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Venatrix

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Veröffentlicht am 28.03.2019

Fesselnd bis zur letzten Seite

Fischermord
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Der Titel suggeriert, dass hier - passend zur Insel Rügen - ein Fischer ermordet worden ist, doch weit gefehlt. Worum geht’s also?

Just in der Nacht seines Geburtstages wird der Pferdewirt Torsten Fischer ...

Der Titel suggeriert, dass hier - passend zur Insel Rügen - ein Fischer ermordet worden ist, doch weit gefehlt. Worum geht’s also?

Just in der Nacht seines Geburtstages wird der Pferdewirt Torsten Fischer erhängt in seiner Scheune aufgefunden - man vermutet Selbstmord. Romy begutachtet die Leiche und findet Spuren, die etwas anderes andeuten. Als dann noch bei den Ermittlungen im persönlichen Umfeld Fischers Ungereimtheiten auftauchen, verbeißt sich Beccare wie gewohnt in diesen Fall. Es stellt sich heraus, dass Fischers Dokumente vor 1995 samt und sonders gefälscht sind, professionell zwar, aber eben falsch. Stutzig wird Romy auch, als im Dunstkreis des Pferdehofes ungewöhnlich häufig Unglücksfälle passieren. Da wird ein junges Mädchen von einem Laster überfahren, Daniel Fischer liegt nach einer Prügelattacke im Wachkoma, ein anderes Mädchen ist seit Jahren verschwunden. Jedes Unglück für sich allein gestellt ist tragisch. Doch alle haben etwas gemeinsam: sie kennen einander aus der Schule oder sie und die Eltern haben in irgendeiner Weise Kontakt zum Pferdehof.
Bei näherer Betrachtung ist der charismatische Torsten Fischer gar nicht so beliebt. Er pflegt Schwierigkeiten in die eigenen Hände zu nehmen.

Noch bevor das Team, das bei seinen Recherchen auch vom BKA unterstützt wird, die Tat aufklären können, stirbt ein Lehrer der Schule. Ist er das missing link?
Hat ihn derselbe Täter ermordet?

Meine Meinung:

Dieser achte Krimi aus der Reihe mit Romy Beccare hat mir sehr gut gefallen. Warum? Romy geht diesmal ein wenig bedachter bei ihren Einsätzen vor als in den früheren Fällen. Ob es daran liegt, dass sie Jan Riechter geheiratet hat? Oder weil sie im aktuellen Fall mit Ruth Kranold zusammenarbeiten, die im letzten Fall „Strandmord“ in den Polizei zurückgekehrt ist?

Dieser Krimi hat es in sich. Nichts ist so, wie es scheint. Was hat Torsten Fischer zu verbergen? Romy Beccare und ihr Team graben tief in der Vergangenheit von Fischer und fördern schier Unglaubliches zu Tage.
Gut gefällt mir, dass die verschiedenen Dienststellen gut zusammenarbeiten und ohne die sonst üblichen Querelen auskommen. Die gut beschriebenen Ermittlungen führen zu einer schlüssigen Auflösung. Trotz der vielen Verdächtigen und der mühevollen Kleinarbeit, kommt das Zwischenmenschliche im Team nicht zu kurz.

Die Autorin schreibt fesselnde Krimis, die mit spannenden Charakteren bestechen. Weder Romy Beccare noch Ruth Kranold sind 08/15-Ermittlerinnen. Die temperamentvolle italienisch-stämmige Romy, neigt zu unkonventionellen Lösungen. Mit Ruth Kranold an der Seite, läuft sie zur Hochform auf, was ihr auch Bewunderung und Sympathie der Kollegen vom BKA einbringt.

Fazit:

Ein gut strukturierter Krimi, der mit überraschenden Wendungen aufwartet und bis zur letzten Seite spannend bleibt. Gerne gebe ich 5 Sterne.

Veröffentlicht am 28.03.2019

Es geht auch plastikfrei

Plastikfrei für Einsteiger
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Autor Christoph Schulz versucht, mit seinem Buch Bewusstsein zu schaffen, dass wir mit unserem täglich anfallenden Plastikmüll, die Umwelt und uns selbst nachhaltig schädigen. Dabei geht er nicht unangenehm ...

