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Veröffentlicht am 03.03.2019

Packendes Zeitzeugnis deutsch-deutscher Geschichte

Was uns erinnern lässt
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Die für mich noch unbekannte Autorin Kati Naumann hat einen Roman geschrieben, der mich tagelang sehr beschäftigt hat. Er erzählt die Geschichte einer Familie im deutsch-deutschen Grenzgebiet. Ein Leben ...

Die für mich noch unbekannte Autorin Kati Naumann hat einen Roman geschrieben, der mich tagelang sehr beschäftigt hat. Er erzählt die Geschichte einer Familie im deutsch-deutschen Grenzgebiet. Ein Leben zwischen Stacheldrahtzäunen. Für mich als Österreicherin ein unvorstellbares Gefühl und ein Thema, das für mich Neuland ist. Umso beeindruckter war ich von der Erzählkunst der Autorin, bei der die Liebe zu diesem Ort und der Natur, besonders dem Wald, durch jede Zeile zu spüren ist.

In einem der zwei Erzählstränge wird die Geschichte der (fiktiven) Familie Dressel erzählt, die von 1945 bis 1977 in dieser Sperrzone lebte. Seit der Teilung Deutschlands liegt das Hotel Waldeshöh am Rennsteig im Thüringer Wald im Grenzgebiet. Gut betuchte Hotelgäste, anschließend ein sicherer Unterschlupf für Kinder aus der Stadt, die während des Zweiten Weltkrieges aufs Land geschickt wurden - Wanderstation und schließlich ab 1945 nur mehr die Familienunterkunft der Dressel - das alles stand für das Hotel Waldeshöh. Danach durfte niemand mehr ohne Passierschein hinaus oder hinein. Kein Wanderer verirrt sich mehr in die Gegend, der Schulweg ist mühsam und doch gibt die Familie nicht auf. Sie stellen sich allen Anfeindungen des Regimes und wollen ihre Heimat nicht verlassen.

Im Jahr 2017 stößt die alleinerziehende Mutter Milla bei ihrer Suche nach "Lost Places" auf den Keller des ehemaligen Hotels Waldeshöh. Zuerst ist sie begeistert endlich als Erste auf einen "Lost Place" (vergessene Orte) zu stoßen und ihren Instagram Account noch populärer zu machen. Im unzerstörten Keller findet sie Schulhefte und noch selbst hergestellte Marmelade und behält ihren Fund noch für sich. Milla versucht diese Christine Dressel, deren Namen auf dem Heft steht, zu finden, um noch mehr über diesen unterirdischen Schatz zu erfahren. Bald ist sie mitten drinnen in einer unglaublichen Familiengeschichte, denn Christine erzählt ihr von ihren Vorfahren der Hoteldynastie in der Zeit vor und nach dem Zweiten Weltkrieg und vom Leben im "Nirgendwo"....dem Sperrgebiet zwischen den Grenzen und schließlich ihrer Zwangsaussiedlung.

Kati Naumann - diesen Namen muss ich mir merken, denn ihr nächstes Buch werde ich definitv lesen! Was sie hier an privaten Erinnerungen und Recherchen mit Zeitzeugen erzählt, die sie in die fiktive Handlung miteingewoben hat, ist ein grandioses Zeitzeugnis. Beide Handlungsstränge bauen logisch aufeinander auf und auch wenn ich anfangs mit Milla nicht so recht warm geworden bin, änderte sich das im Laufe der Geschichte. Die Charaktere sind bis in die kleinsten Nebenfiguren liebevoll gezeichnet und wunderbar authentisch. Vorallem die Frauen aus dem Vergangenheitsstrang sind starke Persönlichkeiten. Besonders ans Herz gewachsen ist mir die optimistische Johanna, die noch aus jeder noch so aussichtlosen Situation etwas Positives gewinnen konnte. Die mondäne Marie oder die aufmüpfige Elvira stehen den männlichen Protagonisten in nichts nach - im Gegenteil...sie sind unerschütterlich und stark.

