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Veröffentlicht am 04.04.2019

Eine wundervolle Geschichte, die direkt ins Herz geht

The Ivy Years – Was wir verbergen
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Kann der zweite Band der Ivy Years Reihe mit dem ersten mit­hal­ten? Ja, auf jeden Fall. In man­chen Punk­ten hat mir Was wir verbergen sogar noch besser ge­fallen als Bevor wir fallen. Aber auch nur in ...

Kann der zweite Band der Ivy Years Reihe mit dem ersten mit­hal­ten? Ja, auf jeden Fall. In man­chen Punk­ten hat mir Was wir verbergen sogar noch besser ge­fallen als Bevor wir fallen. Aber auch nur in man­chen Punkten. Zu Bridger und Scarlet konnte ich bei­spiels­wei­se deut­lich schneller eine Bin­dung auf­bau­en, als zu Hartley und Corey. Sie waren mir von Anfang an sym­pa­thisch und ge­rade Bridger hat schnell einen fes­ten Platz in meinem Herzen bekommen.
Scarlet und Bridger lernen sich an einem der ers­ten College­tage kennen und es scheint di­rekt zwischen den beiden zu funken. Die Be­ziehung, die sich im Lau­fe des Romans ent­wi­ckelt, em­pfand ich als über­aus ge­lun­gen. Die zwei sind einfach so har­mo­nisch mit­einan­der. Wer hier nach einer auf­regen­den Drei­ecks­be­zie­hung oder Eifer­suchts­dra­men sucht, wird nicht er­folg­reich sein. Doch die Lie­be steht in Was wir ver­bergen nicht im Fo­kus. Es geht um die Pro­ble­me der zwei Figuren und wie sie mit ihren Ge­heim­nissen um­ge­hen.
Mir per­sön­lich hat es auch sehr ge­fallen, dass es in die­sem Band mehr um die Schwie­rig­kei­ten im Leben der Figu­ren geht, als um die ro­man­ti­sche Be­ziehung. Scar­lets Vater wird vor­ge­wor­fen mehre­re Jungs miss­braucht zu haben, was einen dunk­len Schatten über Scar­lets Leben zieht; Bridger kümmert sich um seine acht­jähri­ge Schwes­ter, die er heim­lich in seiner Stu­den­ten­woh­nung un­ter­ge­bracht hat, da seine Mutter nicht mehr in der La­ge ist, sich um ein Kind zu kümmern.
Gerade Bridger wuchs mir dabei un­glaub­lich ans Herz. Die Passa­gen, in denen man le­sen kann, wie rüh­rend und voller Liebe er sich um seine kleine Schwes­ter kümmert, sind ein­fach herz­er­wär­mend. Man muss Bridger dafür ein­fach lieben. Er ist ein durchweg guter junger Mann und tut alles für die Menschen, die er liebt. All­ge­mein wirk­te er auf mich die meiste Zeit deutlich reifer als im ersten Roman der Reihe. Er ist nicht mehr der wilde Hockey­spie­ler, den Leser in Bevor wir fallen kennen­lern­ten.
Hinter ihm liegt eine Hundert­acht­zig-Grad-Wen­dung und er hat rea­li­siert, was im Leben wirk­lich wich­tig ist. Dennoch ist mir hin und wieder aufgefallen, dass er einige Arten von seinem früheren Leben beibehalten hat. Gerade in Bezug auf die Optik von Mädchen (auch Scarlet) war er doch etwas plump und sexistisch. Da stehe ich beim Schreiben dieser Rezension auch etwas im Zwiespalt mit mir selbst: Einerseits denke ich, dass dieses Verhalten für einige junge Männer durchaus realistisch ist, andererseits finde ich es in Büchern unangebracht und falsch. Wenn man das Gefühl vermittelt bekommt, dass eine Person nur ein Stück Fleisch ist, um seine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, klingeln bei mir die Alarmglocken.
Seine Pro­ble­me gehen weit­aus über die übli­chen Stu­den­ten­pro­bleme hinaus. Partys fallen für ihn aus. Statt­dessen muss er gu­cken, wie er seine Prü­fun­gen, die Ar­beit und seine Schwes­ter unter einen Hut be­kommt. Und dass seine Schwes­ter im Stu­den­ten­wohn­heim lebt und er sich um sie kümmert, ist dabei das größte Problem. Kinder sind im Wohn­heim näm­lich nicht er­laubt und dazu kommt, dass er nicht die Vor­mundschaft für seine Schwester hat.
Scarlet ist ein lie­bes Mädchen. Ihre Ver­gangen­heit, be­zie­hungs­weise die Skan­dale ihres Va­ters, be­las­ten sie sehr. Das merkt man im Ver­lauf der Ge­schich­te von Seite zu Seite mehr. Dennoch hatte ich mit ihr hin und wie­der eini­ge Schwie­rig­kei­ten. Dies liegt haupt­säch­lich an ihrer Art Pro­bleme zu lösen. Da haben wir eine ganz unter­schied­li­che Heran­gehens­wei­se und ihre Art, die Dinge zu be­wäl­tigen, konnte ich schlicht­weg nicht ver­ste­hen.
Mir ist be­wusst, dass die Skan­dale ihres Va­ters grau­en­haft sind, aber in meinen Au­gen kann man zu den Per­so­nen, die man am meis­ten liebt, dennoch immer ehr­lich sein. Dass Scarlet es nicht ist, empfand ich als scha­de. Beson­ders weil sich aus ihren Lügen ir­gend­wann ein Strick dreht und die Hand­lung sehr über­zogen wirkt. Für mich ver­lor die Ge­schich­te durch sie etwas an Glaub­würdig­keit.
Den roten Faden in der Hand­lung kann man schnell er­ahnen. All­ge­mein könnte man be­haup­ten, dass Was wir ver­bergen ziemlich vor­her­seh­bar ist. Auf den ersten Seiten er­fährt man als Leser die Ge­heim­nisse der Prota­gonis­ten und weiß, dass diese ir­gend­wann ans Ta­ges­licht kommen. Dennoch hat mir die Hand­lung zu­ge­sagt und ich mochte das Buch gar nicht mehr aus den Hän­den legen. Dieser Ro­man ist natür­lich nicht so action­geladen wie ein Thriller. Nichts­desto­trotz kehrt sel­ten Still­stand ein. Man klebt an den Seiten, will wissen, was als nächstes passiert.
Besonders im letzten Drittel beginnen sich die Er­eig­nisse zu über­schla­gen und Sarina Bowen hat leider eine Sache in Scar­lets Plot ein­ge­baut, die mir über­haupt nicht zu­sagte. Ich habe die liebe Denise, die das Buch zeit­gleich ge­lesen hat, bei meiner Ver­mu­tung zu einer be­stimm­te Sache an­ge­spro­chen und sie ge­fragt, ob sie glaubt, dass dies mög­lich sei. Wir waren uns einig: Sarina Bowen würde die Hand­lung abschwächen, in­dem sie dies tut. Sie tat es und spä­tes­tens da verlor die Hand­lung weiter an Glaub­würdig­keit, was ich echt schade finde.
The Ivy Years – Was wir verbergen hat un­glaub­lich viel Po­ten­zial und wurde dann durch ein, zwei Twists in der Hand­lung fast schon kli­schee­belas­tet. Das tut dem Buch aber nichts. Jeder, der zu diesem Buch greift, wird sich darü­ber bewusst sein, dass dies keine an­spruchs­volle Li­tera­tur ist und ich finde, dass man daher auch eine Auge zu­drü­cken kann. Fakt ist näm­lich, dass die Lektüre viel Spaß bringt und das ist doch ein guter Grund, um zu diesem Roman zu grei­fen, oder?
Einen dicken Plus­punkt gibt es übri­gens, weil ein kleiner Wunsch von mir in Er­füllung ge­gan­gen ist. Wir begeg­nen in diesem Band näm­lich auch Figu­ren aus dem ersten Band wieder und ich habe so sehr ge­hofft, dass das passiert.
Ein weiterer Grund, wieso ich das Buch so schnell be­endet habe, ist defi­ni­tiv der Schreib­stil von Sarina Bowen. Als Leser fliegt man ein­fach durch die Seiten, da sie mit leich­ten und ver­ständ­li­chen Wörtern be­druckt sind. Es ist nun kein li­tera­ri­sches Meis­ter­werk, aber das muss es in meinen Augen auch gar nicht sein. Der Aus­druck passt zu den Fi­gu­ren, wo­durch das Lese­erleb­nis noch einmal schö­ner wird.
Eine wundervolle Geschichte, die direkt ins Herz geht. Mir persönlich hätte sie noch einen Ticken mehr zugesagt, wären die Konflikte nicht immer überzogen dramatisch dargestellt worden.