Autor Christoph Schulz versucht, mit seinem Buch Bewusstsein zu schaffen, dass wir mit unserem täglich anfallenden Plastikmüll, die Umwelt und uns selbst nachhaltig schädigen. Dabei geht er nicht unangenehm sektiererisch vor, sondern bietet eine Anleitung, die es den Lesern ermöglicht, in kleinen Schritten auf Plastik zu verzichten,

In drei Kapiteln kann jeder (s)einen Beitrag leisten:

Der neue Lebensstil
Gewohnheiten ändern
Plastikfrei-Experte

Auf Seite 45 bietet er folgende plastikfreie Alternativen: Ausleihen, wiederverwenden, hinterfragen, ablehnen, reparieren, umgestalten, Selbermachen, ersetzen und recyclen.

Nach jedem Kapitel ist auf ein paar Zeilen Platz, das neu erworbene Wissen in die Tat umzusetzen.

Manches klingt einfach, manches nicht so sehr. Statt Teebeutel losen Tee verwenden, der entweder in einem Stahlei oder einem Papierfilter gebrüht wird - das lässt sich gut bewerkstelligen. Doch die Kunststoff-Spülbürste gegen ein Exemplar aus Holz und Fibre (Fasern der Agave) zu tauschen, scheint gewöhnungsbedürftig.

Auf S. 115 empfiehlt der Autor, aus einer alten Zeitung einen Müllsack für den Müllkübel zu falten. Diese Idee gefällt mir grundsätzlich gut, die Skizze einer Faltanleitung (oder einen link hierzu) vermisse ich.

Das Buch ist leicht zu lesen, und bietet Anregungen, den eigenen Plastikmüll zu verringern. Natürlich geht es nicht von heute auf morgen. Doch wie heißt es so schön? „Auch die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt“. Umgemünzt auf unser Leben: Verzichte als erstes einmal auf die Plastiksackerl beim Einkauf.

Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 28.03.2019

Der Adel als willfähriger Helfer der Nazis

Hitlers heimliche Helfer
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Die britische Historikerin Karina Urbach hat in diesem Buch die Rolle des Adels als inoffizielle Botschafter des Deutschen Reichs untersucht.

Das Buch ist in zwei Teile gegliedert:

„Heimliche Helfer ...

Die britische Historikerin Karina Urbach hat in diesem Buch die Rolle des Adels als inoffizielle Botschafter des Deutschen Reichs untersucht.

Das Buch ist in zwei Teile gegliedert:

„Heimliche Helfer in der Ära VOR Hitler“
„Hitlers heimliche Helfer“

Im ersten Teil, der recht lang ausfällt, wird der Begriff „Go-Betweens“ genau erklärt, der sich von (Berufs)Diplomaten und Geheimdiensten unterscheidet. Diesen „Go-Betweens“ kommt in der Zeit vom Ersten bis weit in den Zweiten Weltkrieg eine große geopolitische Bedeutung zu. Vornehmlich Mitglieder von europäischen Adelshäusern engagieren sich als Vermittler und Türöffner. Die adeligen Familien Europas sind untereinander mehrfach verwandt und verschwägert und können auf ein weitverzweigtes Netzwerk verfügen. Wer würde hinter einem gemütlichen Familienbesuch eine diplomatische Mission vermuten? Eben!

Auch die diversen Netzwerke der Frauen sind nicht zu unterschätzen. Oft als literarische Zirkel getarnt, wird dennoch handfeste Politik gemacht (S.149).

Dass das manchmal auch schiefgehen kann, beweist die als „Sixtus-Affäre“ bekannten Bemühungen von Kaiserin Zita von Österreich-Ungarn, die ihre Brüder mit ihrem Ersuchen um einen Separatfrieden nach Frankreich entsendet hat. Damit hat sie nicht nur ihren Ehemann Kaiser Karl desavouiert, sondern den Untergang der Habsburger-Monarchie beschleunigt.

