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Veröffentlicht am 10.03.2019

Im Sumpf des Verbrechens

Teuflische Versprechen
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Die Frankfurter Psychologin Verena Michel bekommt eines Tages einen unangekündigten Besuch: In ihre Praxis stürmt eine völlig aufgelöste und verängstigte junge Frau. Es stellt sich heraus, dass sie Maria ...

Die Frankfurter Psychologin Verena Michel bekommt eines Tages einen unangekündigten Besuch: In ihre Praxis stürmt eine völlig aufgelöste und verängstigte junge Frau. Es stellt sich heraus, dass sie Maria heißt, ursprünglich aus Moldawien stammt und bereits einige Jahre in einem Edelbordell festgehalten und zur Prostitution gezwungen wurde. Maria, der es glücklicherweise gelang, ihren Peinigern zu entfliehen, bittet Verena um Hilfe und diese nimmt sie mit nach Hause. Da Maria aber panische Angst vor der Polizei hat, wendet sich Verena an ihre Freundin Rita Hendriks, die Anwältin ist. Diese ist wie Verena von Marias Geschichte zutiefst erschüttert und verspricht, eine Lösung zu finden. Ihr Versprechen kann sie leider nicht einlösen, denn schon kurz danach wird sie bestialisch ermordet. Der Kommissarin Julia Durant wird es schnell klar, dass es sich um keinen Raubmord handelt. Bei ihren Ermittlungen entdecken sie und ihr Team Schreckliches und werden mit menschlichen Abgründen konfrontiert...

Ich habe bereits in der Vergangenheit einige spannende Krimis von Andreas Franz förmlich verschlungen und auch diesen konnte ich kaum aus der Hand legen. Der Autor beschäftigt sich hier mit dem brisanten Thema des organisierten Verbrechens und weiß seine Story ergreifend und packend zu erzählen. Man kann nicht anders als mit all den Frauen und Kindern mitzufühlen, die mit falschen Versprechen gelockt, aus ihren Heimatländern verschleppt und versklavt werden. Wie Julia Durant und ihre Kollegen (tolle, lebendig gezeichnete und sympathische Charaktere) verspürt man eine unbändige Wut angesichts der Gräueltaten, begangen von Menschen, die sich anmaßen, über dem Recht zu stehen und ihre Positionen und hohe gesellschaftliche Stellungen für üble Zwecke missbrauchen. Nachzuvollziehen ist auch ihre Ohnmacht und Frustration bedingt durch die Tatsache, dass manche Verbrecher trotz unzähliger Recherchen, Zeugenaussagen und Beweise dank Korruption auf freiem Fuß bleiben und weiterhin ihren Status als unbescholtene Bürger genießen. Was nach der Lektüre bleibt ist ein beklemmendes Gefühl und die Befürchtung, dass es sich dabei nicht ausschließlich um literarische Fiktion handelt. Andreas Franz rüttelt uns wach und zeigt auf, dass auch ein Rechtsstaat keineswegs perfekt und Gerechtigkeit ein sehr dehnbarer Begriff ist.

Fazit: Ein gut geschriebener und fesselnder Krimi, der unter die Haut geht und mit seinem brisanten Thema zum Nachdenken anregt, von mir eine klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 03.01.2019

Kluger Eltern-Ratgeber, verständlich geschrieben und informativ

Grenzen, Nähe, Respekt
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Von Jesper Juuls Büchern habe ich schon öfters Positives vernommen und wollte mich als interessierte Mutter endlich selber eine Meinung bilden. Das schmale Büchlein mit dem ausdrucksvollen Foto auf dem ...

Von Jesper Juuls Büchern habe ich schon öfters Positives vernommen und wollte mich als interessierte Mutter endlich selber eine Meinung bilden. Das schmale Büchlein mit dem ausdrucksvollen Foto auf dem Cover sprang mir gleich ins Auge und schien mir für den Anfang gut geeignet zu sein.

