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Veröffentlicht am 28.11.2018

Und du, wann stirbst du wohl?

Deine letzte Stunde
3

Carlos Monteros Thriller „Deine letzte Stunde“ ist im November 2018 bei Bastei Lübbe erschienen und umfasst 448 Seiten.
Raquel tritt eine Stelle als Vertretungslehrerin im Galizischen Novariz an. Was ...

Carlos Monteros Thriller „Deine letzte Stunde“ ist im November 2018 bei Bastei Lübbe erschienen und umfasst 448 Seiten.
Raquel tritt eine Stelle als Vertretungslehrerin im Galizischen Novariz an. Was sie nicht weiß: Ihre Vorgängerin wurde ertrunken aufgefunden. War es Mord oder Selbstmord? Wurde sie gar von den Schüler/innen in den Tod getrieben? Als sie selbst mit Morddrohungen konfrontiert wird, beginnt die junge Lehrerin, auf eigene Faust zu ermitteln. Dabei gerät sie in einen Sumpf aus Lug und Trug, bis sie schließlich selbst in Lebensgefahr gerät.
Der Thriller beginnt spannend und atmosphärisch dicht mit dem Auffinden einer Leiche. Dann allerdings plätschert die Handlung erst einmal vor sich hin, bis der Roman etwa ab der Mitte wieder an Spannung zulegt. Das Ende ist fulminant und durchaus dramatisch, der Todesfall wird aber leider nur unzureichend nachvollziehbar aufgelöst. Der Autor führt zudem immer wieder belanglose Nebenschauplätze an, die für den Kriminalfall an sich keine Rolle spielen und den Spannungsbogen unterbrechen. Durch mehrfache Wendungen gelingt es jedoch, die Leser/innen zum Miträtseln und sich Gedankenmachen zu animieren.
Die Charaktere sind plastisch beschrieben, die spanischen Namen waren für mich anfangs ein wenig verwirrend. Wirklich warm werden konnte ich während des Lesens mit niemandem, vor allem nicht mit der Protagonistin, da sie mir über weite Strecken doch sehr naiv, widersprüchlich und unreif vorkam. Auch eine Entwicklung der Figuren ist nicht erkennbar.
Der Autor greift mit seinem Roman aktuelle Themen auf: (Cyber-)Mobbing in der Schule, Drogen, Missbrauch und das fehlerhafte Umgehen mit Finanzen. Meiner Meinung nach wirkt der Roman dadurch sehr überladen, vor allem wegen der mangelnden Ausführung dieser Problematiken, die z.T. praktisch en passant erwähnt und fast als normal angesehen werden.
Monteros Sprache ist leicht, modern und flott zu lesen. Der Roman ist größtenteils aus der Ich-Perspektive in der Gegenwart verfasst, was im Allgemeinen eine Identifikation mit den Protagonist/innen erleichtert. An einigen Stellen gelingt es auf diese Art dem Verfasser auch, die Leser/innen in das Geschehen hineinzuziehen und mit der Protagonistin mitleiden zu lassen. Gelegentliche Perspektivwechsel lenken den Fokus wenigstens zum Teil auf das Leben und die Probleme der Jugendlichen. Zeitweilig ist das Buch sehr dialoglastig.
Das Cover ist ein Hingucker, vermittelt es auf seine altertümliche Sicht in ein Klassenzimmer doch so etwas wie Grauen.
Insgesamt lässt sich der Roman rasch lesen, Aktualität und Brisanz des Themas fesseln durchaus, jedoch habe ich mich beim Lesen doch sehr an der Naivität der Protagonisten und der Oberflächlichkeit gestört. Außerdem fehlte mir aufgrund dessen über lange Strecken einfach der Thrill. Einige wirklich gut beschriebenen Passagen zu Beginn und im letzten Drittel sowie der sich langsam aber sicher entwickelnde Spannungsbogen in der zweiten Hälfte des Thrillers zeigen, dass Montero durchaus Potenzial hat, konnten mich dennoch nicht überzeugen. Meiner Meinung nach ein Thriller, den man lesen kann, jedoch nicht muss, und der sich inhaltlich eher an ein jüngeres Publikum wendet.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Geschichte
  • Charaktere
  • Thema
Veröffentlicht am 24.11.2019

Mehr Klischee geht eigentlich nicht mehr.

Blood Orange - Was sie nicht wissen
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Mit „Blood Orange. Was sie nicht wissen“ legt Harriet Tyce ihr gelobtes Debüt als Thrillerautorin vor. Der Diana-Verlag brachte diesen 384-seitigen Roman im Oktober 2019 in deutscher Übersetzung heraus.
Alison ...