Auch nach dem Ende der großen europäischen Monarchien sind die Netzwerke aktiv.
Von Durchlaucht zu Durchlaucht redet es sich einfach besser. Man ist unter sich und kennt die diversen Sprachregelungen.
Außerdem haben die Adelsfamilien eine weitere Gemeinsamkeit: Die Angst vor den Bolschewiki. Die Ermordung und Enteignung von Mitgliedern der Adelshäuser in Russland versetzen auch ihre Verwandten in Angst und Schrecken.
„Der Faschismus ist zwar auch eine Gewaltherrschaft, aber immerhin lässt er Raum für Fortschritt, Schönheit, Kunst, Literatur, für ein Heim und für das gesellschaftliche Leben, für gute Sitten und Sauberkeit; der Bolschewismus hingegen macht das alles zunichte.“ (S. 213).
Damit haben wir gleich die Überleitung zu Teil zwei. Warum haben sich viele Adelige den Nazis so bereitwillig angedient?
Zum einen liegt es wohl daran, dass viele männliche Adelige keinen zivilen Beruf erlernt haben, sondern als Offiziere in den diversen Armeen im Ersten Weltkrieg kämpften. Zum anderen scheint die NS-Diktatur anfangs Stabilität in das Staatsgefüge zu bringen. Nach den diversen Experimenten wie Weimarer Republik oder der
Bayrischen Räterepublik in Deutschland und dem Ständestaat in Österreich, glauben einige Mitglieder an eine Wiedererstarkung des Adels.

Dass sie dabei bei Hitler auf Granit beißen, der ja den Adel hasst, ist vielen erst später bewusst. Natürlich bedient sich das Regime der (salopp ausgedrückt) „nützlichen Idioten“, die sich geradezu aufdrängen.

Als Beispiel führt die Autorin u.a. Carl Eduard, den Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha (ein Enkel Königin Victorias), Max von Hohenlohe-Langenburg, Lord Rothermere und Prinzessin Stephanie von Hohenlohe an. Als Stephanie Richter in Wien geboren, umgibt sich die ehrgeizige junge Frau bald mit einflussreichen, meist verheirateten Männern. Nach der Heirat mit Friedrich Franz Augustin Maria Prinz zu Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst hat sie Zugang in adelige Kreise. Schon kurz nach der Scheidung 1920 begibt sie sich als Geheimdiplomatin des ungarischen Reichsverwesers Miklos Horthy nach England und macht die Bekanntschaft mit Lord Rothermere. Einige Mitglieder des britischen Königshauses haben, wie wir ja wissen, gewisse Sympathien für Hitler und Nazi-Deutschland. Diese Konstellation beleuchtet Karina Urbach ebenso, wie den Umstand, dass Hohenlohe sich dann ein wenig später mit Fritz Wiedemann verbündet und ein eigenes Süppchen kocht. Das lässt wiederum den Minister des Auswärtigen Amtes, Joachim von Ribbentrop, im Quadrat springen (S.345). Nicht einmal die Tatsache, dass Hohenlohe eigentlich Jüdin ist, kann ihren Umtrieben etwas anhaben.

Ein interessantes Kapitel ist auch dem Abgesang“ der „Go-Betweens“ gewidmet. Was ist mit ihnen nach dem Ende der NS-Zeit passiert?
Stephanie Hohenlohe reist schon in den 1940 in die USA, um Wiedemann zu folgen, der Botschafter wird. Allerdings wird sie mit Unterbrechungen bis 1945 interniert. Später trifft sie sich mit Männern wie Harry Truman, John F. Kennedy oder Lyndon B. Johnson. Sie wird ihre Schäfchen ins Trockene bringen und mit dem Axel-Springer-Verlag einen lukrativen Vertrag abschließen.
Offiziell werden die Go-Betweens heute nicht mehr eingesetzt, doch wenn man die aktiven Lobbyisten z.B. bei der EU in Brüssel oder zwischen großen Firmen genauer betrachtet, wird der eine oder andere illustre Namen wieder aufscheinen.

