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Veröffentlicht am 02.03.2019

Quo vadis, Franziska - quo vadis, Erde?

Schiff oder Schornstein
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Mit einer abwechselnd romantisch verklärten und vorsichtig idealisierten Erzählung nähert sich Autorin Andrea Stift-Laube einer der aktuellen Fragen unserer Zeit: Sollten wir Menschen unser Essverhalten, ...

Mit einer abwechselnd romantisch verklärten und vorsichtig idealisierten Erzählung nähert sich Autorin Andrea Stift-Laube einer der aktuellen Fragen unserer Zeit: Sollten wir Menschen unser Essverhalten, unseren Fleischkonsum, nicht auch unter ethischen Gesichtspunkten beurteilen und überdenken?

Klar, das “Hauptproblem” ist der Klimawandel. Oder zumindest die wohl global ausgeprägteste Bedrohung für unseren Lebensraum. Mit Schuld daran ist auch, wie wir unsere großen Mengen Fleisch produzieren. Dazu braucht es auch im Jahrhundert der 3D-Drucker ja noch immer lebende Tiere, die gezeugt und aufgezogen werden müssen. Das verschlingt Ressourcen.

Und der Konsum steigt, in Summe gesehen. Zudem gibt es für jeden Einzelnen klare Grenzen beim Fleischessen - nicht immer Mengenmäßig, aber doch was die Art anbelangt. Welcher Geflügelliebhaber würde schon seinen eigenen Papagei grillen?

Doch zurück zum Buch, in dem wir anhand von wenigen, wichtigen Figuren vor Augen geführt bekommen, wie sehr sich die Dinge doch gleichen: Seit Jahrzehnten sind die Probleme bekannt, seit Jahrzehnten wird gesagt, tun wir doch etwas gegen beispielsweise den Ozonschwund oder Kernkraft oder übermäßigen Fleischkonsum oder die Überfischung der Meere oder das Artensterben im Tierreich. Alles nicht neu, aber dennoch fast nicht zu glauben, dass es in diesen Bereichen schon so lange keine oder kaum Fortschritte gibt.

Auch die Schwestern Ila und Franziska, wenn sie denn real wären, könnten das nicht glauben. Sie leben in einer österreichischen Kleinstadt und engagieren sich auf ihre Weise mit Aktivisten und Gleichgesinnten für weniger Verschwendung und achtsameren Umgang mit Tieren. Der Leser verfolgt in Etappen ihr Leben vom Volksschulalter bis aus ihnen erwachsene Frauen geworden sind, die man auch dadurch erst verstehen kann, weil man ihre Kindheit und Jugend kennt.

Doch dann tritt ein unvorhergesehenes Ereignis in das Leben der beiden und derer die sie kennen und die ganzheitliche Sichtweise wird brutal überschattet von den Probleme eines Einzelnen. Ist man egoistisch oder ist das nur natürlich, wenn man selbst als Teil des “Großen Ganzen” dann manchmal doch eigene Bedürfnisse darüber stellt?

Der Roman gibt hier versteckt noch weitere Denkanstöße und regt auch lange nach der Lektüre selbst noch zu spannenden und kontroversen Diskussionen an. Vielleicht erkennt sich der eine oder andere Leser dann sogar in einem Protagonisten aus dem Buch wieder.

Veröffentlicht am 26.02.2019

Gefährliche Machenschaften in der Handelsstadt

Moses und das Schiff der Toten
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Der bisher erste Fall für einen ungewöhnlichen Ermittler in einer ebenso wenig gewöhnlichen Stadt: Hauptkommissar Stefan Moses hat einen weiten Weg hinter sich, der ihn gelegentlich in seinen Träumen heimsucht. ...

Der bisher erste Fall für einen ungewöhnlichen Ermittler in einer ebenso wenig gewöhnlichen Stadt: Hauptkommissar Stefan Moses hat einen weiten Weg hinter sich, der ihn gelegentlich in seinen Träumen heimsucht. Er hatte, im Gegensatz zu vielen anderen Flüchtlingskindern aus Afrika Glück und für den Gerechtigkeitsfanatiker gab es nur einen Berufswunsch: zur Polizei zu gehen.