Dieser Roman um Zwangsumsiedlung und ein Leben in einem Sperrgebiet, wo die Menschen besonders überwacht und schikaniert wurden, hat mich gefesselt. Die Schikanen des Regimes und die Repressalien, denen die Familie ausgesetzt wurde, machten mich sprachlos. Es ist ein Blick hinter den Zaun in die ehemalige DDR und ihre Machenschaften. Die Erzählung hat mich mitgenommen und die Bedeutung meiner eigenen Heimat vor Augen geführt.

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist packend, gefühlvoll und bildhaft. Ich war mit ihr im Wald und in der Sperrzone, im versteckten Keller und in der grauen Industriestadt. Kati Naumann erzählt wunderbar atmosphärisch und hat hervorragend recherchiert. Was ich in meinem Vorabexemplar vermisst habe, ist ein Stammbaum der Familie und ich hoffe, dass sich dieser im Hardcover befinden wird, das am 1. März erscheint.

Fazit:
Ein Roman über die Bedeutung von Heimat und ein packendes Zeitzeugnis deutsch-deutscher Geschichte. Wunderbar erzählt, einfühlsam beschrieben und vorallem ohne zu verurteilen. Wieder ein Roman, der mich einiges gelehrt hat und sicherlich noch lange in Erinnerung bleibt. Von mir gibt es 5 Sterne, den Lieblingsbuch-Status und eine absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 16.02.2019

Eine Dilogie, die ich nur empfehlen kann!

Von Hoffnung getragen
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Hier sollte man auf jeden Fall den ersten Band zuerst lesen!

Auch den zweiten Band der Dilogie um die Vertreibung der Deutschrussen habe ich gemeinsam mit Andrea vom Blog Leseblick gelesen.
Bereits der ...

Hier sollte man auf jeden Fall den ersten Band zuerst lesen!

Auch den zweiten Band der Dilogie um die Vertreibung der Deutschrussen habe ich gemeinsam mit Andrea vom Blog Leseblick gelesen.
Bereits der erste Band "Wie Gräser im Wind" war für uns ein richtiges Lese-Highlight. Das Thema der Zwangsumsiedlung hat uns beide mitgenommen und uns für weitere Bücher zu diesem Thema entflammt. Zuerst aber haben wir den zweiten Band der Familiensaga gemeinsam gelesen. Dieser schließt nahtlos an den ersten an. Im Mittelpunkt stehen diesmal jedoch die Kinder der Familien Scholz und Pfeiffer, Yvo und Harri.

Harri ist gerade erst 16 Jahre alt geworden, als er in die Trudarmee einberufen wird. In diesem Zwangsarbeitslager, für Deutschrussen in Tscheljabinsk, steht er täglich vor einem Überlebenskampf. Selbst die ganz jungen Burschen müssen körperliche sehr schwere Arbeit leisten. Geschont wird niemand und so ist die Sterbensrate im Lager hoch. Doch Harri versucht alles, um zu überleben.
Yvo und ihre Mutter entkommen anfangs noch dem Arbeitslager und machen sich später ebenfalls nach Tscheljabinsk auf, um nach Erich zu suchen. Dort kreuzen sich auch die Wege von Harri und Yvo...

Die Deutschrussen stehen nicht erst seit ihrer Vertreibung (Band 1) ohne Heimat da. Kaum sind sie umgesiedelt, werden sie wiederum abgeschoben bis die meisten in Arbeitslagern enden. Dort herrscht kein unwesentliche Unterschied zu den Arbeitslagern der Nazis. Zerrissen zwischen zwei Ländern, die sich im Krieg als Feinde gegenüberstehen, stellen sich die Deutschrussen immer wieder die Frage, wohin sie nun eigentlich gehören.

Trotz laufender Rückschläge, Verluste und erloschener Zukunfsträume geben auch Harri und Yvo nicht auf. Sie verlieren nie den Mut und die Hoffnung. Dies ist auch das zentrale Thema in diesem zweiten Teil, der mir genauso zu Herzen ging, der aber ein bisschen Zuversicht widerspiegelt. Trotzdem war ich erschüttert, dass sich nach dem Ende des Krieges für die deutschstämmigen Russen kaum etwas ändert. Die Lager werden aufgelassen, doch die Zukunft sieht alles andere als rosig aus. Sowohl Harri, als auch Yvo werden ihre Berufswünsche "von oben" verweigert.

