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Veröffentlicht am 14.07.2019

Das Leben des Gringos

Gringo
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„Gringo“ – Eine globale Geschichte – von Franz Josef Brüseke ist die außergewöhnliche Geschichte eines Mannes auf der Suche nach seiner Herkunft. Große Spannung und abwechslungsreiche Abenteuer verspricht ...

„Gringo“ – Eine globale Geschichte – von Franz Josef Brüseke ist die außergewöhnliche Geschichte eines Mannes auf der Suche nach seiner Herkunft. Große Spannung und abwechslungsreiche Abenteuer verspricht die Buchbeschreibung.

Das Buch besteht aus zwei Teilen, „Der verlorene Sohn“ und „Der alte weiße Mann“. Es beginnt damit, dass Georg die Hilfe des Psychologen Dr. Berg in Anspruch nimmt. Ungewöhnlich für Dr. Berg ist, dass die Sitzungen fast ausschließlich von Georgs Erzählungen bestimmt sind. Mich hat sehr beeindruckt, dass der Psychologe sich über lange Zeit als guter und geduldiger Zuhörer beweist.

Die Sitzungen nahmen einen sehr großen Raum ein. Nicht, dass es uninteressant gewesen wäre, Georg, dem Gringo, zuzuhören, aber ich konnte mir zunächst gar keinen Reim darauf machen, worauf das Ganze hinausläuft.

Ein Karton mit Dokumenten und Fotos war alles, was Georg bei der Suche nach seinem Vater in der Hand hatte. Gemeinsam mit Dr. Berg wollte er sich auf Spurensuche begeben, um etwas über das Leben seines Vaters zu erfahren.

Hat mich er erste Teil schon sehr beeindruckt mit allem, was der Gringo über Gott und die Welt mit seiner ganz eigenen Ansicht auf viele Dinge zu erzählen wusste, so hat mich der zweite Teil außerordentlich fasziniert und die Art, nochmals viel Persönliches aus Georgs Leben zu erfahren, hat mich mitgerissen und begeistert.

Ein sehr lebendiger Schreibstil mit vielen interessanten und wissenswerten Details aus Georgs Gefühlswelt hat mir viele tolle Lesestunden bereitet. Besonders haben mir Georgs Wortspielereien und seine Erklärungen bei unterschiedlichen Vergleichen zu vielen Themen gefallen. Rückblickend sind mir die anfangs sehr lang erschienenen Monologe Georgs sehr wichtig geworden, weil dadurch und durch den Rückblick auf sein Leben die Geschichte zu einem kompletten Ganzen geworden ist.

Ein beeindruckendes Buch mit vielen spannenden und berührenden Momenten, das ich gern weiterempfehle.

Veröffentlicht am 07.03.2019

Karl in einer nicht immer märchenhaften Welt

Wie ich einer Schlange die Ohren abschwatzte
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„Ich habe mich schon lange gefragt, wer Dornröschen wachgeküsst hat…“
Wer sich diese Frage ebenfalls stellt, sollte an diesem Buch von Frerich Pohl nicht vorbeigehen. Dabei ist es nicht das Cover in der ...

„Ich habe mich schon lange gefragt, wer Dornröschen wachgeküsst hat…“
Wer sich diese Frage ebenfalls stellt, sollte an diesem Buch von Frerich Pohl nicht vorbeigehen. Dabei ist es nicht das Cover in der giftgrünen Farbe mit der Schlange, das meine Neugier geweckt hat, sondern dieser Teil seiner Buchbeschreibung: „Das Märchen von Dornröschen ist allgemein bekannt. Was aber während ihres hundertjährigen Schlafes geschah und wer sie wachküsste, nicht.“
Die Geschichte beginnt nicht gerade märchenhaft schön, auch wenn es der Name des Waisenheims der „Liebenden Brüder“, in dem Karl aufwächst, verspricht. Doch Karl wird von seinem Vater aus dem Heim herausgeholt und das abenteuerliche Leben beginnt, zunächst in einem verwunschen wirkenden Wald, in den sich kaum jemand traut, weil Vieles dort nicht mit rechten Dingen zugeht. Karl hält es aber nicht lange an einem Ort. Oft ist er unterwegs, kommt in ein Dorf, an einen Strand, von dort auf eine geheimnisvolle Insel, in eine Stadt, aus der es scheinbar kein Entrinnen gibt …
Er erlebt die abenteuerlichsten Dinge, begegnet seinem Bruder, machthungrigen Fürsten, einem fresssüchtigen Bürgermeister, brutalen Schlägertypen, aber auch märchenhaften Gestalten wie einem Zwerg mit besonderen Fähigkeiten, Gestalten aus früheren Märchen – und einer Schlange mit Ohren, die Karl gern dem rechtmäßigen Eigentümer zurückbringen möchte.
Auch wenn es sich bei dem Buch um einen „Wälzer“ mit über 500 Seiten handelt, lässt es sich leicht und flüssig lesen und ist sehr abwechslungsreich geschrieben. Es gibt bezaubernd märchenhafte, dann wieder brutale Horrorszenen, mal ist Karl glücklich und dann wieder findet er sich als Gefangener in einem Verlies.
Das Buch ist in mehrere Abschnitte eingeteilt, die sehr unterschiedlich lang sind. Sehr gut hat mir der Prolog gefallen, in dem ein Mann an einem Tisch in seiner Hütte sitzt mit leeren Blättern Papier vor sich und einer Feder in der Hand. Er möchte die Geschichte, die er schon so häufig erzählt hat, aufschreiben. Im Epilog sind die Blätter beschriftet und der alte Mann legt die Feder beiseite.
Eine spannende Geschichte mit vielen märchenhaften Elementen – für Erwachsene.

