Christian Ankowitsch verspricht ...

Überall Probleme, dazu noch ein paar Konflikte und eine ordentliche Portion Selbstzweifel, schon dreht sich das Rad der Selbstzerfleischung, das einem schlaflose Nächte beschert. Christian Ankowitsch verspricht in seinem Buch „einfache Lösungen für Probleme aller Art“.
Wie das funktionieren kann, erklärt er einerseits anhand zahlreicher Fallbeispiele, andererseits mit Hilfe der Erkenntnisse der psychologischen Forschungsergebnisse der letzten Jahre.
So gelingt es mit diesem Buch, einen umfassenden Überblick über mögliche Problemlösestrategien zu geben. Dabei geht der Autor oft genug neue Wege, verknüpft Informationen auf unerwartete Art und Weise und fragt so beispielsweise, ob es nicht vielleicht auch ein Vorteil sein könne, ein Problem zu haben.
Genauso weist er darauf hin, wie viel Arbeit und Energie Paare zum Beispiel investieren, um ihre Konflikte am Leben zu erhalten.
Er zeigt, dass wir darauf angewiesen sind, unsere Umgebung und damit auch Handlungen und Äußerungen unserer Mitmenschen zu deuten, und das in Lichtgeschwindigkeit, weil wir sonst entscheidungsunfähig am Straßenrand stünden und nie hinüberkämen. Das rächt sich in Beziehungsproblemen, wenn jeder seine Einschätzung der Situation für die allein gültige hält.
Vermutlich müsste man das Buch mehrmals lesen bzw. sogar durcharbeiten und möglichst mit anderen diskutieren, um das volle Potenzial herausschöpfen zu können.
Doch auch so bleiben nach dem Lesen zahlreiche Anregungen zum Nachdenken und einige Strategien, Konflikte und Probleme auch mal anders zu betrachten.
Fazit: Eine bereichernde Lektüre, die nie langweilig wird, die mit viel Humor arbeitet und ein problematisches Thema ansprechend präsentiert.
Einziges Manko: Bei meinem Buch (Hardcover) sind sofort nach dem Aufschlagen Blätter herausgefallen.

Veröffentlicht am 09.08.2018

lebendige Geschichte

Was wir zu hoffen wagten
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Die Geschichte beginnt im Jahr 1912, Berlin, bei Unruhen, anhand derer man bereits auf den ersten Seiten einen guten Eindruck von den Lebensbedingungen im deutschen Kaiserreich gewinnen kann. Frauen haben ...

Die Geschichte beginnt im Jahr 1912, Berlin, bei Unruhen, anhand derer man bereits auf den ersten Seiten einen guten Eindruck von den Lebensbedingungen im deutschen Kaiserreich gewinnen kann. Frauen haben nicht das Recht zu studieren, aber auch Männern wird von ihren Vätern vorgeschrieben, welchen Lebensweg sie einzuschlagen haben. Willi, der Bruder von Felice und Ille, interessiert sich brennend für Filme. Er würde viel lieber im Filmgeschäft arbeiten in der Bank seines Vaters. Die jüngste der drei Geschwister, Ille, heiratet unglücklich und leidet unter ihrem Mann.
Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs wirkt sich auch auf die Familie aus.
Sehr detailliert beschreibt die Autorin die Gräuel des Ersten Weltkriegs in Flandern. Sie berichtet über den Einsatz chemischer Kampfstoffe und das dadurch ausgelöste Leiden.
Allerdings handelt es sich hierbei nicht um ein Sachbuch, sondern es gelingt der Autorin, die Gräuel durch die Augen der handelnden Personen berichten zu lassen, sodass man sie als Leserin quasi am eigenen Leib miterlebt, da es der Autorin zudem noch gelungen ist, besonders liebenswerte und lebensechte Charaktere zu gestalten. Besonders deutlich wird das auch bei einigen der Nebenfiguren, wie Oma Hertha oder Quintus, die mit ihren lebensklugen Kommentaren und ihrem Humor dafür sorgen, dass das Buch nicht nur in Ungerechtigkeiten und Leiden verharrt.
Insgesamt ist deutlich zu spüren, dass die Autorin sehr viel recherchiert hat. Trotzdem (oder gerade deswegen?) ist es ihr gelungen, das historische Sachwissen konsequent in die Handlung zu integrieren und nicht als Belehrung auf zu setzen.
In dem Roman um die drei Geschwister zu Nieden wird Geschichte lebendig.

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