Profilbild von bookloving

bookloving

Lesejury Star
offline

bookloving ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit bookloving über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.04.2019

Interessanter Science Fiction-Roman

Die Reinsten
0

INHALT
Die Erde im Jahr 2191: Nach einer Zeit von verheerenden Kriegen, Seuchen und Klimakatastrophen hat die künstliche Intelligenz "Askit" die letzten Überlebenden in eine Ära des Friedens geführt. Um ...

INHALT
Die Erde im Jahr 2191: Nach einer Zeit von verheerenden Kriegen, Seuchen und Klimakatastrophen hat die künstliche Intelligenz "Askit" die letzten Überlebenden in eine Ära des Friedens geführt. Um die Regeneration des Planeten zu sichern, erwählt die KI eine Elite aus, deren Persönlichkeitsentwicklung ständig von ihr überwacht und gesteuert wird, um ihr volles Potenzial auszuschöpfen: Die "Reinsten".
Eve Legrand erfüllt alle Kriterien, um eine Reinste zu werden, und wird von der KI zur wichtigsten Prüfung ihres Lebens anerkannt. Doch anstatt in diesen elitären Kreis aufgenommen zu werden, wird sie ohne Erklärung verstoßen. Ihr bleibt nur die Flucht in die Zonen, die nicht von “Askit” kontrolliert werden. Dort wird sie mit einer Wirklichkeit konfrontiert, die ihre gesamten Werte und Vorstellungen radikal infrage stellt.
(Quelle: Golkonda Verlag)

