Profilbild von SigiLovesBooks

SigiLovesBooks

Lesejury Star
offline

SigiLovesBooks ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit SigiLovesBooks über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.05.2019

Bon appétit war gestern - Ith do Leòr! - Esst reichlich!

Outlander – Das offizielle Kochbuch zur Highland-Saga
0

Theresa Carle-Sanders , Leseratte und Köchin, lädt in ihrem fantastischen Kochbuch "Outlander - Das offizielle Kochbuch zur Highland-Saga" zur lukulinarischen (Zeit)reise von Lallybrach zu Frasers Ridge ...

Theresa Carle-Sanders , Leseratte und Köchin, lädt in ihrem fantastischen Kochbuch "Outlander - Das offizielle Kochbuch zur Highland-Saga" zur lukulinarischen (Zeit)reise von Lallybrach zu Frasers Ridge und wieder zurück ein.

Erschienen ist das 340 Seiten starke, fantastisch bebilderte bzw. fotografierte und dennoch sagenhaft handliche und wundervoll mit Fotos und Texten sowie Zusatzinformationen aus den Büchern von Diana Gabaldon gestaltete Kochbuch im ZAUBERFEDER Verlag, Braunschweig (2017). An dieser Stelle möchte ich die komplette Reihe dieser außergewöhnlichen (und sehr gut nachzukochender!) Kochbücher von Zauberfeder mehr als empfehlen! So bin ich auch vom "Ritter-Kochbuch" und dem "Gladiatoren-Kochbuch" mehr als begeistert; dies ist auch hier der Fall:

Nach dem Vorwort der Autorin und einer Einleitung begibt sich der kochwillige Zeitreisende in die Speisekammer, die als Portal dient: Hier werden Utensilien, Glossar und Techniken wie Blanchieren und Temperieren hervorragend erklärt. Die Inhaltsangabe gliedert die outlander-Küche; sie beginnt mit Grundrezepten, geht zum Frühstück über; folgt mit Suppen und Appetitanregern bis hin zu Rezepten mit Rind (Bsp. 'Briannas Pastetchen), Geflügel (Claires Brathähnchen z.B.); Schwein(Schottische Eier ;); Lamm (Shepard's Pie) über Wild bis hin zu Fisch/ Meeresfrüchte (Fisch-Pie bei den Lillingtons z.B.). Danach wird es vegetarisch und Kap. 12 umfasst Pizza und Pasta - es ist also für jeden Zeitreise-Geschmack etwas dabei ;)

Beilagen widmet sich die Autorin ebenfalls, da diese auch in der schottischen Küche nicht fehlen. Brot und Gebäck (z.B. Fionas Zimtscones, ein Gedicht!!) ; Süsses und Desserts (wie das Shortbread der MacKenzies); Drinks und Cocktails folgen - und das letzte Kapitel voll herrlicher Rezepte geht ans " Eingemachte" - z.B. Erdbeermarmelade à la Fraser).

Die geniale Verbindung der jeweiligen Rezepte mit passenden Textpassagen aus den Büchern von Diana Gabaldon um Claire und Jamie sowie die Landschaftseindrücke und liebevoll gestalteten Fotos der Rezeptideen (allesamt gut erklärt und nachkochbar!) dürften für jeden Fan der Serie ein kultiges Highlight darstellen - sie sind einfach zauberhaft und grandios!

Fazit:

In handlichem und wunderschönem outfit mit haptischem Titel und zwei Lesebändchen ist dieses herrliche Kochbuch aus dem Zauberfeder-Verlag ein absoluter Leckerbissen für Fans von Diana Gabaldons Highland Saga, das auch mit einigen Klassikern der schottischen Küche - in moderne Form gebracht - aufwartet, die mit passenden Buchtexten unterlegt, tollen Fotos versehen und sehr gut erklärten Rezepten garniert ist. Die Eindrücke schottischer Landschaften, des berühmten Hochland-Rindes und des Edinburgh Castle ganz vorne im Buch setzen für mich noch das "Sahnehäubchen" drauf, um in die typisch schottische Küche einzutauchen. Liebevoll arrangiert und gut nachkochbar - mehr als ein Kochbuch: Ein großes Vergnügen, aus diesem Buch etwas auf die Tafel zu "zaubern"! Ich empfehle es sehr gerne weiter und vergebe 5* und die volle Punktezahl am Firmament der Kochbücher: Great!!

