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Veröffentlicht am 06.02.2019

Großartiger Klassiker in tollem Gewand!

Lieber Feind
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Ich liebe Briefe. Auf das Schreiben bin ich ehrlich gesagt nicht so erpicht, weil ich in der Hinsicht ein kleiner Perfektionist bin, mich über Fehler, vergessene Worte oder ähnlich sehr ärgere und dann ...

Ich liebe Briefe. Auf das Schreiben bin ich ehrlich gesagt nicht so erpicht, weil ich in der Hinsicht ein kleiner Perfektionist bin, mich über Fehler, vergessene Worte oder ähnlich sehr ärgere und dann am liebsten nochmal von vorn beginnen möchte. Doch Briefe zu bekommen und sie dann ganz in Ruhe zu lesen, macht mir unheimlich Spaß, denn vor allem handgeschriebene Briefe sind etwas ganz Besonderes, Persönliches. Doch da mein Briefkasten mir meistens nur Werbung oder Rechnungen ausspuckt, musste ich mir anderweitig Abhilfe schaffen und da kamen die Briefromane von Jean Webster gerade recht und heute möchte ich euch den Folgeband von Lieber Daddy Long Legs, den ich schon sehr bezaubernd fand, vorstellen: Lieber Feind.

Gelesen habe ich es übrigens zusammen mit meiner lieben Wiebi und ich muss sagen, dass ich ein großer Fan von Buddyreads bin. Der stetige Austausch macht einfach unheimlich viel Spaß und motiviert mich immer sehr.

Im Gegensatz zum ersten Band Lieber Daddy Long Legs (meine Rezension findet ihr hier) spielt das ehemalige Waisenkind Judy Abbott eher eine Nebenrolle, denn im zweiten Band bekommen wir einen Einblick in die Korrespondenz ihrer ehemaligen Studienfreundin Sallie McBride. Auf Judys Bitte hin übernimmt diese nämlich die Leitung des Waisenhauses, in dem ihre Freundin die Kindheit und Jugend verbringen musste. Mit allerlei Tatendrang stellt sie sich dieser großen Aufgabe und hat vor in dem Heim ordentlich aufzuräumen. Doch nicht alle Bewohner und Mitarbeiter können Sallies Enthusiasmus teilen und vor allem der irische Kinderarzt des Heims mausert sich schnell zu Sallies liebsten Feind…

Die Protagonistin Sallie McBride kommt eigentlich aus guten Hause und hätte es nicht nötig selbst arbeiten zu gehen. Als sie allerdings allein für den Vorschlag belächelt wird, packt sie der Ehrgeiz und sie nimmt die Stelle an– vorläufig! Hätte sie vorher gewusst, was dabei auf sie zukommt, hätte sie wohl da bereits die Beine in die Hand genommen! Doch Sallie ist eine toughe, agile Frau, die mit Ironie, trockenem Humor und viel Tatendrang glänzt. Ich selbst bin ein großer Fan von ihr und denke, dass sie ihrer Zeit weit voraus ist, denn man muss bedanken, dass die eigentliche Geschichte bereits aus dem Jahre 1915 stammt!

An einigen Stellen merkt man der Geschichte auch ihr Alter an, denn vor allem was die Kindererziehung und auch den Vorgang der Adoption anbelangt, gab es für mich den ein oder anderen Oha-Moment. Auch diese heutige Selbstverständlichkeit, dass Frauen arbeiten gehen, machte mir ein ums andere Mal bewusst, dass es sich zwar um eine Neuauflage, aber keine Neuerscheinung handelte.

Doch das Buch, das in Form von Sallies Briefen an ihre Freundin Judy, an den Kinderarzt Dr. Mac Rae und einige andere Personen geschrieben wurde, bringt einige wundervolle Lesestunden mit sich. Von Sallies Ideen und Engagement zu lesen, hat unheimlich viel Spaß gemacht. Ich empfand sie als sehr inspirierende Person.

Generell finde ich die Briefromane von Jean Webster einfach toll! Da man die Briefe und dadurch auch die Geschehnisse immer nur aus einer Sicht liest und auch die Antworten nicht bekannt sind, bleibt trotzdem viel Platz für Fantasie und ich finde, dass man dadurch auch die Gefühlswelt der Protagonistin um einiges intensiver erleben kann. Für mich ist Lieber Feind, wie auch der Vorgänger, ein kleines Highlight der ganz besonderen Art.