Der erfolgreiche dänische Familientherapeut, Lehrer und Buchautor thematisiert hier sehr wichtige Aspekte der Eltern-Kind-Beziehung. Es handelt sich vor allem um Grenzen, Nähe und Respekt, aber auch um Konflikte und Möglichkeiten, sie zu lösen, ferner um Regeln, Konsequenzen und Strafe, um Schuld und Verantwortung. Alles hochspannende Themen, über die sich die meisten Eltern vermutlich öfters Gedanken machen. Und ich muss zugeben, Jesper Juul wird nicht umsonst gelobt: Seine Art. darüber zu schreiben, gefällt mir sehr gut: Er erläutert die Sachverhalte in klarer und verständlicher Sprache, mit wenigen Worten und dafür umso einprägsamer. Es ist kein trockener, mit Fremdwörtern oder mit Fachbegriffen gespickter Ratgeber, sondern ein praxisorientiertes Buch, das Wichtiges auf den Punkt bringt und anhand von konkreten Beispielen aus dem Eltern-Alltag noch besser veranschaulicht. Es bietet eine wertvolle Hilfe und Anregung zum Aufbauen einer kompetenten Eltern-Kind-Beziehung. Das hier präsentierte Modell einer Familie, in der man sich gegenseitig respektiert und die Bedürfnisse aller Mitglieder als gleichwertig gelten, leuchtet mir ein und ich persönlich finde es wichtig, es im täglichen Leben umzusetzen. Ich konnte diesem Buch einige wichtige Erkenntnisse entnehmen, die ich hoffentlich verinnerlichen und die mich dabei unterstützen werden.

Fazit: Ein wirklich empfehlenswertes Buch für alle, denen das Wohl ihrer Kinder am Herzen liegt und die das Zusammenleben in ihren Familien besser gestalten möchten.




Veröffentlicht am 07.12.2018

Ein bewegender spanischer Roman über Frauen auf dem Weg zur Selbstbestimmung

Als das Leben vor uns lag
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In einer Nacht im Jahre 1950 erleben fünf junge Mädchen, Bewohnerinnen eines von Nonnen geleiteten Internats, Augenblicke des Grauens: Ein Pfänderspiel, mit dem sie sich zuweilen die Zeit vertreiben und ...

In einer Nacht im Jahre 1950 erleben fünf junge Mädchen, Bewohnerinnen eines von Nonnen geleiteten Internats, Augenblicke des Grauens: Ein Pfänderspiel, mit dem sie sich zuweilen die Zeit vertreiben und der Tristesse und Strenge des Klosteralltags etwas Pikanterie verleihen wollen, nimmt eine ungeahnte und erschreckende Wendung und hat für eins der Mädchen schwerwiegende Konsequenzen. Aber auch die anderen vier werden diese Nacht nicht vergessen. Als sie sich nach 30 Jahren zu einem Wiedersehen-Essen verabreden, ist die Vergangenheit wieder präsent. Das alte Spiel bekommt eine Neuauflage und damit kommen auch Geheimnisse, Wünsche und Träume der anwesenden Frauen ans Licht. Der Abend gestaltet sich aufregend und es gibt mehr als eine Überraschung...

In ihrem Roman „Als das Leben vor uns lag“ schildert die spanische Autorin Care Santos auf interessante und bewegende Art Schicksale von mehreren Frauen, die stellvertretend für die Generation der 50er Jahre stehen. So unterschiedlich deren Geschichten auch sind, eins haben die Frauen gemeinsam: Parallel zu den bahnbrechenden Entwicklungen in ihrem Land befinden auch sie sich gerade in einer Phase des Umbruchs und diese Zeit, die Mitte des Lebens, ist für sie eine schwierige, aber auch spannende Zeit der Veränderung: des „Aufräumens“, des Neuanfangs, des Loslassens und der Vergebung.

Wie wir alle werden auch Heldinnen des Buches von Ereignissen aus der Kindheit und Jugend geprägt, die ihr späteres Leben beeinflussen, manchmal leider negativ. Die Autorin zeigt aber auf, dass man sich vom Negativem durchaus befreien kann, indem man sich auf seine eigene Kraft besinnt, Mut aufbringt und Risiken eingeht. Genau das tun Frauen in ihrem Roman: Sie nehmen ihr Leben in die Hand, lassen sich nicht mehr von den Umständen kleinkriegen, befreien sich von der männlichen Dominanz und steifen gesellschaftlichen Konventionen und werden aktiv. Sie emanzipieren sich und gestalten ihre Zukunft selbst, wie etwa Marta, die souverän die Trennung von dem untreuen Ehemann meistert und sich mit der Eröffnung ihres eigenen Restaurants einen Traum erfüllt. Oder wie Julia, die trotz ihrer erschütternden Vergangenheit erfolgreich eine politische Karriere macht und eine offenbar glückliche Liebesbeziehung ohne Trauschein führt. Es ist eine ganze Galerie von interessanten Frauentypen, die Care Santos hier zum Leben erweckt und es macht großen Spaß, diese lebendig und so unterschiedlich gezeichneten Figuren zu erleben und den Werdegang jeder einzelnen zu verfolgen. Auch wenn manche von ihnen durchaus dramatische oder sogar tragische Erlebnisse vorzuweisen haben, so ist die Grundstimmung des Buches nicht wirklich traurig, sondern vielmehr besinnlich und sogar mit einer Prise Humor. Glück und Tragik gehören eben zum Leben dazu und liegen wie in den hier erzählten Geschichten oft dicht beieinander.