Veröffentlicht am 04.04.2019

Eine amüsante Lektüre für zwischendurch

Wild Hearts - Kein Blick zurück
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Ihr Lieben, manchmal gibt es Bücher, auf die freut man sich ganz be­sonders. Man fie­bert dem Re­lease ent­ge­gen, träumt schon vom schö­nen Cover, das das eige­ne Re­gal schmü­cken wird und freut sich ...

Ihr Lieben, manchmal gibt es Bücher, auf die freut man sich ganz be­sonders. Man fie­bert dem Re­lease ent­ge­gen, träumt schon vom schö­nen Cover, das das eige­ne Re­gal schmü­cken wird und freut sich auf an­ge­nehme Lese­stun­den. So ging es mir mit Wild Hearts: Kein Blick zu­rück von T. M. Frazier. An­gefan­gen hat das Lieb­äugeln mit die­sem Buch vor einer gan­zen Weile, als der LYX Ver­lag das Cover des Buches prä­sen­tiert hat – es ist aber auch wirk­lich ein Schmuck­stück!
Ich unter­hielt mich mit einer Freun­din, die das Buch vor­ab lesen durfte und voll­kommen be­geis­tert war, wo­rauf­hin es eini­ge Wo­chen vor dem Re­lease auch bei mir ein­zog. Inner­halb von zwei Tagen war Wild Hearts: Kein Blick zu­rück be­endet und ließ mich atem­los zurück. Viel Spaß mit meiner Buch­be­spre­chung zu der Ge­schichte.

Als ich Wild Hearts: Kein Blick zurück zum ers­ten Mal in den Hän­den hielt, war es Lie­be auf den ers­ten Blick. Ich mochte das bild­schö­ne Cover, ich mochte die Tat­sa­che, dass es mich frü­her als er­war­tet erreich­te und vor allem moch­te ich, dass das Buch nicht all­zu dick ist. Meistens lese ich ja doch ziem­lich dicke Bücher, und Ro­mane, die keine drei­hun­dert Sei­ten lang sind, fin­det man eher sel­ten in mei­nem Regal.
Ich packte das Buch noch am glei­chen Tag in meinen Ruck­sack, den ich am nächsten Tag mit auf die Fahrt nach Leip­zig zur Buch­messe neh­men würde – Wild Hearts: Kein Blick zu­rück sollte meine Bahn­lek­türe werden. Die Fahrt ging gute sechs­ein­halb Stunden und mit ein paar Unter­bre­chun­gen schaffte ich das Buch bis auf die letz­ten fünf­zig Sei­ten wäh­rend die­ser Strecke komplett durch. An­fangs ge­fiel es mir auch wahn­sinnig gut, doch je näher Leip­zig rück­te, desto weni­ger ge­fiel mir die Lek­türe. 