Veröffentlicht am 06.02.2019

Grandios! Ein absolutes Highlight!

Someone New
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Genau ein Jahr ist es her, dass ich meinen ersten Roman von Laura Kneidl gelesen habe. Berühre mich. Nicht. liebte ich von der ersten bis zur letzten Seite. Und obwohl so ziemlich jedes Buch der Autorin ...

Genau ein Jahr ist es her, dass ich meinen ersten Roman von Laura Kneidl gelesen habe. Berühre mich. Nicht. liebte ich von der ersten bis zur letzten Seite. Und obwohl so ziemlich jedes Buch der Autorin in mein Regal zog, kamen wir 2018 nicht mehr zusammen. Doch dieses Jahr beginnen wir erneut zusammen und ich habe beschlossen keine ganz normale Rezension zu schreiben, weil dieses Buch so wundervoll und speziell ist und einfach etwas anderes verdient hat.

Liebe Micah,

die Welt braucht mehr Menschen wie dich. Deine Zuversicht, deine offene Art, deine Hilfsbereitschaft machen dich zu jemanden, den man gern in seinem Leben hat. Du bist die beste Protagonistin, die man sich für solch ein Buch hätte wünschen können und ich liebe es, wie du kämpfst, um alles am Laufen zu halten. Unverwüstlich, unerschütterlich stehst du zu denen, die du liebst. Trotz allem, was um dich herum geschieht, bewahrst du dir dein inneres Kind und kämpfst wie einer deiner geliebten Superhelden für mehr Gerechtigkeit und Fairness und stehst für deine Liebsten ein. Du bist wundervoll. Du bist ein Mensch, wie ihn jeder in seinem Leben haben sollte. Danke.

Lieber Julian,

ich kann nichts weiter sagen, als Danke. Danke, dass du deinen Schmerz und deine Erfahrungen mit uns teilst. Deine Geschichte rührt zu Tränen, rüttelt wach und öffnet Augen. Ich hoffe, dass sie ganz viele erreichen wird und dass Menschen irgendwann aufhören können das persönliche Glück von anderen zu be- und verurteilen. Du hast es verdient glücklich zu sein und ich wünsche dir nur das Beste.

Lieber Adrian,

manchmal ist es okay egoistisch zu sein. Ich verstehe, dass es Dinge gibt, die man nur mit sich selbst ausmachen kann, aber bitte verliere bei all den Erfahrungen nicht aus den Augen, dass es Menschen gibt, die dich bedingungslos akzeptieren und dich lieben. Ich wünschte auch, dass die Welt mehr Liebe für alle bereithielte, aber vielleicht müssen wir den ersten Schritt machen und mit gutem Beispiel vorangehen. Du bist nicht allein, also grenze die, die dich lieben, nicht aus.

Liebe Laura,

ich finde keine Worte, um dein Buch zu beschreiben. Ich liebe deinen Schreibstil und wenn es jemanden gibt, der diese wundervolle Geschichte hätte schreiben können, dann du. Dieses Buch ist so wichtig, so richtig und all das, was es mir vermittelt hat, sollte eine Selbstverständlichkeit darstellen. Es ist so traurig, dass es das nicht ist. Ich wünsche mir, dass es die richtigen Leute erreicht und die Welt zu einem liebevolleren Ort macht und das ein oder andere Brett vorm Kopf in Flammen aufgehen lässt. Vielen Dank für das, was du mir damit gegeben hast. Dieses Buch erhält definitiv einen Ehrenplatz im Regal, auf dem Blog, in meinem Herzen. Ein absolutes Highlight mit tausend Herzchen und Sternchen.

Die ganze Nacht lag ich wach und ich habe überlegt, wie ich diese Rezension schreiben möchte; habe mir Formulierungen überlegt und den Aufbau ausgeklügelt. Letztendlich ist sie so völlig anders als erwartet, aber man kann diese Gefühle nicht einfangen. Ich kann es dir wirklich nur ans Herz legen, denn es ist etwas ganz besonderes.

Veröffentlicht am 05.09.2018

Im zweiten Anlauf ein Jahreshighlight

Palace of Glass - Die Wächterin
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Wer wie ich gern Bücher aus verschiedenen Genres liest, kennt bestimmt das Gefühl von “das richtige Buch zum falschen Zeitpunkt”. Manchmal passt es gerade einfach nicht. Sei es Schreibstil, Charaktere ...

