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Veröffentlicht am 18.01.2019

Schleppender Start, Showdown am Ende

Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod
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Von Håkan Nesser kannte ich zwar noch kein Buch aus der Reihe um Van Veeteren, aber immerhin schon “Der Fall Kallmann”. Daher kam ich mit dem Erzählstil des Autors hier gut zurecht. “Neulinge” könnte dieser ...

Von Håkan Nesser kannte ich zwar noch kein Buch aus der Reihe um Van Veeteren, aber immerhin schon “Der Fall Kallmann”. Daher kam ich mit dem Erzählstil des Autors hier gut zurecht. “Neulinge” könnte dieser zu Beginn überraschen.

Wer sich davon im ersten Viertel des 572 Seiten starken Krimis nicht entmutigen lässt, der wird später doch mit viel Spannung, Verfolgungsjagden und einem starken Psychogramm des Täters belohnt.

Stichwort Spannung: diese baut sich langsam, teilweise unter der Oberfläche auf. Einiges aus dem ersten Viertel hätte man wohl kürzen können, aber andererseits gibt es dadurch gesamt gesehen mehrere Hauptpersonen als nur ein paar Polizisten, Van Veeteren und einen Täter. Nesser widmet den Opfern gebührend Platz - was natürlich auch der Charakterisierung des Täters dient.

Der Leser weiß meist ein bisschen mehr als die Ermittler oder kann sich zumindest mehr zusammenreimen. Und als es dann soweit ist, dass die zahlreichen Nebenhandlungen und Erzählstränge auf ein Ziel hinweisen, kommt noch einmal eine kleine Überraschung um die Ecke.

Veröffentlicht am 21.12.2018

Killer, Kripo, Kabbelei

Treibts zua!
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Ein Ermittlerduo wider Willen bilden hier die beiden sehr gegensätzlichen Hauptpersonen. Nicht nur ihre Einstellungen und Herangehensweise unterscheiden Sigmund Huber und Lilly Engel, sie sind zusätzlich ...

Ein Ermittlerduo wider Willen bilden hier die beiden sehr gegensätzlichen Hauptpersonen. Nicht nur ihre Einstellungen und Herangehensweise unterscheiden Sigmund Huber und Lilly Engel, sie sind zusätzlich noch durch eine Staatsgrenze getrennt.

Der Fall eines Serientäters der im Grenzgebiet zwischen Bayern und Salzburg mordet, führt die Kommissarin aus Bad Reichenhall und den Kripo-Beamten aus der Landeshauptstadt Salzburg zusammen.

Die beiden haben es mit einem großen Rätsel und sehr wenigen Anhaltspunkten zu tun. Die Opfer weisen kaum Gemeinsamkeiten auf und es scheint als würde der Mörder ganz bewusst mit ihnen spielen. Und als wären die Ermittlungen nicht knifflig genug, benehmen sich die beiden auch noch des Öfteren wie Hund und Katz.

Kurze, nette Kabbeleien sind grundsätzlich unterhaltsam, hier kippt aber leider immer wieder das Gleichgewicht zwischen Krimihandlung und persönlichen Differenzen zugunsten Letzterer. Das lässt die Story in den Hintergrund treten, was sie gar nicht verdient hat. Wer mit Geschichte, Sagen und Bräuchen rund um das Grenzgebiet vertraut ist, kommt vielleicht früher auf einen Anhaltspunkt, dennoch ist am Ende ein roter Faden zu erkennen, inklusive spannender und schlüssiger Auflösung.

Veröffentlicht am 17.12.2018

Ein Krimi der den Zeitgeist wunderbar einfängt

Blutsbruderschaft
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Obskure Charaktere und der Mauerfall prägen diesen Berlin-Krimi. Was haben Gustav Meyrink, ein grausamer Mord und die Stadt Prag miteinander zu tun? Was mit der Leiche eines Studenten beginnt, führt die ...

