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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.03.2019

Packend, einfühlsam und humorvoll

Die Frauen von Troja
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Dieses Rezensionsexemplar aus dem Goldmann-Verlag hat mich via Bloggerportal erreicht.

Die Frauen von Troja, Tochter des Sturms - Emily Hauser

Reiheninfos:
1. Die Frauen von Troja, Tochter des Sturms
2. ...

Dieses Rezensionsexemplar aus dem Goldmann-Verlag hat mich via Bloggerportal erreicht.

Die Frauen von Troja, Tochter des Sturms - Emily Hauser

Reiheninfos:
1. Die Frauen von Troja, Tochter des Sturms
2. Die Frauen von Troja, Tochter des Meeres
3. Die Frauen von Troja, Tochter des Himmels

Schreibstil und Handlung:
Zuerst einmal möchte ich erwähnen, dass nach jedem Kapitel zwischen den beiden Protagonistinnen abgewechselt und dann aus deren Sicht erzählt wird. Ab und zu werden noch fiktive Abstecher in die Götterwelt gemacht, in der dann die Götter sich streiten, lieben, herausfordern und mit dem Schicksal ihrer menschlichen Schachbrettfiguren spielen. Diese Kapitel sind sehr amüsant gestaltet und wirken so, als würde die Autorin nicht alles auf die Goldwaage legen und zu den historischen Ereignissen, die teilweise belegt, teilweise auch von der "Ilias" von Homer inspiriert sind, passende von den Göttern kontrollierte Marionettentheater gestalten zu wollen, was ich eine sehr spannende Idee finde, die für das vorliegende Buch auch bestens funktioniert. Leider sind diese Kapitel - wenn auch sie sehr kurz sind - komplett in kursiver Schrift gehalten, was wohl der einfacheren Unterscheidung dienen soll, letztendlich aber dazu führt, dass sie sich weniger angenehm lesen lassen.
Sprachlich gesehen mischt dieser historische Roman typisch historisch wirkende Formulierungen (güldene Haare) mit moderner Sprache (Dream-Team) und wirkt deshalb jugendlich und modern, verliert aber doch nie den Bezug zur Zeit, in der er spielt. Ausserdem beschreibt die Sprache sehr schön und bildhaft, sorgt also für ein spannendes und dramatisches Kopfkino und beleuchtet die Rolle der Frauen der damaligen Zeit authentisch, feinsinnig und sehr aufmerksam.

Meine Meinung:
Mit historischen Romanen verbinden mich ziemlich durchwachsene Erfahrungen, die mich eher selten zu diesem Genre greifen lassen. Auf "Die Frauen von Troja" bin ich dann durch die positiven Rezensionen aufmerksam geworden und war neugierig auf eine ganz andere Sicht auf die historischen Ereignisse rund um den trojanischen Krieg und die Menschen dieser Zeit.
Sofort war ich begeistert von der Aufmachung, vom Cover, der schönen Gestaltung und der angenehmen Schriftgrösse und Kapitellänge. Der Schreibstil sorgte dafür, dass ich schnell ins Buch hineingefunden habe und die vielen leeren Seiten gaben mir das Gefühl, nur so durch die Seiten zu fliegen, was natürlich auch stimmte.
Zwei weibliche Figuren, Briseis und Chryseis, sind von der Autorin ins Zentrum gerückt worden und ich habe ihre Geschichte neugierig verfolgt. Ausserdem haben mir die vielen Seiten im Anhang mit einem ausführlichen Personenverzeichnis, Angaben zu den historischen Hintergründen und Orten, sowie der literarischen Vorlage sehr gut gefallen und war auch dankbar für die weiterführenden Buchtipps.


Meine Empfehlung:
Dieser Roman ist der überraschend spannende und unterhaltsame Auftakt einer Trilogie und aufgrund der tollen Recherchen, der vielen zusätzlichen Infos und vor allem auch der packenden und unterhaltsamen Sprache und des durchdachten Aufbaus empfehle ich euch "Die Frauen von Troja, Tochter des Sturms" sehr gerne weiter.

Veröffentlicht am 31.03.2019

Zauberhaft und sehr nachdenklich

Agathe
1

Schreibstil und Handlung:

„Agathe, was macht das Leben Ihrer Ansicht nach aus?“ fragte ich.
S. 107, Agathe - Anne Cathrine Bomann

Am Anfang der Geschichte befinden wir uns in der Praxis und den Gedanken ...