Wer wie ich gern Bücher aus verschiedenen Genres liest, kennt bestimmt das Gefühl von “das richtige Buch zum falschen Zeitpunkt”. Manchmal passt es gerade einfach nicht. Sei es Schreibstil, Charaktere oder das Setting– irgendwas veranlasst einen dazu das Buch nicht weiterlesen zu wollen. Allerdings habe ich mir angewöhnt solchen abgebrochen Büchern nach einer Zeit noch einmal eine zweite Chance zu geben, bevor sie eventuell endgültig aussortiert werden. Zum Glück, denn sonst wäre mir diese Perle durch die Lappen gegangen und das wäre äußerst bedauerlich gewesen!

An der Stelle möchte ich mich bei dem Bloggerportal von Random House für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares bedanken. Ich habe mich sehr, sehr darüber gefreut, auch wenn es ein bisschen länger als normal auf dem SuB warten musste.

Denke ich an dieses Buch zurück, wird mein Körper von einem freudigen Kribbeln erfasst. Was bin ich froh, dass ich noch einmal zu Palace of Glass gegriffen habe, denn ich kann es schon einmal vorwegnehmen: es ist ein absolutes Highlight für mich und ich war so unheimlich traurig, als ich es beendet habe und nicht direkt zu den Folgebänden greifen konnte, weil ich sie schlichtweg noch nicht gekauft habe. Doch warum bin ich so verliebt und fasziniert?

Beginnen wir mit der wundervollen Rea M. Emris. Die Protagonistin ist einfach perfekt! Nicht sie selbst, denn sie ist herrlich unperfekt, aber sie ist so… menschlich! Sie hat Stärken und Schwächen, Ängste und Sorgen und strahlt dennoch so viel Leben aus, dass jeder Moment, den man mit ihr verbringen darf ein Geschenk ist. Ich bewundere Rea für all das, was sie täglich ertragen muss, für die Kraft, die in ihr ruht. Ich kann mir kaum vorstellen, wie es wäre ein Leben in ständiger Angst verbringen zu müssen und gezwungen zu sein meine tiefsten Bedürfnisse und Nöte vor allem und jeden verstecken zu müssen. Ja, ich bewundere sie dafür.

Und auch wenn Rea mein Herz erobert hat und ich sie unheimlich gern als meine beste Freundin hätte, wäre sie doch ohne die anderen Charaktere nichts. Robin, der Kronprinz, der weiße Ritter Blanc, die unerschrockene Ninon und der so unfassbar britische Mister Galahad– sie alle sprühen so voller Leben und es war, als wäre ich mitten unter ihnen. Sie alle sind mir so ans Herz gewachsen, dass ich jedes liebe Wort, jede Beschimpfung förmlich selbst gespürt habe. Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass ich diese Story wirklich gefühlt habe und das in einer Intensität, die ich lange vermisst habe.

Nachdem ich euch jetzt aber so von den Charakteren vorgeschwärmt habe, sollte ich euch vielleicht auch mal erzählen, worum es überhaupt geht– natürlich spoilerfrei! Rea ist eine Magdalena und hat somit die Fähigkeit bei Hautkontakt mit anderen Menschen deren Gedanken zu hören, aber auch zu manipulieren. Doch Hautkontakt wurde unter Strafe gestellt, denn die Magdalenen gelten allgemein als gefährlich und werden gnadenlos verfolgt. Rea verbringt somit ein Leben in ständiger Angst, doch auch in anhaltender Gier, denn der Entzug von Hautkontakt weckt in ihr eine Gier, die kaum zu bändigen ist. Plötzlich allerdings findet sich die junge Frau unter ihren ärgsten Feinden wider, denn obwohl sie den Prinzen abgrundtief hasst, wird sie engagiert sein Leben zu beschützen. Wie soll sie ihr größtes Geheimnis unter den aufmerksamen Blicken aller nur bewahren?

Was bleibt mir noch zu sagen? Der Schreibstil, die Story, die Plottwists und eben diese großartigen Figuren werden euch wundervolle Lesestunden bereiten. Es ist eine perfekte Mischung aus Spannung, Gefühl und Action, gepaart mit einer Prise Fantasy. Ich bin hellauf begeistert und bin so, so froh, dass ich es nach dem ersten Versuch nicht komplett aufgegeben habe. Für mich definitiv mein bisheriges Jahreshighlight und ich freue mich gerade in diesem Augenblick über die Nachricht, dass mein Freund mir die zwei Folgebände mitgebracht hat!