Für mich ist der Schreib­stil aus­schlag­ge­bend für die Be­ur­tei­lung ei­nes Ro­mans. T. M. Frazier kommt ihr Schreib­stil sehr zu­gute. Wild Hearts: Kein Blick zurück liest sich un­glaub­lich flott und man fliegt förm­lich durch die Sei­ten. Der Schreib­stil ist dem Genre ent­spre­chend jung und frech ge­hal­ten, was ich eben­falls mochte. So macht das Le­sen ein­fach Spaß und ich habe mich durch­gehend gut unter­hal­ten ge­fühlt. Aller­dings wurde die gute Unter­haltung teil­wei­se von dem Zu­sammen­zie­hen meiner Augen­brau­en und dem ein oder ande­ren Kopf­schütteln un­ter­bro­chen. Denn so flüssig und flott sich der Text lesen lässt, so selt­sam ist manch­mal die Wort­wahl der Au­torin.
Hin und wieder ist die Selt­sam­keit der Worte wirk­lich lustig. Wenn die Au­to­rin bei­spiels­wei­se den Bart eines Mannes als »haari­ges Zeug am Kinn« be­zeich­net (S. 128). Leider sind die Worte aber auch immer wieder schlecht ge­wählt, um Situ­ati­onen passend zu be­schreiben. Ich sage es mal so: Man sollte dieses Buch nicht durch eine fe­minis­ti­sche Linse lesen, denn das, was Finn da manch­mal von sich gibt, ist echt grenz­wertig. Wobei feministisch vielleicht nicht ganz das richtige Wort ist. Man sollte als Mensch einfach nicht so von sich selbst denken, wie Finn über Sawyer denkt.
Die Geschichte wird größ­ten­teils aus Sawyers Pers­pek­tive er­zählt, doch auch Finn kommt regel­mäßig mit eige­nen Ka­pi­teln zu Wort. Nor­maler­wei­se sorgt dies bei mir da­für, dass ich mich in mindes­tens einen Cha­rak­ter gut hi­nein­ver­setzen kann. Zu Be­ginn hatte ich bei Sawyer auch das Gefühl, dass ich sie ver­stehe. Sie war mir sym­pa­thisch, ich mochte ihre opti­mis­ti­sche Art und ihre Zu­ver­sicht. Leider ver­änder­te sich meine Mei­nung ihr gegen­über, und auf den letz­ten Sei­ten des Ro­mans war sie mir so fremd wie Finn es den ge­sam­ten Ro­man über war.

Wie kommt es, dass mir beide Haupt­figu­ren fremd blei­ben? Sawyer war mir wie ge­sagt eine lange Zeit über­aus sym­pa­thisch. Ich habe mich gut in sie hi­nein­ver­setzen können und hatte den Ein­druck, dass sie eine star­ke Frau ist, die ihre Frei­heit sucht, sich von den Fesseln ihres Va­ters los­ma­chen möchte und ihr eige­nes Leben leben will. Und das tut sie. Leser be­geg­nen Sawyer und ihrem starken Willen für eine ziem­lich lange Zeit. Auch wenn das Schick­sal ihr eini­ge Stei­ne in den Weg legt, lässt sie sich nicht unter­krie­gen und möchte ihr Vor­haben um­setzen. Das finde ich klasse! In mei­nen Au­gen wird dies von Finn je­doch ka­putt ge­macht. So­bald sie sich Finn nä­hert, ver­liert sie ihren eige­nen Willen mehr und mehr.
Sawyer ver­wandelt sich meiner Mei­nung nach von einer willens­star­ken Frau in die Jung­frau in Nö­ten. Dieses Ge­fühl wird durch Finns Ka­pi­tel be­stärkt, denn durch seine Au­gen ist Sawyer nur ober­fläch­lich be­tracht­bar. Ich habe bis heu­te keinen blassen Schimmer von Finns Per­sön­lich­keit. Das, was er Le­sern in sei­nen Ka­pi­teln be­rich­tet, be­schränkt sich haupt­säch­lich auf die Be­schrei­bung von Saw­yers Optik oder sei­nem Wunsch sie sexu­ell zu be­frie­digen. Finn muss sich bei Letzte­rem teil­weise sogar zu­sammen­rei­ßen, um sie nicht »zu mar­kieren« (S. 136)! Ich finde es ekel­haft. Wie kann man als Frau einen Cha­rak­ter er­schaffen, der sol­che Ge­dan­ken hat und ihn dann noch als Traum­prin­zen dar­stellen?
Ich mach es kurz: Man schaffe einen attrak­ti­ven Cha­rak­ter, kre­iere ein paar Situ­ati­onen, in der be­sag­ter Cha­rak­ter einen ande­ren rettet und gibt ihm ein paar zwei­deu­tige Ge­dan­ken – schon hat man das Alpha­männ­chen Finn. Ich möchte gar nicht all­zu ge­nau auf Finns Me­tho­den ein­ge­hen, wie er Saw­yer in ge­wissen Si­tua­tio­nen hilft, aber Leute – seine Art Hilfe­stellung zu ge­ben ist nicht ge­rade re­ali­tät­snah. Ein Bei­spiel muss ich euch aber geben – Ach­tung, Spoiler! Saw­yer hat schreck­li­che Angst vor Ge­witter. Finn möchte, dass sie diese Angst ab­legt. Wie geht das am bes­ten? Er be­frie­digt sie drau­ßen wäh­rend eines Ge­witters! Problem ge­löst. Wie geht das? Was ist da bitte los? Ich ver­stehe es nicht.

