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Veröffentlicht am 10.03.2019

Familie kann man sich nicht aussuchen

Sister, Sister - Zwei Schwestern. Eine Wahrheit.
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Zum Inhalt:
Zwanzig Jahre, nachdem ihr Vater sie in die USA mitgenommen hat, gibt es endlich ein Lebenszeichen von Alice, der Schwester von Clare, worüber diese und ihre Mutter sich zunächst sehr freuen. ...

Zum Inhalt:
Zwanzig Jahre, nachdem ihr Vater sie in die USA mitgenommen hat, gibt es endlich ein Lebenszeichen von Alice, der Schwester von Clare, worüber diese und ihre Mutter sich zunächst sehr freuen. Aber dann mehren sich seltsame Begebenheiten und Clare beginnt sich zu fragen, ob Alice eine geheime Agenda hat, - und wie diese vor allen Dingen in Bezug auf Clare, ihren Mann und ihre Kinder aussieht.

Mein Eindruck:
Ja, der Krimi ist in weiten Teilen vorhersehbar, trotzdem macht das Spiel mit den Sichtweisen an vielen Stellen Spaß. Vor allen Dingen dann, wenn Clare selber an ihrem Urteilsvermögen und an ihrer Wahrnehmung zweifelt. Die daraus resultierende Spannung ist jedoch bitter nötig, denn die Charakterzeichnungen geraten der Autorin ein wenig sehr eindimensional. Zusätzlich baut sie, um die Verzweiflung Clares noch mehr anzufachen, viel zu viele absolut unglaubwürdige Begebenheiten ein: Beispielsweise ist es schwer verständlich, dass das Umfeld den Behauptungen einer relativ fremden Frau viel aufgeschlossener gegenüber ist als derjenigen Person (Clare), die schon Ewigkeiten und dauernd mit diesen Personen zusammen lebt oder befreundet ist. Im Mittelteil wird diese Thematik zäh und zäher, so dass gut und gerne 50 Seiten gestrichen werden könnten. Das ist insbesondere deshalb ärgerlich, weil Sue Fortin eine Begabung hat, Dinge, Orte und Gefühle darzustellen, - wenn sich die Darstellung jedoch immer mehr im Kreis dreht, hofft man irgendwann, dass die Autorin doch einmal zu Potte kommt. Und das tut sie und vermag es doch noch mit einem Aspekt zu überraschen. Leider überspannt sie dann den Bogen zu sehr und ihr letzter Twist ist einer zu viel.

Mein Fazit:
Manchmal ist man lieber Einzelkind

Veröffentlicht am 20.01.2019

Anfang super, klasse Schluss

Doggerland. Fehltritt (Ein Doggerland-Krimi 1)
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... aber eindeutig zu lang im Mittelteil!

Zum Inhalt:
Zu viel Alkohol am Abend, zu viel Vorgesetzter im Bett am Morgen. Und dann noch eine Leiche zum Mittagessen, - kurioserweise wird die Tote als Exfrau ...

... aber eindeutig zu lang im Mittelteil!

Zum Inhalt:
Zu viel Alkohol am Abend, zu viel Vorgesetzter im Bett am Morgen. Und dann noch eine Leiche zum Mittagessen, - kurioserweise wird die Tote als Exfrau vom Chef identifiziert und Kriminalkommissarin Karen steht damit vor mehreren Problemen: Sie könnte ihrem Vorgesetzten ein Alibi geben, will es aber nicht und sie muss die Leitung einer Truppe übernehmen, welche ihr nur in Teilen Kompetenz und Fähigkeit in ihrem Beruf zubilligt und in dieser Ansicht von der Leitung unterstützt wird. So kristallisiert sich ein Kampf an mehreren Flügeln heraus: Gegen die Führungsetage, gegen die Umstände und gegen einen Täter, der möglicherweise nicht nur einmal zugeschlagen hat.

Mein Eindruck:
Der Thriller beginnt schon mit zwei Kuriositäten: Einerseits natürlich der One-Night-Stand zwischen sich eigentlich nicht besonders sympathischen Kollegen, andererseits der Fakt als Standort eine Inselgruppe zu benennen, die es nicht mehr gibt und somit völlig frei in der Erfindung von Örtlichkeiten zu sein. Adolfsson nutzt die dadurch entstehende Möglichkeiten voll aus und erfindet Währung, Landschaft und eigene Festivitäten, um so das Bild einer skandinavischen Gemeinschaft zu zeichnen, die Charakterzüge von allen nordischen Ländern vereint und durch die Mischung etwas Eigenes ist. Dieser Teil des Buches ist nicht nur gut lesbar, sondern gefällt durch die Originalität. Auch der Fall kommt wirklich gut in Schwung, bis Karen ausgebremst wird. 200 Seiten, die wahrscheinlich echte Polizeiarbeit spiegeln, die Rückschläge, die kleinteiligen Ermittlungen, die mannigfaltigen Bosheiten, ... Ja, das mag objektiv korrekt im Arbeitsablauf sein, subjektiv führt es aber zu gähnender Langeweile beim Krimileser, welcher möchte, dass der Fall zu Potte kommt. Der Schluss mit Täterfindung ist jedoch so genial, dass man fast den drögen Mittelteil vergisst.