Die Lebensgeschichte ihrer Großeltern hat Ella Zeiss stellvertretend für die vielen deutschstämmigen Russen, die in Arbeitslagern unter unmenschlichen Bedingungen zu Tode gekommen sind, geschrieben. Leider dringen diese Schicksale kaum an die Öffentlichkeit. Wir lesen immer wieder nur über die Verbrechen der Deutschen, aber im Krieg - egal wo und wann, früher oder heute - sind Grausamkeiten allgegenwärtig....in jedem Land! Leider lernt der Mensch nicht aus seinen Fehlern...

Die beiden Bücher werden im Moment neu aufgelegt und ich kann nur jeden empfehlen diese Geschichte zu lesen.

Schreibstil:
Wie schon im ersten Band habe ich mit den Figuren mitgelitten und mitgebangt, war traurig, voller Hoffnung oder wütend. Ella Zeiss hat sehr intensiv und mit viel Empathie die Schicksale ihrer Vorfahren beschrieben. Sie klagt dabei nicht an, sondern zeigt vorallem den Mut und den Lebenswillen ihrer Figuren auf.
Es wird abwechselnd aus der Sicht von Harri oder Yvo erzählt. Die Orts- und Zeitangaben erleichtern dem Leser die zeitliche Abfolge und wem wir gerade folgen.

Fazit:
Eine Dilogie, die ich jeden empfehlen kann und die viel mehr Beachtung finden sollte. Das Schicksal der deutschstämmigen Russen, die ausgesiedelt wurden und in Arbeitslagern zu Tausenden umgekommen sind, sollte viel mehr Aufmerksamkeit finden und nicht in Vergessenheit geraten. Die Autorin hat das Schicksal ihrer Großeletern in ihren Büchern lebendig und voller Empathie erzählt. Auch hier gibt es wieder eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 08.02.2019

Lebe deinen Traum

Bis sich unsere Wege wieder kreuzen
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Vor etwas mehr als einem Jahr habe ich den Debütroman "Für Elise" von Verena Maria Kalmann gelesen. Das Buch hat den "Lieblingsbuch-Status" erhalten und war eines meiner Highlights des Jahres. Ihr neuer ...

Vor etwas mehr als einem Jahr habe ich den Debütroman "Für Elise" von Verena Maria Kalmann gelesen. Das Buch hat den "Lieblingsbuch-Status" erhalten und war eines meiner Highlights des Jahres. Ihr neuer Roman ist diesmal keine Familiensaga auf zwei Zeitebenen, sondern ein Liebesroman, der bei mir eine wahre Gefühlsachterbahn ausgelöst hat.

Die 19jährige Susanna ist 1997 in Rom als Au-Pair tätig. Wegen eines dringenden Anrufes ihres Zwillingsbruder Laurenz kehrt sie frühzeitig nach Bonn zurück. Im Zug lernt sie Signora Anna, eine nette alte Dame, und den jungen Studenten Emilio kennen. Susanna und Emilio verstehen sich auf Anhieb. Er ist jedoch auf dem Weg zu seiner Verlobten Chiara. Im Zug vergisst er seinen Lieblingsroman "I promessi Sposi" (Die Verlobten von Alessandro Manzoni), mit einer handschriftlichen Botschaft seines verstorbenen Vaters. Susanna nimmt das Buch an sich. Als sie in Bonn ankommt, erwartet sie die schlimme Nachricht, dass ihr Bruder Laurenz schwer erkrankt ist.
Zehn Jahre später ist Susanna nur mehr ein Schatten ihrer selbst. Ihre Ehe ist eine Katastrophe, ihre eigenen Wünsche und beruflichen Pläne bleiben komplett auf der Strecke und die pflegebedürftige Schwiegermutter macht ihr das Leben zur Hölle. Nur in einsamen Momenten denkt sie manchmal an Italien, an die Zugfahrt und blättert im Roman, den Emilio damals vergessen hat.....

