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Veröffentlicht am 03.12.2018

Toller Auftakt einer Familiensaga rund um die Schokoladenmanufaktur

Die Schokoladenvilla
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Die Schokoladenmanufaktur Rothmann ist in Stuttgart des Jahres 1903 eine der führenden Arbeitgeber der Stadt. Tochter Judith interessiert sich selbst sehr für die Schokoladenherstellung und probiert immer ...

Die Schokoladenmanufaktur Rothmann ist in Stuttgart des Jahres 1903 eine der führenden Arbeitgeber der Stadt. Tochter Judith interessiert sich selbst sehr für die Schokoladenherstellung und probiert immer wieder neue Ideen aus, doch ihr Vater sieht die Firma in den Händen ihrer jüngeren Zwillingsbrüder Karl und Anton. Judith möchte er hingegen gewinnbringend verheiraten und hat auch schon - ohne ihr Wissen - einen potentiellen jungen Mann im Auge.
Zur selben Zeit wird Victor Rheinberger aus der Gefangenschaft auf Burg Ehrenbreitstein entlassen. Der Weg zurück in seine Heimatstadt Berlin ist ihm verwehrt und so sucht er sein Glück in der auftrebenden schwäbischen Stadt Stuttgart. Seine Liebe zu Maschinen und seine Fertigkeiten sind schnell gefragt. Als er Karl bei einem ihren vielen Dummenjungen-Streiche, die die Zwillinge aushecken, das Leben rettet, lernt er Wilhelm Rothmann kennen. Als Belohnung wünscht er sich kein Geld, sondern einen Job in seiner Schokoladenfabrik und entdeckt bald, dass die Manufaktor nicht mehr auf den neuersten Stand ist. Doch Rothmann will nicht investieren. Außerdem macht er sich Sorgen um seine Frau Hélène, die schon viel zu lange auf Kur am Gardasee weilt....

Gleich vornweg eine Warnung an alle Leser:
Ohne Schokolade in unmittelbarer Nähe kann man dieses Buch einfach nicht lesen! Es läuft einem bei der Beschreibung all der schokoladigen Köstlichkeiten immer wieder das Wasser im Mund zusammen.
Judiths Begeisterung für die Schokoladenherstellung ist aus jeder Zeile zu spüren, wenn sie in der Manufaktur neue Rezepte ausprobiert. Ihr Vater ist jedoch ein alter Patriarch, der Frauen keinerlei Rechte zugesteht. Seine Frau Hélène leidet unter der lieblosen Ehe und unter Depressionen. Sie flüchtet an den Gardasee, in ein zur damaligen Zeit beliebtes Kurhaus, welches Treffpunkt von Künstlern und Adeligen ist. Judith hat seitdem die Aufgabe auf ihre jüngeren Brüder aufzupassen, die genauso lieblos vom Vater behandelt werden, wie sie selbst. Beide Frauen lieben ihre Unabhängigkeit und möchten sich nicht in das enge Korsett der damaligen Zeit pressen lassen, vorallem wo diese gerade im Wandel ist und Frauen beginnen für ihre Rechte zu kämpfen. In ihrer Zofe Dora hat Judith eine Freundin gefunden, die obwohl als Dienstbote im Herrenhaus arbeitet, zu ihrer Herrin steht. Judith ist auch eine der seltenen hochgestellten Töchter, die sich für ihre Arbeiter und Dienstboten interessiert und sie in der Manufaktur miteinbezieht. Sie ist wissbegierig, liebenswürdig und hartnäckig. Judith verfolgt ihre Ziele mit einer Vehemenz und lebt für die Schokolade.

Die Autorin lässt uns auch einen Blick auf das Leben der Dienstboten werfen. Der beginnende Wirtschaftsumschwung und die Politik sind immer wieder Thema bei den Dienstboten. Während Fabriksarbeiter mehr Lohn und Freizeit bekommen, haben die Hausangestellten der Herrenhäuser kaum einen freien Tag und oft nur Kost und Logis. Auch Hausknecht Robert möchte nicht mehr unter den Arbeitsbedingungen arbeiten, die bei den Rothmanns herrscht. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Gesellschaftsschichten wird sehr deutlich angesprochen. Aber auch die Aufbruchsstimmung ins kommende neue Zeitalter ist spürbar.