Obskure Charaktere und der Mauerfall prägen diesen Berlin-Krimi. Was haben Gustav Meyrink, ein grausamer Mord und die Stadt Prag miteinander zu tun? Was mit der Leiche eines Studenten beginnt, führt die Kommissare Ernst Klamm und Jasmin Berger auf eine abenteuerliche Ermittlungsreise durch Berlin. Dass sie zur Zeit der Wende ermitteln, macht vieles noch zusätzlich kompliziert.

Mitten in ihre Arbeit platzt auch noch ein Bombenanschlag, dessen Verursacher gefunden werden will. Die Polizei Westberlins hat alle Hände voll zu tun, da kommt es Klamm gerade recht, dass ein befreundeter Journalist sich auch für den Studenten-Mord interessiert.

Die beiden haben zwar zu Beginn ganz unterschiedliche Interessen, arbeiten mit der Zeit aber ganz erfolgreich und nicht zum ersten Mal zusammen (siehe Vorgängerband “Totes Gleis”). Lucas Hermes, besagter Journalist, ermittelt gerne investigativ und auf eigene Faust. Dabei hat der privat etwas chaotische Protagonist zwar manchmal Erfolg, bringt sich aber auch gerne in Gefahr…

Insgesamt ein sehr positiv unauffälliger Krimi, der mit kleinen und großen Wendungen und Kniffen aufwarten kann. Auch der Zeitgeist, die mühsame Arbeit, die Probleme, denen sich West und Ost gegenübersahen, werden gut transportiert.

Bei den Hauptcharakteren kann Hermes mehr polarisieren als Klamm, über ihn erfährt man am meisten, auch abseits des Falls. Er hat so seine Problemchen mit Frauen und grübelt gerne viel zu viel, so scheint es. Aber er ist hartnäckig wenns drauf ankommt und ein durchaus guter Journalist mit dem Herz am rechten Fleck.

Am Ende des Krimis werden einige der vielen Fäden und Nebengeschichten, die sich mit der Zeit aufgetan haben, zusammengefasst oder gelöst, manches bleibt aber auch offen, was auf eine mögliche Fortsetzung mit Hermes und Klamm hinweist. Ein Duo, das sich noch mehr Auftritte verdient hat.

Veröffentlicht am 08.12.2018

Mein erstes Mal

Die Opfer, die man bringt (3 MP3-CDs)
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Für mich war dieses Buch in zweifacher Hinsicht ein erstes Mal: Der erste Krimi der Bergman-Reihe (die anderen stehen in Buchform im Regal und warten darauf gelesen zu werden) und das erste Hörbuch, das ...

Für mich war dieses Buch in zweifacher Hinsicht ein erstes Mal: Der erste Krimi der Bergman-Reihe (die anderen stehen in Buchform im Regal und warten darauf gelesen zu werden) und das erste Hörbuch, das ich bewusst durchgezogen habe.

Der Schreibstil ist hier schwierig zu beurteilen, da man sich doch vor allem auf die Stimme konzentriert. Douglas Welbat spricht deutlich und angenehm, aber mit den nötigen feinen Unterschieden in der Stimme. Insgesamt hätte der Krimi aber etwas mehr Tempo vertragen. Bei längeren ruhigen Passagen driften die Gedanken sonst schnell mal ab.

Ein weiterer Faktor, der mir sonst nie bewusst war: bei Hörbüchern wäre es toll, hätte man einen beigelegten Zettel der wichtigsten Personen, um zu sehen wie man die Namen schreibt. Durchs Hören alleine ergeben sich oft mehrere Möglichkeiten.

Nun aber zur Geschichte: In Uppsala geht ein Serientäter um, Frauen werden misshandelt, verfolgt, eingeschüchtert. Der Psychologe Sebastian Bergman wird von der örtlichen Behörde hinzugezogen, als sich der Fall ausweitet, kommen auch noch Vanja, Ursula, Torkel und Billy von der Reichsmordkommission hinzu. Auch für alle die die vorherigen Bände nicht kennen: die Spannungen sind greifbar, es muss etwas vorgefallen sein. Es gibt einige klärende Gespräche und Andeutungen, aber nichts, was es schwer machen würde, das aktuelle Buch zu verstehen.