Ich war von Beginn an mitten in der Geschichte und litt mit Susanna mit. Während des Lesens glichen meine Gefühle einer Achterbahnfahrt. Es passiert nicht oft, dass mich ein Roman völlig fertig macht, aber Verena Maria Kalmann hat es geschafft. Susanna ist eine junge Frau, die in ihrem Leben sehr viel verloren und nie gelernt hat, ihre eigenen Wünsche an erster Stelle zu stellen. Sie ist zu gutmütig und möchte es allen und jedem recht machen....und verliert sich dabei selbst. Am liebsten hätte ich sie geschüttelt und ihr gesagt, dass sie ihr Leben wieder in die Hand nehmen und sich nicht weiter schikanieren lassen soll. Nur die Briefe ihres Bruder, die er für Susanna geschrieben hat und die sie während besonders glücklichen oder schwierigen Momenten ihres Lebens öffnen darf, sollen ihr Mut und Trost schenken.

Mich machte es wütend, wie sich Susanna behandeln ließ und wie andere Menschen sich ihr gegenüber verhielten. Mich machte es traurig, wie einsam sie sich fühlte und mich machte es nachdenklich und fragte mich selbst: "Führe ich genau so ein Leben, wie ich es mir damals vor zehn oder zwanzig Jahren vorgestellt hatte? Oder ist alles anders gekommen?"
Als Emilio plötzlich in Bonn auftaucht, weil er für ein halbes Jahr eine Dozentenstelle angenommen hat, laufen sich die Beiden tatsächlich über den Weg. Nun wäre die Zeit für Susanna gekommen, endlich zu handeln. Doch hat Susanna den Mut dazu?

Dieser Roman hat mich tief bewegt. Verena Maria Kalmanns besitzt die Kunst Emotionen in ihren Romanen zu vermitteln, wie es nur wenige Autorinnen beherrschen. Trotzdem hat mir ihr Debüt "Für Elise" noch eine Spur besser gefallen.

Schreibstil:
Wir begleiten Susanna und Emilio zwanzig lange Jahre. Abwechselnd liest man aus ihrer oder aus seiner Sicht, sodass die Handlung noch authentischer wirkt. Verena Maria Kalman schreibt sehr emotional, bildreich und der Roman lässt sich trotz vieler Schicksalsschläge seiner Protagonistin wunderbar lesen. Die Charaktere wurden sehr lebendig dargestellt, aber die große Stärke der Autorin liegt bei ihrer emotionalen Art zu schreiben. Das schafft nur selten eine Autorin.

Die Papageienart, "Lovebirds" (auf deutsch: Unzertrennlichen) genannt, die am Cover des Romans abgebildet sind, spielen auch im Roman eine wichtige Rolle.

Fazit:
Ein sehr emotionaler und berührender Roman, der nie ins Kitschige abgleitet und der aufzeigen möchte, dass man sein Leben selbst in die Hand nehmen soll. Irgendwie muss ich immer an den Satz "Lebe deinen Traum" denken, der einem Mut geben soll, die Dinge in die Hand zu nehmen und Chancen zu ergreifen. Von mir gibt es eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 25.01.2019

Grandiose Fortsetzung

Gut Greifenau - Nachtfeuer
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"Nachtfeuer" ist der zweite Band rund um das Gut Greifenau, der Adelsfamilie von Auwitz-Aaarhayn und dessen Dienstboten. Die Geschichte schließt nahtlos an "Abendglanz", dem ersten Buch der Reihe an.

Wir ...

"Nachtfeuer" ist der zweite Band rund um das Gut Greifenau, der Adelsfamilie von Auwitz-Aaarhayn und dessen Dienstboten. Die Geschichte schließt nahtlos an "Abendglanz", dem ersten Buch der Reihe an.