Mein Fazit: Ein bewegender Roman mit starken Frauenfiguren, der dank der gekonnt aufgebauten Spannung und interessanter Einfälle nicht nur gut unterhält, sondern gleichzeitig auch zum Nachdenken anregt und nebenbei noch einige wissenswerte Fakten aus der jüngeren spanischen Geschichte vermittelt. Zusätzlich punktet das Buch mit der meines Erachtens sehr gelungenen Aufmachung: Das tolle Foto auf dem Cover ist ein echter Blickfang!

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  • Cover
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  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 07.11.2018

Zwischen Liebe und Krieg: Ein einfühlsames Porträt einer außergewöhnlichen Frau

Hemingway und ich
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Im Jahre 1936 begegnet die junge Schriftstellerin Martha Gellhorn während einer Urlaubsreise nach Florida Ernest Hemingway. Er gilt zu diesem Zeitpunkt bereits als einer der bedeutendsten amerikanischen ...

Im Jahre 1936 begegnet die junge Schriftstellerin Martha Gellhorn während einer Urlaubsreise nach Florida Ernest Hemingway. Er gilt zu diesem Zeitpunkt bereits als einer der bedeutendsten amerikanischen Schriftsteller und wird auch von Martha heimlich verehrt. Diese Begegnung hat weitreichende Folgen: Gellhorn erfährt von Hemingways Absicht, nach Madrid zu reisen, von wo er als Zeitungsreporter über wachsende Unruhen in Spanien berichten will. Seine Mitteilung weckt in der ehrgeizigen jungen Frau, die aufmerksam die politische Lage in Europa beobachtet und gerade ohnehin auf der Suche nach einer sie erfüllenden Aufgabe ist, großes Interesse und den Wunsch, es ihm gleichzutun. Hemingway unterstützt sie und es gelingt ihr tatsächlich, das Vorhaben zu verwirklichen. Martha erlebt in Spanien hautnah die Grausamkeit des Bürgerkrieges und das Leiden des spanischen Volkes und berichtet darüber für eine amerikanische Zeitung. Diese Erlebnisse prägen sie und ihre weitere berufliche Laufbahn nachhaltig. Auch ihr Privatleben bekommt dort eine Wende: Sie und Hemingway werden zum Liebespaar. Doch diese Beziehung ist alles andere als unkompliziert und wird für Martha mit der Zeit zu einer wahren Zerreißprobe...

In ihrem gut recherchierten Roman schildert Paula McLain die Liebesgeschichte zweier herausragender Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts vor dem Hintergrund dramatischer Ereignisse der 30er und 40er Jahre und beweist dabei ein enormes erzählerisches Talent. Zu betonen sind die stimmungsvolle, stellenweise fast schon poetisch anmutende Sprache und die Fähigkeit der Autorin, ihre Protagonisten wunderbar lebendig zu zeichnen. Man hat sie bei der Lektüre förmlich vor Augen. Dadurch, dass die Geschehnisse im Buch fast durchgehend aus Marthas Sicht dargestellt werden, vergisst man zuweilen, dass es sich um einen Roman handelt und hat das Gefühl, Gellhorns Autobiographie zu lesen und die Welt durch ihre Augen zu sehen. Auch Orte und Begebenheiten, wie etwa Straßenkämpfe in Spanien oder die Invasion in der Normandie, werden sehr plastisch beschrieben und riefen zumindest bei mir den „Kopfkino – Effekt“ hervor.