Schreibstil und Handlung:

„Agathe, was macht das Leben Ihrer Ansicht nach aus?“ fragte ich.
S. 107, Agathe - Anne Cathrine Bomann

Am Anfang der Geschichte befinden wir uns in der Praxis und den Gedanken eines alternden Psychiaters, der sich in einer Lethargie befindet, die wohl nur mit einer Kombination aus Lebensmüdigkeit, Einsamkeit und berufsbedingter Erschöpfung erklärt werden kann. Er zählt die Therapiestunden und Tage bis zu seinem Ruhestand und hört seinen Patientinnen und Patienten nur noch mit halbem Ohr zu, wenn überhaupt. Dann aber taucht Agahte auf. Eine Patientin, die ihm keine Ruhe lässt, ihn fordert und ihn immer wieder überrascht und aus seiner Reserve holt.
Die Geschichte zweier Leben wird in einer zarten und einfühlsamen Sprache erzählt, die von Leerstellen lebt und viel Raum für eigene Gedanken lässt. Ganz wenige Seiten und kurze Kapitel beinhalten so viel mehr, als die Worte, die sich auf den Seiten finden, weil jedes dieser Worte uns tief berühren und uns zum Nachdenken bringen kann.
Gibt es im Leben die Möglichkeit, noch einmal neu zu beginnen? Kann man sich trotz voranschreitendem körperlichem Zerfall und mühsamem Alltagstrott dazu aufraffen, die Gedanken noch einmal ganz neu zu ordnen und ein wenig frischen Wind in in sein Leben zu bringen?
Und auch zum Ende noch einmal die Fragen: Was berührt uns? Was macht uns als Menschen aus? Und vor allem: Was wissen wir überhaupt über die Menschen, denen wir täglich begegnen, die ein Teil unseres Lebens sind und immer wieder unseren Weg kreuzen, uns alleine durch ihre Anwesenheit ganz tief im Herzen berühren?

Meine Meinung:
Dieses Buch habe ich im Rahmen einer Leserunde der Lesejury lesen dürfen und es freut mich natürlich sehr, dieses neue Buch aus dem ersten Programm von Hanser blau sogar noch vor Veröffentlichung bekommen zu haben.
Zuerst einmal wird es euch sicher nicht wundern, dass mich bei diesem Buch vor allem das Cover interessiert hat und als ich dann nach der Lektüre der Leseprobe ganz verzaubert auf meinem Stühlchen sass, wusste ich, dass dieses wunderbare Büchlein unbedingt bei mir einziehen musste. Die Haptik des feinen Leineneinbandes ist einfach perfekt, die zarten Farben passen perfekt zur leisen, poetischen Geschichte rund um Liebe, Freundschaft und die Ende unseres Lebens und sogar der kleine Vogel hat einen ganz klaren Bezug zum Inhalt. Solch durchdachte Buchgestaltungen überzeugen mich jeweils sehr und lassen auf viel Liebe zum gedruckten Wort und viel Respekt für die Arbeit der Autorinnen und Autoren schliessen.
Zum Inhalt des Buches möchte ich nicht zu viel verraten, aber ich kann euch sagen, dass mir "Agathe" wundervolle Lesestunden voller Poesie und Zartheit beschert hat, die ich auf keinen Fall mehr missen möchte.

Meine Empfehlung:
Von mir gibt es für dieses zauberhafte Buch in der wundervollen Aufmachung eine sehr herzliche Leseempfehlung und ich bin mir sicher, dass dieses Buch das perfekte Buch für eine Leserunde ist, weil es so viel Interpretationsspielraum lässt und immer wieder dazu führen kann, Diskussionen anzuregen und so ganz viel über das Leben nachzudenken.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Figuren
  • Geschichte
  • Gefühl
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 30.05.2025

Kunstvoll und mit viel Wortwitz erzählt

Vor dem Fest
0

Inhalt:
Im Dorf Fürstenfelde spuken alte Geschichten, verbotene Gedanken und rätselhafte Gestalten durch die Nacht vor dem alljährlichen Annenfest. Die Menschen besinnen sich, erinnern sich, wägen ihre ...