Wir schreiben das Jahr 1914 und beide Grafensöhne erhalten ihre Einberufung. Die Hoffnung, dass der Krieg bis Weihnachten endet, erweist sich bald als großer Irrtum. Während die Grafenfamilie versucht ihr gewohntes Leben weiterzuleben, gestaltet sich der Alltag der Bediensteten und der Dorfbevölkerung immer schwieriger. Laufend werden mehr Männer eingezogen und es fehlt an Arbeitskräften. Bald ist das Gut hoch verschuldet, doch das Grafenpaar lebt weiterhin in Saus und Braus. Besonders Feodora begegnet der normalen Bevölkerung mit einer Arroganz, die einem nur den Kopf schütteln lässt. Die verspätete Lieferung ihres Springbrunnens für die Orangerie wegen dringend benötigter Züge für Soldatentransporte, bringt sie zum Toben. Ebenso hält sie an ihrem Ziel Katharina mit Ludwig von Preußen zu verheiraten fest. Auch im späteren Verlauf des Krieges gehört ihre einzige Sorge der Zarenfamilie und ihren adeligen russischen Freunden. Adolphis hingegen sucht noch immer außerhäuslich nach seinem Vergnügen, was ihm bald zum Verhängnis wird. Konstantin erlebt das Kriegsgeschehen hautnah an der Front und Katharina versucht mit aller Macht die Pläne zur Verheiratung mit Ludwig von Preußen zu vereiteln. Sie entwickelt sich enorm weiter, wird langsam erwachsen und entdeckt neue Fähigkeiten an sich. Gemeinsam mit der Dorflehrerin Rebecca Kurscheidt versucht sie den Kindern des Dorfes etwas von der Härte des Krieges zu nehmen. Anastasia hingegen zeigt in diesem Band ihre menschenverachtende Seite und eine Kälte gegenüber der Unterschicht, als auch gegen ihren eigenen Bruder, dass es beim Lesen schmerzt und Alexander hat endlich ein Ziel vor Augen.
Mehr möchte ich gar nicht verraten, denn kaum hat man die ersten Seiten gelesen, ist man sofort wieder im Sog dieser wunderbaren Reihe.

Hanna Caspian hat auch in ihrem zweiten Teil rund um das Gut Greifenau die Atmosphäre dieser Zeit grandios eingefangen. Sie verbindet geschickt historische Fakten mit Fiktion. In ihrer Reihe stehen nicht ein bis zwei Charaktere im Vordergrund, sondern wir fiebern mit den Grafenkindern Konstantin und Katharina genauso mit, wie mit Dienstmädchen Clara und Kutscher Albert. Abwechselnd und aus verschiedenen Perspektiven erzählt die Autorin vom alltäglichen Leben, den Sorgen und Nöten während des ersten Weltkrieges, aber auch von Intrigen und politischem Kalkül. Obwohl ich bereits einige Bücher mit dem Hintergrund zum Sturz des Zaren gelesen habe, war ich überrascht über die Information betreffend der Finanzierung der Bolschewiki und der Forcierung der Revolution aus deutscher Hand. Die russische Revolution spielt ebenso eine große Rolle, wie Albert Sonntags Suche nach seinen familiären Wurzeln.

Ich habe auch im zweiten Teil mit allen Charakteren mitgelitten und mitgefiebert, einige gehasst und für andere gehofft.... Leider schaffen es nicht alle in den dritten Teil und ein fieser Cliffhanger hat mich ganz am Ende des Romans sprachlos gemacht. Ich hoffe und bange, dass wir an dieser Stelle nicht noch von einem weiteren liebenswürdigen Charakter Abschied nehmen müssen...

Fazit:
Diese Reihe ist ein absolutes Highlight! Band 2 fesselt fast noch mehr, als der erste Teil und ist genauso vielschichtig und dramatisch. Ich habe das Buch in einem Rutsch gelesen und fiebere nun dem dritten und letzten Band der Trilogie entgegen, der am 1. März erscheinen wird. Eine uneingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 09.01.2019

Spannender Auftakt

Gut Greifenau - Abendglanz
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In der Trilogie von Hanna Caspian begeben wir uns nach Hinterpommern, das 1913 noch zu Deutschland gehörte. Hier lebt die Landgrafenfamilie von Auwitz-Aaarhayn. Als der alte Gutsherr Donatus nach einem ...