Veröffentlicht am 28.02.2019

Gänsehaut pur!

Liebes Kind
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Eine einsame Hütte, versteckt im Wald, die Fenster vernagelt, die Tür immer abgeschlossen, Luft gibt es durch einen Zirkulationsapparat. Hier versorgt ein Mann seine zwei Kinder mit Lebensmitteln ...

Eine einsame Hütte, versteckt im Wald, die Fenster vernagelt, die Tür immer abgeschlossen, Luft gibt es durch einen Zirkulationsapparat. Hier versorgt ein Mann seine zwei Kinder mit Lebensmitteln und er sorgt dafür, dass sie immer eine Mutter haben. Lernen, Essen, Toilettengänge: Alles folgt einem strengen Zeitplan. Jahr für Jahr! Dann gelingt ihnen die Flucht. Doch damit ist das Grauen noch lange nicht vorbei.
Das Buch beginnt mit einem Zeitungsartikel, in dem vom Verschwinden der 23-jährigen Lena Beck berichtet wird. Abwechselnd erzählen dann die 13-jährige Hannah, Lena und Matthias Beck, ihr Vater. Es ist unfassbar, mit welcher Präzision gerade Hannah aus ihrem Leben erzählt. Dadurch hat die Autorin das Asperger-Syndrom sehr deutlich beschrieben. Matthias Beck vermisst auch nach 14 Jahren seine Tochter wie am ersten Tag. Er will endlich Klarheit und versucht das auf seine eigene Art. Und Lena?
Schon das Cover – obwohl so einfach gestaltet – lässt schreckliche Gefühle aufkommen. Die Geschichte, die dort beginnt, wo das Grauen am schlimmsten zu sein scheint, bleibt auch im weiteren Verlauf gleichbleibend spannend. Und immer bleibt ein beklemmendes Gefühl. Wie sollen die Kinder, wie soll die Mutter in der Welt da draußen jemals wieder klarkommen? Und wie soll ihre Psyche gesunden?
Ein Thriller zum „In-einem-Rutsch-Lesen“, weil die gleichbleibende Spannung kaum Gelegenheit bietet, das Buch zur Seite zu legen. Ein Wahnsinns-Thriller-Debüt!

Veröffentlicht am 23.02.2019

Zwischen Traum und Wirklichkeit

Valerie und die Woche der Wunder
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Neugierig gemacht auf Valeries Geschichte hat mich der Hinweis darauf, dass es ein „Poetistischer Schauerroman“ aus der Tschechoslowakei ist. Geschrieben von Vítězslav Nezval 1935, hat Ondřej Cikán den ...

Neugierig gemacht auf Valeries Geschichte hat mich der Hinweis darauf, dass es ein „Poetistischer Schauerroman“ aus der Tschechoslowakei ist. Geschrieben von Vítězslav Nezval 1935, hat Ondřej Cikán den Roman übersetzt. Erschienen ist er im Verlag Kētos, der sich auf poetische Abenteuerromane spezialisiert.

Meine Neugier für ein mir unbekanntes Genre wurde belohnt mit einer Geschichte, deren Schreibstil schaurig-schön, unheimlich, gruselig, liebevoll und dabei immer poetisch ist. Eine faszinierende Mischung, die es sich lohnt kennenzulernen!

