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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.03.2019

Überraschend interessant

Rheinblick
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Rheinblick ohne Rheinblick! Die Kneipe von Helga Kessel hat zwar keinen Rheinblick aber einen direkten Blick auf den Bundestag zu Bonner Zeiten. Daher ist ihre Kneipe auch ein Treffpunkt der Politiker ...

Rheinblick ohne Rheinblick! Die Kneipe von Helga Kessel hat zwar keinen Rheinblick aber einen direkten Blick auf den Bundestag zu Bonner Zeiten. Daher ist ihre Kneipe auch ein Treffpunkt der Politiker alle Couleur. Da werden die aktuellen politischen Verhältnisse besprochen und Pläne geschmiedet. Helga hält sich dabei wohlweislich immer zurück, wenn Sie um ihre Meinung gefragt wird, jedenfalls fast immer.

Die Handlung spielt zu der Zeit, als Willi Brandt zum Bundeskanzler gewählt ist. Doch er muss sich einer Operation unterziehen und darf danach einige Zeit nicht sprechen. Da kommt die zweite Hauptperson Sonja Engel ins Spiel. Sie soll dem neu gewählten Kanzler Willy Brandt als Therapeutin helfen, seine Stimme wieder zu bekommen.

Aber da sind noch viele weitere Personen, die sich da in Bonn ein Stelldichein geben. Da geht es um Intrigen und gebrochene Versprechen. Sogar ein Mord ist geschehen. Ob da eine Spur in politische Kreise führt?

Ich hatte mir von einem Buch zu einem politischen Thema aus Bonn nicht sehr viel versprochen, wurde aber positiv überrascht. Brigitte Glaser schafft es, viele kleine Schauplätze und viele verschiedene Gruppen und Grüppchen handelnder Personen in kurzen Kapiteln so übersichtlich darzustellen, dass man nie den Zusammenhang verlieren kann. Ich habe schon einige Bücher gelesen, bei denen weniger Personen auftraten und ein heilloses Wirrwarr entstand, das einen nicht durchblicken lies. Immer wieder musste ich dann zurückblättern, um den Zusammenhang wieder zu finden.

Hier jedoch schafft Brigitte Glaser es mit Leichtigkeit, dass der Leser immer den Zusammenhang findet. Sie zeichnet ihre Personen alle, auch die weniger wichtigen Neben-Personen, liebevoll und sehr markant, dass es einfach ist, trotz (oder wegen?) der kurzen Kapitel den Faden nicht zu verlieren.

Ein Blick hinter die Kulissen des politischen Treibens in Bonn aber auch ein Blick auf viele "normale" Menschen mit ihren eigenen Empfindlichkeiten. Viele reale Personen der Geschichte und einige dazu erfundene Personen ergeben eine rundum gelungene und lesenswerte Geschichte.

Veröffentlicht am 28.02.2019

Toller Erstling

Liebes Kind
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Unheimlich fängt es an. Eine scheinbar "normale" Familie, Vater, Mutter und zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen. Wenn da nicht diese unheimliche Hütte wäre mit den mit Dämmplatten verschraubten Fenstern, ...

Unheimlich fängt es an. Eine scheinbar "normale" Familie, Vater, Mutter und zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen. Wenn da nicht diese unheimliche Hütte wäre mit den mit Dämmplatten verschraubten Fenstern, aus der sie nicht heraus dürfen. Nur der Vater hält Kontakt mit der Außenwelt. Die Kinder und die Mutter dürfen nicht nach draußen. Der Vater übt ein strenges Regiment aus. Man erfährt, dass die Mutter nicht die richtige Mutter der Kinder ist sondern entführt wurde und zum Leben in der einsamen Hütte unter Gewalt gezwungen wird. Sie ist offensichtlich die Nachfolgerin von Lena, der eigentlichen Mutter, die vor etlichen Jahren auch entführt wurde. Was ihr Schicksal ist, bleibt zunächst mal im Unklaren.

Ich hatte den hinteren Klappentext über die Autorin vorher nicht gelesen und war erstaunt, dass dieses Buch ein Erstlingswerk ist. Es ist sehr gut gelungen. Romy Hausmann schreibt aus der Sicht der Hauptpersonen heraus. Das machen andere gestandene Schriftsteller/innen auch und lassen den Leser zu Beginn der einzelnen Kapitel erst mal im Unklaren, aus welcher Sicht das Kapitel geschrieben ist. Dieses Verfahren, dass wohl angeblich künstlerisch wertvoll ist, finde ich nur schlimm. Und deshalb ist es um so toller, dass Hausmann nicht diesen Weg einschlägt, sondern die einzelnen Kapitel immer mit dem Namen der Person überschreibt, aus deren Sicht berichtet wird.

Auch den Fehler, den man oft in Debütromanen findet, dass die Autoren/innen viel zu viel an handelnden Personen, Erzählsträngen und Handlungsorten in den Roman packen, macht Hausmann nicht. Die Personenzahl und die Handlungsstränge sind überschaubar. Man findet sich immer gut zurecht.

Dabei gelingt Hausmann eine Sache ganz hervorragend, nämlich den Leser immer mal wieder in die Irre zu führen. Kaum hat man sich etwas ausgedacht, wie es wohl weiter gehen könnte, wie die Lösung des Ganzen aussehen könnte, schon geschieht etwas, was die schöne Lösung über den Haufen wirft. Toll gemacht.

Ein Debütroman ohne Anfängerfehler. Liebe Frau Hausmann, noch gerne viele weitere solche Romane.