Die Nebenfiguren haben mir hin­ge­gen sehr gut ge­fallen. Allen vo­ran Josh und Miller, die eine wich­tige Rolle im Le­ben von Finn ge­spielt haben. Ge­rade Josh – die übri­gens eine Frau ist – er­leichtert Sawyer den Ein­stieg in den Out­skirts sehr und man muss sie ein­fach gern­haben. Zu­sammen sind Josh und Miller auch ein ulki­ges Paar. Aller­dings nicht in dem Sinne, dass sie eine Be­zie­hung haben, son­dern ein­fach wie sie mit­einan­der um­gehen – sie füh­ren eine Art Hass­liebe und die ist wirk­lich amü­sant zu lesen.

Der rote Faden des Buches orien­tiert sich an einem ein­zi­gen Wort und die­ses lautet: Drama. Wie ge­sagt ist die Hand­lung recht ober­fläch­lich ge­hal­ten, dennoch ist es ein wah­rer Page­turner und das liegt an dem Dra­ma, das T. M. Frazier kre­iert. Saw­yer er­lebt die ver­rück­tes­ten Dinge, trifft bei­nahe wahn­sinni­ge Per­sonen und hüpft von einem Dra­ma zum nächsten. Hat mir das ge­fallen? Irgend­wie schon. Ich werde es auch gleich noch­mal the­mati­sie­ren, aber irgend­wie hat die Hand­lung etwas. Sie ist zwar schon etwas stumpf und ehr­lich ge­sagt auch ziem­lich vor­her­seh­bar, aber sie ist unter­hal­tend.
Was in meinen Augen leider etwas miss­lun­gen ist, ist das letzte Drittel des Ro­mans. Zu diesem Zeit­punkt hatte ich mich mit den Cha­rak­teren ab­ge­fun­den, ich er­leb­te Dramen am laufen­den Band und war damit recht zu­frie­den. Aller­dings muss ge­sagt werden, dass das letzte Drittel doch etwas ex­trem ist. Für mich wurde der Bogen über­spannt. Klar, T. M. Frazier hat ver­sucht, Spannung für den zwei­ten Band auf­zu­bauen – den ich übri­gens sehr gerne le­sen möchte –, aber ich hätte ver­sucht, diese anders zu er­zeugen.

Trotz meiner Kri­tik kann ich diese Fra­ge mit Ja be­ant­wor­ten – be­ziehungs­wei­se einem Jain –, denn auch wenn ich eini­ges zu kri­tisie­ren habe, muss ich zu­geben, dass mich das Buch ge­fesselt hat und ich es nicht aus den Händen le­gen wollte. Wild Hearts: Kein Blick zurück hat mich fan­tas­tisch unter­halten – auch wenn ich mit­unter stark mit dem Kopf schütteln musste. Ich wollte ein­fach wissen, wie es mit Sawyer wei­ter­geht, wie sie sich ent­wickelt und ob sie mit ihrem neuen Da­sein zu­recht­kommt. Wie sie sich im Leben schlägt.
Während des Lesens hatte ich irgend­wann den Ge­dan­ken, dass das Muster des Ro­mans wie das einer ro­man­ti­schen Ko­mö­die für Teenies ist. Es ist mit­unter ein­fach so dra­ma­tisch und un­realis­tisch. Dazu kommt die männ­liche Haupt­fi­gur, die zwar ihren eige­nen Reiz hat, je­doch etwas stumpf und ober­fläch­lich bleibt. Man fühlt sich für einen Abend ein­fach gut unter­hal­ten. Und genau so ist es mit Wild Hearts: Kein Blick zurück ebenfalls.
Meiner Meinung nach ist es eine nette Lektüre für zwi­schen­durch, die man mit einem Augen­zwin­kern lesen muss. Ich kann mir gut vor­stellen, dass meine er­wähn­ten Kri­tik­punkte viele Leser gar nicht stö­ren. Ich bin be­kannter­ma­ßen ja keine Person, der Ro­mane ge­fallen, in denen toxi­sche Be­ziehun­gen ro­manti­siert wer­den, Frau­en wie Ob­jekte be­handelt wer­den und sich nur an­hand eines Mannes defi­nie­ren. Und doch gibt es vie­le Frauen, die ge­nau diese Art Ro­man schätzen.
Wild Hearts: Kein Blick zurück ist kein Buch, das alle be­sagte Punkte er­füllt, aber hin und wie­der hatte ich ein­fach den Ge­dan­ken, dass es für mei­nen Ge­schmack et­was zu ni­veau­los ist.  Dennoch wurde ich fan­tas­tisch unter­hal­ten und ich finde, dies ist ein Punkt, der manch ande­ren über­schattet. In meinen Au­gen ist Li­tera­tur immer noch eine Form der Un­ter­haltung, die nicht per­fekt sein muss und Wild Hearts: Kein Blick zurück hat da­für ge­sorgt, dass ich eine äußerst an­geneh­me Zug­fahrt hatte.

