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Veröffentlicht am 08.05.2019

Faszinierender Auftakt der neuen Trilogie von Robert Corvus

Berg der Macht
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Magie, die im Granit verborgen liegt – im Granit des Berges Ianapat, in dessen Tiefen die Unsterblichen leben. Unsterblich werden können nur die Adeligen, der Preis dafür ist jedoch die Trennung von Körper ...

Magie, die im Granit verborgen liegt – im Granit des Berges Ianapat, in dessen Tiefen die Unsterblichen leben. Unsterblich werden können nur die Adeligen, der Preis dafür ist jedoch die Trennung von Körper und Geist, denn nur ein Geist kann unsterblich sein. Die Geister bestimmen mit ihrem Willen die Schaffung von Bündnissen zwischen den Menschen am Berg und unterstützen damit die höfischen Ränkespiele und Intrigen. Graf Golar von Haus Schneegrund scheint jedoch ein eigenes Ziel zu verfolgen. Und dann gibt es noch die Gravilier, die vor einiger Zeit das Privileg, am Berg zu leben, verloren haben und sich dieses zurückerobern wollen.

Die Vorstellung eines hohen Berges, in dessen Tiefen Unsterbliche leben und mithilfe von Spiegeln das Tageslicht nach unten transportiert wird, fand ich sehr faszinierend. Aber es war auch spannend, das gesellschaftliche und politische Leben der Menschen an und um den Berg kennenzulernen. Ebenso die Verbindung mit Elementen, die man eher in Science-Fiction-Romanen erwarten würde, wie die Imagolems, steinerne Menschen, die an Roboter erinnern, geben dem Roman eine ganz spezielle Note, die mir sehr gut gefallen hat.

Zwischen den Adelsgeschlechtern herrschen Intrigen und Dekadenz und ich hatte immer wieder das Gefühl, dass die Mächtigen am Berg zu sehr von sich überzeugt und mit sich selbst beschäftigt sind. Lediglich Graf Golar sticht positiv aus dieser eitlen Schar heraus – und er scheint eigene und sehr geheime Ziele zu verfolgen.

Golars Tochter Semire hat ebenfalls ihren eigenen Kopf: schon immer haben sie Schwert und Kampf wesentlich mehr interessiert als Sticknadel und Heiraten. Sie hat keine Lust, sich in die sonst übliche Rolle der braven Tochter pressen zu lassen, deren einziger Lebensinhalt darin besteht, sich vorteilhaft zu verheiraten, um so ihrem Ehemann und ihrer Familie zu mehr Macht zu verhelfen. Für so ein fades Leben ist sie auch viel zu intelligent und zu gerissen.

Ein weiterer Charakter, der mir sehr gut gefallen hat, ist der Maler Quilûn, der von Golar als Jugendlicher unter seine Fittiche genommen wurde. Die beiden Männer verbindet mehr als nur berufliche Abhängigkeit, man spürt auf beiden Seiten Respekt und Vertrauen.

Dann gibt es noch die Magier, die den Granit so bearbeiten, dass die ihm innewohnende Magie bestmöglich zur Geltung kommt und mich mit ihrer Arbeit an Bildhauer erinnerten. Kyrin ist eine von ihnen und Vertraute von Graf Golar: sie beide verfolgen eine bestimmte Spur, jedoch müssen sie im Verborgenen agieren, denn Magier, die verbotene Magie anwenden, erwartet eine grausame Strafe.

Eine Gefahr für die derzeit Herrschenden am Berg könnten die Gravilier darstellen, die vor langer Zeit ihre Machtposition am Berg verloren haben und sich diese nun wieder zurückerobern wollen. Und welche Rolle spielen dabei die Gravilioner, deren Sturz von damals einige Fragen aufwirft?

Die Unsterblichen im Berg … sie bleiben im ersten Band noch recht vage, aber das, was der Leser über sie erfährt, man neugierig auf mehr.

Der Leser lernt diese Welt nach und nach kennen, indem er die Protagonisten bei ihren Abenteuer und in ihrem alltäglichen Leben begleitet. Eine ganze Zeit lang war mir nicht klar, in welche Richtung das Buch gehen wird, welche Geheimnisse zwischen den Buchseiten darauf warten, entdeckt zu werden, und das fand ich besonders raffiniert, denn das schaffte Raum für genügend eigenen Spekulationen.