Mit „Blood Orange. Was sie nicht wissen“ legt Harriet Tyce ihr gelobtes Debüt als Thrillerautorin vor. Der Diana-Verlag brachte diesen 384-seitigen Roman im Oktober 2019 in deutscher Übersetzung heraus.
Alison ist eine erfolgreiche Londoner Anwältin. Als ihr das Mandat in einem Mordfall übertragen wird, bedeutet dieses einen weiteren Schritt auf der Karriereleiter: Madeleine soll ihren Mann umgebracht haben, doch Alison ist von ihrer Schuld nicht überzeugt. Ihre Recherchen fördern immer mehr Parallelen zwischen dem Leben dieser beiden Frauen zutage. Zeitgleich kämpft Alison aber auch mit privaten Problemen: Der Spagat zwischen ihrer beruflichen Karriere und ihrer Rolle als Mutter fällt ihr schwer, sie verliert sich in Alkoholexzessen und einer Affäre mit ihrem Kollegen. Als sie dann noch anonyme Nachrichten erhält, die ihr mit Enthüllung drohen, spitzt sich die Lage für die Anwältin zu.
Um es vorweg zu schreiben: Überzeugen konnte Harriet Tyce mich mit ihrem Thriller, der eher einem Spannungsroman gleicht, leider nicht, und die durchaus positiven Resonanzen sind für mich ganz und gar nicht nachvollziehbar.
Positiv sei angemerkt, dass sich dieses Buch flüssig lesen lässt, insgesamt ein Rundes, Ganzes ergibt, und juristische Fragen, die den Roman durchziehen, von guter Recherche zeugen; Letzteres ist allerdings auch nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass die Autorin einige Jahre als Prozessanwältin praktizierte. Diese Punkte sind dann auch der Grund, weshalb ich diesem Buch zwei von fünf Lesesternen „verleihe“.
Inhaltlich konnte ich dem Buch indes nichts abgewinnen: Die Autorin spielt zu sehr mit Klischees, die sich am Ende bestätigen: Die Frauen in diesem Roman begehen zwar alle mehr oder weniger kleine Fehler, zumindest erscheinen diese im Lichte der Verfehlungen der Männer so, stehen aber am Ende des Romans als Opfer ihrer dominanten, gewalttätigen Männer da. Hier werden eindeutig althergebrachte Rollenklischees, die durchaus eine wahre Basis haben, transportiert. Verstärkt wird dieser Eindruck auch durch die Charaktereigenschaften, die den Figuren zugordnet werden: Die Frauen sind naiv, voller Selbstzweifel und lassen alles mit sich machen, ohne auch nur, bis kurz vor Schluss, sich zur Wehr zu setzen. Und auch die „Flucht“ aus ihrer Opferrolle hinterlässt einen mehr als bitteren Beigeschmack, denn Mord oder unterlassene Hilfeleistung können und dürfen keine Option sein, dieser Rolle zu entfliehen. Somit entlässt der Thriller auch in dieser Hinsicht Leserinnen und Leser mit moralisch zweifelhaften Lösungen.
Über weite Strecken habe ich mich gefragt, wie Alison und ihre Kolleg/innen es schaffen, ihren Berufsalltag erfolgreich zu meistern, scheinen doch Alkohol und Affären fast einen größeren Raum einzunehmen als saubere juristische Arbeit.
Die Verbrechen an sich werden am Ende zufriedenstellend aufgeklärt, jedoch entbehren die Ermittlungsarbeiten, die zugegebenermaßen nicht im Zentrum des Thrillers stehen, jeglicher Professionalität. Am Ende stand ich vor der Frage, ob Untersuchungen überhaupt stattgefunden hatten.
Schließlich stellt sich die Frage, für wen dieser Thriller eigentlich geschrieben wurde: meiner Meinung nach für Frauen, die sich selbst in der Opferrolle sehen und vermeintlich einfach, eindimensionale Lösungen suchen. Einblicke in das Sexualleben der Protagonistin befriedigen zudem voyeuristische Gelüste.
Auf mich wirkt das Buch insgesamt eher „billig“, sodass ich es zur Lektüre nicht weiterempfehlen kann – zumindest nicht dann, wenn man von einem Roman mehr als Sex, Crime und Klischeedenken erwartet.

