Mord im Paris der Nachkriegszeit
Die Blüten von PigalleDer Krimi entführt den Leser in das Jahr 1945. Im mondänen Hotel Lutetia sind viele Kriegsheimkehrer untergebracht - unter ihnen auch Menschen, die aus KZs befreit wurden. Zu ihnen zählt Camille Laval, ...
Der Krimi entführt den Leser in das Jahr 1945. Im mondänen Hotel Lutetia sind viele Kriegsheimkehrer untergebracht - unter ihnen auch Menschen, die aus KZs befreit wurden. Zu ihnen zählt Camille Laval, der sich auf seine Verlobte Eloise und ein gemeinsames Leben freut. Kurz nach seinem „Einzug“ ins Hotel wird er erschlagen in seinem Zimmer aufgefunden. Der junge Inspektor Jean Ricolet findet im Zimmer des Toten eine Druckerplatte zur Herstellung von englischen Pfundnoten. Diese gibt ihm zunächst Rätsel auf und hilft ihm wenig bei den Ermittlungen. Seine Angebetete Pauline Drucat, die zudem mit Camilles Verlobter Eloise befreundet ist, will bei der Aufklärung des Mordes helfen. Leider verstrickt sie sich mit der Zeit immer mehr in der Suche nach dem Täter und gerät in Gefahr.
Wie ich bereits im Leseeindruck angemerkt hatte, ist die Situation in dem luxuriösen Hotel in vom Krieg gebeutelten Paris sehr lebhaft beschrieben. Die Diskrepanz zwischen den illustren Gästen und den Kriegs- und KZ-Rückkehrerin wird schnell sichtbar. In wenigen Worten entsteht das Bild der vielen verzweifelten Menschen, die mit dem Leben davon gekommen sind, nur noch Lumpen tragen und nicht wissen, wo sie hingehen sollen. Der französische Charme blitzt bei der Höflichkeit der Kellner und des Rezeptionisten durch. Das gefällt mir außerordentlich gut und harmoniert mit dem Schreibstil der Autorin, so dass ein umfassender Einblick in die Nachkriegstage in der französischen Metropole entsteht. Mit Inspektor Jean Ricolet hat Michell Codier einen anständigen und freundlichen Inspektor geschaffen, der zudem hartnäckig seine Ziele verfolgt, ohne dabei auf den guten Ton zu verzichten. Neben ihm wirkt Pauline Drucat als aufmüpfige, mutige und manchmal auch naive junge Frau, die sich gegen ihre Mutter durchzusetzen versucht. Der Standesdünkel hat in den 40er Jahre nach wie vor Bestand. So verwundert es wenig, dass Madame Drucat sich für ihre ehemals gut situierte Tochter eine entsprechend gute Partie mit Rang und Namen wünscht. Inspektor Jean Ricolet entspricht diesem Bild ganz und gar nicht. So kommt Paulines Verehrer Louis Ro als Vertreter einer alt eingesessenen Bankerfamilie als Gegenspieler zu Jean ganz gelegen. Nicht immer schlüssig finde ich den offenen Umgang mit Informationen rund um den Mord zwischen Jean und Pauline. Es mag der Zeit geschuldet sein, jedoch behindert es manchmal die Ermittlungen. Den Schreibstil fand ich wunderbar und hat mich durch die Seiten fliegen lassen.
Durch die Beschreibung der in Lumpen gekleideten Heimkehrer, die sich im noblen Hotel als Fremdkörper fühlen und nicht wissen, wie es weitergeht, haben mich genauso berührt, wie die Menschen, die versuchten, Vermisste zu finden und Familien wieder zusammenzubringen.
Die Spannung mag für einen Krimi zwischendurch zu kurz gekommen zu sein. Langeweile kam jedoch nie auf, denn überall wurden kleine Hinweise gestreut und doch blieb der große Zusammenhang lange Zeit gut verborgen. Verdächtige gab es genug, aber letztlich fehlte mir ein entscheidendes Indiz. Gegen Ende des Buches nahm die Handlung richtig Fahrt auf und hat den Täter und seine Beweggründe geschickt entlarvt. Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen und ich kann mir ein Wiedersehen mit Jean und Pauline – vielleicht als Ehepaar – gut vorstellen.