Mich hat jedenfalls das ganze Setting absolut überzeugen können und wenn die Trilogie so weiter geht, hat sie gute Chancen, zu meinen Lieblingsbüchern des Autors zu gehören.

Veröffentlicht am 04.04.2019

Grandioser Abschluss der Dilogie

Die Dämonenkriege - Dunkelkönig
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Endlich ist der zweite Teil der Dämonenkriege-Dilogie von Michael Hamannt erschienen! Die Erwartungen nach einem überzeugenden ersten Band waren auf meiner Seite hoch – und sie wurden nicht enttäuscht, ...

Endlich ist der zweite Teil der Dämonenkriege-Dilogie von Michael Hamannt erschienen! Die Erwartungen nach einem überzeugenden ersten Band waren auf meiner Seite hoch – und sie wurden nicht enttäuscht, im Gegenteil, sie wurden sogar noch übertroffen.

Der Wettlauf in den Schwebenden Reichen um das Grab des wahnsinnigen Dämonengottes Inos, der seine Auferstehung plant, spitzt sich zu, während der Dämonenjäger Ryk mit der Veydra Kela in der Gegenwelt festsitzt. Der Blutlenker Asmaran, erbitterter Gegner von Ryk, versucht alles, um Ryk zu zwingen, ein Portal in die Schwebenden Reiche zu eröffnen. Die beiden Gegner sind gezwungen, ihre jeweiligen Positionen zu überdenken, um beide Welten vor dem Verderben zu retten: nur, wenn Feinde zu Verbündete werden, haben sie überhaupt eine Chance. Dem Autor ist die Beschreibung dieser Annäherung mit all ihren Risiken und Möglichkeiten sehr gut gelungen, zumal er mich immer wieder mit unerwarteten Wendungen überrascht hat.

Aber auch in den Schwebenden Reichen sind die Gegner und Anhänger von Inos nicht untätig: es kommt zu erhofften Wiedersehen und natürlich war ich gespannt auf die Entwicklung von Veitt, bei dem sich im ersten Band abzeichnete, dass allmählich eine starke Magie in ihm erwacht. Außerdem erfährt der Leser mehr über die faszinierenden Hintergründe der Barriere zwischen der Menschen- und der Gegenwelt.

Der Autor schafft es mühelos, die Geschichte mit einer perfekte Balance zwischen Schlachten und großen Gefühlen, unheimlichen Begegnungen und schwarzem Humor und viel Nervenkitzel zu erzählen. Nichts ist vorhersehbar und überall lauern dicke Überraschungen. Man hofft und bangt mit den Protagonisten in dem Wissen, dass man eben nicht weiß, wer am Ende überleben wird. Das Ende dieses phantastischen Zweiteilers ist gelungen, überzeugend und nachvollziehbar.

Ich bin total begeistert von diesen beiden tollen Bänden, die für mich in ihrer Komplexität und spannendem Erzählstil zu meinen Highlights im Bereich der Fantasy zählen. Absolute Buchempfehlung!

Veröffentlicht am 02.04.2019

Endlich wieder ein Krimi von Sabina Naber

Eine Melange für den Schah
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Wien 1965: während die Wiener dem Besuch des persischen Schahs entgegenfiebern, wird der Chefermittler Wilhelm Fodor und seine Kollegen mit mehreren Morden in Studentenkreisen konfrontiert. Die Toten haben ...

Wien 1965: während die Wiener dem Besuch des persischen Schahs entgegenfiebern, wird der Chefermittler Wilhelm Fodor und seine Kollegen mit mehreren Morden in Studentenkreisen konfrontiert. Die Toten haben sich zwar untereinander gekannt und bewegten sich in der linken Szene, aber ihre Freunde und Bekannte mauern gegenüber der Polizei und machen es Fodor dadurch ziemlich schwer, dem Mörder auf die Spur zu kommen. Es gibt sowohl Hinweise für eine politische wie auch persönliche Motivation der Taten.