Besonders interessant finde ich den psychologischen Aspekt der Beziehung zwischen Gellhorn und Hemingway, der von der Autorin äußerst einfühlsam behandelt wird. Sie zeigt sehr anschaulich auf, wie schwierig es ist, wenn zwei so starke Individuen und schöpferische Geister aufeinander treffen und ein Zusammenleben versuchen. Der Leser wird Zeuge von Marthas Bemühen, aus Hemingways Schatten hervorzutreten und sich beruflich zu behaupten. Sie versucht einen Spagat zwischen Liebe, die von ihr Zugeständnisse fordert, und dem Bedürfnis nach Eigenständigkeit hinzubekommen. Dass sie sich letztendlich nicht verbiegen lässt, nicht mal für den großen Hemingway, der schon zu Lebzeiten den Status einer Legende genießt, sondern sich selbst treu bleibt und den eigenen Weg geht, macht sie in meinen Augen zu einer beeindruckenden Frau. Besonders großen Respekt verdient sie aus meiner Sicht für ihren Mut, sich trotz drohender Gefahren in Kriegsgebiete zu begeben, um von dort zu berichten. Der Martha, die von Paula McLain im Roman zum Leben erweckt wird, geht es nicht um Nervenkitzel, sondern darum, ihren Lesern die Augen für das Leid der Menschen zu öffnen, ihre Geschichten zu erzählen und sie dadurch zumindest für einen kurzen Moment dem Tod und dem Vergessen zu entreißen. Sie tut dies mit Leidenschaft und Hingabe und ich persönlich finde das bewundernswert.

Unbedingt erwähnen möchte ich noch die sehr gelungene Aufmachung des Buches, die mit dem schönen Bild eines offenbar verliebten Paares die Aufmerksamkeit des Lesers weckt und ihn auf die Handlung einstimmt.

Fazit: Ein toll geschriebener Roman mit spannenden Figuren, einer starken Protagonistin und einem Stück wichtiger Zeitgeschichte dazu – sehr lesenswert, auch wenn man kein Fan von Hemingway ist.

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Veröffentlicht am 24.10.2018

Wenn Liebe zum Verhängnis wird

Die Frau, die zu sehr liebte
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Linda ist Mitte vierzig, nach außen eine glücklich verheiratete Frau und Mutter von drei Kindern. Zusammen mit ihrem gut verdienenden Mann Jochen lebt sie ein ruhiges, beschauliches Leben, das ihr aber ...

Linda ist Mitte vierzig, nach außen eine glücklich verheiratete Frau und Mutter von drei Kindern. Zusammen mit ihrem gut verdienenden Mann Jochen lebt sie ein ruhiges, beschauliches Leben, das ihr aber nicht mehr ausreicht. Sie vermisst in ihrer Ehe die Leidenschaft und das Gefühl, als attraktive, begehrenswerte Frau wahrgenommen zu werden. Als sie eines Tages dem smarten Bankdirektor Frank begegnet, ist dieses Gefühl plötzlich wieder da und Linda verliebt sich Hals über Kopf. Frank scheint ihre Gefühle zu erwidern, mehr noch: Er behauptet, sie sei seine Traumfrau. Linda lässt sich daraufhin nur noch von ihrer Liebe leiten und setzt dabei alles aufs Spiel: ihre Ehe, ihre Kinder und Freunde. Frank und sie werden tatsächlich ein Paar, doch der Preis ist sehr hoch und das Glück ist leider nur von kurzer Dauer...

Ich muss gestehen, der Roman hat mich positiv überrascht. Ich kannte bisher keine Bücher von Hera Lind und erwartete einen heiteren Frauenoman und angenehme, aber seichte Unterhaltung. Diesen Eindruck hatte ich noch nach den ersten Seiten des Buches. Doch die Geschichte, die von der Autorin mit Humor und spannend erzählt wird, entwickelt sich nach und nach zu einem Drama und schließlich sogar zu einer Tragödie. Mit viel Empathie schildert Hera Lind das Schicksal einer Frau, die für ihre Liebe kämpft, alles auf eine Karte setzt und den Kampf letztendlich auch verliert. Die Protagonistin Linda wirkt trotz ihrer Verfehlungen sehr sympathisch. Man schüttelt als Leser den Kopf angesichts ihrer Naivität und möchte sie schon fast schütteln, damit sie endlich erwacht und merkt, dass sie ins Unglück rennt. Aber Liebe kann bekanntlich blind machen und Hera Lind gelingt es meisterhaft, dies in ihrem Roman glaubwürdig darzustellen.
Eins ist klar: Nach diesem Buch weiß man seinen eigenen Ehemann mehr zu schätzen

Fazit: Spannende und bewegende Lektüre, heiter und ernst zugleich, sehr zu empfehlen!