Dass natürlich auch dieser Ermittlerin eine schwere Bürde auf der Seele lastet, versteht sich bei einer skandinavischen Autorenschaft fast von selbst. Trotzdem muss man Adolfsson zu Gute halten, dass sie Karen wenigstens einen sehr unorthodoxen Freundes- und Verwandtenkreis zur Seite stellt, den sie zum Schluss des Buchs noch gekonnt erweitert. Ein zweiter Versuch sollte nur etwas mehr Schwung (und ein streichfreudigeres Lektorat) haben.

Mein Fazit:
Anfang und Ende Welt-, Mittelteil Kreisklasse

Veröffentlicht am 01.01.2019

Durchschnittlich

Böses Kind
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Zum Inhalt:
Erst wird ein Hundekadaver gefunden, dann ein toter Jugendlicher. Die Spuren führen zu Suse, einer alleinerziehenden Mutter, die mit ihrer Situation völlig überfordert scheint. Zu allem Überfluss ...

Zum Inhalt:
Erst wird ein Hundekadaver gefunden, dann ein toter Jugendlicher. Die Spuren führen zu Suse, einer alleinerziehenden Mutter, die mit ihrer Situation völlig überfordert scheint. Zu allem Überfluss ist ihre Tochter Jacqueline verschwunden. Freiwillig? Neben der Leiche finden sich Gegenstände, die dem Mädchen zugeordnet werden können und Kriminalkommissar Henry Frei und seine Kollegin Louisa Albers müssen all ihr Können aufbringen und ihre Kontakte nutzen, um eine weitere Eskalation zu verhindern.

Mein Eindruck:
Einiges in dem Buch ist Krist wirklich sehr gelungen. Der dubiose Beginn seines Buches, der eine überraschende Auflösung birgt und die Aufklärung des Täters sind wirklich meisterhaft. Leider fehlt dem Buch aber sonst eine tiefergehende Behandlung der Charaktere. Einfach nur die unterschiedlichsten Probleme aufzählen, die einem der Nachwuchs so bescheren kann, ist der Krimispannung nicht besonders zuträglich und nervt irgendwann nur noch kolossal. Die Einführung eines Charakters, der wahrscheinlich – wie die Rahmenhandlung – für weitere Bände um Kommissar Frei wichtig ist bzw. wird, benötigt ebenfalls viel Platz und 320 Seiten sind dann nicht genug für eine ausführliche Krimihandlung mit mehreren Verdächtigen und mehr als holzschnittartige Charakterzeichnungen der handelnden Personen. Aber was Krist aus diesem gegebenen Material dann noch erschafft, nötigt einiges an Bewunderung ab – auch wenn er an der Lage selber Schuld hat.
Und so erfreut man sich an einem schönen Schreibstil, einem bei allen unnötigen Längen doch noch interessanten Plot mit einer sehr guten Auflösung und einem Cliffhanger, der wunderbar auf ein nächstes Buch überleitet. In diesem wird hoffentlich der Nachwuchs ruhiger oder leichtgängiger und dadurch, dass alle wichtigen Charaktere eingeführt sind, ergibt sich dann hoffentlich schneller eine Krimispannung.

Mein Fazit:
Handwerklich gelungen, leider mit vielen unnötigen Längen durch viele unnötige Extra-Probleme. Babies schreien schon einmal, Pubertät ist schwierig und Asperger ist auch nicht mehr das Neueste.

Veröffentlicht am 03.11.2018

Ist hier Irgendjemand normal?

Wer Strafe verdient
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Zum Inhalt:
In der britischen Provinz stirbt ein Diakon, - mutmaßlich handelt es sich um einen Selbstmord. Doch dessen Vater will das nicht glauben und nutzt seine guten Kontakte zur Politik, um den Todesfall ...