Veröffentlicht am 22.06.2018

Großartiger Klassiker in tollem Gewand!

Lieber Daddy-Long-Legs
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Der geneigte Leser wird nun denken “Nanu? Im September 2017 erschienen und dann für das Genre Klassiker gelesen?”, doch der in Briefformat geschriebene Roman stammt bereits aus dem Jahre 1912, was man ...

Der geneigte Leser wird nun denken “Nanu? Im September 2017 erschienen und dann für das Genre Klassiker gelesen?”, doch der in Briefformat geschriebene Roman stammt bereits aus dem Jahre 1912, was man einigen Passagen auch anmerkt. Zunächst möchte ich aber etwas mehr über Judy und den Inhalt berichten.

Judy, die eigentlich Jerusha Abbott heißt, wächst in einem amerikanischen Waisenhaus auf. Um die Schule zu beenden, darf Judy ein wenig länger in der Einrichtung bleiben, als es üblich ist und hilft dort die anderen Kinder zu betreuen. Eines Tages wird das Mädchen darüber informiert, dass ein Mann, der geheim bleiben möchte, ihr das College finanzieren wird, damit sie Schriftstellerin werden kann. Bedingung ist aber, dass er per Brief über ihre Fortschritte informiert wird und sie ihm, obwohl sie ihn nicht kennt, wie einem Familienmitglied schreibt. Für Judy beginnt die großartigste Zeit ihres Lebens. Zwar bemerkt die junge Frau immer wieder, dass ihre Kindheit in keinster weise mit der ihrer Kommilitoninnen vergleichbar ist, doch sie wächst mit ihren Aufgaben, entdeckt die Welt, lernt das Leben kennen und mit der Zeit auch die Liebe.

Lieber Daddy Long Legs ist schlicht und ergreifend bezaubernd. Ich habe die Stimmung in dem Buch geliebt und habe dank Judy wieder einen Blick für die kleinen Dinge im Leben entwickelt. Für sie ist so vieles so neu und all diese Erfahrungen durch sie erneut zu machen, war ein unglaublich schönes Gefühl und ließ mich für viele Dinge, die für uns heutzutage so selbstverständlich sind, wieder Dankbarkeit empfinden.

Doch mit all den Erfahrungen, die sie macht, spürt man auch, dass ihr bisher einiges verwehrt geblieben ist, das für andere Menschen völlig normal und selbstverständlich ist, allen voran die Liebe, Wärme und Geborgenheit einer Familie. Vor allem diese von Grund auf ehrlichen und offenen Briefe gingen mir unheimlich nah und ich konnte die ein oder andere Träne nicht zurückhalten. Und es war erstaunlich, dass Judy trotz allem eine so positive, wissbegierige, tolle Frau geworden ist.
Die Briefform verleiht dem Roman das gewisse Etwas. Es liest sich ein klein wenig wie ein Tagebuch, denn Judy berichtet von jeder Kleinigkeit, die ihr widerfährt. Der spritze, lebensfrohe und gefühlvolle Schreibstil macht dieses Buch zu etwas ganz Besonderen und ich konnte es kaum aus der Hand legen. Man möchte einfach immer wissen, wie es mit ihr weitergeht und von welchen Entdeckungen sie als nächstes berichten möchte!

Um die inneren Werte mal kurz beiseite zu legen, möchte ich noch die wunderschöne Aufmachung des Buches erwähnen. Die dezente Hintergrundfarbe mit den filigranen Blumen finde ich einfach unsagbar schön. Doch auch ohne Umschlag ist das Buch ein wahrer Hingucker, denn auf mintfarbenen Grund ziehen sich die weißen Silhouetten der Blumen über den ganzen Einband. Für mich kleines Cover-Opfer könnte es nichts Schöneres geben als so viel Liebe zum Detail!