MEINE MEINUNG
Mit seinem neuesten Buch „Die Reinsten“ ist dem deutschen Autor Thore D. Hansen ein beeindruckender und nachdenklich stimmender Science Fiction-Roman mit beklemmenden dystopischen Elementen gelungen. Die Vielschichtigkeit und Detailtiefe seiner düsteren Zukunftsvision und die fesselnde Geschichte rund um das faszinierende, sehr glaubwürdig ausgearbeitete Thema Künstliche Intelligenz konnten mich sehr überzeugen.
Der Roman bietet eine spannende und brisante Auseinandersetzung mit tiefgründigen, hochkomplexen Themen, die jeden von uns angehen. Sehr differenziert beleuchtet der Autor wichtige Fragestellungen, wie beispielsweise unsere Zivilisation in einer fernen Zukunft aussehen wird, das Überleben auf unserem Planeten trotz desolater Zustände gewährleistet werden könnte oder welche Möglichkeiten und Risiken neue Technologien bringen.
Angesiedelt ist Hansens Utopie in einer fernen Zukunft Ende des 22. Jahrhunderts nach dem Zusammenbruch der alten Zivilisation durch Klimawandel, Umweltverschmutzung und ungebremstes Bevölkerungswachstum. Hansen lässt uns eintauchen in eine hochtechnisierte, völlig durchorganisierte Welt, die noch immer gezeichnet ist von der lang zurückliegenden, verheerenden Klimakatastrophe. Dank des anschaulichen Erzählstils und vieler detaillierter Erläuterungen zu seiner erschaffenen, recht komplexen Welt der Zukunftsvision, fällt der Einstieg in die Geschichte nicht schwer. Die technischen Fachbegriffe und gut recherchierten Zusammenhänge werden gut eingeführt und halten sich angenehm im Hintergrund.
Gekonnt gibt uns der Autor Einblick in eine neue Klassen-Gesellschaft, die von einer künstlichen Superintelligenz namens ASKIT gelenkt und überwacht wird. Um fatale Fehler aus der Vergangenheit und eine neue Katastrophe zu vermeiden, hat diese KI mit ihrem Wertesystem und eigener Selbstoptimierung die Geschicke der gesamten Menschheit in der Hand. Sie unterstützt sie dabei, sich selbst zu optimieren, ihren Lebensraum wieder bewohnbar zu machen und wacht über die aktuellen Klimaentwicklungen. Eine speziell für ihre Arbeit mit ASKIT selektierte, menschliche Elite sind „Die Reinsten“, die Hirnimplantate besitzen, die eine direkte Kommunikation mit der alles beherrschenden KI ermöglichen und ihre Psyche für ihre Aufgaben beeinflussen und steuern.
Mit der sympathischen Protagonistin Eve Legrand, die als stolze Auserwählte kurz davorsteht, in die Akademie der Wissenschaft aufzusteigen zu werden, lernen wir diese bizarre Welt und die unvoreingenommene Gedankenwelt der „Reinsten“ kennen. Doch schon bald kommen auch ihre massive Zweifel an ASKITs-Entscheidungen, ihr perfektes Weltbild gerät zusehends ins Wanken und Eve steht vor schwierigen ethisch- moralischen Entscheidungen.
Obwohl das gut überschaubare Figurenensemble glaubwürdig und vielseitig ausgearbeitet ist und sich gut in die Geschichte einfügt, bleiben die Protagonisten recht blass. Bisweilen fehlten mir einige ergänzende Erläuterungen zu ihren Gedanken und Handlungsweisen, so dass ich mich nicht sehr gut in sie hineinversetzen und mit ihren mitfiebern konnte.
Hansen hat er eine durchaus fesselnde und abwechslungsreiche Handlung entworfen, die den Leser auch ohne viele Actionszenen zu unterhalten weiß. Im sehr dialogbetonten und informationslastigen Mittelteil tritt der Fortgang der Handlung jedoch sehr in den Hintergrund, so dass einige Längen auftreten und der Spannungsbogen deutlich einbricht. Je weiter die Geschichte dann aber voran schreitet, desto gewaltiger nimmt sie an Fahrt auf und gipfelt schließlich in einem äußerst fesselnden, unerwarteten Ende.
Die Gesamt-Handlung ist überzeugend genug, so dass man locker über einige kleine Schwächen im Plot und bei den Charakteren und zahlreichen Tippfehlern, die dem Lektorat durchgegangen sind, hinwegsehen kann. Der recht schlicht gehaltene, flotte Schreibstil von Hansen liest sich insgesamt angenehm.
Hansen hat in seinem Roman ein beklemmendes und erschreckend realitätsnahes Szenario ersonnen, denn viele der geschilderten Klima-Phänomene erleben wir bereits heute ansatzweise und der baldige Kollaps der Ökosysteme scheint ebenfalls in naher Zukunft denkbar. So futuristisch seine düstere Zukunftsvision mit einer allmächtigen KI und technisch perfektionierten Menschen auch scheint, wirkt sie doch sehr glaubwürdig und könnte basierend auf der Weiterentwicklung heutiger Technologien durchaus Realität werden.

FAZIT
Ein beeindruckender, nachdenklich stimmender Science Fiction-Roman mit einem beklemmenden und erschreckend realitätsnahen Szenario! Lesenswert!

Veröffentlicht am 30.03.2019

Unterhaltsamer, etwas enttäuschender Roman von Noll

Goldschatz
0

INHALT
Fünf junge Leute wollen es der Wegwerfgesellschaft zeigen: Tante Emmas altes Bauernhaus soll nicht abgerissen, sondern in eine alternative Studenten-WG verwandelt werden. Doch für die Renovierung ...

