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Veröffentlicht am 15.06.2019

Bewegend und zeitweise kaum zu ertragen

Zeit aus Glas
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ZeitAusGlas ist der zweite Band einer Trilogie, die sich mit der Geschichte einer jüdischen Familie befasst. Sie beruht auf Tatsachen. Die Grundlage dafür war ein Tagebuch und viele Gespräche zwischen ...

ZeitAusGlas ist der zweite Band einer Trilogie, die sich mit der Geschichte einer jüdischen Familie befasst. Sie beruht auf Tatsachen. Die Grundlage dafür war ein Tagebuch und viele Gespräche zwischen Autorin und den Nachkommen der Familie Meyer. Bereits den ersten Band las ich mit Freuden und war äußerst gespannt, wie mir nun der zweite gefällt.

Es gibt viele Sachbücher und Romane, die sich mit der Geschichte der Juden im 2. Weltkrieg beschäftigt. Mal mehr, mal weniger gut umgesetzt. Ulrike Renk hat mich mal wieder in den Bann gezogen. Ich litt mit als die ältere Tochter Ruth von heute auf morgen erwachsen werden musste. Wie sehr hat sich doch das Leben der Meyers geändert. Ja, es zeichnete sich bereits ab, aber niemand ging davon aus, dass es so schlimm werden würde. Die Mutter Meyer ist liebenswert und hilfsbereit. Sie glaubte bis zu „Kristallnacht“ nur an das Gute im Menschen und zerbricht fast an den Gräueltaten der Braunen. Der Titel

ZeitAusGlas ist meiner Meinung nach perfekt gewählt. Weil die ganze Erzählung auf dieser einen Nacht, nämlich dem 09. November 1933 beruht.

In wenigen Stunden wurden Häuser zerstört, Fenster eingeschlagen und Synagogen in Brand gesetzt. Was tat die Polizei? Nichts. Die Nazis konnten grölend durch die Straßen ziehen. Und nicht nur das. Sie durften ungestraft Juden misshandeln und bis zum Tode foltern. Im Buch

ZeitAusGlas wird von der Zeit damals berichtet, aber aus Sicht der Kinder. Niemand von uns kann ermessen, welches Leid damals über die armen Menschen kam. Und das nur, weil sie irgendwann einmal jüdische Eltern hatten. Oft lebten sie überhaupt nicht nach den Gesetzen der Thora. Das kümmerte die Schergen absolut nicht.

Auch der zweite Band gefiel mir gut. Und nein, es kann niemals zu viele Bücher über die damalige Zeit geben. Im Nachwort schreibt Frau Renk, was Tatsache und was Fiktion ist. Unter anderem ist ein Fakt, dass die Versammlung in der Stadt Evian das Schicksal der Juden mit bestimmte und sie von vielen Ländern alleine gelassen wurde.

ZeitAusGlas zeigte mir ebenfalls, wie die Autorin zur Geschichte steht. Auch das schrieb sie im Nachwort. Sie appelliert an uns alle, aufmerksam zu sein und Zeichen der heutigen Zeit zu erkenn. Ich danke Frau Renk für dieses bewegende Werk. Zumal sie klar macht, dass es viele Deutsche gab, die helfen wollten. Allerdings begaben sie sich dadurch in Lebensgefahr und mussten alle Aktivitäten so geheim wie möglich machen. Wer heute urteilt sollte sich fragen, ob er damals so mutig gewesen wäre, wie er heute behauptet.

Ich danke dem Verlag und #NetGalleyDE dafür, dass ich das Buch lesen durfte.

Veröffentlicht am 02.06.2019

Gegen die Fakes von Politikern und ihren Trollen

Der Tod der Wahrheit
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Michico Kakutani ist Literaturkritikerin und Autorin des Buches DerTodDerWahrheit. Im Jahr 1988 gewann sie den Pulitzerpreis in der Kategorie Kritik und gilt als einflussreichster Opponent der USA.

Auf ...