Eine amüsante Lektüre für zwischendurch, die mit viel Drama lockt und die man nicht allzu ernst nehmen darf. Für einen netten Leseabend und gute Unterhaltung ist Wild Hearts: Kein Blick zurückgenau richtig.

Veröffentlicht am 04.04.2019

Leider enttäuschend

Someone New
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Someone New ist un­glaub­lich wichtig – das ist der Satz, der be­reits Wochen vor dem Er­schei­nungs­ter­min von je­dem ge­sagt wurde, der das Buch vor­ab lesen durf­te. Lauras Bücher be­glei­ten mich ...

Someone New ist un­glaub­lich wichtig – das ist der Satz, der be­reits Wochen vor dem Er­schei­nungs­ter­min von je­dem ge­sagt wurde, der das Buch vor­ab lesen durf­te. Lauras Bücher be­glei­ten mich seit Jahren – seit 2014 ge­nau­er ge­sagt – und ich mag ihre Ro­ma­ne sehr. Zu hören, dass auch ihr neu­estes Werk vie­len ge­fällt, stimmte mich na­tür­lich freu­dig. Nun habe ich es ge­le­sen und kann schon vo­rab so viel sa­gen: Ja, das Buch ist wich­tig. Doch die Wich­tig­keit allei­ne macht Someone New nicht zu einem gu­ten Buch. Für mich hat das Ge­samt­pa­ket leider nicht gestimmt.
Ich weiß ehrlich ge­sagt gar nicht, wie ich mit dieser Re­zen­sion an­fan­gen soll. Ich möchte etwas Posi­ti­ves schrei­ben, aber es gibt so vieles, das mir nicht posi­tiv in Erinne­rung ge­blie­ben ist. Vielleicht fasse ich mich ein­mal kurz. Someone New macht süch­tig, ist fan­tas­tisch ver­fasst und be­han­delt wichti­ge The­men, die de­fini­tiv öfter be­spro­chen werden dürfen – das steht voll­kommen außer Fra­ge. Gleich­zei­tig habe ich große Schwie­rig­kei­ten mit einigen Cha­rak­te­ren, die Hand­lung empfin­de ich als lang­at­mig und alles in allem wirkt Someone New auf mich mit­un­ter zu ge­wollt. Bauen wir die Buch­be­spre­chung mal an­hand die­ser Punkte auf.
Laura Kneidl ver­steht es ein­fach mit Wor­ten um­zu­gehen. Sie schreibt für jedes Genre an­ge­passt und man merkt bei Someone New ein­deu­tig, dass es sich um einen New Adult Roman han­delt. Die Ge­schich­te liest sich flott, ist nicht un­be­dingt an­spruchs­voll ver­fasst, und die Seiten flie­gen nur so da­hin. Das Lesen von Lauras Sätzen macht un­glaub­lich viel Spaß und der Ein­stieg in die Lek­tü­re fällt mehr als leicht. Laura Kneidl nimmt sich die Zeit den Hin­ter­grund von je­der Per­son aus­führ­lich zu er­läu­tern, so­dass man nach sieb­zig bis acht­zig Sei­ten von je­dem Cha­rak­ter weiß, was in etwa seine Ge­schich­te ist. Aller­dings be­ginnt hier meine Kritik …
Es ist näm­lich so, dass sich viele Dinge be­ginnen zu wie­derho­len und Someone New da­durch ziem­lich lang­at­mig wird. Micah be­sucht ihre El­tern, sie geht zur Uni, sie trifft sich mit Freun­dinnen und be­geg­net Julian. Diese Sze­na­rien wer­den zwar immer wieder durch unter­schied­li­che Dia­lo­ge auf­ge­peppt, aber dennoch kann ich das Ge­fühl nicht ab­le­gen, dass ein­fach nichts passiert und sich die Hand­lung im Kreis dreht. Als auf­merk­samer Le­ser hat man zu die­sem Zeit­punkt be­griffen, dass Micah ziem­lich auf Graphic Novels steht, und sie und ihre Freunde ge­nerell ganz schöne Profis im Be­reich »nerdi­ge Pop­kultur« sind. Das soll nun auch nicht hei­ßen, dass es schlecht ist, wenn man in Bü­chern An­spie­lun­gen auf Pop­kultur macht. Ganz im Ge­gen­teil bin ich so­gar ein Fan davon und mag es, wenn man hin und wieder Ver­glei­che zu Serien, Fil­men oder Mu­sik zieht. Die Be­to­nung liegt hier je­doch auf »hin und wieder«.
Ich finde dieses Stil­mittel an­spre­chend, da Leser sich vielleicht in der ein oder ande­ren Fi­gur wie­der­er­kennen und somit eine stär­kere Bin­dung zu einem Cha­rak­ter auf­bau­en können. Man fühlt sich auf eine be­sonde­re Art mit der Fi­gur ver­bun­den. Schwie­rig wird es für mich, wenn diese An­spie­lun­gen zu oft ge­macht wer­den, was in Someone New de­fini­tiv der Fall ist. Ich bin ein rie­siger Game of Thrones Fan und habe so­gar meine Bache­lor Ar­beit über die Buch­rei­he ge­schrie­ben, ich bin auch ein gro­ßer Fan von Stranger Things – aber meine Herren, ich konnte mein Au­gen­rollen bei den stän­digen »Eleven«-Aus­ru­fen und »Winter is coming« irgend­wann nicht mehr unter­drücken.