INHALT
Fünf junge Leute wollen es der Wegwerfgesellschaft zeigen: Tante Emmas altes Bauernhaus soll nicht abgerissen, sondern in eine alternative Studenten-WG verwandelt werden. Doch für die Renovierung fehlt das Geld. Da taucht in Emmas Trödel ein Säckchen mit wertvollen Goldmünzen auf. Aber der Schatz holt sie nicht etwa aus der Bredouille. Im Gegenteil, er führt sie mitten hinein und macht sie mit den unschönen Regungen des menschlichen Herzens bekannt.
(Quelle: Diogenes Verlag)
MEINE MEINUNG
„Goldschatz“ ist der neue Roman der sympathischen, mittlerweile über 80jährigen Grande Dame der Literatur Ingrid Noll. Ein Name, der für raffinierte Geschichten, kurzweilige Unterhaltung und vor allem für tiefschwarzen, subtilen Humor steht.
Doch auf vieles, was man sich von einem typischen „Noll“-Roman verspricht, wartet man bei „Goldschatz“ leider vergeblich. Die Geschichte über die jungen Weltverbesserer entwickelt sich trotz einiger Vorkommnisse nicht in Richtung Krimi, sondern bleibt vielmehr ein solider gesellschaftskritischer Roman über unsere Wegwerfgesellschaft und menschlichen Begehrlichkeiten und ist längst nicht so spitzfindig, bitterböse und einfallsreich, wie gewohnt.
Mit ihrer flotten, amüsanten Erzählweise gelingt es der versierten Autorin, uns rasch in ihre Geschichte hinein zu ziehen. Aus der Distanz heraus schauen wir quasi als stille Beobachter der Ich-Erzählerin Trixi und ihrer bunt zusammengewürfelten, alternativen Studenten-WG, die sich einem nachhaltigen Leben und Konsumverzicht verschrieben haben, dabei zu, wie sie sich in ihren Semesterferien mit großem Engagement bemühen, das alte Bauernhaus von Trixis Tante Emma zu entrümpeln und wohnlich zu machen. Nach und nach lernen wir neben den fünf jungen Leuten auch den schrulligen alten Gläser kennen, der mit seinem Schlüssel vom Haus unerwartete Besuche abstattet. Es macht richtig Spaß, sie anfangs bei ihrem ganz normalen Alltag zu begleiten, mit ihnen durch das runtergekommene Bauernhaus zu streifen, ihre gemütlichen Grillabende, ihre Geschäftigkeit bei der Restaurierung von alten Möbeln und ihren Gemeinschaftssinn beim lästigen Küchendienst zu erleben. Geschickt streut Noll in diese vermeintlich heile, aber doch sehr unkomfortable Welt erste unschöne, missgünstige Regungen ein. Durch den mysteriösen Fund des Säckchens mit wertvollen Goldmünzen wandelt sich die offene, freundschaftliche und rücksichtsvolle Atmosphäre in der WG schlagartig und die Konfliktpotentiale beginnen sich zu potenzieren. Sehr anschaulich hat Noll herausgearbeitet, wie die Geldgier selbst die anfänglich noch liebenswerten Hauptfiguren zu absolut unsympathischen, egoistischen Charakteren werden lässt.
Noll gelingt es sehr gut, uns bei den unterschiedlichen Beteiligten den schockierenden, charakterlichen Wandel und den schrittweisen Verlust jeglicher Werte wie Anstand, Gewissen, Aufrichtigkeit oder Rechtsgefühl sehr eindringlich vor Augen zu führen. Erschreckende menschliche Schwächen und unvorstellbare Abgründe tun sich hier auf. Missgunst, Intrigen, Boshaftigkeit, Neid und Egoismus lassen die WG schließlich auf eine unausweichliche Katastrophe zutreiben und das so optimistisch angegangene Projekt „Gegenstrom“ scheitern. Durch Nolls fesselnde Erzählweise und einige interessante Hintergründe zu einem Kapitalverbrechen wird zunächst viel Spannung aufgebaut. Dann entwickelt sich die Geschichte jedoch in eine völlig unerwartete Richtung und die zuvor angelegten Handlungsfäden verlieren sich und werden enttäuschender Weise nicht mehr aufgegriffen. Nach Beendigung des Romans war ich dann doch etwas vom Verlauf und dem Ausklang der Geschichte enttäuscht.

FAZIT
„Goldschatz“ bietet gute Unterhaltung mit feiner Ironie, ist aber mit Sicherheit nicht das beste Buch von Ingrid Noll!
Mir haben bei diesem soliden gesellschaftskritischen Roman Nolls subtiler, schwarzer Humor und das gewisse Etwas gefehlt.