Veröffentlicht am 28.02.2019

Erschreckend

Der Patriot
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Zwei Plots, die am Ende zusammengeführt werden, finden wir im Buch: Da ist Carl, der "Titelheld", also der sogenannte Patriot. Er sieht die Welt auf eine sehr beschränkte Weise. Als Rechtsradikaler bekämpft ...

Zwei Plots, die am Ende zusammengeführt werden, finden wir im Buch: Da ist Carl, der "Titelheld", also der sogenannte Patriot. Er sieht die Welt auf eine sehr beschränkte Weise. Als Rechtsradikaler bekämpft er gemeinsam mit zwei Freunden Journalistinnen und Journalisten, die für ein liberales Schweden in Fragen der Migration eintreten.

Zum anderen ist da August, der vor vielen Jahren nach einer Straftat aus Schweden weggegangen ist und unter anderem in der Fremdenlegion gedient hat. In Chile werden seine Frau und sein bester Freund umgebracht. Daraufhin beschließt August wieder nach Schweden zurückzugehen.

Die Journalistin Amanda ist dann die Person, in der die beiden Erzählstränge zusammen kommen. Sie ist Augusts frühere Freundin und außerdem steht sie auf der Todesliste von Carl. So kommt es dann zum spannenden Finale.

Pascal Engman bringt die Gedankengänge Carls sehr dicht an den Leser heran. Fast unbeteiligt beschreibt er, wie Carl seine abstrusen Folgerungen vorträgt, mit denen er seine Kumpane immer wieder auf seine Richtung einschwört. Erschreckend ist es an dieser irrealen Gedankenwelt Carls teilzuhaben, die für ihn und seine Gleichgesinnten einfach nur normal ist.

Ein Buch, dass die Bezeichnung Thriller zu Recht trägt. Für Leser und Leserinnen, die es nicht ganz so brutal mögen, aber nicht zu empfehlen.

Veröffentlicht am 28.02.2019

Wie du mir so ich dir

Die Farben des Feuers
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Der Roman beginnt mit einem Todesfall und einem Unfall. Der einflussreiche französische Bankier Marcel Péricourt verstirbt im Jahre 1927. Bei seiner Beerdigung fällt sein Enkel Paul aus dem ersten Stock. ...

Der Roman beginnt mit einem Todesfall und einem Unfall. Der einflussreiche französische Bankier Marcel Péricourt verstirbt im Jahre 1927. Bei seiner Beerdigung fällt sein Enkel Paul aus dem ersten Stock. Ob es ein Unfall ist, ein versuchter Selbstmord oder Mord bleibt zunächst unklar. Paul überlebt den Sturz, bleibt aber gelähmt und muss im Rollstuhl sitzen. Seine Mutter Madeleine ist die Alleinerbin des großen Bankimperiums ihres Vaters. Von der Sorge um ihren Sohn Paul sehr in Anspruch genommen, kümmert sie sich zu wenig um die Bankgeschäfte und vertraut zu sehr den falschen Personen, die sie um ihr Erbe bringen. Madeleine rächt sich, indem sie denen, die Ihr geschadet haben, alles heimzahlt.

Ich gebe zu, dass ich den Roman zur Hand genommen habe ohne große Erwartungen. Ich lag falsch. Das Buch lässt sich sehr gut lesen. Je mehr man zum Ende kommt, desto mehr ist es wie bei einem guten Krimi. Man kann nicht los lassen, da man wissen möchte, wie es ausgeht.

Lemaitre ist dabei ein souverän anschaulich schildernder Erzähler. Dann finden wir wörtlich wieder gegebene Unterhaltungen so lebensecht, dass sie direkt in ein Drehbuch übernommen werden könnten. Ein besonderer Kunstgriff sind immer wieder kurze Sätze, mit denen er den Leser direkt anspricht. So wie ein netter Freund, der einem gerade von einem Geschehen berichtet.

Ich habe nicht bereut, den Roman gelesen zu haben. Ganz im Gegenteil.

Veröffentlicht am 06.02.2019

Überrascht

Fünf Tage im Mai
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Überrascht war ich von dem Buch. Eigentlich war es nur ein Zufall, dass ich es gelesen habe. "Es lag da so 'rum."

Ich dachte bei dem Titel zunächst an 5 aufeinanderfolgende Tage im Mai. Aber es handelt ...

Überrascht war ich von dem Buch. Eigentlich war es nur ein Zufall, dass ich es gelesen habe. "Es lag da so 'rum."

Ich dachte bei dem Titel zunächst an 5 aufeinanderfolgende Tage im Mai. Aber es handelt sich um 5 einzelne Tage im Mai aber in 5 verschiedenen Jahren. Insgesamt geht es um einem Zeitraum von 18 Jahren. Ort der Handlung ist ein Dorf im Gebirge. Illy und ihr Urgroßvater Tatka sind die Hauptpersonen. Bei Tatka findet Illy immer Verständnis, auch wenn es sich zum Beispiel um das Verhältnis zu Tristan handelt. Den Umgang mit Tristan hatten ihre Eltern ihr verboten, da Tristan so gar nicht ins Dorfklischee passt, denn er trinkt, kifft und hat lange Haare, die bis zur Hüfte reichen.

Dadurch dass nur fünf Tage aus den 18 Jahren exemplarisch erzählt werden, ergibt sich die Schwierigkeit, das zu erzählen, was jeweils in der Zwischenzeit geschehen ist. Elisabeth R. Hager macht das raffiniert, indem sie diese Geschehnisse im Nachhinein erst wage andeutet und dann immer deutlicher werden lässt.

Angenehm zu lesen, übersichtliche Anzahl der handelnden Personen, gute Charakterisierung der Personen, besonders der Hauptpersonen, alles in allem ein lesenswertes Buch. Gut, dass ich zufällig darauf gestoßen bin.