Michico Kakutani ist Literaturkritikerin und Autorin des Buches

DerTodDerWahrheit. Im Jahr 1988 gewann sie den Pulitzerpreis in der Kategorie Kritik und gilt als einflussreichster Opponent der USA.

Auf der ersten Seite des Buches

DerTodDerWahrheit ist ein Gemälde zu sehen, welches den Titel „Die Wahrheit ist gestorben“ trägt. Es stammt von Francisco de Goya und zeigt eine tote Frau, die von vielen Menschen umringt ist.

Das Buch beginnt mit der Feststellung, dass im 20. Jahrhundert zwei der ungeheuerlichsten Regimes aller Zeiten an die Macht kamen. Das konnte nur geschehen, weil die Menschen von Überdruss und Angst geprägt waren und ihnen die Unterscheidung zwischen Wahrheit und Lüge egal war. Die Bedeutung der Wahrheit nahm zu dem Zeitpunkt bereits einen geringen Stellenwert ein.

Heute gibt es nicht nur Fake - News. Es gibt die Fake - Wissenschaft (Klimawandelleugner und Impfgegner sprechen davon) und die Fake - Geschichte (Revisionisten des Holocausts und Menschen, die die Überlegenheit der weißen „Rasse“ propagieren). Dann gibt es zudem Fake - Amerikaner auf FB, die von russischen Trollen erschaffen wurden. Und wohl nicht nur Amerikaner. Je nachdem, in welchem Land eine Wahl stattfindet auch Deutsche, Franzosen, Italiener usw.


Frau Kakutani schreibt in

DerTodDerWahrheit viel über Trump und die USA. Seine Lügen, die er über Twitter verbreitet und seinen Narzissmus. Sie beklagt auch, dass über „soziale“ Medien, wie etwa FB, Nachrichten an die User verbreitet werden, die genau auf sie zugeschnitten sind. Es sind maßgeschneiderte Nachrichtenfeeds, die den Leser in seiner Meinung bestärken. Es spielt keine Rolle, ob sie von seriösen Medien kommen oder Lügen sind.

Der Hinweis auf die Schriften von Stefan Zweig belegt, dass er genau wusste, wie der Aufstieg Hitlers zustande kam. Die Nazis damaliger Zeit gaben ihre Pläne nur Häppchenweise an ihre Befürworter. Nach einem Happen folgte stets eine Pause. Der deutsch-jüdische Sprachforscher Victor Klemperers drückte es noch anders aus. Er schrieb in seinen Tagebuchaufzeichnungen und dem Werk „Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten“, dass die Sprache des 3. Reiches als winzige Arsendosen anzusehen waren. Für Hitler war die Sprache eine sehr wichtige Argumentationsgrundlage für seine kruden Vorstellungen. Und mal ehrlich, sehen wir es heute nicht auch bei allen Rechten Parteifunktionären?

Am 01.07. 2017 schrieb John le Carré im Guardian: Ohne klare Sprache gibt es keinen Maßstab für die Wahrheit.

Das Buch

DerTodDerWahrheit beschreibt zwar zumeist die Situation in den USA seit Trump. Dennoch zeigt es deutlich, wie auch in Europa der Ungeist der Nationalsozialisten um sich greift. Was die Gründe dafür sind und wie wir alle etwas dagegen tun können. Mir gefiel es sehr gut, da es Denkanstöße gab, die ich sonst nicht gehabt hätte. Sehr oft wird auf das Buch 1984 von Orwell hingewiesen.

Veröffentlicht am 27.02.2019

(K)ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten

Das wilde Herz des Westens
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Das wilde Herz des Westens ist ein Roman, der aus der Feder von Alexandra Fischer stammt. Es ist nicht ihr erstes Buch und wird, so hoffe ich, auch nicht ihr letztes sein. Sie ist im Internet zu finden ...