Veröffentlicht am 11.03.2019

Fesselndes, rasantes Thrillerdebüt

Lola
0

INHALT
South Central, L.A. Lola Vasquez ist klein, zierlich, unscheinbar, anscheinend eine chica unter vielen in der Latino-Gang The Crenshaw Six. Die Gang versucht, möglichst unauffällig zu agieren, und ...

INHALT
South Central, L.A. Lola Vasquez ist klein, zierlich, unscheinbar, anscheinend eine chica unter vielen in der Latino-Gang The Crenshaw Six. Die Gang versucht, möglichst unauffällig zu agieren, und zu dieser Strategie in einer Mucho-macho-Welt gehört auch, dass Lola nicht sichtbar wird, denn in Wahrheit ist sie die Chefin der Gang, ebenso brillant wie rücksichtslos.
Die Karten werden neu gemischt, als sie in einen Krieg zwischen einem etablierten Großdealer, einem expansionswilligen mexikanischen Kartell und einem neuen Großlieferanten gezogen wird. Auch die Polizei und die Staatsanwaltschaft mischen mit – eine Gang wie jede andere.
Lolas Achillesferse ist ihre Familie, ihre Crack-Mutter und ihr nicht allzu schlauer Bruder. Als es hart auf hart kommt, muss Lola ein paar Entscheidungen fällen, die alles andere als leichtfallen …
(Quelle: Suhrkamp Verlag)

MEINE MEINUNG
Mit ihrem Debüt „Lola“ hat die US-amerikanische Schriftstellerin Melissa Scrivner Love einen mitreißenden, unglaublich fesselnden Thriller geschrieben, der als “Bester Erster Roman” für den Edgar Allan Poe Award nominiert wurde.
Die Autorin hat für ihren Thriller ein sehr interessantes Setting im skrupellosen Latino-Bandenmilieu von South Central Los Angelos und eine rasante, wendungsreiche und zunehmend komplexer werdende Handlung entworfen. Mühelos taucht man als Leser in ein großartiges und aufwühlendes Leseerlebnis ab und kann das Buch bald nicht mehr aus der Hand legen. Als Drehbuchautorin von TV-Serien hat die Autorin ein gutes Gespür für filmreife Szenen, kann diese sehr anschaulich umsetzen und lässt beim Leser ein eindrückliches Kopfkino entstehen.
Gekonnt nimmt uns die Autorin mit in eine uns recht fremde, düstere Welt des brutalen Drogenmilieus und gibt uns beklemmende Einblicke in das Leben ihrer äußerst faszinierenden Hauptfigur, der 26-jährigen Latina Lola Vasquez, die unversehens in einen Krieg zwischen zwei rivalisierenden Drogenkartellen hineingezogen wird und um ihr Leben bangen muss. Sehr lebendig und authentisch schildert die Autorin den schockierenden Alltag der kleinen Latino-Gang mitten im multikulturellen Moloch L.A., der geprägt ist von Skrupellosigkeit, Verrat, Rassismus, Frauendiskriminierung, Drogenabhängigkeit, Kriminalität, Gewalt, Waffen, Vernachlässigung und Missbrauch von Kindern und dem allgegenwärtigen Tod. Doch gibt es auch berührende, zwischenmenschliche Momente, die den Zusammenhalt der Menschen in ihrem Viertel und das Verantwortungsbewusstsein füreinander trotz der widrigen Umstände aufblitzen lassen.
Die Autorin hat mit ihrer überaus taffen Protagonistin Lola einen einzigartigen, authentisch wirkenden Charakter geschaffen, aus deren Perspektive die Geschichte erfrischend sachlich und abgeklärt erzählt wird. Lola ist eine vielschichtige und unglaublich starke Heldin, die beim Leser durchaus ambivalente Gefühle weckt. Als Tochter einer drogensüchtigen Mutter hat sie eine sehr schwierige Kindheit hinter sich, kennt die Abgründe der menschlichen Existenz und ist in dieses brutale Milieu hineingewachsen, was sie rücksichtslos und oft kaltherzig werden lassen. Als vermeintlich unscheinbare und unauffällige chica in einem von hartgesottenen Männern dominierten Umfeld lenkt sie ihre kleine Gang äußerst brillant, effizient und gerissen im Verborgenen und lässt ihren Freund Garcia nach Außen als Bandenchef auftreten. Eine überaus große Faszination geht von dieser ehrgeizigen, intelligenten Protagonistin aus, die zwar schockierend abgebrüht, kaltblütig und skrupellos ihren Job erledigt und oft recht fragwürdige Entscheidungen trifft. Neben ihrer dunklen Seite ist sie eine einfühlsame, fürsorgliche und sympathische Frau, die wie eine Gute unter all den Bösen wirkt und bei ihrem verzweifelten Überlebenskampf Respekt und Anerkennung verdient. Die Autorin hat mit Lola keine strahlende Überheldin geschaffen, sondern eine glaubwürdige, schillernde Figur mit vielen Schwächen und einigen fatalen Fehlentscheidungen, die den Leser aber mit ihrem großen Herz und guten Absichten auch berühren kann.
Doch auch die Bösewichte und übrigen Nebenfiguren sind mehrdimensional, lebendig und glaubwürdig ausgearbeitet. Eine besonders gelungene Nebenfigur ist die kleine 5-jährige Lucy mit ihrem sehr berührenden Schicksal.
Der Autorin gelingt es hervorragend, uns mit ihrer spannenden, packend erzählten Handlung und einigen unerwarteten Wendungen bestens zu unterhalten. Ihr abwechslungsreicher, anschaulicher Schreibstil liest sich trotz einiger recht brutaler, blutrünstiger Szenen sehr angenehm. Einige dramaturgische Schwächen und ungenau recherchierte, unglaubwürdige Details fallen bei der ansonsten hervorragenden Umsetzung kaum negativ ins Gewicht.
Auf eine Fortsetzung mit Lola als offizielle Anführerin der Crenshaw Six darf man schon sehr gespannt sein!