Victor kämpft ebenfalls gegen die ihm auferlegte Zukunft. Sein Vater ist in der Armeé und erwartet sich von seinem Sohn denselben Aufstieg, den er gemacht hat. Victor ist jedoch kein Offizier. Er liebt es zu tüfteln und mit seinen Händen zu arbeiten. Bald schon weiß man, dass Judith und Victor das ideale Paar wären, jedoch steht dem nicht nur Victors Vergangenheit im Wege, sondern auch die Pläne von Wilhelm Rothmann, der unter keinen Umständen von seinem Plan abweicht.

Die Charaktere sind lebendig und wunderbar ausgearbeitet - und das bis in den kleinsten Nebencharakter. Besonders ans Herz gewachsen sind mir Karl und Anton. Die Streiche der Zwillinge haben immer wieder ein Lächeln in mein Gesicht gezaubert. Auf welche Ideen die beiden Lausbuben kommen, ist einfach nur genial. So kommt auch der Humor im Roman nicht zu kurz.

Einzig die Handlung am Gardasee hat der Geschichte ein bisschen an Schwung genommen. Als Nebenschauplatz nahm mir dieser Strang etwa zu viel Raum ein.
Die Schokoladenvilla wird weitergehen und ich freue mich schon jetzt auf die Fortsetzung. Und jetzt mache ich mir eine leckere Gewürz-Schokolade...

Schreibstil:
Der Schreibstil von Maria Nikolai ist flüssig und lässt sich wunderbar lesen. Er ist leicht und trotzdem hat die Autorin die Sprache dieser Zeit perfekt eingefangen. Man fühlt sich, als befände man sich selbst im letzten Jahrhundert und versuche gegen den Strom zu schwimmen. Maria Nikolai hat großartig recherchiert, erzählt lebendig und hat sich liebevoll ihren Charakteren angenommen.
Am Anfang jedes Kapitels sind Zeit und Ort des Geschehens angegeben. Auf den beiden Innenseiten des Covers gibt es ein leckeres Rezept.

Am Ende des Romans gibt es ein Personenregister, ein Glossar und einige Erklärungen zum historischen Hintergrund.

Fazit:
Ein toller Auftakt einer Trilogie rund um die Schokoladenmanufaktor Rothmann in Stuttgart, die man nicht ohne Schokolade in Griffnähe lesen sollte. Der Autorin gelingt ein faszinierendes Bild der verschiedenen Gesellschaftschichten, sowie die Aufbruchstimmung in ein neues Zeitalter. Gerne gebe ich eine Leseempfehlung und warte sehnsüchtig auf den nächsten Teil.

Veröffentlicht am 24.11.2018

Spannender vierter Teil des Bielefelder Ermittlungsteams

Zerrissene Wahrheit
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Heike Rommel legt mit ihrem vierten Fall rund um das Bielefelder Kripoteam einen sehr spannenden Krimi vor. Nachdem ich Band drei "Zwischen Licht und Schatten" bereits gelesen habe, freute ich mich sehr ...

Heike Rommel legt mit ihrem vierten Fall rund um das Bielefelder Kripoteam einen sehr spannenden Krimi vor. Nachdem ich Band drei "Zwischen Licht und Schatten" bereits gelesen habe, freute ich mich sehr darüber, dass ich in der Lovelybooks Leserunde mitlesen durfte.