Veröffentlicht am 06.03.2019

Das dunkle Geheimnis alter Briefe....

Das Haus der Verlassenen
0

"Das Haus der Verlassenen" von Emily Gunnis ist im Heyne-Verlag (HC, gebunden; 2019) erschienen. Es handelt sich um den Debutroman einer englischen Autorin (Originaltitel: The Girl in the Letter), die ...

"Das Haus der Verlassenen" von Emily Gunnis ist im Heyne-Verlag (HC, gebunden; 2019) erschienen. Es handelt sich um den Debutroman einer englischen Autorin (Originaltitel: The Girl in the Letter), die ich mir sehr gerne merke, da mich dieser Roman sehr berührt hat. Übersetzt vom Englischen ins Deutsche wurde er von Carola Fischer.


Sussex, 1956.

Im Prolog kommt Ivy zu Wort: Eine verzweifelte junge Frau, die - schwanger und unverheiratet, daher gegen die damaligen Moralvorstellungen der Gesellschaft verstoßend - entführt den Leser in eine düstere Welt der späten 50er Jahre nach St. Margaret's, einem Heim für ledige Mütter. Für sich selbst sieht Ivy keine Zukunft mehr, aber Elvira, ein 8jähriges Mädchen, will sie retten, ihr die Flucht ermöglichen...

60 Jahre später, 2017:

Sam , alleinerziehend, eine Journalistin, findet bei ihrer Großmutter, die ihre Tochter oft betreut, während sie arbeitet, durch Zufall einen Brief von Ivy, der an den Vater ihres Kindes gerichtet ist und ihn anfleht, sie abzuholen aus St. Margaret's... Auf Nachfrage Sam's zögert die Großmutter (Nana), weist jedoch darauf hin, dass sich auf dem Dachboden noch mehr Briefe Ivy's finden, die sich wohl im Nachlass des Großvaters, seines Zeichens Antiquitätenhändler und vor 2 Jahren verstorben, befunden haben. Wie sind die Briefe dort hin gekommen? Was hat Ivy mit ihrer eigenen Familie zu tun? Um diese Recherche, die in dunkle Abgründe führt, die auch den Leser nicht unberührt lassen, geht es in diesem gefühlvoll und spannend geschriebenen Roman von Emily Gunnis.

"Die 50er Jahre waren keine gute Zeit für unverheiratete Mütter", so die Großmutter von Sam. Diese Tatsache hat sowohl mein Interesse geweckt als auch mich aufhorchen lassen: Es gibt zum einen einen spannenden Einblick in die Recherchearbeit von Sam, die hier wahrlich dunklen Geheimnissen auf der Spur ist und durch ihren journalistischen Instinkt auch auf merkwürdige Todesfälle stößt, zum anderen erlebt man die Zeit in St. Margaret's mit den jungen Frauen mit, die in einer unmenschlich harten, lieblosen Atmosphäre leben mussten, ihre Kinder gebaren - und sie zur Adoption freigeben mussten. Doch damit nicht genug, viele mussten jahrelang "angeblich" dafür arbeiten, dass sie dort ja ein Dach über dem Kopf und einen Kanten Brot zu essen hatten (oder eine dünne Suppe). Wenn ich von "Barmherzigen Schwestern" höre oder lese, stellen sich mir also nicht ganz ohne Grund die Nackenhaare angesichts dieser grausamen Behandlung und dem Missbrauch junger schwangerer Frauen, die selbst entweder Missbrauch in der Familie erleben mussten - oder selbst nichts Böses taten, die nur liebten - und dafür verachtet wurden und bestraft.