FAZIT
Ein fesselndes, aufwühlendes Thrillerdebüt - rasant und wendungsreich mit der faszinierenden, sehr taffen Latina Lola!
Autor: Melissa Scrivner Love

Veröffentlicht am 02.03.2019

Nishino und die Flüchtigkeit von Liebe

Die zehn Lieben des Nishino
0

INHALT
Nishino ist der perfekte Liebhaber, der die geheimen Wünsche jeder Frau errät. Warum hat keine seiner Lieben Bestand? Es beginnt schon in der Schule. Warum ist die Welt so unendlich? fragt Nishino ...

INHALT
Nishino ist der perfekte Liebhaber, der die geheimen Wünsche jeder Frau errät. Warum hat keine seiner Lieben Bestand? Es beginnt schon in der Schule. Warum ist die Welt so unendlich? fragt Nishino seine Freundin, um sie gleich mit der nächsten zu betrügen. Ein Mädchen spricht ihn auf der Straße an und will sofort Sex mit ihm. Seine Chefin hat sich geschworen, nichts mit ihm anzufangen, bis er sie aus heiterem Himmel verführt. In seinen Fünfzigern möchte er zusammen mit einer jungen Geliebten sterben, doch so weit will sie nicht mit ihm gehen.
(Quelle: Hanser Verlag)