Endlich wieder ein Buch von Sabina Naber – das war mein erster Gedanke, als ich erfahren habe, dass ihr neuester Krimi erscheinen wird. Ich war schon immer begeistert von ihrer Reihe um die Wiener Ermittler Katz und Mayer und daher natürlich auch auf ihr neues Werk sehr gespannt, welches den Leser in das Wien der 1960er Jahre führt und hoffentlich den Auftakt für eine neue Reihe darstellt.

Bisher fand ich dieses Jahrzehnt nicht allzu spannend und dachte, das Wichtigste darüber zu wissen, aber der vorliegende Krimi hat mich eines besseren belehrt. Mir war beispielsweise nicht klar, dass die Emanzipation der Frau damals noch in den allerkleinsten Kinderschuhen steckte. Auch hatte ich mir nie so bewusst gemacht, dass die Auswirkungen und die Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs für die Menschen in diesem Jahrzehnt noch sehr präsent waren. Und auch bei der zeitlichen Einschätzung einiger Songs bin ich einige Male ziemlich daneben gelegen.

Die Autorin führt den Leser auf eine spannende Zeitreise und ich muss sagen, mit meiner Einschätzung der 1960er Jahre lag ich ziemlich falsch, wie ich erkennen musste. Aber es wird natürlich in dem Krimi auch gemordet und ermittelt. Und wie ich das von Sabina Naber schon gewohnt bin, hatte ich mal wieder bis beinahe zum Schluss keinen blassen Schimmer, wer der oder die Täter sind oder wo das Motiv liegt. Aber da war ich nicht alleine, denn den Ermittler ging es nicht viel besser.

Das Ermittlerteam besteht aus drei Charakteren: Wilhelm Fodor ist der Chefermittler, der mir mit seiner Toleranz gegenüber Neuem oder auch Frauen im Kollegenkreis gut gefallen hat. Allerdings hat er kein glückliches Händchen mit seinen Freundinnen.
Sein Kollege Lukaschek ist eher der gemütliche Typ, während Siegfried Fischer ab und zu wie ein Bulldozer daherkommt. Wegen seiner Abneigung Ausländern gegenüber hatte ich mit ihm die meiste Mühe. Aber gerade diese Mischung aus unterschiedlichen Figuren macht das Ermittlertrio umso interessanter.

Die Beschreibungen von Charakteren und Situationen waren und sind eine ganz große Stärke der Autorin: sie ist in der Lage mit wenigen und so treffenden Worten Personen, Stimmungen und Gesten einzufangen, dass ich immer das tollste Kopfkino habe. Durch die Verwendung von Wiener Dialektwörtern wird es noch authentischer und lebendiger.

Ich habe mich mit dem neuesten Krimi der Autorin wieder bestens unterhalten gefühlt und die Auflösung am Ende war raffiniert und nachvollziehbar. Nun hoffe ich sehr, dass Fodor, Fischer und Lukaschek viele Anhänger finden werden, damit es mit der Krimireihe weitergehen wird.

Veröffentlicht am 21.03.2019

Erster Teil der Breitenbach-Saga

Der weiße Ahorn
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Berlin 1881: Eigentlich läuft die Schuhfabrik von Hermann Breitenbach sehr gut, wenn Hermann nicht von seinem Konkurrenten Meißner wegen eines dunklen Geheimnisses in seiner Vergangenheit erpresst werden ...

Berlin 1881: Eigentlich läuft die Schuhfabrik von Hermann Breitenbach sehr gut, wenn Hermann nicht von seinem Konkurrenten Meißner wegen eines dunklen Geheimnisses in seiner Vergangenheit erpresst werden würde. Als Meißners Forderungen immer dreister werden, bleibt den Breitenbachs nichts anderes übrig, als sich ein zweites Standbein in Amerika aufzubauen. Dazu schickt Hermann seinen Sohn Georg in die Staaten, um das Tochterunternehmen aus dem Boden zu stampfen - er wird dabei von seiner Schwester Rosa und dem langjährigen Mitarbeiter und Freund Wendelin begleitet.

Auf die Bücher von Mina Baites bzw. Iris Klockmann freue ich mich immer besonders, da sie mir mit ihrem herzerwärmenden Schreibstil schon viele schöne Lesestunden bereitet hat. So auch mit dem ersten Teil der Saga über die Familie Breitenbach, die eine erfolgreiche Schuhfabrikation in Berlin unterhält und von einem unliebsamen Konkurrenten zunehmend unter Druck gesetzt wird.