In den Roman eingebettet ist ein familiäres Drama, dessen Auflösung man mit Spannung verfolgt; um einen Kampf ums Überleben und um ein altes Herrenhaus, das möglichst bald abgerissen werden soll, um alte, unangenehme Spuren für immer zu verwischen. So fragt sich Sam, welche Rolle z.B. Pater Benjamin spielte und ob die Oberin des Grauens noch lebt?
Daneben ist sie selbst Mutter, von dem Vater Emmas, ihrer Tochter, getrennt lebend, dem harten Erfolgsdruck im Journalismus/Zeitungswesen ausgeliefert und fragt sich nicht nur einmal, ob sie eine gute Mutter ist, auch wenn Emma oft von einer Freundin oder der Großmutter betreut wird; dieses sehr aktuelle Zeitgeschehen besonders Alleinerziehender in all ihren erschöpfenden Ausmaßen wird sehr authentisch von der Autorin beschrieben, auch wenn es solche "Mutter-Kind-Heime", wie sie auch wohlwollend hießen, heute nicht mehr gibt; die letzten (besonders in Irland gab es viele, auch in England) schlossen erst Mitte der 70er Jahre ihre (höllischen) Pforten, dazu gibt die Autorin in ihren Anmerkungen viele Informationen.

Sowohl Ivy als auch Sam sind sehr sympathische, emotionale und authentische Figuren, die Emily Gunnis hier detailliert zeichnet: Dies gilt auch für die Nebenfiguren wie z.B. Nana und den Kollegen von Sam: Der Autorin gelang es, all den Frauen (und auch den zwangsadoptierten Kindern) die großes Leid und Unrecht erfahren mussten, stellvertretend in Ivy eine Stimme zu geben, den Leser nachspüren zu lassen, welche Demütigungen, harte Arbeit, Verachtung und Missbrauch jene erduldeten, die sich nicht wehren konnten. Und dies jahrelang. Ein Einblick in die Heime, in denen (oft im Namen Gottes) malträtiert, schikaniert, gequält und misshandelt wurde. Ein weiteres Thema sind grausame Versuche an Kindern, die zu Testern von Medikamenten degradiert wurden und nicht selten dabei ihr Leben ließen. Ebenfalls eine grausame Tatsache: Die Verantwortlichen wurden allzu oft niemals zur Rechenschaft gezogen; Beweise vernichtet - Häuser abgerissen wie jenes "St. Margaret's".....

Fazit:

Ein sehr gelungener und spannend geschriebener literarischer Einblick in sog. "Mutter-Kind-Heime" der 50er und 60er Jahre, der vielen vergessenen jungen Frauen eine Stimme gibt. Dafür danke ich der Autorin, die es verstanden hat, diesen Frauen und Kindern in Ivy ein "Gesicht" zu geben, sie nicht in der Vergangenheit und Vergessenheit zu belassen, sondern ihr ungerechtes, hartes und unmenschliches Schicksal in Romanform den LeserInnen näher zu bringen. Auch die Anmerkungen (Quellenangaben, Bücher und Filme) zum Thema kann ich ebenso empfehlen wie das Lesen dieses wundervollen Romans. Daher von mir die volle Punktezahl und 5*.

Veröffentlicht am 04.03.2019

Gewählte Wege

Das Versprechen, dich zu finden
1

"Das Versprechen, dich zu finden" von Anne Youngson erschien 2018 (HC, gebunden) im HarperCollins Verlag Germany (O-Titel "Meet Me at the Museum", was ich hier viel treffender finde) und wurde von Wibke ...

"Das Versprechen, dich zu finden" von Anne Youngson erschien 2018 (HC, gebunden) im HarperCollins Verlag Germany (O-Titel "Meet Me at the Museum", was ich hier viel treffender finde) und wurde von Wibke Kuhn vom Englischen ins Deutsche übersetzt.


Es handelt sich um den Debutroman der englischen Autorin, deren Lebenslauf mich ebenso sehr beeindrucken konnte wie ihr außergewöhnlicher, sensibler, emotionaler und tiefgehender Roman, der über gewählte Lebenswege in der Weise erzählt, dass er "Porträts in Worten" gleicht: Für mich das erste Lesehighligt 2019! (Trotz voller Punktezahl kleine Kritik an den Verlag, die nichts mit dem Inhalt des Romans zu tun hat: Weder Cover noch Titel passen sonderlich gut zu diesem unglaublich schönen und wundervoll geschriebenen Roman).