MEINE MEINUNG
“Die zehn Lieben des Nishino" ist der neue Roman der bekannten und mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichneten japanischen Autorin Hiromi Kawakami, der nun in deutscher Übersetzung erschienen ist. Hierin thematisiert Kawakami nicht nur die Flüchtigkeit und Unberechenbarkeit der Liebe in der heutigen Zeit, sondern auch vom schwierigen Verhältnis zwischen Mann und Frau. Zugleich gewährt sie uns einen aufschlussreichen Einblick in die uns oftmals fremde und unverständliche japanische Mentalität und Kultur.
Kawakami versteht es, mit ihrem schnörkellosen, prägnanten Schreibstil, wundervoll poetischen Bildern und ihrem ruhigen, einfühlsamen Erzählfluss eine unnachahmliche Atmosphäre entstehen zu lassen, die mich gefangen genommen hat.
Im Mittelpunkt ihres neuen Romans steht der gutaussehende, überaus charmante aber etwas distanziert wirkende Nishino, der als “moderner Don Juan” und perfekter Liebhaber stets von den Frauen umschwärmt wird, aber dennoch zeitlebens keine erfüllende, dauerhafte Beziehung zu einer Frau aufbauen kann. Oftmals hat er sogar auf der Suche nach wahrer Liebe seine Liebschaften parallel zueinander laufen. Auf sehr ungewöhnliche Art portraitiert die Autorin ihren rätselhaften Protagonisten Nishino, denn lässt sie ihn nicht persönlich seine Lebensgeschichte erzählen, sondern zehn Geliebte Nishinos kommen zu Wort, die in jeweils in sich abgeschlossenen Kapiteln aus ihrer subjektiven Perspektive über ihre kurzzeitige Liebesbeziehung zum ihm und ihre Trennung berichten. In einzelnen, scheinbar unbedeutende Episoden und willkürlich aneinandergereihten Schilderungen der so unterschiedlichen Frauen wie dem Kennenlernen, ihrem Zusammensein auf teilweise sehr eigenwilliger Basis, alltägliche Belanglosigkeiten, ja sogar merkwürdige Dreiecksbeziehungen formt sich allmählich ein fragmentarisches, zwiespältiges Bild über den Charakter und die Lebensgewohnheiten des Protagonisten.
Insgesamt erfährt der Leser in den zehn nicht chronologisch angeordneten Episoden und stets subjektiv eingefärbten Erzählungen der Geliebten sehr viel über Nishinos Leben und seine Gewohnheiten, vor allem über seine Beziehungsängste, Selbstverliebtheit und der Widersprüchlichkeit seiner Gefühle und seiner Wunschvorstellung von Liebe. Dennoch schwingt beim Lesen stets auch ein Zweifel am Wahrheitsgehalt der Berichte mit. So kam mir bisweilen der Verdacht, ob Nishino nicht seine Gespielinnen oftmals getäuscht hat und ihnen bewusst etwas vorgespielt hat. So bleibt mein Eindruck von Nishinos Persönlichkeit bis zuletzt vage - eine faszinierende Annäherung an einen undurchsichtigen, unnahbaren Charakter, der seinen eigenen Mikrokosmos geschaffen hat.

FAZIT
Ein außergewöhnlicher, sehr ruhiger und atmosphärisch dichter Roman aus Japan, zu dem man allerdings nicht leicht Zugang findet!

Veröffentlicht am 02.03.2019

Packender, temporeicher Schweden-Thriller

Der Patriot
0

INHALT
Nach dem kaltblütigen Mord an einer jungen, liberalen Journalistin verbreitet sich großes Unbehagen in den schwedischen Nachrichtenredaktionen. Die Vertreter der sogenannten "Lügenpresse" sind längst ...

INHALT
Nach dem kaltblütigen Mord an einer jungen, liberalen Journalistin verbreitet sich großes Unbehagen in den schwedischen Nachrichtenredaktionen. Die Vertreter der sogenannten "Lügenpresse" sind längst massive Drohungen gewohnt, doch müssen sie tatsächlich um ihr Leben bangen, denn es bleibt nicht bei einem Opfer und populistische Meinungsmacher heizen die Stimmung noch an.
Nur die junge, ehrgeizige Nachrichtenredakteurin Madeleine Winther lässt dies alles recht kalt und völlig unerschrocken nutzt sie die Situation, um ihre Karriere weiter voranzutreiben.
Der skrupellose und zu allem entschlossene Serienkiller Carl Cederhielm scheint in Stockholm mit den Medien abrechnen zu wollen, die dem ungezügelten Flüchtlingszustrom in seine Heimat wohlwollend gegenüberstehen. Zusammen mit zwei gleichgesinnten Rechtsextremen verfolgt Carl Cederhielm seine perfide Mission und macht gnadenlos Jagd auf die Journalisten auf seiner Todesliste.
Doch dann taucht ein völlig unbeteiligter Akteur aus seinem chilenischen Exil auf - August Novak. Der junge schwedische Ex-Soldat und Bodyguard ist zum Äußersten entschlossen, kommt den schwedischen Terroristen in die Quere und wird zu einem äußerst gefährlichen Gegenspieler.