Als Leser ist man sofort mitten im Geschehen, denn die Story beginnt mit einem tödlichen Autounfall. Ungebremst rast Margret Lückner den Abhang hinunter und in den Gegenverkehr. Der Wagen wird untersucht und sehr schnell entdeckt man manipulierte Bremsen, die der Frau das Leben kosteten. Doch wer wünscht sich den Tod der eher unscheinbaren Bibliothekarin, die ein solides Leben führt? Bald sind der untreue Ehemann, von dem sich Margret trennen wollte und dessen Galerie sie finanziert, als auch ihre Tochte Rike, die auf die schiefe Bahn geraten ist, unter Verdacht. Rikes Freund ist drogenabhängig und beide brauchen laufend Geld. Außerdem scheint Margret Lückner ein beachtliches Vermögen zu hinterlassen, jedoch haben sowohl der Ehemann, als auch die Tochter ein Alibi.

Nach den ersten achzig Seiten denkt man sich nur "So einfach kann es doch nicht sein!". Jedoch ist weit und breit kein weiteres Motiv zu finden und die Bielefelder Kripo tappt im Dunkeln. Das Ermittlerteam stochert in der Vergangenheit von Margret und stößt schließlich auf einen weiteren tödlichen Unfall im Freundeskreis der Bibliothekarin. Toni Achleitner, der Bruder ihres ersten Ehemannes Hubert, kam bei einer gemeinsamen Bergwanderung der Freunde vor 25 Jahren ums Leben. Führt die Spur zurück in die Vergangenheit? Oder verbirgt Margret etwas vor ihrer Familie?
Ein weitere Handlungsstrang befasst sich mit Karen, die unter einer Angststörung leidet. Im Prolog erhält der Leser einen kleinen Hinweis dazu. Seit einer Bronchitis fühlt sie sich schlecht und ist immerzu müde. Sie erfährt, dass Margret ihr einen Brief geschrieben hat, den sie allerdings nie erhalten hat...

Das eher große Ermittlerteam erweist sich für Quereinsteiger der Reihe eventuell als etwas verwirrend, deshalb ist es günstig die Vorgänger zu kennen. Ich bin auch erst im dritten Fall eingestiegen und hatte dabei einige Probleme alle Figuren richtig zuzuordnen. Diesmal war es aber fast wie ein nach Hause kommen und ich freute mich auf Nina, Dominik, Bent und auch Frank. Die sehr individuellen Charaktere sind mitten aus dem Leben gegriffen, wobei einige auch für "Krimihelden" eher untypisch sind. Ninas Bruder Kai hat das Down-Syndrom, spielt in diesem Band aber nur eine kleine Rolle, da er von zuhause ausgezogen ist. Einen schwulen Ermittler findet man jedoch nicht so oft. Dagegen stehen Ninas Liebesprobleme eher im Hintergrund und Frank ist generell ein Weiberheld, der jedoch am allerliebsten von einem Fettnäpfchen ins nächste tritt. So findet man auch immer wieder eine Prise Humor in Heike Rommels Bielefeld Krimis.

Die Handlung ist komplex, aber kurzweilig. Der Spannungsbogen steigt kontinuierlich an. Ab der Hälfte kann man das Buch kaum mehr aus der Hand legen. Die Autorin hat ein gut verflochtenes Gerüst für ihre Geschichte aufgebaut, viele Wendungen eingebaut und bietet dem Leser so einige Überraschungen. Das Ende ist logisch und lässt mich zufrieden den Buchdeckel zuklappen. Und nun warte ich auf Band Nummer fünf....

Schreibstil:
Heike Rommel schreibt flüssig, spannend und abwechlungsreich. Sie überrascht mit verblüffenden Wendungen und hält den Spannungsbogen hoch. Lebendige Dialoge und einen Fúnken Humor beleben die Handlung. Auch das Lokalkolorit kommt nicht zu kurz. Die Charaktere sind lebendig gezeichnet, haben alle Ecken und Kanten und werden nach jedem weiteren Band immer mehr zu Freunden des Lesers.

Fazit:
Ein richtig spannender Regionalkrimi mit herrlich erfrischenden Ermittlern, einer komplexen Handlung, die einige Überraschungen bereit hält und einem logischen Ende, das mich zufrieden zurück lässt. Zum besseren Verständnis empfehle ich die Bücher der Reihe nach zu lesen!

Veröffentlicht am 14.11.2018

Tolles Debüt!