Was die Autorin auch nicht verschweigt, sind Schwierigkeiten, die sie bei der Recherche und Akteneinsicht für dieses Buch hatte. Viele Familienarchive sind nicht zugänglich, und die die es sind, sind häufig einem „Reinigungsprozess“ unterworfen worden, bei dem allzu kompromittierende Stellen entfernt worden sind. Hier z.B. die Biografie von Stephanie von Hohenlohe („Stephanie. Meine Mutter“) zu nennen, die ihr Sohn Franz von belastendem Material gesäubert hat. Martha Schads Biografie „Stephanie. Hitlers Spionin“ dagegen ist sauber recherchiert und bringt auch ein paar unangenehme Wahrheiten ans Tageslicht.

Viele bislang unbekannte Fotos, ein ausführliches Quellen- und Literaturverzeichnis lassen die Herzen der Sachbuchleser höher schlagen.

Fazit:
Dieses Buch ist penibel recherchiert, informativ, aufschlussreich, spannend und gut strukturiert. Gerne gebe ich hier eine Leseempfehlung und 5 Sterne.

Veröffentlicht am 26.03.2019

Fesselnd bis zur letzten Seite

Deutscher Frühling
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Deutschland im April 1945: Das „Tausendjährige Reich“ liegt nach nur 12 Jahren der Diktatur in Trümmern. Inmitten dieses Schutthaufens treffen zwei völlig unterschiedliche Menschen in Köln aufeinander: ...

Deutschland im April 1945: Das „Tausendjährige Reich“ liegt nach nur 12 Jahren der Diktatur in Trümmern. Inmitten dieses Schutthaufens treffen zwei völlig unterschiedliche Menschen in Köln aufeinander: der grobschlächtige ehemalige Polizei-Wachtmeister Hadrigan „Hardy“ Schmittgen und die junge Luisa Porovnik, die, dem Elend und der Gewalt in Berlin zu entkommen, nach Köln zu ihren Verwandten geflüchtet ist. Onkel und Tante sind ermordet worden und Hardy hütet deren Wohnung und vor allem die Schnapsvorräte.
Ihre triste Situation ändert sich schlagartig, als die beiden dem Verbindungsoffizier des britischen Militärgouverneurs, Reginald Taylor, das Leben retten. Taylor nimmt das ungleiche Duo in seine Dienste, um einige heikle Aktionen, zu organisieren. So erhalten Hardy und Luisa den Auftrag, den von den Nazis „vor den fremdem Mächten in Sicherheit gebrachten“ „Dreikönigsschrein“ wiederzubeschaffen. Dieser Schrein soll für die Menschen in Köln ein Zeichen des Wiederaufbaus bzw. „des guten Willens“ der westlichen Besatzer sein.

Das Wagnis gelingt und die beiden erhalten Vergünstigungen sowie eine Menge Geld, weitere Coups eingeschlossen. Doch nichts ist, wie es scheint. Das Duo verstrickt sich immer weiter in die Rangeleien um die Vorherrschaft im Nachkriegsdeutschland. So werden sie während der russischen Blockade (Juni 1948- Mai 1949) nach Berlin geschickt, um brisantes Material zu besorgen.

Als Hardy und vor allem Luisa entdecken, dass man ein falsches Spiel mit ihnen treibt, geraten sie in akute Lebensgefahr.

Meine Meinung:

Wie wir es von Sebastian Thiel gewöhnt sind, entführt er uns mit seinem eindringlichen Schreibstil in die Welt des Nachkriegsdeutschlands. Geschickt verknüpft er Fiktion mit historischen Ereignissen und Personen, die penibel recherchiert sind. So spielt der ehemalige Oberbürgermeister und spätere Bundeskanzler Konrad Adenauer eine Rolle im Hintergrund.
Sehr eindrucksvoll sind die Lebensumstände der Menschen im Chaos nach 1945 beschrieben. Der bildhafte Schreibstil lässt einen den Gestank der Leichen unter den Trümmern und den Staub der Ruinen in die Nase wehen. Viele Bewohner machen die Alliierten für ihr Elend verantwortlich und nicht den Schreihals, dem sie 12 Jahre jubelnd gefolgt sind. Da hinterlässt die Szene, in denen die Amerikaner den Deutschen die Leichenberge aus den Konzentrationslagern zeigen, ein ordentliches Schauergefühl. Viele können diese Massenmorde nicht glauben.