Mein größtes Problem war da­bei je­doch nicht die Menge – das ging mir ein­fach nur auf den Keks –, son­dern dass ich den zahl­rei­chen Ver­glei­chen mit­unter nicht fol­gen konnte. Ich würde schon be­haup­ten, dass ich viele Se­rien und Filme ge­guckt habe und bei vie­lem mit­re­den kann. Bei Comics bin ich je­doch raus und ich mag auch keine Comic-Ver­fil­mun­gen mehr – mir per­sön­lich ist es in den letz­ten Jah­ren schlicht­weg zu viel ge­wor­den. Dem­ent­spre­chend fiel es mir wäh­rend der Lek­türe wirk­lich schwer, wenn ein Cha­rak­ter mit einer Comic­figur ver­gli­chen wurde. Für mich waren die­se Ver­glei­che oft abso­lut schwammig. Ich konnte nichts da­mit an­fan­gen und so be­gann für mich ein Rate­spiel, was diese und jene An­spie­lung wohl be­deu­ten könnte. Ich will mir nicht vor­stellen, wie sich Leser füh­len, die kein Net­flix haben oder sich mit den Fan­doms nicht aus­kennen.
Was sich wie die ständi­gen Er­wähnun­gen von Serien und Comic­fi­guren durch das ge­sam­te Buch zieht, ist die auf mich ge­zwun­gen wirken­de Di­versi­tät. Durch die di­ver­sen Figu­ren sticht Someone New wirk­lich hervor. Wenn ich mich richtig erinne­re, stellt aus­nahms­los jeder Cha­rak­ter eine Min­der­heit dar: Eine Figur ist homo­sexu­ell, eine ist eine Teenie-Mum, eine ande­re wie­derum Vege­tarie­rin – es gibt Persons of Colour, eine mus­li­misch sozi­ali­sier­te Fi­gur und noch jede Menge mehr. Dieses Buch ist wirk­lich bunt.
Für mich reicht die Dar­stellung je­doch nicht aus, und ob­wohl jede Figur – sei es Haupt- oder Neben­figur – eine be­acht­liche Seiten­an­zahl ge­wid­met be­kommen hat, blei­ben sämt­li­che Cha­rak­tere für mich ober­fläch­lich. Es hat auf mich den An­schein, als wür­den ins­beson­dere die Neben­figu­ren ledig­lich an­hand ihrer »diver­sen Cha­rak­ter­eigen­schaft« de­fi­niert wer­den. An­sonsten bleibt für mei­nen Ge­schmack nicht viel übrig und gene­rell wirkt die Di­ver­sität auf mich zu ge­wollt, zu ver­krampft. Ich finde die Dar­stellung lei­der auch etwas miss­lun­gen, da die Cha­rak­ter­eigen­schaf­ten doch eigent­lich die Werte sind, die im Fokus ste­hen sollten – nicht die dar­ge­stellte Min­der­heit, wenn man so will. Es gibt so viele gute Bücher, die eben­falls mit di­ver­sen Cha­rak­teren punk­ten, und bei denen man ver­gisst, was für einen Hinter­grund sie haben, weil es schlicht­weg nor­mal ist und nicht ne­ga­tiv ver­ur­teilt wird.
Ein anschauliches Bei­spiel für meine Aussage, dass die »di­ver­se Cha­rakter­eigen­schaft« eine Per­son de­fi­niert und die Hand­lung sich im Krei­se dreht, ist Micahs Suche nach ihrem Zwillings­bru­der Adrian. Was die Hand­lung für mich deut­lich spannen­der ge­macht hätte, wäre eine aus­ge­reif­tere Suche nach Micahs Bru­der. Dass sie tat­säch­lich Fort­schritte macht, ihm näher kommt oder Hin­wei­sen nach­geht. Ich war un­glaub­lich neu­gie­rig auf Adrian und jedes Mal voller Vor­freu­de, wenn Micah er­zählte, dass sie einen Club, ein Mu­seum oder ein LGBTQ Zentrum auf­su­chen würde – stets in der Hoff­nung dort ihren Bruder zu fin­den. Man hätte so viel da­raus machen können und meine Enttäu­schung war jedes Mal aufs Neue groß, wenn Micahs Suche er­neut mit dem Satz »Die Suche war er­folg­los« zu­sammen­ge­fasst wurde.
Dass Micah über­haupt auf der Suche nach ihrem Bru­der ist, liegt daran, dass er sich un­frei­willig vor sei­nen Eltern ge­outet hat und diese ihn da­rauf­hin ver­stie­ßen. Dass Micahs Eltern Adrians Sexu­ali­tät nicht akzep­tie­ren, finde ich schade. Unter ande­rem weil es auf mich den Ein­druck macht, dass Adrian ledig­lich durch seine Homo­sexua­lität und die Homo­phobie der Eltern cha­rak­teri­siert wird. Leider ist das mein Ein­druck, der sich durch das ge­sam­te Buch zieht: dunkel­häuti­ge Per­so­nen werden dis­krimi­niert, die homo­sexu­elle Person wird ver­sto­ßen, die durch Schwan­ger­schaft über­ge­wich­tige Freun­din wird für ihr Ge­wicht ver­ur­teilt. Kann man in Büchern nicht lie­ber das Be­wusst­sein stär­ken, dass es anders­rum auch geht? Ich wünsche mir mehr to­leran­te Eltern in Bü­chern, die mit gu­tem Bei­spiel vo­ran­gehen.