Falkenberg
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Mit ihrem Debüt ist Regine Seemann ein absolut spannender und vorallem eindringlicher Krimi gelungen.
Von der ersten Seite an wird man regelrecht in die Geschichte gezogen.
Bei einem Schulausflug auf den ...

Mit ihrem Debüt ist Regine Seemann ein absolut spannender und vorallem eindringlicher Krimi gelungen.
Von der ersten Seite an wird man regelrecht in die Geschichte gezogen.
Bei einem Schulausflug auf den Falkenberg bei Hamburg entdeckt eine Schülerin die Leiche eines alten Mannes. Der ehemalige Psychiater Henning Mantteufel wurde mit 147 Stichen hingerichtet. Zusätzlich befindet sich am Rücken ein eingeritztes Hakenkreuz. Die beiden Kommissarinnen Stella Brandes und Banu Kurtoglu ermitteln zuerst im rechtsradikalen Milieu und in der Seniorenresidenz Waldfrieden, wo das Opfer gelebt hat. Doch das Ermittlerteam findet einfach keinen Hinweis für ein Mordmotiv. Durch Jan Domingo, einen Abiturenten, der für sein Projekt "Zeitzeugen" Überlebende des Zweiten Weltkrieges interviewt, finden die Kommissarinnen einen ersten kleinen Hinweis. Doch auch der Fundort der Leiche dürfte ein weiteres Zeichen auf das Opfer und seine Geschichte sein.

In einem zweiten Handlungsstrang, der in Tagebuchform geschrieben und sich durch kursive Schrift von der gegenwärtigen Ermittlungen abhebt, erzählt ein junges Mädchen von ihrer Zeit in einem Kinderheim und anschließend in einer psychiatrischen Abteilung. Der Leser weiß nicht um wen es sich handelt, jedoch waren diese Einträge wirklich erschütternd und haben mich sehr berührt. Diese Tagebucheinträge waren für mich einerseits das Highlight des Krimis, aber auch der Teil, der mir wirklich zugesetzt hat.

Das ungewöhnliche Ermittlerteam hat mir sehr gut gefallen. Erstmals hatte ich zwei weibliche Ermittlerinnen, eine davon mit Migrationshintergrund. Auch die Konstellation von Banu's Familie ist einmal etwas ganz Neues. Ihr Mann bleibt bei den Kindern zu Hause und sie macht Karriere. Und wie in vielen anderen Ehen kommt es deswegen auch hier zu Problemen. Private Einblicke in das leben der beiden unterschiedlichen Frauen geben dem Krimi eine persönlichere Note.

Die Charaktere sind sehr gut gezeichnet und direkt aus dem Leben gegriffen. Sowohl die sherrytrinkende Verlobte des Opfers, die anderen Heimbewohner, als auch Jan Domingo und das restliche Ermittlerteam haben Bilder in meinem Kopf ausgelöst.

Ich habe bis zum Ende gerätselt, wer hinter dem Mord steckt. Die Autorin konnte mich mit ihrer Auflösung überraschen, die glaubwürdig erscheint und für mich perfekt gelöst wurde.
Ich hoffe auf weitere Fälle mit Stella und Banu.

Schreibstil:
Regine Seemann schreibt flüssig, eingängig und im Vergangenheitstrang sehr einfühlsam. Zum Thema Euthanasie während der NS-Zeit wurde hervorragend recherchiert und die Grausamkeiten von damals aufgezeigt. Die Aufarbeitung der geschichtlichen Ereignisse, die sich mit dem aktuellen Mordfall immer mehr verbinden und am Ende ein richtiges Ganzes ergeben, wurden spannend eingeflochten. Der Spannungsbogen steigt bis zum Ende hin kontinuerlich an.

Fazit:
Ich bin begeistert von diesem Debüt und kann allen, die Krimis mit historischen oder regionalen Bezug lieben "Falkenberg" empfehlen! Ich freue mich schon auf weitere Fälle von Stella und Banu.