Veröffentlicht am 22.06.2019

Ein Buch voller Klischees

Johannisfeuer
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Ein Buch, und dann noch einen Krimi, mit dem Titel „Johannisfeuer“ rund um den Johannistag (24. Juni) herum zu lesen, hat mich schon gereizt, ich wurde dann aber leider doch sehr enttäuscht.
Perez, Kleinganove ...

Ein Buch, und dann noch einen Krimi, mit dem Titel „Johannisfeuer“ rund um den Johannistag (24. Juni) herum zu lesen, hat mich schon gereizt, ich wurde dann aber leider doch sehr enttäuscht.
Perez, Kleinganove und Lebemann, pflegt ein Hobby, nämlich das Aufklären von Kriminalfällen. Während einer Bergtour entdeckt er den auf den ersten Blick leblosen Körper einer jungen Frau, die seit Jahren vermisst wird. Als diese kurze Zeit später im Krankenhaus wieder aufwacht, sich aber weigert zu sprechen, nimmt seine Lebensgefährtin, Marianne, sich ihrer an. Etwa zeitgleich wird im Umland von Montpellier eine Mädchenleiche aufgefunden. Perez glaubt nicht an Zufälle, sieht dort bald Zusammenhänge und macht sich auf die Suche nach diesen. Dabei gerät er an eine Sekte, die schon lange für Aufsehen sorgt und nach deren Anführer international gefahndet wird.
Dieser Südfrankreich-Krimi aus der Feder von Yann Sola ist im Mai 2019 bei Kiepenheuer & Witsch erschienen und umfasst 352 Seiten.
Der Roman punktet auf jeden Fall mit seinem Lokalkolorit: Man reist mit Perez entlang der Côte Vermeille, besteigt den Pic du Canigou in den Pyrenäen, sitzt mit ihm in Cafés und genießt das Leben „wie Gott in Frankreich“. Auch sprachlich ist man gleich in Frankreich angekommen, werden doch immer wieder französische Begriffe eingeflochten. Dass es auch in Frankreich Animositäten zwischen und Vorurteile gegen unterschiedliche(n) Volksgruppen gibt, lässt den Roman ebenfalls sehr authentisch wirken.
Gut gefallen hat mir ebenfalls Perez‘ Hund, Hippy, der sich unter der Anleitung seines Herrchens zu einem richtigen „Gastrohund“ entwickelt hat, genießt doch auch er mehrgängige Menüs (auch wenn sich Hundeliebhaber*innen hier die Haare sträuben werden).
Inhaltlich konnte mich das Buch ganz und gar nicht überzeugen: Mir fehlten einfach der Spannungsbogen und das Gefühl weiterlesen zu müssen, um den Täter/innen und Motiven auf die Spur zu kommen; bei den Ermittlungen hatte ich eher das Gefühl, als tappte Perez im Dunklen und blickte nur durch Zufälle hinter das Geschehen. Auch dass er mit seinen 60/65 Jahren (?) so ganz ahnungslos ist, was die digitale Welt angeht, scheint eher unwahrscheinlich.
Doch auch ansonsten wartet der Roman mit vielen Klischees auf: Da ist die spindeldürre Bulimikerin, Jesus trägt lange Haare und einen Rauschebart und Religion ist gefährlich und nur was für Dumme („Am Ende ist es die Religion, die die Menschen verrückt macht.“). Der Autor bedient sich hier Klischees, die dem Mainstream entsprechen, ohne irgendwie in die Tiefe zu gehen. Es heißt ja, „der Zweck heiligt die Mittel“, aber die heimliche nächtliche Öffnung eines Grabes mit einem Kleinbagger wird wohl auch in Frankreich niemand als Kavaliersdelikt sehen. Ebenfalls der Umstand, dass ein Selbstmordvideo, wenngleich zu einem guten Zweck, ins Internet gestellt wird, erscheint mir an den Haaren herbeigezogen und reichlich deplatziert, um es gelinde auszudrücken.
Das Thema Sekten und Glaubensgemeinschaften in einem Kriminalroman zu behandeln, hat durchaus seinen Reiz, es gibt auch in der (Kriminal- und Thriller-)Literatur viele gute und lesenswerte Beispiele. In diesem Buch jedoch wird nur mit Vorurteilen gespielt und ein tieferes Eindringen in die Materie fehlt völlig – besonders auch, was die psychischen Folgen des Ganzen betrifft. Meinen Geschmack hat Yann Sola mit „Johannisfeuer“ jedenfalls keinesfalls getroffen.

Veröffentlicht am 11.06.2019

Wer hat Interesse daran, die Arbeit des Regenbogen-Vereins zu torpedieren?