Jeden Tag der Woche erlebt Valerie ein Wunder, lernt dabei den gleichaltrigen Orlik kennen, der ganz besondere Gefühle in ihr weckt, und sie erkennt völlig neue Seiten an ihrer Großmutter. Ein ungeheuerlicher Missionar begegnet ihr – und wer oder was verbirgt sich eigentlich hinter dem „Ratz“? Bis zum Ende hin bleibt die Geschichte spannend. Das letzte Kapitel ist märchenhaft und es schließt ab mit einem zauberhaften Gedicht.

Ebenso mysteriös und wie verschleiert wirken die Illustrationen, die die Fantasie beflügeln und zum Träumen anregen!

Einige Begriffe werden in der Originalsprache belassen und durch Fußnoten gut erklärt.
Im Anschluss gibt es auf etwa 30 Seiten viele Informationen nicht nur über Poetismus und Surrealismus, sondern auch Biografisches über den Autor und Hinweise auf weitere seiner Werke, Erklärungen zu vielen Passagen des Romans und Vieles mehr.
Wer sich einlassen mag auf Neues, wird Wunder erleben!

Veröffentlicht am 30.10.2018

Martha wie Paula sie sieht

Hemingway und ich
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Paula McLain schreibt ihre eigene Geschichte über die Schriftstellerin und Journalistin Martha Gellhorn, die dritte Ehefrau des Schriftstellers Ernest Hemingway. Sie umfasst dabei eine Zeitspanne von 1936 ...

Paula McLain schreibt ihre eigene Geschichte über die Schriftstellerin und Journalistin Martha Gellhorn, die dritte Ehefrau des Schriftstellers Ernest Hemingway. Sie umfasst dabei eine Zeitspanne von 1936 bis 1945. Nach guter Recherche ist es der Autorin außerordentlich gut gelungen, Fakten und Fiktion miteinander zu verbinden. Die Protagonisten Martha und Ernest werden lebendig und realitätsnah dargestellt, dazu kommt Martha als Ich-Erzählerin, wodurch es manchmal schwer fällt daran zu denken, dass es sich hier um einen Roman handelt und nicht alles so gewesen ist, wie es dargestellt wird, aber durchaus so hätte sein können.
Schon als Kind spürte Martha den Drang nach Freiheit – ein kleiner Gruß an die Mutter und dann nichts wie hinaus in die weite Welt! Ein Anfang war gemacht, auch wenn sie am Abend schon wieder zu Hause war.
Martha war 28, als sie zufällig Hemingway begegnete. Sein Bild auf einem Zeitungsausschnitt trug sie schon lange bei sich. Was zunächst freundschaftlich begann – Martha mochte auch Hemingways Frau Pauline und deren zwei Kinder – entwickelte sich bald in eine andere Richtung.
Im Bürgerkrieg in Spanien trafen sie sich – Ernest wollte den Spaniern mit einer Filmdokumentation helfen, Martha war als Kriegsberichterstatterin unterwegs – und nach kurzem Sträuben beim Gedanken an Ernests Frau und Kinder hatten beide ihre Gefühle nicht mehr unter Kontrolle und das Herz siegte über den Verstand.
Martha war in Kriegsgebieten in aller Welt unterwegs und oft waren es Einzelschicksale unschuldiger Menschen, die sie besonders bewegten und die sie zum Inhalt ihrer Berichte machte.
Als Schriftstellerin war sie nicht so erfolgreich wie Ernest, der mit dem Roman „Wem die Stunde schlägt“ einen Welterfolg feiern konnte. Sie fühlte sich ihm in ihrer Arbeit immer unterlegen und es gelang ihr nicht, aus seinem Schatten herauszutreten.
In vielen Dingen waren sich Martha und Ernest sehr ähnlich, hatten beide ihren eigenen Kopf, wenn es um die Verwirklichung ihrer Pläne oder um das Leben an sich ging. Das Ende ihrer Ehe war lange in Sicht, allerdings hätte ich mir einen weniger schmutzigen Ausgang gewünscht.
Was mir besonders gefallen hat:
Es ist ein bewegender Roman, der den Unterschied zwischen Realität und Fiktion manchmal vergessen lässt.
Ganz besonders durch die Erzählungen aus den verschiedenen Kriegs- und Krisengebieten wird zusätzlich zu einer unterhaltsamen Geschichte spannendes Wissen vermittelt.

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