Eine Stelle ist mir allerdings sauer aufgestoßen und hat mir so richtig vor Augen geführt, wie alt diese Geschichte wirklich ist. “Sind Frauen überhaupt Bürger? Wahrscheinlich nicht.” heißt es auf Seite 205 im dritten Absatz und ließ mich schwer schlucken. Zu Beginn des Buches wird erklärt, dass der Gönner, der ihr die Ausbildung am College finanziert, bisher nur Jungs unterstützt hat. Für mich war das in diesem Moment nur eine vage Nebeninformation, doch betrachtet man es vor dem Hintergrund in welcher Zeit wir uns befinden, war diese Ausnahme etwas ungemein Besonderes und ließ mich das ganze Buch nochmal unter einem völlig anderen Blickwinkel betrachten.

Mein erstes Königskind hat mein Herz berührt und sich dort einen festen Platz verdient. Ich bin immer noch so begeistert, dass ich kaum Worte finde, um dieses Buch gebührend zu feiern, daher mache ich es wieder kurz und schmerzlos: Lest es bitte alle! Ihr werdet es nicht bereuen. Willkommen auf der Liste meiner Highlights!

Veröffentlicht am 01.05.2018

Brief an einen Toten

Einmal im Jahr für immer
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Heute muss mal eine ganz andere Art der Rezension her, denn ich wüsste nicht, wie ich meine ganzen Gedanken und Gefühle in Worte fassen soll, wie ich den Sturm, der seit dem Wochenende in mir tobt, beruhigen ...

Heute muss mal eine ganz andere Art der Rezension her, denn ich wüsste nicht, wie ich meine ganzen Gedanken und Gefühle in Worte fassen soll, wie ich den Sturm, der seit dem Wochenende in mir tobt, beruhigen könnte. Also schreibe ich heute einen Brief, der vielleicht etwas makaber ist, denn ich schreibe nicht an die Protagonistin oder an die Autorin, nein. Ich schreibe an den verstorbenen Ehemann der Protagonistin Amelie. Ich schreibe an Math.

Lieber Math,

ich weiß, du kennst mich nicht, aber obwohl wir beide uns nie begegnet sind und uns auch nie begegnen werden, habe ich das Gefühl dich zu kennen. Denn ich habe das Buch gelesen, dass Sarah geschrieben hat. Und über dieses Buch möchte ich nun sprechen.

Der nun folgende Satz ist der makaberste, den ich je geschrieben oder gesagt oder auch nur gedacht habe und trotzdem werde ich dir das schreiben: danke, dass du gestorben bist. Versteh mich bitte nicht falsch, denn du warst mit Sicherheit ein großartiger Mensch und es wäre sicherlich toll gewesen dich kennenzulernen. Doch dein Tod hat eine Menge in Gang gesetzt. Es beginnt damit, dass du Sarah dazu inspirierst hast diese Geschichte zu schreiben, dieses Buch, in dem es um deine Bluebird und um dich und um den Clown geht. Und ich kann dir versichern, dass Sarah das alles so unglaublich toll beschrieben hat. Das, was zu deinem Tod geführt hat, wird mit einer großartigen Sensibilität beschrieben und du ahnst nicht, wie sehr ich mir wünsche, dass noch mehr Menschen die Erkenntnis wie der Schlag trifft, dass du es dir nicht ausgesucht hast. Genauso wenig, wie andere Betroffene. Die Leute müssen endlich aufwachen und erkennen und verstehen. Unsere Welt wäre um so vieles besser, wenn jeder Erdenbewohner nur einen Bruchteil von Sarahs Einfühlungsvermögen besäße.

Generell kann ich dir versichern, dass Sarah ihren Job als Autorin brilliant gemacht hat. Sie hat es geschafft die richtige Mischung zu finden. Als hätte sie ein Rezept gehabt: 30g Witz, 500ml Herzschmerz, … Ich glaube allerdings, dass ich mir das viel zu einfach mache, denn wenn es solch eine Rezeptur wirklich gäbe, würden ja nur noch Meisterwerke entstehen, also muss es tatsächlich an ihr selbst liegen, daher kann ich dich beruhigen, Math. Es ist die vollkommende Harmonie zwischen lustigen und skurillen Momenten, zwischen glücklichen Lächeln und bitterlichen Tränen. Ich habe noch nie ein solch charmantes Buch gelesen!