Eine letzte Sache, die mir bei die­sem The­ma ein­fällt, ist, dass ich es nicht nach­voll­zie­hen kann, wieso Adrian Micah be­straft. Micah steht zu ein­­hun­­dert Pro­­zent hinter ihm. Sie liebt ihren Bruder und will ihm hel­­fen. Ihre El­tern sind die­­jeni­­gen, die Adrian ver­­sto­­ßen haben und dennoch straft er Mi­cah mo­­nate­­lang mit Igno­­ranz. Wo­mit hat sie das ver­­dient? Gerade bei Zwillin­­gen bin ich immer davon aus­­gegan­­gen, dass sie ein ganz be­­sonde­­res Band ver­­bin­det und ein Leben ohne einan­­der un­­glaub­­lich schwer­­fällt. Wie kann Adrian seine Schwester so be­­han­deln, wenn es doch die El­tern sind, die ihn ver­­sto­ßen haben?
Kommen wir einmal zu Micah, denn Micah ist trotz all den ge­nann­ten Punk­ten, der aus­schlag­geben­de Grund, dass ich mich nicht mit Someone New an­freun­den kann. Ich konnte wäh­rend der ge­sam­ten Lek­türe keine Bin­dung zu ihr auf­bau­en. Micah ist humor­voll, selbst­be­wusst, offen und ver­ständnis­voll, was ihre Freunde be­trifft. Das sind alles wun­der­bare Ei­gen­schaf­ten, aber sie sorg­ten auch dafür, dass mir Micah ex­trem un­sym­pa­thisch ist. Gerade ihre offe­ne, selbst­bewuss­te und humor­volle Art wechsel­te für mich schnell zu pene­trant, ner­vig und auf­dringlich.
Micah akzeptiert kein Nein – das ist eine Tat­sache. Julian gibt ihr immer wieder auf höf­li­che Art zu ver­ste­hen, dass er kein Inte­resse an ihr hat und dass zwi­schen ihnen alles in Ord­nung ist – auch wenn er we­gen ihr sei­nen Job ver­lo­ren hat. In Micahs Augen kann Julian ihr aber nicht ver­zie­hen ha­ben, egal, was er sagt. Des­we­gen lauert sie ihm im Mor­gen­grau­en auf und guckt durch den Spi­on an ihrer Tür, um mit­zube­kommen, wann er das Haus ver­lässt. Sie sucht ihn auch bei seiner Ar­beit auf, ob­wohl er ihr deut­lich zu ver­ste­hen gibt, dass er das nicht möchte.
Was Julian nicht möchte scheint Micah den ge­sam­ten Roman über gleich­gül­tig zu sein. Ich hatte beim Le­sen zu­dem oft den Ein­druck, dass sie Tat­sa­chen ver­dreht. Julian wird von ihr bei­spiels­wei­se häu­fig als Lüg­ner be­zeich­net, dabei lügt er sie nie an. Er be­hält pri­vate Dinge nur für sich, da er (noch) nicht über sie re­den möchte. Das macht Julian für mich nicht zum Lügner.
Ganz ehrlich, ich an Julians Stelle hätte auch keine Lust auf eine der­art auf­dring­liche Per­son wie Micah. Ich würde mich voll­kommen über­fallen füh­len und würde mir von Micah mehr Ge­duld wün­schen. Sie weiß ganz ge­nau, dass Julian etwas aus seiner Ver­gangen­heit ver­birgt und in mei­nen Au­gen ist es kein Ver­bre­chen, dass Julian sich ihr nicht so­fort offenbart. Sie kennen sich ja auch kaum! Des­we­gen finde ich es auch etwas be­fremd­lich, dass Micah ein ge­höri­ges Drama aus der Tat­sa­che macht, dass Julian nicht so­fort mit ihr schla­fen möchte. Ein Nein ist ein Nein, das Micah zu akzep­tie­ren hat.
Ich finde es von Micah abso­lut takt­los, sich in Auris und Cassies Be­zie­hung ein­z­umi­schen. Sie hat ihnen un­ge­fragt ein Date or­gani­siert, und mir per­sön­lich wäre so eine Situ­ation extrem un­ange­nehm. Vor allem da sie der Be­zie­hung mit ihrer auf­dring­lichen und for­dern­den Art kei­nen Ge­fallen ge­tan hat! Micah sollte sich nicht nur in Ge­duld und Takt­ge­fühl üben, son­dern auch darin, ihre Nase nicht in frem­de An­gele­gen­hei­ten zu stecken.
Nennt mich ruhig prü­de oder spie­ßig, aber wenn wir schon aufs Takt­gefühl zu spre­chen kommen, muss ich sagen, dass ich Micahs Aussa­gen oft ab­so­lut ge­schmack­los finde. Laura Kneidl hat schon immer Cha­rak­tere er­schaffen, die kein Blatt vor den Mund neh­men. Ihre Dia­loge brin­gen mich zum Schmunzeln, sind keck und ein­fach witzig. Wirk­lich wahr, ich ge­nieße die Ge­sprä­che von Lauras Figu­ren sehr! Umso scho­ckier­ter bin ich über Micahs vul­gäre Art. Auf mich wirkt Micah so, als würde sie nur da­rauf war­ten, dass ihr Gegen­über Worte un­günstig wählt, so­dass sie eine zwei­deuti­ge An­spie­lung machen kann.