Veröffentlicht am 14.11.2018

Gelungener Auftakt der Reihe

Die Fotografin - Am Anfang des Weges
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m ersten Teil "Die Fotografin - Am Anfang des Weges" startet Petra Durst-Benning in eine neue Reihe rund um Minna Reventlow.

Die junge Frau entzieht sich jeglicher Konventionen, als sie ihren großen Wunsch ...

m ersten Teil "Die Fotografin - Am Anfang des Weges" startet Petra Durst-Benning in eine neue Reihe rund um Minna Reventlow.

Die junge Frau entzieht sich jeglicher Konventionen, als sie ihren großen Wunsch Fotografin zu werden, in die Tat umsetzt. Die Pastorentochter bewundert seit ihrer Kindheit ihren Onkel Josef, der als Wanderfotograf durch die Lande zieht. Mimmi darf, dank eines Vorfalles in ihrer Kindheit, nach einem Jahr "Frauenschule" in Berlin eine Ausbildung zur Fotografin beginnen. Ihr Lehrherr hält allerdings nichts von Frauen im Berufsleben und auch ihr Verlobter möchte, dass sie nach der Heirat ihren Beruf aufgibt. Mimi lehnt daraufhin seinen Heiratsantrag ab. Nach Abschluss ihrer Ausbildung tritt sie in die Fußstapfen ihres Onkels und arbeitet als Wanderfotografin. Die Liebe zu ihrer Arbeit und mit ihrer unkonventionellen Art zu fotografieren, hat sie bald Erfolg. Als Mimi erfährt, dass es ihrem Onkel Josef gesundheitlich schlecht geht, will sie ihn ein paar Tage besuchen. Dieser hat vor Jahren die Wanderschaft aufgegeben, spät geheiratet und in Laichingen, einem Leinenweberdorf, ein Fotoatelier eröffnet. Nach dem Tod seiner Frau hat er sich zur Ruhe gesetzt. Als Mimi in Laichingen, ankommt, fällt die moderne und selbstbewusste Frau bald auf. Außerdem legt sie sich unwissentlich gleich am ersten Tag mit dem größten Arbeitgeber des Dorfes an. Aufgrund der schweren Krankheit entschließt sich Mimi länger zu bleiben und den Onkel zu pflegen, sowie sein Geschäft wieder zu öffnen und fortzuführen. Doch ihr weht ein starker Wind entgegen, denn selbstbewusste, mutige Frauen mit eigenem Willen sind im Dorf nicht gefragt.

Petra Durst-Benning ist schon als Kind mit dem Thema "Historische Fotografie" in Berührung gekommen und ist noch heute fasziniert davon. Für sie stand fest, dass sie einmal einen Roman darüber schreiben möchte, dessen erster Band nun veröffentlicht wurde. Doch nicht nur die Fotografie, sondern auch die Lebens- und Arbeitsweise der Weber und das immer stärkere Aufkommen von Fabriken, hat die Autorin einfließen lassen. Die wichtigsten Arbeitgeber des Dorfes sind kleine Könige und die Menschen von ihnen abhängig. Der Zeitgeist und der große wirtschaftliche Umschwung sind zu dieser Zeit ein großes Thema.

Die Charaktere hat die Autorin, wie ich bereits von ihr gewohnt bin, sehr lebendig und facettenreich dargestellt. Mimi ist eine starke und selbstbewusste Protagonistin, die ihren Traum leben möchte, was als Frau zu dieser Zeit fast undenkbar ist. Dafür gibt sie ein zukünftiges Leben an der Seite eines Mannes, Ehe und Familie, auf. Ihr Freigeist und ihre Kreativität helfen ihr in Laichingen mehr als einmal über die Runden zu kommen.
Das ganze Gegenteil ist Evelyn. Die Tochter einer reichen Chemnitzer Fabrikantenfamilie ist blauäugig ihrer Liebe gefolgt, ohne etwas vom harten und entbehrungsreichen Leben in Laichingen zu ahnen. Sie hadert mit ihrem Schicksal und beneidet Mimi, ohne jedoch selbst etwas gegen ihre Lage beizutragen.
Die Rolle der Frau war 1911 keineswegs mit Heute vergleichbar. Haushalt, Kindererziehung, Heimarbeit und Kirchgang stellen die Eckpfeiler einer gewissenhaften und gläubigen Ehefrau dar. Da fällt eine Frau wie Mimi, die ihrer Zeit voraus ist, ganz gehörig auf...