In seiner neuen Heimat Hamburg trifft er auch als Erwachsener immer noch auf Vorurteile und Misstrauen. Mit einer neuen Kollegin, Katja Helwig, die ebenso ihre optischen wie charakterlichen Eigenheiten hat, gibt er also ein recht interessantes berufliches Paar ab.

Moses ermittelt im Fall eines scheinbar im Meer ertrunkenen Mannes, der tot in einem Park gefunden wird. Erst nach und nach erschließt sich, wer der Tote ist und welche Personen ein Motiv gehabt hätten, ihn umzubringen.

Da dieser Krimi ein “Band 1” ist, gibt es zwischendurch ein paar Längen, um wichtige Figuren etwas ausführlicher einzuführen, aber die Spannung nimmt gegen Ende noch einmal stark zu, Showdown inklusive. Gelungen ist auch die Konstruktion mehrere Handlungsstränge, die sich verblüffenderweise näher kommen als man zunächst vermuten würde. Zuviel lässt sich davon ohne zu spoilern leider nicht verraten.

Punkten kann der Krimi von Ortwin Ramadan auch mit kurzen Abschnitten, einem unaufgeregten, flüssig zu lesenden Erzählstil. Zudem sind manche Charaktere, auch abseits der Hauptpersonen, vielversprechend.

Veröffentlicht am 22.02.2019

Alfred im Wunderland

Alfred
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Wohl in kaum einem anderen Stück Literatur begegnet man dieser besonderen Ausdrucksweise. Innerhalb eines Satzes wechselt Alfred Komarek hier teilweise zwischen Fantasie, Gesellschaftskritik und Märchen ...

Wohl in kaum einem anderen Stück Literatur begegnet man dieser besonderen Ausdrucksweise. Innerhalb eines Satzes wechselt Alfred Komarek hier teilweise zwischen Fantasie, Gesellschaftskritik und Märchen mit einer Prise (österreichischem) Humor.

Allgemein darf man als Landsmann oder Landsfrau auch die Austriazismen loben, mit denen man in diesen Fällen natürlich wenig Probleme haben sollte. Aber auch Leser aus Nachbarländern können meiner Meinung nach Alfred auf seiner Reise wunderbar begleiten, notfalls hilft das Internet.

Nicht nur Ausdruck und Stimmung wechseln schnell, Schauplätze, Gedanken und Personen drehen sich wie ein Karussell und reißen den Leser mit in einen Strudel voller skurriler Begegnungen und Abenteuer. Und sobald man dann etwas zur Ruhe kommt und ein paar Sätze entdeckt hat, die wieder gewohnter klingen, mehr “Realitätsbezug” haben, gehts ab auf die nächste wilde Fahrt.

“Alfred im Wunderland” wäre auch ein guter Titel und könnte den einen oder anderen davor bewahren, mit falschen Erwartungen zu starten. Wobei, das tut Protagonist Alfred auch immer wieder. Ein solcher Leser bekommt also quasi nicht nur Unerwartetes, sondern auch einen Spiegel vorgehalten.

“Alfred” ist kurzweilig und gleichzeitig herausfordernd, intellektuell vor allem für jene, die sich bemühen, sich all die Szenen, Begegnungen und Metaphern bildlich vorzustellen (Ja, der Wortwitz ist Absicht und würde auch gut ins Buch passen). Wer davon irgendwann genug hat, geht einfach in sich und verschwindet.

Veröffentlicht am 14.02.2019

Warm werden in Leipzig

Eisige Tage
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“Eisige Tage” ist der erste Band einer geplanten Krimireihe aus und in Leipzig. Da ich bisher erst ein Mal ganz kurz (Buchmesse) dort war, kann ich zum Setting an sich nichts sagen, wohl aber zum sehr ...

“Eisige Tage” ist der erste Band einer geplanten Krimireihe aus und in Leipzig. Da ich bisher erst ein Mal ganz kurz (Buchmesse) dort war, kann ich zum Setting an sich nichts sagen, wohl aber zum sehr besonderen Ermittlerduo.
Man muss erst einmal “warm werden” mit ihnen. Und das liegt nicht nur daran, dass das Buch im Winter spielt, einem der kältesten Winter von Leipzig. Dass Kommissar Milo Novic so seine Probleme mit der tiefen Temperatur hat, macht ihn für viele Leser sicher sympathisch. Er ist ansonsten aber oft eigenwillig, im Gehabe wie im Dialog und in seinen Handlungsweisen, die zugleich schleppend wie sprunghaft sein können.