Aber es steht nicht nur die Familie Breitenbach in Berlin im Fokus, sondern ebenso ihr Aufbruch nach Amerika, um in Colorado ein Tochterunternehmen zu gründen. Dabei erhält der Leser einen guten Einblick in den Alltag auf den Auswandererschiffen. Wer denkt, dass es sich dabei damals um eine gemütliche Überfahrt handelte, irrt sich gewaltig: auf den Schiffen herrschten katastrophale hygienische Zustände, wenn man sich kein Ticket für die erste Klasse leisten konnte. Schockiert war ich auch darüber, wie teuer ein solches Ticket für die erste Klasse überhaupt war.

Und wenn die Menschen dann endlich am Ziel ankamen, bedeutet das noch längst nicht, dass sie es auch durch die „Immigration“ schafften. Für viele Menschen endete der Traum vom Auswandern damit, dass sie wieder nach Europa zurückgeschickt wurden.

Georg Breitenbach, der jüngere Sohn, arbeitet zwar in Berlin als Buchhalter im väterlichen Betrieb, hat aber keinen rechten Spaß an der Arbeit, vielmehr wäre er lieber Pianist. Aber als der Druck auf das Unternehmen durch Meißner immer größer wird, ist es für ihn keine Frage, dem Wunsch seines Vaters zu entsprechen, um nach Amerika zu reisen. Als er und seine beiden Begleiter in Colorado bei ihrer Tante Fanny ankommen, erleben sie eine große Überraschung.

Rosa Breitenbach, das Nesthäkchen, muss man einfach gern haben. Sie ist für ihre Zeit eine moderne Frau, die sich für mehr Rechte der Frauen einsetzt. Normalerweise hätte Hermann seine geliebte unverheiratete Tochter nicht nach Amerika reisen lassen, aber da sich Meißners Forderungen auch auf Rosa beziehen, erklärt er sich bereit, sie ziehen zu lassen. Rosa war mir auch deswegen sympathisch, weil sie ihre Augen vor Ungerechtigkeiten nicht verschließt, sondern nach Wegen sucht, um dagegen anzukämpfen. Manchmal ist sie dabei zwar etwas naiv in ihren Vorstellungen, was aber ihrem jungen Alter geschuldet ist.

Der ältere Sohn Theodor erscheint anfangs eher etwas steif und sehr korrekt, seine Ehe zeichnet sich durch wenig Wärme aus. Im Laufe des Buches aber entdeckt nicht nur der Leser unerwartete Seiten an ihm. Neben seinem Vater leitet er das Unternehmen in Berlin und wie das häufig so ist, leidet er darunter, dass sein Vater ihm oftmals nicht genug zutraut. Man kann Hermann aber auch verstehen, denn es ist nie einfach, sich einzugestehen, wenn man aufgrund des Alters und der Gesundheit nicht mehr so belastbar ist.

Die Autorin schafft es auch diesmal wieder mit einer spannenden Geschichte, gespickt mit interessanten historische Fakten und liebenswerten Charakteren, sehr gut zu unterhalten. Die Beschreibungen der Reise auf dem Schiff und quer durch Amerika waren sehr bildhaft geschildert.
Ich freue mich nun auf den zweiten Teil der Saga, der noch in diesem Jahr erscheinen soll.

Veröffentlicht am 13.01.2019

Die Verheißung vom ewigen Leben

Ewiges Leben
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Die Journalistin Sophia und ihr Kollege Borris erhalten den lukrativen Auftrag, ein Firmenporträt über den Biotechnologie-Konzern Futuria zu verfassen. Der Konzern hat durch seine gentechnische Heilung ...

Die Journalistin Sophia und ihr Kollege Borris erhalten den lukrativen Auftrag, ein Firmenporträt über den Biotechnologie-Konzern Futuria zu verfassen. Der Konzern hat durch seine gentechnische Heilung von Krankheiten wie Krebs in den letzten Jahren viel positive Aufmerksamkeit erlangt. Zudem wartet die Welt gespannt auf den angekündigten bevorstehenden Durchbruch bei der Unsterblichkeit. Doch dann erhält Sophia Hinweise darauf, dass der Konzern ein düsteres Geheimnis hütet – jedoch zögert die Journalistin, denn immerhin verdankt sie dem Konzern ihr Leben.