Inhalt:
Im Dorf Fürstenfelde spuken alte Geschichten, verbotene Gedanken und rätselhafte Gestalten durch die Nacht vor dem alljährlichen Annenfest. Die Menschen besinnen sich, erinnern sich, wägen ihre Lebensentscheide und Werte gegeneinander ab. Der Fährmann ist tot, die anderen schlafen. Und die, die wach sind, führen etwas im Schilde. Sie müssen etwas erzählen, loswerden, beenden, richtigstellen. Aber ihnen bleibt nur diese eine Nacht, in der sich Traum und Wirklichkeit vermischen, bevor sie sich am nächsten Tag zum Feiern und gemeinsamen Erinnern treffen.

Meine Meinung:
Einmal mehr durfte ich mich in einem Buch von Saša Stanišić verlieren und diesmal habe ich mich einem Frühwerk (erschienen 2014) gewidmet. Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und dabei vor allem die Beschreibungen der Figuren sehr gerne gemocht. Auch haben mir die eher düstere Grundstimmung und die vielen verschiedenen Perspektiven gefallen. Stanišićs zweiter Roman liest sich nicht ganz so leicht wie "Wie der Soldat das Grammofon repariert" oder "Herkunft", aber er ist mindestens genau so kunstvoll und ausgeklügelt und einfach ein wahres - durchaus ein wenig anspruchsvolles - Lesevergnügen.

Schreibstil und Aufbau:
In der nächtlichen Dunkelheit kommen verschiedene Figuren aus Fürstenfelde zu Wort. Herr Schramm möchte sein Leben beenden, trifft aber bei diesem Unterfangen auf einige rätselhafte Gestalten, Frau Schwermuth kann kaum mehr zwischen Erinnerungen und Wirklichkeit unterscheiden, eine Fähe schleicht durchs Dorf, auf der Suche nach Hühnern und Eiern, um ihre Jungen und sich selbst zu ernähren, der Nachwuchsglöckner steht kurz vor seiner Abschlussprüfung und in Ullis Garagenbar werden Pläne geschmiedet, während Ditzsche sich dazu bereit macht, seine Hühner zu präsentieren. Alle diese Szenen, Schicksale, Erinnerungen und auch Leerstellen verbindet Stanišić gekonnt zu einer ein wenig unheimlichen, spannenden Geschichte, die manchmal wie ein Märchen und dann aber auch wieder wie eine Anekdote aus einem beliebigen Dorf anmutet. Seine Liebe zum Erzählen und zu den Figuren ist dabei stets spürbar und sein kluger Humor und Sprachwitz sorgen immer wieder dafür, dass die Nacht ihren Schrecken verliert.

Meine Empfehlung:
Es bleibt mir nur mehr, eine sehr herzliche Empfehlung für dieses spannende, beeindruckende und vor allem auch sehr unterhaltsame Buch auszusprechen.

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  • Handlung
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Veröffentlicht am 30.04.2025

Ein von hinten aufgezäumtes Leben

Lichtungen
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Inhalt:
In diesem für den Deutschen Buchpreis 2024 nominierten Roman zäumt Iris Wolff ein Leben von hinten auf. Sie beginnt in der Gegenwart mit Kapitel neun und der gemeinsamen Heimreise von Kato und ...

Inhalt:
In diesem für den Deutschen Buchpreis 2024 nominierten Roman zäumt Iris Wolff ein Leben von hinten auf. Sie beginnt in der Gegenwart mit Kapitel neun und der gemeinsamen Heimreise von Kato und Lev, welche aus dem rumänischen Siebenbürgen stammen und seit ihrer Kindheit befreundet sind. Dann reist sie Kapitel für Kapitel der Geschichte Rumäniens entlang zurück in die Vergangenheit und in verschiedene Episoden aus Levs Leben und seiner Freundschaft mit Kato.

Meine Meinung:
Schon "Die Unschärfe der Welt" hat mich begeistert, was vor allem an Wolffs einzigartigem Schreibstil liegt, auf den man sich aber einlassen muss. Auch bei "Lichtungen" habe ich ein wenig Zeit gebraucht, um im Roman und bei den Figuren anzukommen, habe mich dann aber in einer beeindruckenden und spannenden Geschichte wiedergefunden. Dennoch hat mir "Die Unschärfe der Welt" fast noch ein wenig besser gefallen, weil es mich emotional einfach besser abholen konnte, während "Lichtungen" - vielleicht gewollt, vielleicht auch nicht - diesbezüglich eher ein wenig kühl bleibt.