OstfriesenKiller
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Klaus-Peter Wolfs „Ostfriesenkiller“ bildet den Auftakt zu seiner Krimiserie rund um die Ermittlerin Ann Kathrin Klaasen.
Eine Mordserie hält das ostfriesische Norden in Atem und schlägt bundesweit Wellen: ...

Klaus-Peter Wolfs „Ostfriesenkiller“ bildet den Auftakt zu seiner Krimiserie rund um die Ermittlerin Ann Kathrin Klaasen.
Eine Mordserie hält das ostfriesische Norden in Atem und schlägt bundesweit Wellen: Vier Mitglieder des Vereins „Regenbogen“, der sich um die Belange behinderter Menschen kümmert, werden ermordet. Wer hat Interesse daran, sich der Arbeit des Vereins in den Weg zu stellen? Ann Kathrin Klaasen, die zeitgleich mit dem Zusammenbruch ihrer Ehe zu kämpfen hat, macht sich auf die Suche nach dem Täter.
Um es vorweg zu sagen: Eigentlich lese ich die Bücher aus dieser Serie gern, vereinigen sie doch Lokalkolorit, Spannung und interessante Fälle in sich. Wäre dieses jedoch der erste Band gewesen, den ich gelesen hätte, hätte ich diese Reihe wohl nicht weiter verfolgt.
Sprachlich lässt sich dieser Roman wieder einmal gut und flüssig lesen, auch dem Inhalt zu folgen, sollte keine Schwierigkeiten bereiten. Ansprechend ist außerdem das Cover, das gleich ein Nordsee-Flair versprüht.
Die Charaktere indes bleiben, im Gegensatz zu den Nachfolgebänden, eher blass. Einzig Ann Kathrin wird recht ausführlich dargestellt, jedoch erscheint sie mir hier nicht sehr sympathisch. Sie sieht zwar ein, dass sie in Bezug auf ihre Ehe Fehler gemacht hat, doch suhlt sie sich in Selbstmitleid, was teils ihre Arbeit behindert. Zudem fehlt es ihr einfach an Distanz und ihr unterlaufen während der Arbeit am Fall solch gravierende Fehler, dass sie zwar gezwungen wird, ihren Urlaub zu nehmen, dann wird sie aber halblegal zurück ins Team geholt, um den Fall abzuschließen. Dieses ging mir beim Lesen dann zu sehr an der Realität vorbei.
Beim Lesen hat man immer wieder den Eindruck, als wolle Wolf eine Lanze für die Behinderten und unseren Umgang mit ihnen brechen, was mir sehr zusagt und ihm teilweise auch gelingt, wenn er Mobbing, Ausbeutung und fehlende öffentliche Unterstützung anprangert. Teils gelingt es ihm auch auf ergreifende Weise, Mitleid bei den Lesenden zu erregen. Leider macht der Autor diese Ansätze zunichte, betrachtet man daraufhin Sylvia, eine mental retardierte junge Frau, genauer, die durchaus fähig zu sein scheint, perfide Pläne zu schmieden, und deren Intelligenzminderung eher eine Gefahr darstellt.
Latent ist eine Spannung während des Lesens zu spüren, doch hat es der Verfasser verpasst, durch wechselnde Motive und überraschende Elemente einen Spannungsbogen zu konstruieren, der Leserinnen und Leser in seinen Bann zieht. Die Passagen, in denen die Hauptkommissarin über ihre Ehe und ihren Vater nachdenkt, ohne auch nur ansatzweise zu einer Lösung zu kommen, sorgen darüber hinaus für Langatmigkeit.
Insgesamt bin ich von „Ostfriesenkiller“ enttäuscht, und das Buch hinterlässt bei mir, gerade was auch seinen Inhalt betrifft, einen negativen Eindruck. Lediglich die gute Lesbarkeit und die zum Teil mitleiderregende Darstellung der behinderten Menschen animieren mich dazu, diesem Buch dann doch zwei Sterne zu geben. Möchte sich jemand mit dieser Ostfriesenreihe bekannt machen, sollte er oder sie lieber zu einem der Nachfolgebände greifen, die einfach mehr Lokalkolorit, Spannung und ausgefeiltere Charaktere bieten.

Veröffentlicht am 11.05.2019

Man kommt sich langsam vor wie im finsteren Chicago hier in Burghausen.