Die "Schlüsselfigur" dieses Romans in Briefform ist der Tollund-Mann; eine über 2000 Jahre alte Moorleiche, die ihren gewaltsamen Tod fand und erst in den 1950er Jahren in Dänemark entdeckt wurde: Der Brief von Tina Hopgood an den Direktor des Museums, in dem der Tollund-Mann zu sehen ist und der ein Buch über ihn schrieb, kommt nicht bei dem Verfasser des Sachbuchs, einem Prof. Glob an, sondern beim Kurator des Museums: Anders Larsen. Das Interesse Tinas, inzwischen Anfang 60, gründet darauf, den Tollund-Mann, der sie durch seinen Gesichtsausdruck seit Jugendzeiten sehr beeindruckt hat, gerne einmal persönlich sehen zu wollen. Dieser Gedanke kam ihr bereits zu Schulzeiten und sie beschloss damals gemeinsam mit einer inzwischen verstorbenen Freundin, sich von England aus (sie ist inzwischen Farmersfrau in Bury St. Edmonds/Suffolk) auf die Reise von Silkeborg in Dänemark zu begeben - leider ist dieser Plan nie in die Tat umgesetzt worden...

Durch diese nie angetretene Reise beginnt eine Brieffreundschaft zwischen dem Kurator, Anders - und Tina, die nach und nach sehr persönliche Formen annimmt und deren Inhalte für den Leser einen Genuss und eine Bereicherung darstellen: Beide leben vollkommen unterschiedliche Leben, stellen jedoch fest, dass beide in einer Phase sind, darüber zu reflektieren, "was gewesen wäre, wenn...." sie andere Optionen gewählt hätten, andere Lebenspläne, ja gar Lebensträume verwirklicht hätten. Sie stellen fest, dass jeder an "so mancher Himbeere, die zu pflücken gewesen wäre", vorbeiging - und so manches Farnblatt, das sich gerade entrollte, von ihnen übersehen wurde: Diese Metaphern für Verpasstes, das eventuell doch noch nachgeholt werden kann, empfand ich als grandios. Der Schreibstil der Autorin, der sehr gefühlvoll und warmherzig, aber niemals ins Triviale oder Seichte abgleitet, hat mir sehr gut gefallen. Die Protagonisten waren mir beide überaus sympathisch und besonders die Ehrlichkeit in ihren Briefen, das "genaue Hinhören", denn Briefe sind immer auch Einladungen zum Gespräch, das Zurate ziehen der Meinung des jeweils anderen in bestimmten Lebenssituationen war einfach nur schön - und eben sehr hart an der Lebensrealität - zu lesen.

Über den Inhalt möchte ich nicht viel verraten, denn Tina und Anders haben es verdient, von vielen LeserInnen selbst entdeckt zu werden: Eine Vielzahl wundervoller Sätze, die auch einer gewissen Lebensreife entspringen, wandern in mein "Buch der schönsten Sätze". Sicher hat mich dieser Roman auch überzeugen können, da ich einen engen Bezug zum Schreiben von Briefen habe (ich schreibe selbst sehr gern) - und eben im gleichen Lebensalter bin wie Tina und Anders. Es geht um Freundschaft, um Vertrauen und um die Thematik, dass es im Grunde immer möglich ist, sein Leben zu ändern - und auch neu anzufangen, da "nichts in Stein gemeißelt" ist. Diese (wahre) Botschaft des Romans finde ich sehr positiv - und auch ermutigend.

Fazit:

Ein literarisches Kleinod und für mich ein Lesehighlight 2019. Ein Roman in Briefen mit zwei wundervollen, authentischen Menschen, die eine briefliche Freundschaft mehr und mehr intensivieren und sich immer mehr annähern: Wer weiß, vielleicht treffen sie sich am Ende ja wirklich "am Museum" - um sich gemeinsam die Geheimnisse des Tollund-Mannes anzusehen?

Mit einem Chapeau für Anne Youngson für Inhalt und Schreibstil vergebe ich 5* und eine klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 04.12.2018

Ein kriminell gutes Lesevergnügen - und eine Reise nach Oxford

Club der Romantiker
0

Peter Becker, aufgewachsen im schönen nördlichen Saarland, genauer gesagt in Primstal, der Anfang der 90er Jahre ein Stipendium für Oxford in der Tasche hatte und einen Teil seines eigenen Studiums dort ...