Schreibstil und Aufbau:
Eine von hinten nach vorne erzählte Geschichte ist definitiv eine aussergewöhnliche Idee und von Wolff sehr geschickt umgesetzt. Sie springt zwar - auch wenn sie grundsätzlich chronologisch erzählt - trotzdem immer wieder umher, flicht Rückblenden ein und hinterlässt kleine Hinweise auf Ereignisse, die noch kommen könnten oder bereits geschehen sind, dies geschieht aber alles mit einer enormen Leichtigkeit und Finesse. Dadurch wirkt die Geschichte, als würde sie an einem grossen Tisch bei einem Familientreffen erzählt. Alle steuern noch ihre Erinnerungen und Anekdoten bei und unterbrechen sich gegenseitig mit ihren Einwürfen.

Meine Empfehlung:
Wolffs Schreibstil, die geschickte und kluge Verknüpfung ihrer Figuren mit der Geschichte Rumäniens und ganz Europa sowie ihre schriftstellerischen Kniffe und Ideen haben es in sich. Ich freue mich auf weitere Bücher dieser beeindruckenden Autorin.

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Veröffentlicht am 18.04.2025

Lesenswert, unterhaltsam und berührend

Man kann auch in die Höhe fallen
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Inhalt:
Der Schock nach seinem Schlaganfall sitzt immer noch tief und gleichzeitig erholt sich Joachim Meyerhoff auch nur schwer von einem anstrengenden Umzug und hadert mit seiner Arbeit als Schauspieler ...

Inhalt:
Der Schock nach seinem Schlaganfall sitzt immer noch tief und gleichzeitig erholt sich Joachim Meyerhoff auch nur schwer von einem anstrengenden Umzug und hadert mit seiner Arbeit als Schauspieler und Autor. Als ausgerechnet bei der Geburtstagsfeier seines Sohnes alle Dämme brechen, muss er Abstand zwischen sich und seinen Alltag bringen und zieht zu seiner Mutter aufs Land.

Meine Meinung:
Dieser Roman war mein erstes Buch von Joachim Meyerhoff, obwohl ich eigentlich schon so lange einmal etwas von ihm lesen wollte und ich habe mich sofort in der mitten aus dem Leben gegriffenen Sprache verloren. Die humorvollen, berührenden und oft überraschenden Texte erweckten dein Eindruck, als würde der Autor neben mir sitzen und mir bei einem guten Glas Wein aus seinem Leben erzählen und seinen Geschichten habe ich von Herzen gerne "gelauscht", auch wenn einige der Texte doch auch kleine Längen aufweisen.
Das Buch ist zwar eine Art loser Abschluss seiner "Alle Toten fliegen hoch"-Reihe, aber dieser persönliche Einblick in sein Leben, der wohl ein wenig auch abschliesst, mit vielem, was er hinter sich lassen will und muss und hoffentlich endlich auch kann, funktioniert ganz sicher auch unabhängig. Dennoch freue ich mich schon auf die ersten fünf Bände, die ich mir bald ausleihen und lesen darf.

Schreibstil und Aufbau:
In kurzen Kapiteln schreibt Meyerhoff vom Ankommen und zur Ruhe kommen auf dem Land. Von der täglichen harten Arbeit in ihrem riesigen Garten am Meer, von langen Gesprächen mit Whisky am Strand, von Erinnerungen, von Lesungen, vom Leben am Theater und immer wieder vom Alltag mit seiner Mutter. Es sind Geschichten aus ihrem gemeinsamen Leben, aus seiner Kindheit und Jugend, die ihn stets liebevoll auf seine selbstständige, unbeirrbare Mutter, auf seine aufbrausende, anpackende Mutter, auf seine verletzliche und eigensinnige Mutter blicken lassen. Mit jeder Geschichte wird eine neue Facette seines Lebens und Werdens beleuchtet.
Die autobiografischen Texte werden zu Hommagen an längst verstorbene Theaterkollegen, humorvolle Abenteuer am Rande des eigenen Wahnsinns, nachdenkliche Rückblicke auf ein nicht immer einfaches Leben, auf tragische Verluste und herausfordernde Familiensituationen und zu sehr berührenden, zärtlichen Blicken auf die älter werdende Mutter, die immer wieder zum sicheren Hafen des Erzählers wird.

Meine Empfehlung:
Das Buch hat mich begeistert und tief berührt und ich bin froh, dass noch viele weitere Texte des Autors darauf warten, von mir entdeckt zu werden.

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