Hannas Leichen
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Zum ersten Mal ermittelt Hanna Schmiedinger von der Traunsteiner Mordkommission in Alex Buchenbergers Chiemsee-Krimi „Hannas Leichen“. Dieser 340 Seiten umfassende Kriminalroman erschien im April 2019 ...

Zum ersten Mal ermittelt Hanna Schmiedinger von der Traunsteiner Mordkommission in Alex Buchenbergers Chiemsee-Krimi „Hannas Leichen“. Dieser 340 Seiten umfassende Kriminalroman erschien im April 2019 im Gmeiner Verlag.
Gemeinsam mit seiner Geliebten, der Frau seines Partners Florian Bauer, wird Lothar Brinkmann tot nahe Burghausen in seinem Pool gefunden. Dieses ruft Hanna und ihre Mitarbeiter auf den Plan. Doch die Ermittlungen gestalten sich komplizierter als anfangs erwartet.
Bei diesem Regionalkrimi handelt es sich eher um eine Krimödie als um einen Kriminalroman im klassischen Sinne, denn die Ermittlungsarbeiten spielen sich nur am Rande ab. Im Zentrum des Geschehens stehen eindeutig private und teils auch berufliche Querelen der Ermittelnden und anderer vom Mordfall Betroffener. Diese sind gerade anfangs durchaus auf intelligente Weise lustig zu lesen, von Spannung jedoch ist weit und breit wenig zu spüren. Da hilft es auch nichts, dass im Laufe der Polizeiarbeit das ein oder andere neue Mordmotiv zutage tritt. Der Kriminalfall wird am Ende zwar logisch aufgelöst - ich selber hatte während des Lesens auch schon denselben Verdacht, der sich am Ende als richtig entpuppte -, aber er wird halt nicht durch solide Polizeiarbeit gelöst, sondern die Auflösung ist für das Ermittlerteam ein reiner Glückstreffer. Während der Ermittlungen tappt Hanna durchweg im Dunklen und widmet sich anderen Problemen, vor allem ihrem privaten Kleinkrieg.
Der Humor hat mir anfangs sehr zugesagt, enthält er doch eine feine Ironie; doch leider gipfelt er schließlich in Dialogen wie „ ‚Kann man so lange vernünftig mit Ihnen reden?‘ … ‚Mit mir kann man das immer. Aber Sie scheinen das nicht zu wollen, Sie dumme Sau.‘“ Was daran im Zusammenhang mit einer Festnahme, erst recht wenn eine leitende Kommissarin solche Ausdrücke in den Mund nimmt, lustig sein soll, kann ich beim besten Willen nicht verstehen. Auch an anderen Stellen hat der „Humor“ eher etwas Menschenverachtendes denn etwas Lustiges an sich.
Die Charaktere sind zu Beginn liebevoll und detailliert gestaltet. Im Laufe des Romans jedoch verliert gerade Hanna, anfangs cool und erfrischend „anderes“ gezeichnet, sehr viel an Sympathiepunkten, indem sie ihre leitende Position missbraucht, um ihren Kolleg/innen an den Karren zu fahren oder private Streitigkeiten zu ihren Gunsten zu entscheiden und sogar Profit daraus zu schlagen. An manchen Stellen beim Lesen habe ich mich wirklich gefragt, was für ein Bild der Polizei hier transportiert werden soll.
Sprachlich ist der Roman flüssig und flott zu lesen. An den wenigen spannenden Stellen schafft Alex Buchenberger es gekonnt, durch Sprache und Satzbau die Spannung und das Tempo zu intensivieren, doch leider bleibt es bei diesen Ansätzen. Dass er hier mehr leisten kann, hat er in anderen Büchern schon bewiesen – und gerade darum war ich beim Lesen auch umso enttäuschter.
Ein wenig fehlte es mir auch an Lokalkolorit. Das Gefühl, mich am Chiemsee zu befinden, kam bei der Lektüre nie auf, der Handlungsort ist einfach austauschbar.
Ich habe mich beim Lesen der ersten Romanhälfte wirklich köstlich amüsiert, aber je weiter ich voranschritt, desto mehr häuften sich die oben von mir genannten Kritikpunkte. Mit dem fehlenden Spannungsbogen hätte ich mich noch abgefunden, aber in der Summe überwiegen am Ende dann doch die negativen Aspekte, sodass ein eher bitterer Nachgeschmack überwiegt. Ich gebe dem Krimi alles in allem nur zwei von fünf Lesesternen, werde bei einem zweiten Band aber Hanna Schmiedinger wegen der guten Ansätze und des Könnens des Autors durchaus noch einmal eine Chance geben.