In der Trilogie von Hanna Caspian begeben wir uns nach Hinterpommern, das 1913 noch zu Deutschland gehörte. Hier lebt die Landgrafenfamilie von Auwitz-Aaarhayn. Als der alte Gutsherr Donatus nach einem Unfall stirbt, übernehmen sein Sohn Adolphis und seine Frau Feodora das Gut.
Wir begleiten in dieser Trilogie nicht nur die Herrschaft, sondern auch die Dienstboten und nehmen ebenfalls am Dorfleben teil. So bleibt der Roman immr interessant und spannend.
Das neue Oberhaupt des Gutes, Adolphis, ist jedoch ein Lebemann und ein schwacher Charakter. Er interessiert sich nicht wirklich für die Vorgänge auf Gut Greifenau und überlässt das Meiste seinem Verwalter. Sein ältester Sohn Konstantin ist das krasse Gegenteil: aufgeschlossen, modern und interessiert an den neuen technischen Errungenschaften. So möchte er unbedingt das Gut auf Vordermann bringen und den Knechten und Pächtern mit einer neuen Sämaschine die Arbeit erleichtern. Sein Vater und der alte Verwalter sind jedoch gegen seine Pläne.
Anastasia, die älteste Tochter, ist bereits verheiratet und tritt nur kurz auf, ebenso der mittlere Sohn Nikolaus, der in der Armee weilt. Alexander, der jüngste Sohn, ist ein etwas undurchschaubarer Charakter, scheint aber den Müßiggang des Vaters geerbt zu haben. Katharina, die jüngste Tochter, steht gemeinsam mit Konstantin in diesem ersten Band im Vordergrund. Gräfin Feodora sieht es als ihre große Aufgabe auch ihre Jüngste gewinnbringend zu verheiraten und hat Ludwig von Preußen, den kaiserlichen Neffen für sie ins Auge gefasst, gegen den Katharina eine tiefe Abneigung hegt.
Sowohl Konstantin, als auch Katharina, verlieben sich in nicht standesgemäße Partner. Konstantin lernt die überzeugte Sozialdemokratin und Dorflehrerin Rebecca Kurscheidt kennen und lieben und Katharina den Industriellensohn Julius Urban.
Aber nicht nur Liebesprobleme und Standesunterschiede sind hier Thema, sondern auch Geheimnisse, Probleme mit dem Gut und der politische Hintergrund im Angesicht des nahenden ersten Weltkrieges. Besonders Feodora leidet unter dem drohenden Krieg, denn sie ist russischer Abstammung und es scheint, als ob sich Deutsche und Russen bald als Feinde gegenüberstehen werden...

Die Bewerbung der Trilogie betreffend, die auf "Downton Abbey" anspielt, lässt den Leser auch an den Schicksalen der Menschen im "Untergeschoß" teilhaben. Der neue Kutscher, Albert Sonntag, der als Waise im Kinderheim aufgezogen wurde, möchte mehr über seine Abstammung wissen. Seine jahrelangen Recherchen führten ihn nach Hinterpommern. Stubenmädchen Wiebke möchte Lesen und Schreiben lernen und ihre Geschwister finden, Stallmeister Johann kämpft gegen seine Alkoholsucht und Hauslehrer Matthis gegen seine Unbeliebtheit. Die Figuren wirken alle lebensnah und sind sehr gut ausgearbeitet.
Ich fieberte mit jedem Einzelnen mit, egal ob Graf oder Dienstbote. Einzig Feodora und Ludwig von Preußen konnten meine Sympathie nicht gewinnen, aber man braucht auch Antihelden in einem Roman.

Hanna Caspian hat die Atmosphäre dieser Zeit sehr gut eingefangen. Die kommende Industrialisierung, der drohende Weltkrieg, der Kampf der Arbeiter gegen den Adel und die Probleme der Dienerschaft. Ebenso wurde mit dem fiktiven Gut Greifenau in Hinterpommern eine perfekte Kulisse geschaffen. Mit dem Beginn des Krieges am Ende des Romans wird es dramatisch und der Cliffhanger zum Schluss lässt mich schon sehr bald zum bereits erschienenen zweiten Band greifen.

Schreibstil:
Die Autorin schreibt bildhaft und lebendig. Man fliegt durch sie Seiten und der Roman lässt sich wirklich sehr angenehm lesen. Die abwechselnden Kapitel und Sichtweisen der Figuren lassen Spannung aufkommen und die Dramatik zum Ende des ersten Bandes lässt mich schon auf Band 2 hinfiebern.
Zu Beginn des Buches sind zwei Karten der Gegend und des Gutes abgebildet, sowie ein Personenregister. Am Ende gibt es ein abschließendes Nachwort der Autorin.

Fazit:
Ein fulminanter Auftakt der Trilogie rund um die Besitzer und Bediensteten von Gut Greifenau, der mich fesselte und überzeugen konnte. Für Liebhaber von Familiensagen und historischen Romanen gebe ich hiermit eine große Leseempfehlung ab!