Gut ist dem Autor auch gelungen, die Parallelwelten dieser Zeit einzufangen: da die Hungernden dort die Schmuggler und Schieber, die sich am Elend (wieder einmal) bereichern. Auch die oft zwielichtige Rolle der Alliierten kommt zur Sprache. Besonders als bekannt wird, dass die Teilung Deutschlands eine ausgemachte Sache ist. Nebenbei finden die Geheimdienste von Ost und West eine Spielwiese vor. Nicht immer ist klar, wer für welches Land arbeitet. Die Wölfe im Schafspelz sind überdurchschnittlich vortreten.

Die beiden Charakter Hardy Schmittgen und Luisa Porovnik könnten unterschiedlicher nicht sein. Obwohl es manchmal opportun erscheint, dass Hardy die „Beschützerrolle“ übernimmt, ändert sich das im Laufe der Handlung. Während Hardy
Schmittgen eher mit den Fäusten kämpft, setzt Luisa ihr Köpfchen oder subtilere Methoden ein. Luisa, die mit 14 Jahren ihre Eltern verloren und sich alleine die 600km von Berlin nach Köln durchgekämpft hat, ist der intelligentere Teil des Duos. Sie riecht den Braten früher, doch Hardy hört nicht immer auf sie. Sehr spannend und subtil ist ein feines Knistern zwischen den beiden zu spüren. Doch ob Hardy, der im Bombenhagel seine Ehefrau und seiner Tochter (die jetzt gleich alt wie Luisa wäre) verloren hat, diesem zarten Gefühl nachgibt, bleibt der Fantasie der Leser überlassen. Manchmal erinnert er sich, dass Luisa seine Tochter sein könnte. Luisas Bemerkungen deuten an, dass sie in Hardy nicht nur einen Ersatzvater sieht.

Stellenweise gleicht der Krimi dem Tanz auf dem Vulkan. Mehrmals steht Deutschlands weiteres Schicksal an der Kippe.

Fazit:

Ein sehr realistischer Bild der Nachkriegszeit und dem Tanz auf dem Vulkan, dem ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung gebe.

Veröffentlicht am 25.03.2019

MEnschliche Abgründe, der Stoff aus dem gute Krimi sind

Blutlauenen
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Die Journalistin Cora hat ein freies Wochenende, da Tochter Mila zu ihrem Vater nach Argentinien reist. Da passt es doch gut, dass sie ihre Jugend-freundin Ludevine, genannt „Lüdi“, trifft, die sie einlädt, ...

Die Journalistin Cora hat ein freies Wochenende, da Tochter Mila zu ihrem Vater nach Argentinien reist. Da passt es doch gut, dass sie ihre Jugend-freundin Ludevine, genannt „Lüdi“, trifft, die sie einlädt, gemeinsam mit den anderen Schulkollegen ein verlängertes Wochenende auf der Berghütte Blutlauenen zu verbringen. Oder?

„Im Sommer und im Herbst vermochte die wildromantischen Berglandschaft und der Lauensee eine ganze Anzahl Wanderer anzuziehen, die auf ihrer Tour in die Lenk oder rund um Wildhorn hier durchkamen.“

Obwohl Cora ein flaues Gefühl bei dieser Einladung hat, sagt sie spontan zu. Sie hat ja genug Lesestoff dabei, sollte das Wiedersehen mit der alten Clique nicht ihren Erwartungen entsprechen. Ihr Chefredakteur hat ihr eine Geschichte über in der Schweiz verschwundenes Nazi-Gold zur Recherche aufs Aug‘ gedrückt.

Der Helikopter bringt die Teilnehmer stilgerecht auf die einsame Berghütte, die sich als komfortables Chalet, mitten im Naturschutzgebiet, entpuppt. Die Idylle trügt und bevor der Leser noch alle Mitspieler kennenlernen kann, gibt es die erste Leiche. Plötzlicher Herztod, konstatiert René Gamper, der Arzt in der Run-de. Doch das wird nicht der einzige Tote bleiben. Der nächste wird gleich einmal mit einem Kissen erstickt.