Des Weiteren mag ich ihre Doppel­moral nicht. Micah stu­diert Jura, weil ihre Eltern einen Er­ben für ihre Kanz­lei brau­chen. Nun, wo ihr Bruder unter­ge­taucht ist, opfert sie sich. Sie hat über­haupt keine Lust auf das Stu­dium, möchte sich lieber selbst ver­wirk­li­chen und ver­ab­scheut zu­dem alles, wofür ihre Eltern ste­hen. Dies gibt Micah ihnen un­miss­ver­ständ­lich zu ver­stehen. Sie ist stolz darauf, selbst­stän­dig zu sein und end­lich auf eige­nen Beinen zu stehen – dass sie nicht weiß, wie man eine Wasch­maschi­ne be­dient, lassen wir mal un­kommentiert.
Diese Aussage ent­spricht in meinen Augen ein­fach nicht der Wahr­heit. Sie lässt sich von vorne bis hin­ten von ihren Eltern fi­nan­zie­ren und ich glaube, wür­de sie wirk­lich ein­mal auf eigenen Bei­nen stehen, würde ihre Welt ziem­lich schnell ins Wanken ge­ra­ten und sie den Boden unter den Fü­ßen ver­lie­ren. Ganz zu schwei­gen dass ich unter keinen Um­stän­den Geld von meinen Eltern an­neh­men würde, wenn sie ihr eigenes Kind so hart ver­ur­tei­len, wie Micahs El­tern es tun. Ich weiß auch nicht … Micahs Cha­rak­ter wirkt auf mich voll­kommen wirr und ohne Konstrukt.
Nachdem ich etwa vier­hundert­sieb­zig Seiten des Buches ge­le­sen hatte, be­gann end­lich der spannen­de Teil. Es passier­te viel und ich wusste ehr­lich ge­sagt gar nicht, wo­hin mit meinen Ge­füh­len. Umso er­staun­ter war ich, als das Buch abrupt be­endet war. Der Leser er­fährt Julians Ge­heim­nis, es gibt ein auf­klären­des Ge­spräch, einen Aus­blick und dann ist das Buch zu Ende? Wo kam die­ses Ende her? Oh man, für meinen Ge­schmack wird zum Schluss alles viel zu schnell ab­ge­hakt. Und so schön Micahs Re­ak­tion ist, so un­wahr­schein­lich finde ich sie. Ich be­zeich­ne mich als sehr to­leran­ten Menschen, hätte aber an Micahs Stelle un­zähli­ge Fragen ge­habt und müsste Julians Ge­heim­nis doch kurze Zeit sacken lassen.
Mich stört am Ende des Romans je­doch nicht vorran­gig Micahs Re­ak­tion. Mich stört haupt­säch­lich die Art, wie Someone New be­endet wurde. Man liest bei­nahe fünf­hun­dert Seiten und gera­de als die Lektüre be­ginnt, spannend zu wer­den und der Roman meine volle Auf­merksam­keit hat, ist er vorbei. Auf mich wirkt das Ende so, als würde man das Ge­heim­nis aus­plau­dern und sich nicht weiter mit der The­ma­tik be­schäf­tigen wollen. Ich habe mich ab­ge­fer­tigt ge­fühlt. Und ich kann wie viele ande­re sagen: Die The­ma­tik ist wich­tig. Es gibt viel zu we­ni­ge Bücher mit die­sem Thema. Doch an der Um­setzung dürfte mei­ner Mei­nung nach noch etwas ge­arbei­tet werden. Julian selbst finde ich ab­so­lut gelun­gen. Ich kann ihn und sein Ver­hal­ten ver­ste­hen. Mir haben auch die ganzen An­spie­lun­gen auf sein Ge­heim­nis im Laufe des Ro­mans sehr ge­fallen, doch das ganze Drum­he­rum hat für mich nicht gepasst.
Ich finde es toll, dass Laura Kneidl The­men wie das in Someone New in Ge­schich­ten an­spricht. Ich finde es toll, dass sie da­durch vie­len Le­sern einen Zu­gang zu dem Thema schafft. Ein Buch mit queeren Cha­rak­te­ren und einer Thema­tik, die sehr selten in Ro­ma­nen an­gespro­chen wird, sorgt na­tür­lich dafür, dass sich viele Leser da­für be­geis­tern. Aller­dings muss für mich auch der Rest des Buches stimmen. Mich können die bun­te Fi­guren­viel­falt – die auf mich passa­gen­weise zu er­zwun­gen wirkt – und der wun­der­schöne Schreib­stil alleine nicht über­zeugen.
Ein hartes, aber in meinen Augen wah­res Ur­teil: Someone New ist der 0815 New Adult Roman mit di­ver­sen Fi­gu­ren – junges Mäd­chen zieht aus, um stu­die­ren zu ge­hen und trifft auf einen Jungen, beide ver­lie­ben sich. Man ordne jeder Figur eine Min­der­heit zu, schreibt in wirk­lich fan­tas­ti­scher Sprache fünf­hundert­fünf­zig Seiten nieder und tada, Someone New ist fer­tig. So leid es mir tut, und so wich­tig das Thema auch ist, mich konnte die­ses Buch nicht über­zeu­gen. Ich bin voll­kommen da­für, dass das an­gespro­che­ne Thema in viel mehr Büchern the­ma­ti­siert wird. Egal welches Genre, aber dann bitte auf an­spre­chende­re Weise und mit ein bisschen mehr Spannung.
Someone New konnte mich leider nicht begeistern. Ich konnte keine Bindung zur Protagonistin aufbauen, die Handlung ist zäh wie Kaugummi und gleichzeitig wirkte für mich das meiste vollkommen erzwungen und nicht natürlich. Schade!