Peter Becker, aufgewachsen im schönen nördlichen Saarland, genauer gesagt in Primstal, der Anfang der 90er Jahre ein Stipendium für Oxford in der Tasche hatte und einen Teil seines eigenen Studiums dort absolvierte, kehrt nach 20 Jahren an seinen Studienort zurück, da es ein Treffen der "Ehemaligengruppe" gibt. Doch seine Reise hat noch einen anderen Grund:


Damals verschwand Laureen Mills, eine Bibliothekarin im Univ College, spurlos - ihre Leiche wurde erst jetzt gefunden und die Beisetzung findet in der gleichen Zeit wie das Ehemaligentreffen statt. Obwohl niemand mehr mit der Aufklärung des Falles rechnet, der "Club der Romantiker", in dem damals auch Peter Becker war, längst Geschichte in der Reihe der Clubs und Societys der Studenten im altehrwürdigen Oxford ist, wird im Verlaufe des Romans - der einen sehr gelungenen Genremix zwischen spannendem Unterhaltungsroman und Kriminalroman darstellt - klar, weshalb der Protagonist von zunehmender Nervosität gepackt wird: Gelingt es DCI Osmer und seinem Sergeant Irvine, den Fall von damals doch noch zu lösen?

Meine Meinung:

Der Roman von Frank P. Meyer hat mich durch stilistische Raffinesse sehr beeindruckt und macht das Lesen wirklich zum Vergnügen: Der Protagonist Peter Becker beschreibt sehr detailreich seine Studienzeit in Oxford. Er soll sich wie alle Studenten um soziale Kontakte bemühen und tritt u.a. dem "Club der Romantiker" bei, eine Gruppe um Louise und Gareth, die englische Klassiker wie Burns, Shelley u.a. mögen und rezitieren. Um über diese Schriftsteller zu "referieren", begibt man sich stets in einen Pub - und auch alle anderen Beschreibungen des Studentenlebens erkennt man getrost wieder, wenn man sie einmal erleben konnte. Mit trockenem Humor wird da von Heilsaufen und Peepshows berichtet, aber auch politische Themen wie der Ausstieg Großbritanniens aus der EU werden (wenn auch am Rande) durchaus nicht ausgespart. Auch Laureen Mills interessiert sich anscheinend für Shelley - aber zugelassen werden nur Studenten, was auf sie nicht zutrifft, da sie Angestellte in der Bibliothek ist: Wird sie es dennoch schaffen, Zugang zum Club zu finden?

Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen, die genial miteinander verwoben wurden und somit große Spannung erzeugen: Zum einen gibt es die Rückblenden in die gemeinsame Studienzeit 1991, wo man Sergej (der Student, der ebenfalls zuweilen von Heimweh geplagt wird und mit Peter das "Heilsaufen" erfand), Gareth und Louise, ein illustres Pärchen, das kein Abenteuer auslassen mag und gefährlichen Expeditionen durchaus zugetan ist; Branwen Jones, Ed und George Bishop (genannt "die Bischöfe"), Alex und Simon kennenlernt: Sie alle mussten ihre Aufnahmeprüfung bestehen, um in den "Club der Romantiker" aufgenommen zu werden. Und zum anderen gibt es die Gegenwart, in der die "Ehemaligen" von damals sich wiedertreffen und alte Geschichten um den Club wieder "hochkochen" lassen, da der Inspector und sein Sgt. ihre Schnüfflernasen tiefer in den Fall hineinstecken als es dem "Club der Romantiker" lieb sein kann....

Die zeitlichen "Sprünge" sind durch kurze Kapitelabschnitte sehr gelungen und dem Leser gelingt es ohne Probleme, von der Vergangenheit in die Gegenwart und - auch wieder zurück zu springen: Der Roman ist in drei Teile gegliedert, die auch die Trimester umfassen: Michaelmas, Hilary und Trinity. Während der erste Teil des Trimesters vor allem von den Clubmitgliedern handeln, die uns Peter nach und nach vorstellt, wird es im zweiten Teil sehr spannend, bis sich nach zahlreichen ungeahnten Wendungen dann der Plot am Ende erschließt: Man ahnt, dass sowohl DCI Osmer (eine Namensumstellung von Inspector Morse, der nicht nur bei mir, sondern wohl bereits Anfang der 90er Jahre auch bei den Studenten in Oxford einen hohen Beliebtheitsgrad innehatte ;) als auch Sgt. Irvine nicht locker lassen und über genügend detektivisches Gespür verfügen, um eins und das andere zusammenzuzählen...