Aber nicht nur die Charaktere sind unglaublich liebevoll und detailliert beschrieben, sondern auch die landschaftlichen Besonderheiten der Ziele, die Mimi bereist. Die Schwäbische Alb, wo der Winter länger dauert unddie Menschen von der Weberei oder der Landwirtschaft leben, wird ebenso bildhaft beschrieben.

Das karge Leben der Leinenweber und der noch immer verankerte Glauben, dass die Kinder in die Fußstapfen ihrer Eltern treten und denselben Beruf erlernen müssen, egal welche Begabungen sie haben, ist ein wichtiges Thema des Romans. Der vorwitzige Anton, dessen Eltern das einzige Gasthaus im Ort bewirtschaften, hat keine Lust als Gastwirt in Laichingen zu versauern. Auch sein Freund Alexander, der zeichnerisch äußert begabte Sohn eines Webers, soll beim verhassten Fabriksbesitzer Gehringer, denselben Beruf wie sein Vater erlernen. Als Mimi sich für ihn einsetzt und einen Platz an der Kunstschule für ihn besorgen will, kommt es zu einem Eklat. Aber nicht nur Alexander und Anton haben Träume und Begabungen...

Der Spannungsbogen bleibt die ganze Zeit über konstant. Das Ende bleibt leider offen und Teil Eins endet mit einem gehörigen Cliffhanger, was mir nicht wirklich gefällt. Hier hätte man wenigstens einen der offenen Handlunsgstränge enden lassen können. Deswegen gibt es einen halben Stern Abzug, da ich es als Kaufzwang ansehe, wenn im ersten Teil so alles offen bleibt...
Trotzdem kann ich es kaum erwarten Teil 2 zu lesen, der jedoch erst im April 2019 erscheinen wird.

Fazit:
Ein gelungener Auftakt der Reihe rund um "Die Fotografin". Petra Durst-Benning verleiht dem Roman lebendige Charaktere, sowie interessante Einblicke in die Fotografie der damaligen Zeit. Ich bin schon gespannt auf den Folgeband.

Veröffentlicht am 03.11.2018

Das beste Buch der Reihe

Verliebt für eine Weihnachtsnacht
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Der sechste Band der "From Manhattan with Love" Reihe hat mich diesmal richtig verzaubert. Waren mir die Vorgängerbände doch manchmal etwas zu kitschig, war für mich die Dosis hier genau richtig.

Harriet, ...

Der sechste Band der "From Manhattan with Love" Reihe hat mich diesmal richtig verzaubert. Waren mir die Vorgängerbände doch manchmal etwas zu kitschig, war für mich die Dosis hier genau richtig.