Doch bevor die Autorin ihre Nase nur noch himmelwärts trägt, lass mich dir von deiner Amelie erzählen. Math, du hast eine wundervolle Frau geheiratet und ich kann nur erahnen, wie schwer dir all diese Entscheidungen fielen, wenn du an sie gedacht hast. Deine Bluebird hat beste-Freundinnen-Potential. Das sage ich, obwohl sie nicht nur von ihrer besten Seite beschrieben wurde. Ich weiß, dass sie es hassen würde, wenn ich sagen würde, dass sie mir leid tut, denn ich habe genug darüber gelesen, wie sehr sie diese Beileidsbekundungen verabscheut und dass sie kein Mitleid möchte. Daher verrate ich dir, dass ich Verständnis für sie habe. Für all ihre Eskapaden, Tiefpunkte, Selbstzweifel und -vorwürfe, Ausraster, Zurückweisungen, denn all das ist Teil ihrer Trauerbewältigung und es heißt doch so schön, dass jeder Mensch auf seine Art trauert.

Wusstest du, dass Amelie zehn Kilogramm zugenommen hat? Und kannst du dir vorstellen, was das in mir ausgelöst hat? Ich habe sie direkt noch viel mehr ins Herz geschlossen! In all diesen Büchern liest man von diesen blonden und dünnen Schönheiten, die sich für graue Mäuse halten und dann doch den heißen Dude abbekommen. Ich bezweifle nicht ansatzweise, dass Amelie nicht trotzdem wunderschön (und den heißen Dude abbekommen hat) ist, aber es ist toll zwischendurch auch einfach mal eine Protagonistin zu haben, die menschlich ist und nicht der Inbegriff eines Victoria’s Secret-Model. Du hast dir eine großartige Frau ausgesucht. Treu, ein bisschen verrückt, eine mit Ecken und Kanten, die sie erst recht perfekt machen. Ich bin froh, dass ich ihre Geschichte erleben durfte.

Und dann ist da noch der Clown. Zu ihm fällt mir gar nicht so richtig etwas ein, denn ich dachte erst, dass er eher metaphorisch gemeint sei, doch dann stand da wirklich ein waschechter Clown vor deiner Frau und da ging mir das erste „Na, hoppla!“ durch den Kopf. Und wie Amelie ist auch er ganz wundervoll und zwischenzeitlich habe ich mir für jeden Menschen jemanden wie ihn gewünscht. Jemanden, der uns über unsere Grenzen hinausschubst und uns aus unseren Schneckenhäusern holt, aber die Vorstellung, dass jeder mit einem Clown rumläuft, war dann doch zu viel. Ich frage mich ohnehin, ob es nochmal einen Clown wie ihn geben wird. Gott, mir steigen schon wieder die Tränen in die Augen, wenn ich nur an ihn denke. Mir fallen einfach keine Worte ein, um ihn zu beschreiben, daher würde ich am liebsten einen Bollerwagen voll Buch holen, damit durch die Stadt ziehen und allen Menschen dieses Buch in die Hand drücken. Es ist so wertvoll. Du bist es und Amelie ist es und der Clown ist es.

Math, eure Geschichte hat mir so viel gegeben und ich weine gerade schon wieder bitterliche Tränen, weil mein Herz überläuft, wenn ich an euch denke. Ihr fehlt mir alle und ich wünschte ihr hättet alle glücklich sein können. Ich hoffe sehr, dass du weißt, dass ich nicht wirklich dankbar dafür bin, dass du gestorben bist. Ich wünschte so sehr, dass das alles nicht nötig gewesen wäre und dass du mit deiner Bluebird hättest fliegen können. Ihr habt doch all dieses Glück verdient. Doch da dem nicht so sein sollte, wünsche ich mir, dass eure Geschichte und dann nur noch Amelies Geschichte eine, rießigen Haufen Lesern den Boden unter den Füßen wegreißen kann. Ihr habt es alle verdient und vor allem Sarah hat diese Aufmerksamkeit verdient. Ich sage ganz ehrlich: nicht einmal eine Jojo Moyes hat all das in mir auslösen können, was dieses bezaubernde Mädchen mit den leuchtend blauen Haaren in mir hervorgebracht hat.

Ich hoffe, du bist glücklich und zufrieden, wo auch immer du bist.

Deine Rika

Wer sich den Brief komplett durchgelesen hat, wird verstehen, dass es für Einmal im Jahr für immer keinen anderen Platz als ein Treppchen zwischen den Highlights denkbar wäre. Ein Highlight mit Sternchen. Oder Krönchen. Oder noch besser: mit Konfetti!