Das wilde Herz des Westens ist ein Roman, der aus der Feder von Alexandra Fischer stammt. Es ist nicht ihr erstes Buch und wird, so hoffe ich, auch nicht ihr letztes sein. Sie ist im Internet zu finden und das unter dem Namen „Wortfischerin“. Das passt und bedarf keiner großen Erklärung meinerseits.

Das wilde Herz des Westens beschreibt historische Ereignisse und handelt von den relativ unbekannten Mail order brides. Alleinstehende Frauen möchten dem Einerlei des Alltags entfliehen und melden sich auf Zeitungsannoncen heiratswilliger Männer. Diese ziehen in den Westen Amerikas und suchen Frauen, die sie dabei begleiten. Montana ist das Ziel und hier möchten die Siedler sich eine Existenz aufbauen.

Phoebe ist ein Mädel, welches von ihren Eltern verwöhnt wurde. Ihre beste Freundin Briana lebt seit ihrer Kindheit bei ihr und sie verbindet eine innige Freundschaft. Phoebe zieht es zu einem Mann, den sie per Annonce kennenlernte und den sie heiraten möchte. Briana soll sie auf dem Weg zu ihm begleiten. So weit, so gut. Der nette Bräutigam entpuppt sich als gesuchter Bandit und trotzdem bleibt Phoebe dabei, dass sie mit ihm in Montana leben möchte.

Der Weg im Treck gestaltet sich beschwerlich und es gibt einige gefährliche Situationen, die zu bewältigen sind. Es zeigt sich schnell, wem die Reisenden ihr Vertrauen schenken können und wer sie betrügen möchte. Die Überfälle der Ureinwohner, der Indianer, machen den Treck zu einem riskanten Unterfangen.

Das wilde Herz des Westens gefiel mir aus mehreren Gründen so gut. Die Autorin hat die Indianer nicht als „wilde Horde“ oder einseitig böse beschrieben. Sie erläuterte auch deren Situation, die mit Sicherheit nicht einfach war. Die historischen Fakten kommen in dem Roman nicht zu kurz und die Strapazen der Siedler werden authentisch geschildert. Der Stil gefiel mir ebenfalls und auch die Tatsache, dass Alexandra Fischer für ihr Buch ein Thema wählte, welches nur wenigen bekannt sein dürfte. Das wilde Herz des Westens empfehle ich allen Lesern, die sich für die Geschichte der USA interessieren.

Veröffentlicht am 28.12.2018

Ein Buch mit Tiefgang

Mein zauberhafter Weihnachtsladen
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Angela Lautenschläger ist Nachlasspflegerin und bevor ich diese Rezension schrieb, besuchte ich zunächst ihre Website. Bei der Vorstellung ihrer Arbeit gab es einen Satz, der mich sehr beeindruckte: „Aber ...

Angela Lautenschläger ist Nachlasspflegerin und bevor ich diese Rezension schrieb, besuchte ich zunächst ihre Website. Bei der Vorstellung ihrer Arbeit gab es einen Satz, der mich sehr beeindruckte: „Aber ein altes Haus, mit vielen Räumen, in dem viele Menschen gelebt haben, und das eine ganz eigene Geschichte erzählt, wenn die Tür hinter einem ins Schloss gefallen ist und den Lärm der Welt von draußen aussperrt, das regt meine Phantasie an.“ Warum ich das zitiere? Weil hier in einem Satz die Erzählung rund um Mein zauberhafter Weihnachtsladen beschrieben wird.

Nele Hansen ist eine der Hauptpersonen in diesem Buch. Sie wird in dem Testament eines Mannes bedacht, den sie überhaupt nicht kennt. Da sie sich in einer Notsituation befindet, nimmt sie das Erbe an und springt im wahrsten Sinne des Wortes ins kalte Wasser. Sie ist aber nicht alleine in ihrem Weihnachtsladen. Der junge Jonas hilft ihr und auch eine Frau Silberberg zählt zu den ersten Bekanntschaften. Die Ereignisse kommen kurz vor Weihnachten in geballter Form auf sie zu. Dabei zeigt sich, dass der Vorbesitzer sehr genau wusste, warum er ausgerechnet Nele als Erbin für sein Geschäft aussuchte.