Zum Inhalt:
In der britischen Provinz stirbt ein Diakon, - mutmaßlich handelt es sich um einen Selbstmord. Doch dessen Vater will das nicht glauben und nutzt seine guten Kontakte zur Politik, um den Todesfall untersuchen zu lassen. Barbara Havers stellt einige Ungereimtheiten fest und wird ein zweites Mal nach Ludlow geschickt – dieses Mal mit Thomas Linley – um entweder die Zweifel auszuräumen oder einen Mord nachzuweisen. Dabei tun sich Abgründe auf, die erschrecken…

Mein Eindruck:
… und zu der Frage führen: Gibt es eigentlich Eltern (vor allen Dingen Mütter), die ihre Zöglinge nicht ein Leben lang kontrollieren und in den von ihnen gewünschten Lebensweg pressen wollen? Und gibt es Menschen in London und ländlicher Umgebung, die nicht irgendeiner Sucht frönen, sei es Nikotin, Alkohol, Tabletten, Drogen, Sport oder - in diesem Buch in aller Ausführlichkeit – Sex? Es ist unverständlich, warum Elizabeth George als bekannte Bestsellerautorin jetzt ebenfalls auf den Sex-and-Crime Zug aufspringt, denn sie hat das gar nicht nötig. Ihre Figuren sprechen für sich, das feste Personal macht eine Entwicklung durch, die Georges Leser auch ohne Körperübungs-Kokolores interessiert. Normalerweise findet sie für Verdächtige und Opfer genügend Hintergrund, um diese glaubhaft mit Tiefe zu unterfüttern, aber in diesem Krimi geht es fast bei allen nur um das „Eine“, was sich dann eben genau deshalb abnutzt, egal, wie abgehoben die Praktiken teilweise sind. 200 Seiten bei diesem Opus hätte die Autorin ohne Probleme sparen oder sie in Ermittlungen und Schärfung der Charaktere stecken können. Denn diese bleiben abseits ihrer Begierden blass, selbst Linley darf nur beim zweiten Teil der Ermittlung dabei sein und sein Privatleben umfasst insgesamt etwa 2 Seiten – für einen „Inspector Linley Roman“ ist das ein bisschen wenig.
Zu wenig. Trotzdem wird die Fangemeinde treu bleiben, - dafür sorgen der gefällige Stil Georges und Barbara Havers, die am Ende zwar am Boden liegt, jedoch um einige Steine auf dem Herzen erleichtert ist.

Mein Fazit:
Zu viel Sex, zu wenig Crime, insgesamt Mittelmaß

Veröffentlicht am 03.10.2018

Kein Sprintrennen, sondern ein Marathon

Slow Horses
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Zum Inhalt:
In Sloagh House finden die gescheiterten Agenten des britischen Geheimdienstes MI5 ihr Gnadenbrot unter Führung von Jackson Lamb. Die „Slow Horses“, die lahmen Gäule, werden dort mit Aufgaben ...

Zum Inhalt:
In Sloagh House finden die gescheiterten Agenten des britischen Geheimdienstes MI5 ihr Gnadenbrot unter Führung von Jackson Lamb. Die „Slow Horses“, die lahmen Gäule, werden dort mit Aufgaben abgespeist, die sie zur Kündigung nötigen sollen. Doch dann wird ein pakistanischer Jugendlicher entführt, seine öffentliche Hinrichtung angedroht und die Pferde traben los, - ungeachtet dessen, dass die Buchmacher im Hauptquartier nicht auf ihren Sieg hoffen.

Mein Eindruck:
Der Versuch, einen Geheimdienstmitarbeiter zu zeichnen, der so weit weg von James Bond ist, wie der Veganer vom Verzehr eines Hamburgers, gelingt Mick Herron nur bedingt. Das liegt zu einem großen Teil daran, dass „Slow Horses“ der erste Fall für Jackson Lamb und seine Truppe von Versagern ist und die Charaktere erst einmal eingeführt werden müssen. Und da es viele Charaktere sind, dauert die Einführung lang, sehr lang, fast zu lang. Denn auch die Gegenspieler müssen gezeigt werden, hier welche (auch) aus den eigenen Reihen. Der zweite Minuspunkt ist, dass Herron in dem Ansinnen übertreibt, ein möglichst konträres Bild zu dem eloquenten Typen zu bieten, welcher der Leserschaft sonst bei dem Charakter „Geheimdienstler“ durch den Kopf spukt: Nicht wirklich sympathisch (okay), älter (geht auch noch), von sich überzeugt (geschenkt), aber dazu auch noch in großen Teilen unappetitlich (Lamb schnauft, isst ohne Manieren, läuft in ungewaschenen Klamotten herum und schwelgt in sehr oft beschriebenen Flatulenzen) – das ist des Guten doch zu viel.
Glücklicherweise bekommt die Geschichte im zweiten Teil die Kurve. Es wird spannend, das Personal wird nicht nur beschrieben sondern beginnt zu agieren, der Humor wird britisch – schwarz und tiefgründig. Die Pferde sind nicht mehr Einzelkämpfer, sondern werden eine Herde mit Leithengst und spielen ihre jeweiligen Fähigkeiten gekonnt aus. Perspektivwechsel und Gedankenspiele bringen zusätzlich Schwung in die Erzählung. Eine Erzählung, die Nachfolger finden sollte, da der zweite Teil direkt in die Vollen gehen kann.

Mein Fazit:
Wer sich durch den zähen Beginn quält, hat einigen Spaß an einem intelligenten Duell