Harriet, Zwillingsschwester von Fliss, die wir im letzten Band "Verliebt bis in die Fingerspitzen" begleitet haben, fühlt sich alleine. Gemeinsam mit ihrer Schwester besitzt Harriet das Gassi-geh-Service "Bark Rangers" in Manhattan, welches ziemlich gut läuft. Doch nun lebt Fliss mit Seth in den Hamptons und Harriet fühlt sich sehr einsam, denn sie war noch nie in ihrem Leben von ihrer Zwillingsschwester getrennt. Auch Bruder Daniel steht kurz vor seiner Hochzeit mit Molly...nur Harriet ist Single. Die Geschwister haben für sie immer alles geregelt und nun ist sie plötzlich ganz auf sich alleine gestellt.
Seit ihrer traumatischen Kindheit hat sie Probleme auf andere Menschen zuzugehen. Deshalb versucht sie krampfhaft mehr Selbstvertrauen durch ihre eigene ins Leben gerufene "Harriet-Challenge" zu bekommen. Ihr Ziel ist es, sich bis Weihnachten jeden Tag neuen Herausforderungen zu stellen - bis sie in der Notaufnahme bei Doktor Ethan Black landet! "Dr. HOT", wie ihn Harriet heimlich nennt, kreuzt schon bald wieder ihren Weg. Der total gestresste Arzt soll sich um die Hündin seiner Schwester kümmern, die Kundin bei Harriet ist und für einige Wochen verreisen muss. Ethan ist jedoch total überfordert mit seiner Aufgabe sich um "Madi" zu kümmern. Nach einem anstrengenden Tag, an dem er vollkommen vergessen hat, dass er einen Hund zuhause hat, steht er vor seiner total verwüsteten Wohnung. Harriet, die zur selben Zeit Madi zum Spaziergang abholen will, bekommt seine geballte Wut zu spüren. Daraufhin bricht ihre alte Sprachstörung wieder durch, die sie bereits überwunden glaubte. Völlig verzweifelt flüchtet Harriet und fühlt sich außerstande ihren Job zu machen.....

Harriet und Ethan sind ein Paar, das sich erst zusammenraufen muss. Ethan hat durch seinen anstrengenden Arbeitsalltag seine Gefühle fast ausgeschaltet, um mit den Tragödien und Zwischenfällen in der Notaufnahme klarzukommen. Außerdem kann er mit Hunden so gar nichts anfangen und will einfach nur sein Versprechen an seine Schwester halten. Für Harriet geht jedoch das Wohl eines Hundes über alles und kennt dabei keine Kompromisse.

Die Charaktere sind hervoragend und äußert lebendig gezeichnet. Außerdem entwickeln sie sich weiter und haben Ecken und Kanten.
Wie schon im Vorband setzt sich die Autorin dem Thema seelischer Verletzungen an Kindern und Vertrauensverlust auseinander. Harriet leidet seitdem an ihrer Sprachstörung, die wieder durchbricht, als sie sich einem wütenden Mann gegenüber sieht. Sie macht in dieser Geschichte eine wunderbare Entwicklung durch, die ihre wahre Stärke zeigt und die ihr endlich auch das gewünschte Selbstvertrauen gibt. Harriet besitzt den Mut sich jeden Tag einer neuen Herausforderung zu stellen und aus dem Schatten anderer zu treten. Dabei sieht man als Leser schon zu Beginn, dass sie es ist, die größtenteils für den Erfolg der Bark Rangers verantwortlich ist. Nur Harriet selbst stellt ihr Licht immer wieder unter dem Scheffel.
Auch Ethan, der für seinen Job lebt, aber dadurch sein eigenes Leben aus den Augen verloren hat, macht eine Wandlung durch. Er beginnt zu erkennen, dass er von seinem ursprünglichen beruflichen Weg abgekommen ist.

Wie sich die beiden doch noch zusammenraufen liest sich einfach köstlich und kommt diesmal meiner Meinung mit weniger Kitsch als in den Vorgängeromanen aus, sodass ich gerne 4 1/2 Sterne für diese süße Weihnachtsliebesgeschichte gebe.

Für Leser der Reihe gibt es auch ein Wiedersehen mit einigen Charakteren aus der "Snow Crsytal Reihe", was ich äußerst erfrischend gefunden habe.

Schreibstil:
Sarah Morgans Schreibstil ist flüssig, kurzweilig und lässt sich wunderbar lesen. Die bildhaften Beschreibungen, sowie Szenen, die mit Witz und Humor und einem Schuss Romantik gespickt sind, sind das Markenzeichen der Autorin. Sarah Morgan verpackt die winterliche Stimmung von Manhattan zu einer wundervollen Wohlfühlgeschichte.


Fazit:
"Verliebt für eine Weihnachtsnacht" war für mich das beste Buch der sechsteiligen "From Manhattan with Love-Reihe" und konnte mich richtig verzaubern. Perfekt für die kommende Vorweihnachtszeit und für Hundeliebhaber im Allgemeinen.