Wer träumt nicht davon: ein Leben in Gesundheit, der Sieg über unheilbare Krankheiten wie Krebs oder Aids und als Krönung das ewige Leben. Und das alles dank der CRISPR/Cas-Genschere, die ungeahnte Möglichkeiten in der modernen Gentechnik ermöglicht. Aber ein unsterbliches Leben birgt auch z.B. wirtschaftliche Risiken, wenn Menschen zwar geboren werden, aber nicht mehr sterben, von ethischen Fragestellungen ganz abgesehen. Werden alle Menschen in den Genuss der Unsterblichkeit kommen oder wird dieses Privileg bestimmten Gruppen vorbehalten bleiben?

Und die Kirche muss sich dann fragen, ob sie überhaupt noch eine Daseinsberechtigung hat, wenn der Mensch gottgleich den Lebensplan von sich selbst, Tier und Pflanzen manipulieren und entscheiden kann, nicht mehr sterben zu wollen.

Genau das sind die Themen, die von Andreas Brandhorst in seinem neuesten Thriller aufgegriffen und in einer spannenden Handlung verwoben werden, der in nicht allzu ferner Zukunft spielt.

Die Journalistin Sophia ist mit Futuria in besonderer Weise verbunden, denn ohne den Konzern wäre sie schon längst an erblichem Knochenkrebs gestorben. Zudem wurde sie von dem Konzern damit beauftragt, ein Porträt über den Konzern anläßlich seines 20-jährigen Firmenjubiläums zu erstellen. Aber ausgerechnet sie wird von dem mysteriösen Casper aufgesucht, der Zweifel an der Integrität des Konzerns sät und möchte, dass sie hinter die Kulissen sieht. Sophia ist nicht sehr begeistert, aber ihr Kollege Borris will den Andeutungen auf den Grund gehen.
Dass ausgerechnet die Protagonistin, die als Journalistin bekannt ist, die den Dingen gerne auf den Grund geht, gegen ihren Wohltäter recherchieren soll, macht die Handlung besonders delikat, denn man fragt sich natürlich, wie neutral kann Sophia überhaupt sein.

Der Autor beleuchtet aber nicht nur das biologische ewige Leben als Spielart der Unsterblichkeit, sondern auch die Möglichkeit in einer virtuellen Wirklichkeit namens Eden unsterblich zu werden. Eden ist ebenfalls ein Geschäftszweig von Futuria, in den seit Jahren stark investiert wird.

Eden hat bereits ein solch große Bedeutung, dass sogar der Vatikan eine Vertretung dort hat und Papst Pius bereit ist, Futuria sowie Eden seinen Segen zu geben. Denn Pius ist klar, dass die christlichen Kirchen Gefahr laufen, völlig unbedeutend zu werden, wenn den Menschen die Unsterblichkeit zur Verfügung steht und sie kein göttliches Gericht mehr nach dem Tod zu fürchten haben.

Während sich Pius mit Futuria arrangieren will, gibt es aber auch Menschen, die Futurias Pläne überhaupt nicht gutheißen und notfalls mit Gewalt dagegen vorgehen wollen, wie der Terrorist Jossul. Jossul ist davon überzeugt, dass Gott mit und aus ihm spricht und er den eindeutigen Auftrag hat, gegen die Unsterblichkeit vorzugehen. Jossul ist ein spannender Charakter, denn einerseits ist er in seinem religiösen Eifer und Fanatismus abschreckend und abstoßend, andererseits aber sind einige seiner Überlegungen durchaus berechtigt und absolut nachvollziehbar. Aber genau das ist auch eine der Stärken der Charaktere von Brandhorst, dass sie vielschichtig und damit nicht vorhersehbar gezeichnet sind.
Das Buch beleuchtet die Chancen und Fragen, aber auch die Macht, als Konzern über die Unsterblichkeit entscheiden zu können. Und das wieder auf spannende und unterhaltsame Weise.