Das Buch las ich am ersten Weihnachtstag und es passte ausgezeichnet zur Stimmung. Wenn nicht dann, wann sonst gibt es für die Inhaberin von Mein zauberhafter Weihnachtsladen so viel zu tun? Viele Probleme türmen sich auf, die aber sehr rasch von Nele gelöst werden. Dabei wird auch ihr eigenes Glück nicht vernachlässigt. Bis auf die Tatsache, dass es für meinen Geschmack zu viele Ereignisse waren, die sich ausgerechnet vor Weihnachten einfanden, ist es ein lesenswertes Buch. Es zeigt, dass Mitmenschlichkeit nichts kostet und Empathie viel höher zu bewerten ist als das wertvollste Geschenk.

Veröffentlicht am 26.12.2018

Es lässt mich sprachlos zurück

Das Barackenmädchen
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Gute Romane entstehen nicht ohne die Arbeit der Autoren und Thriller wachsen nicht auf Bäumen. Der Autor Peter Mainka hat mit seinem Buch Das Barackenmädchen einen Thriller geschrieben, der unter die Haut ...

Gute Romane entstehen nicht ohne die Arbeit der Autoren und Thriller wachsen nicht auf Bäumen. Der Autor Peter Mainka hat mit seinem Buch Das Barackenmädchen einen Thriller geschrieben, der unter die Haut geht. Es ist die Aufgabe von uns allen, dass wir Zeitzeugenberichte aufschreiben und sie der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Nur so sind wir in der Lage, dem allgemeinen Rechtsdruck entgegenzuwirken.

Der Prolog gefällt mir, weil es stimmt, was die alte Dame denkt. Die Zeitzeugen sterben aus und alle sollten der Nachwelt mitteilen, welches Leid Hitler und seine Anhänger über viele Menschen brachte. Helene ist eine mittlerweile 90jährige Frau, die ihrer Enkelin erzählt, wie es ihr nach dem unsäglichen 2. Weltkrieg ergangen ist. Das Mädel lebte mit ihren Eltern und dem Bruder in Brünn, einem Ort in Tschechien. Nach der Kapitulation der Deutschen floh sie mit ihrer Mutter dem kleinen Bruder in der Hoffnung, sehr bald zurückzukehren und die eigene Wohnung wieder beziehen zu können. Das war ein Wunsch, aber wurde leider nicht erfüllt. Vielen Tschechen waren die Deutschen verhasst. Sie verurteilten alle und machten keine Unterschiede zwischen Akteuren und Menschen, die zum Handeln gezwungen wurden. Helene erlebt viel Leid und die Sorge um ihre Familie raubt ihr nahezu den Verstand.

Ich las viele Bücher über die Zeit während und nach dem 2. Weltkrieg. Doch mir wurde nie bewusst, was nach der Kapitulation des elenden Diktators Hitler geschah. In welcher Weise Deutsche verfolgt und erniedrigt wurden, das wusste ich nicht. Dieser Thriller ist für mich so bewegend, weil er auf Tatsachen beruht. Das Kaunitz-Kolleg gab es tatsächlich und während des Krieges wurden hier Patrioten und Intellektuelle durch die Gestapo getötet. Das nahmen die tschechischen Partisanen zum Anlass, hier ein Lager für Deutsche einzurichten und diese in gleicher Weise zu quälen. Ja, sie handelten so, weil sie hassen und nur daran dachten, was Hitler und seine Anhänger taten. Es war ihnen nicht bewusst, dass viele Deutsche zu ihren Handlungen gezwungen wurden und nur ihre eigene und die Haut ihrer Lieben retten wollten.

Im Anhang macht der Autor auf seine Quellen aufmerksam. Hervorheben möchte ich dabei ein Buch, welches den Titel „Der Brünner Todesmarsch“ trägt. Die historischen Fakten sind belegt und der Autor Peter Mainka hielt sich daran.