Ich mochte den Protagonisten, der sehr authentisch die studentische Szene und seine Kommilitonen in der Oxford-Zeit beschrieb und besonders Branwen, die (oftmals mit einer Flasche Brandy ausgestattet) stets eine gute Freundin war) sowie Sergej und natürlich "Schieferplatten-Bill", den kauzigen, aber herzerwärmenden Professor und Tutor von Peter Becker; weniger Sympathie empfand ich für eher manipulative Charaktere wie Gaz und Louise. Ganz besonders mochte ich aber den feinen (und trockenen, britischen) Humor des Autors, der mich zuweilen zum Lachen brachte - zumal die "Primstal-Geschichten", die Peter in Oxford zum Besten gab, sehr gut bei den Kommilitonen ankamen und für die Elite-Studenten sicher teilweise wie Storys von einem anderen Stern klangen.

Fazit:

Eine faszinierende, wirklich sehr vergnüglich zu lesende Roman- und zugleich eine spannende Krimireise ins altehrwürdige Oxford, die ich sehr gerne weiterempfehle. Die große Authentizität war sehr spürbar, da der Autor - wie auch der Protagonist hier - in Oxford einen Teil des Studiums absolvierte und jemand ist, der "weiß, wovon er schreibt". Ich hoffe, von Frank P. Meyer bald wieder Neues lesen zu dürfen! Von mir gibt es 5* und ein 'Jolly good'!! :)

Veröffentlicht am 27.11.2018

Von Spinnenstichen, Einsiedlerinnen und einer Magellanschen Brigadereise....

Der Zorn der Einsiedlerin
0

Vorwegnehmen muss ich, dass Fred Vargas seit ihren Kehlweiler-Krimis, heute zusammengefasst in "Die drei Evangelisten" (1991 ff) meine absolute Lieblings-Krimiautorin ist - und mittlerweile viele Preise ...

Vorwegnehmen muss ich, dass Fred Vargas seit ihren Kehlweiler-Krimis, heute zusammengefasst in "Die drei Evangelisten" (1991 ff) meine absolute Lieblings-Krimiautorin ist - und mittlerweile viele Preise (nicht zu Unrecht) erhalten hat, da sie faszinierende Krimis schreibt (wenn auch leider nur in ihren Ferien), die sich stets mit aktuellen, gesellschaftlich hochbrisanten Themen beschäftigen. Auch hier habe ich mit 'beaucoup de plaisir' Adamsberg und seine Brigade criminelle begleiten dürfen, der wieder einmal - mit dem Kopf noch in Island, wo der letzte Fall gelöst werden konnte - einen äußerst kniffligen Fall klären muss:


Um neuen LeserInnen die einzelnen Mitarbeiter der Brigade vorzustellen, wird dem eigentlichen Thema, dem mysteriösen Tod zwei alter Männer im Süden Frankreichs, ein dubioser Mord an Madame Carvin vorangestellt, der jedoch "mit links" und im Handumdrehen gelöst ist: Das Wiedersehen (oder Kennenlernen) von Froissy, Mercadet, Estalère, Lamarre, Mordent und besonders mit Veyrenc (seines Zeichen ebenfalls ein Kind der Pyrenäen und sich daher blind mit Adamsberg verstehend) - und ganz besonders mit dem Stellvertreter des Kommissars; den Meister der Worte - Commendant Danglard sowie der "vielseitigen Göttin" Retancourt (beide sind meine beiden Vargas'schen Lieblingsfiguren neben Adamsberg) machten mir besonders viel Freude:

Albert Barral und Fernand Claveyrolle starben nach einem Stich der Einsiedlerspinne, was den Hobby-Zoologen Voisenet irritiert. Zufällig (oder auch nicht) bemerkt Adamsberg, dass Voisenet die Zeitungsartikel über diese beiden Fälle verfolgt - und nachdem klar ist, dass ein Biss dieser Spinne eigentlich nicht ausreicht, um einen Menschen zu töten, begibt sich Adamsberg (den solch ungewöhnlichen Fälle magisch anziehen) auf die Spurensuche: Wie sich herausstellt, kannten sich die beiden Alten und eine Fährte verweist auf ein Waisenhaus, in dem beide bereits als Kinder ihr Unwesen trieben, gemeinsam mit einer Bande anderer, die Spaß daran hatten, Schwächere zu quälen - und die im Teenageralter dazu übergingen, auch vor Gewalt an Mädchen und Frauen nicht haltzumachen: Wo ist die Verbindung, wo das Motiv -und wie kann Adamsberg und ein Teil der Brigade (inoffiziell, da der Leiter der Kommission nicht eingeweiht wurde) Licht in den zeitweise undurchdringlichen Nebel bringen? (Einer seiner Eigenschaften ist es, normalerweise sehr gut im Nebel sehen zu können - aufgrund seiner aufsteigenden Gasbläschen, die sog. Proto-Gedanken seines Gehirns, die nur so blubbern ;) Hier aber ist die Lage vertrackt - und wird auch nicht besser, als Danglard sich gegen seinen Chef stellt und alles zu sabotieren droht (normalerweise sind die beiden beste Freunde)... - in diesem Fall aber wird Adamsberg erst zum Ende des Romans durch "handfeste Beweise" herausbekommen, dass sein Stellvertreter doch nicht zu einem Arsch mit Danglardschen Ohren geworden ist... Besonders interessant ist in diesem Fall die Vargas'sche Art der Wortspiele: Eine Einsiedlerin oder Rekluse gab es im Mittelalter - und eine Spinnenart ist ebenfalls benannt als Einsiedlerspinne, da sie sich sehr selten zeigt - und lieber im Verborgenen lebt....

Adamsberg laviert sich nun auf einer Art Magellanschen Reise, viele Meerengen und geschlossene Buchten vorfindend, durch diesen durchaus kniffligen Fall, in dem es vor Blapsen nur so wimmelt; in dem Adamsberg sich seinem eigenen Ich als 12jähriger stellen muss, um am Ende den Fall erfolgreich lösen zu können. Nach Vargas'scher Manier werden sehr ernste Themen (Gewalt gegen Kinder und Frauen; Menschen, die diese über Jahre decken, oftmals die Mütter; die Einkerkerung der Opfer über Jahre) angesprochen bzw. nehmen Bezug zu diesem Fall auf: Dabei gelingt es der Autorin, sich dieser grauenhaften Thematik anzunähern, indem sie die witzigen Dialoge und die zahlreichen "Macken" der Brigade wie auch mancher Nebenfigur dem Ernst der Lage gegenüberstellt; ihr damit eine gewisse Leichtigkeit entgegensetzt, auch wenn Adamsberg darüber belehrt wird, dass auch er neurotisch ist, da alle Menschen neurotisch seien.

Selbst die Nebenhandlungen haben immer einen Bezug zu den Morden an den alten Männern bzw. zum Thema: Gewalt an Frauen. Hier wird auch die begnadete Datenexpertin und stetig Sorge tragende Mitarbeiterin, dass auch genug zu essen in der Brigade ist, Heléne Froissy, belästigt - bis sich ihr Chef höchstpersönlich (auf Bitten von Retancourt) darum kümmert und die Belästigung augenblicklich aufhört.

Fazit:

Ein wiederum rundum gelungener, mich zum Dauerschmunzeln bringender, lehrreicher und historisch interessanter Kriminalroman, den ich sehr gerne gelesen habe und weiterempfehlen möchte: Allerdings würde ich mit den ersten Adamsbergs Krimis der Reihe beginnen, sollte man noch kein Fred Vargas Fan sein ;)
Danglard und auch Retancourt - meine Lieblingsfiguren - fehlten mir ein wenig in diesem Band, aber ich bin zuversichtlich, dass beide im nächsten Vargas-Krimi wieder ihre gewohnten Rollen einnehmen ;) Wenn es mehr Adamsbergs mit Proto-Gedanken gäbe, wäre die Zahl der Blapse (Stinkkäfer) vermutlich nicht so hoch. Ein chapeau und ein merci beaucoup für beste und auch intelligente sowie gewohnt witzige Krimi-Unterhaltung und 5* Sterne!