In kleinen Auszügen und Gedankenrückblenden erfährt man ein wenig mehr über die Protagonisten. Ihre Herkunft, ihre Sorgen und ihre nicht so rosige Vergangenheit. Um einen wie Novic ganz verstehen zu können, braucht es aber sicher noch mehrere Krimis aus dieser Reihe in Zukunft.

Er arbeitet im Team mit Kommissarin Hanna Seiler, alleinerziehend (soweit zum Klischee) - aber nicht durch Scheidung. Auch sie hat ihr Päckchen zu tragen und versucht wie der Leser, Novic zu entschlüsseln. Die beiden verstehen sich zwischendurch sehr gut, ergänzen quasi ihre Gedanken und müssen gar nicht allzu viel reden. Sie sind sich in vielen Punkten einig und es gibt ein paar wenige, seltene Momente, wo sich nicht alles um den brutalen Fall eines ermordeten Anwalts dreht.

Besagter Anwalt scheint in dubiose Machenschaften verstrickt zu sein. Die Spur führt in zwei verschiedene Richtungen, die auf den ersten Blick aber miteinander verbunden sind. Russen haben in Leipzigs Unterwelt das Sagen und genau dorthin scheinen Jugendliche systematisch zu verschwinden. Ausreißer, die niemand so schnell vermisst.

“Eisige Tage” ist ein Krimi, der Lust auf eine Fortsetzung macht. Er hat an den richtigen Stellen Tempo, dann wieder ruhigere Momente (mehr als man erwarten würde, was sicher auch einer etwas intensiveren Einführung von Seiler und Novic geschuldet ist) und einige spezielle und auch verzweifelte Charaktere zu bieten, die wiederum eine ständige Unruhe und Ungewissheit, Unberechenbarkeit mit sich bringen.

Zudem schreibt Alex Pohl im Präsens, was die Erzählung unmittelbarer und gewollt hektischer wirken lässt, was gut zum Tempo und der ständigen Unruhe passt. Man muss aber definitiv mit den beiden eigenwilligen Ermittlern klarkommen, die die Story mitsamt ihrer Rückblenden tragen, ansonsten könnte man den Krimi eher als “mühsam” empfinden

Veröffentlicht am 03.02.2019

Buddhismus und Katze: Was wir von beidem lernen können

Die Katze des Dalai Lama
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Der Titel ist Programm: Hauptperson und Mittelpunkt allen Seins ist die die Katze, die beim bekannten Dalai Lama lebt. Sie heißt natürlich nicht ganz profan Minka oder Miezi, sondern natürlich KSH - steht ...

Der Titel ist Programm: Hauptperson und Mittelpunkt allen Seins ist die die Katze, die beim bekannten Dalai Lama lebt. Sie heißt natürlich nicht ganz profan Minka oder Miezi, sondern natürlich KSH - steht für die "Katze Seiner Heiligkeit".

Dieser Roman ist ein sehr schönes Buch, nicht für Katzenliebhaber zu empfehlen, wenngleich sich das natürlich ein bisschen aufdrängt. Geschrieben ist das Buch aus der Ich-Perspekive der Katze, sie erzählt ihr Leben, wie sie als Katzenbaby vor dem sicheren Tod gerettet und dann zur wohl berühmten Katze Tibets wurde.

Neben interessanten Einblicken in den Buddhismus und einigen Lebensweisheiten gibt es auch immer wieder humorige Seitenblicke auf die Handlung, da eine Katze ja nicht alles verstehen kann, was Menschen so tun.

Zudem interessant: Der Leser lernt, die buddhistischen Ansichten besser einzuordnen. In westlichen Ländern ist der Buddhismus ja als eine der Weltreligionen bekannt, dennoch unterscheidet er sich stark von den anderen. Missionieren scheint dort fremd zu sein, es gibt auch keinen solche Gott-Bezug wie vielfach vorhanden. Zitat: "Im Buddhismus geht es nicht darum, andere Menschen zu bekehren. Es geht darum ihnen Werkzeuge an die Hand zu geben, mit denen sie ihr Glück mehren können."

"Die Katze des Dalai Lama" bringt auf jeden Fall gemütliche Lesestunden mit sich und zeigt uns, was wir von Katzen und dem Buddhismus vielleicht noch alles lernen können.