Jeder hat so seine mehr oder weniger rühmliche Vergangenheit und dazu kommt die ehemals gemeinsame. Die persönlichen Probleme überlagern teilweise die aktuelle Ermittlungsarbeit etwas und bringen einige Nebenhandlungen hinein. Die Geschichte ist aber trotzdem spannend - als gedruckte Vorlage sicher noch mehr - und kann mit der einen oder anderen Überraschung aufwarten. Die ganze Gruppe der Hauptpersonen ist wohl mit Absicht so aufgebaut, dass es keine absolute Lieblingsperson gibt, jeder wird schonungslos und ehrlich mit seinen Problemen dargestellt.

Mein Fazit: Ich wäre beim Buch wohl schneller gewesen, so musste ich ja gezwungenermaßen die ganzen 14,5 Stunden “aussitzen” (obwohl leicht gekürzt) und das Tempo war nicht zu ändern. Beim Lesen variiert man das ja selbst ganz automatisch je nach Spannung oder Zeitguthaben. Dennoch war es eine gute Erfahrung und nun überlege ich sogar, weitere Hörbücher zu versuchen, um einen Vergleich zwischen mehreren Sprechern zu haben.

Veröffentlicht am 19.11.2018

Krieg als Gleichmacher und Chance

Die Schwestern vom Ku'damm: Jahre des Aufbaus
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Die Stärken dieses historischen Romans liegen ganz klar in der Recherche und der Einbringung aller tatsächlichen Fakten und Begebenheiten in die fiktive Geschichte um eine Berliner Kaufhausfamilie. Krieg ...

Die Stärken dieses historischen Romans liegen ganz klar in der Recherche und der Einbringung aller tatsächlichen Fakten und Begebenheiten in die fiktive Geschichte um eine Berliner Kaufhausfamilie. Krieg macht alle gleich. Wer nicht gerade durch die Rüstungsindustrie daran verdienen konnte, wurde arm, verlor das mühsam aufgebaute und musste hungern und generell um das bisschen Existenz kämpfen, das geblieben war.

Egal, wie reich oder arm, wie beliebt oder einsam jemand vorher war, 1945 erwischt es quasi alle. Nicht nur mit Bomben landet der Krieg seine Treffer, auch psychologisch wird vieles zerstört. Mittendrin verliert die angesehene Familie Thalheim beinahe alles: das Kaufhaus, Vorräte, Maschinen, Verbündete.

Brigitte Riebe zeichnet ein düsteres Bild der damaligen Zeit und zeigt in Teil 1 der geplanten Trilogie den mühsamen Weg heraus aus Schutt, Besetzung und Einschränkung. Im Fokus stehen Rike, Silvie und Flori, drei (privilegierte) Schwestern. Ihnen standen für damalige Verhältnisse zwar viele Türen offen, dennoch können sie ihre wahren Talente erst zu Kriegsende zeigen, da sie nun, da viele Männer tot, vermisst oder krank sind, energisch das Ruder übernehmen.

Denn der Krieg war nicht nur Gleichmacher da, sondern auch Chance. Ein Neubeginn war für alle Schichten oberstes Ziel, viele Frauen mussten sich gezwungenermaßen emanzipieren, was bei Weitem nicht selbstverständlich war. Auch wenn es Rückschläge gab, gesellschaftlich gab es durch den Krieg eine Chance zum Wandel. Langsam, aber stetig.

Wir leben heute im Überfluss, können uns - obwohl es noch keine 80 Jahre her ist und noch einige ältere Menschen von ihren Erinnerungen berichten können - dennoch nur schwer vorstellen, wie stark damaligen Werte das Leben prägten, wie hart die Umstände (Lebensmittelmarken, längere Zeit kein Strom, teilweise kaum Wasser,...) wirklich waren.

Beim Lesen begleiten wir die Hauptcharaktere durch Not, durch Verzweiflung aber auch durch neue Hoffnung. Und wie jede Familie haben auch die Thalheims ein paar Geheimnisse, die es aufzudecken gilt...