Während man noch ein wenig schockiert ist, verschlechtert sich das Wetter und die Menschen auf Blutlauenen sind von der Umwelt abgeschnitten. Als zusätzlich noch der Strom ausfällt, liegen die Nerven ziemlich blank.
Dann geht es Schlag auf Schlag, wie bei Max und Moritz: „Dieses war die zweite Leich‘ und die dritte folgt zugleich!“
Nun ja, die dritte Tote stürzt bei einem Spaziergang rund ums Haus zu Tode. An der Unfallversion gibt es berechtigte Zweifel.

Wer hat es auf die Clique abgesehen? Kann es der in der Nähe lebende Einsiedler, der vor Jahren Frau und Kind brutal abgeschlachtet hat und nach der Verbüßung seiner Haftstrafe wieder in diese Gegend gezogen ist, sein? Nur, warum und wieso? Weit und breit ist kein Motiv zu erkennen. Oder ist es einer der dienst-baren Geister von Blutlauenen? Oder gar jemand aus der Clique?

Ein fesselnder Showdown bringt die schlüssige Lösung dieses Falles.

Meine Meinung:

Autor Christof Gasser ist wieder ein beklemmender Krimi, der an der Grenze zum Thriller schrammt, gelungen. Er verbindet mehrere Handlungsstränge zu einem dichten Kriminalfall. Jeder der Teilnehmer wird kurz mit seiner eigenen, persön-lichen Geschichte vorgestellt. Es scheint, als hätte jeder oder jede in irgend-einer Art Schuld auf sich geladen, die hier nun abgetragen werden soll. Da sind zum Beispiel die beiden, die die wahre Geschichte um das verschwundene Nazi-Gold aufdecken wollen oder diejenige, die mit ihrem Escort-Service eine junge Frau ins Unglück gestürzt hat. Alle Fäden laufen bei einer Person zusammen. Ist das des Pudels Kern (wie Geheimrat Goethe seinen Faust sagen lässt)?

Die Stimmung auf der Berghütte wird von Stunde zu Stunde explosiver. Alle sind verdächtig. Doch ebenso könnte jeder das nächste Opfer sein. Christof Gasser hat hier eine Situation, die einer Agatha Christie würdig ist, geschaffen. Die Situ-ation in der einsamen Berghütte, den Elementen ausgeliefert und ohne Verbindung zur Außenwelt zu sein, ist schon unheimlich genug. Dann noch die Mordserie. Der packende Schreibstil tut sein übriges, dass die Leser dieses Buch nicht aus den Händen legen kann.
Sehr spannend sind auch die kursiv geschriebenen Abschnitte, die mit der ent-sprechenden Jahreszahl versehen, den Konnex zur jeweiligen Person in der Berg-hütte bilden. Das Rätsel wie und wohin das Nazi-Gold verschwunden ist, wird den Lesern durch einen Rückblick eröffnet. Damit setzt sich der Autor mit der doch unrühmlichen Vergangenheit der Schweiz während der Nazi-Zeit auseinander. Denn wirklich „neutral“ waren die Eidgenossen nicht. Sie haben Geldgeschäfte mit je-dermann getrieben, ob jüdischer Emigrant oder Nazi-Bonze war einerlei, Hauptsa-che, die Kassa stimmte. Auch als Umschlagplatz von Devisen und Waffen war die Schweiz bekannt und beliebt. Damit hat sie sich nicht wirklich mit Ruhm bekle-ckert, denn nebenbei wurden Flüchtlinge und Emigranten wieder zurück nach Nazi-Deutschland und damit in den sicheren Tod geschickt.

Der Showdown, mit dem der Autor diesen Krimi enden lässt, ist voller Raffinesse. Da zieht Christof Gasser gekonnt alle Register.

Die Charaktere sind komplex angelegt. Auch Cora Johannis hat so ihre Ecken und Kanten, die manchmal selbstsüchtig erscheinen.

Fazit:

Ein fesselnder und rasanter Krimi, der sich auch kritisch mit der Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg auseinandersetzt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.