MEINE MEINUNG
Dem ehemaligen schwedischen Journalisten und jungen Debütautor Pascal Engman ist mit seinem Erstling „Der Patriot“ ein beeindruckender, äußerst rasanten Thriller gelungen, der mich mit seiner brandaktuellen, sehr glaubwürdig ausgearbeiteten Thematik von Beginn an fesseln konnte.
Der Autor hat sich für seinen Page Turner einen sehr packenden und erschreckend realistischen Plot ausgedacht, der uns in eine beklemmende und brutale Realität mitnimmt, die wir mittlerweile überall in Europa beobachten können. Anschaulich führt uns Engman beängstigende Einstellungen und Strömungen in unserer Gesellschaft vor Augen, die die Politik nur zu gerne verdrängen und nicht wahrhaben möchte.
In seinem Thriller greift er zahlreiche Schlagworte wie Flüchtlingsflut, Populismus, rechtsextremistischer Patriotismus, Terrorismus, Manipulation durch Fake-News und skrupelloser Waffenhandel auf, die tagtäglich durch die Medien geistern. Geschickt verdichtet er die unterschiedlichen Themenbereiche zu einer vielschichtigen, wirklich packenden Story, die mich in Atem hielt, und ich den Thriller schließlich nicht mehr aus der Hand legen konnte.
Der Autor versteht es hervorragend, temporeich und mitreißend zu schreiben, wobei man sich auch auf einige recht brutale und blutrünstige Szenen gefasst machen sollte. Der schockierende Prolog, der mit der Ermordung der Journalistin Hannah Löwenström endet, kurz gehaltene Kapitel mit Cliffhanger und rasche Perspektivwechsel sorgen schon von Beginn an für enorme Spannung. .
Die komplex angelegte Handlung mit verschiedenen parallel laufenden Erzählsträngen, unterschiedlichen Schauplätzen und etlichen Akteuren ist lange Zeit nicht vorhersehbar. Einige unerwartete Wendungen sorgen für einen nervenaufreibenden Lesespaß, lassen Raum zum Spekulieren und geben viele Rätsel auf. Erst beim äußerst fesselnden Showdown führt der Autor geschickt die verschiedenen, miteinander verwobenen Handlungsstränge zusammen und lässt die Wege der unterschiedlichen Charaktere schließlich sich für kurze Zeit kreuzen. Natürlich bedient sich der Autor bisweilen auch einiger, für dieses Genre recht typischer Klischees, und überstrapaziert Zufälle in seinem Plot für meinen Geschmack bisweilen etwas zu sehr, aber insgesamt mindert dies die Glaubwürdigkeit und Unterhaltungswert seiner Geschichte kaum.
Der Autor hat mit seinem Protagonisten und Gegenspielern faszinierende, recht vielschichtig angelegte und stimmige Charaktere geschaffen, deren Hintergrundgeschichten und Motivation man gut nachvollziehen konnte. Zudem gewährt der Autor uns einige sehr schockierende Einblicke in die Abgründe der menschlichen Psyche und zeichnet ein nachdenklich stimmendes, realitätsnahes Bild unserer Gesellschaft und Politik.

FAZIT
Ein packender, temporeicher Schweden-Thriller mit einer brandaktuellen, sehr realistischen Thematik!
Ein lesenswertes Debüt, das sehr neugierig auf den bereits auf Schwedisch erschienenen 2. Band macht und sich mit dem internationalen Organhandel beschäftigt.