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Karschtl

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.04.2019

Was als keine Schummelei anfing...

Lila, Lila
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David will Marie imponieren, und weil sie auf Schriftsteller und Intellektuelle steht, gibt er ganz spontan einen Zufallsfund vom Flohmarkt als sein literarisches Werk aus. Blöderweise findet Marie dieses ...

David will Marie imponieren, und weil sie auf Schriftsteller und Intellektuelle steht, gibt er ganz spontan einen Zufallsfund vom Flohmarkt als sein literarisches Werk aus. Blöderweise findet Marie dieses Manuskript nicht nur gut, sondern so grandios dass sie es direkt an einen Verlag weiterschickt. So verselbständigt sich die Sache dann rasch, bis David schließlich heillos überfordert ist. Und dann wird es erst richtig spannend, als nämlich der echte Autor des Buches auftaucht.

Bis zu dieser Konfrontation vergeht allerdings einige Zeit, etwa das halbe Buch. Dass es dennoch nicht zu langweilig wird (ok, ein bißchen fad war es stellenweise schon), ist allein Suters Schreibstil geschuldet. Verständlich, aber keineswegs simpel, berichtet er hier von einem jungen Mann, der recht planlos durch sein Leben stolpert und keine anderen Ziele hat als Marie zu gefallen. Der Leser ahnt natürlich, dass die Lüge irgendwann auffliegen muss. Die Frage ist nur: wie schlimm wird es werden?

Ich für meinen Teil war natürlich immer auf Daniels Seite, konnte sein Tun auch durchaus nachvollziehen. Aber je mehr sich dann Jacky in sein Leben drängte, desto mehr war ich auch genervt davon, wie untätig Daniel seinem Leben zuschaute, dass ohne jegliche Kontrolle seinerseits neben ihm her raste. Das lässt Martin Suter auch Marie sehen: "Seine absolute Unfähigkeit, sich durchzusetzen, ging ihr auf die Nerven." und sprach mir damit aus dem Herzen.

Doch wie kommt man bloß raus aus dem Schlamassel? Suter wird an dieser Stelle durchaus kreativ und lässt die Geschichte schließlich zu einem zwar etwas offenen aber würdigen Ende kommen.

Veröffentlicht am 12.04.2019

Eine mögliche Variante von Marlene Dietrichs schillerndem Leben

Marlene und die Suche nach Liebe
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Wer eine realitätsnahe Biografie über Marlene Dietrich sucht, sollte wohl nicht zu diesem Buch greifen. Denn dieses voluminöse Buch ist viel eher ein Roman über eine junge Frau am Anfang des letzten Jahrhunderts, ...

Wer eine realitätsnahe Biografie über Marlene Dietrich sucht, sollte wohl nicht zu diesem Buch greifen. Denn dieses voluminöse Buch ist viel eher ein Roman über eine junge Frau am Anfang des letzten Jahrhunderts, die aus allen Zwängen und Regeln (und davon gab es in den 20er Jahren in Berlin doch erstaunlich wenig - so eine freizügige Zeit wie damals gab es danach wohl erst wieder Ende der 60er) ausbrechen und unbedingt berühmt werden will - koste es, was es wolle. Und es kostet einiges.
Zuerst versucht Marlene ihr Glück - gezwungen von der strengen Mutter - als Geigerin. Sie ist darin nicht schlecht, aber hat nicht das Potential einmal 1. Geigerin eines berühmten Orchesters zu werden. So verlegt sie sich auf Revueauftritte, steht vereinzelt auch Model für Fotoaufnahmen, nimmt Schauspielunterricht und gelangt über die Theaterbühne schließlich zum Film.

Ich habe noch keinen einzigen Film mit Marlene Dietrich gesehen (wäre jetzt aber sehr interessiert daran, auch aus filmhistorischer Sicht), und wusste auch kaum etwas von ihr als Person. Ich wählte dieses Buch vor allem, um mehr über die ersten Jahrzehnte des vergangenen Jahrhunderts zu erfahren, um Einblicke in die Anfänge der Filmindustrie zu erhalten und schließlich auch um mehr über diese geheimnisvolle Dietrich zu erfahren. Alle meine Ansprüche wurden vollends erfüllt! Nur Fotos haben mir gefehlt, denn ich habe gern ein Bild vor Augen wenn im Buch ein bekannter Name auftaucht oder von einem Filmdreh geschrieben wird. So war ich ständig am googeln, und stieß dadurch leider auch immer wieder auf Fehler in diesem biografischen Roman. Anna May Wong war z.B. erst ab Herbst 1928 in Berlin - im Buch ist es allerdings Ende 1925 oder maximal 1926. Von Gary Cooper, mit dem sie 1930 eine Affäre hat, wird mehrmals behauptet er sei verheiratet. Ist er aber erst seit 1933 (und lernt seine Frau auch erst in dem Jahr kennen, es kann also noch nicht mal seine Verlobte gewesen sein). Als Dietrich ihn 1935 wiedertrifft ist er wohl gerade dabei sich von seiner Gattin scheiden zu lassen - das tut er aber bis zu seinem Tode nicht. Und auch Cary Grant lebte erst ab 1934 (nach seiner 1. Ehe) mit Randalph Scott in der Villa in Malibu. Im Buch schreiben wir aber das Jahr 1933.

Und dass sind nur die Dinge, die mir ohne großen Rechercheaufwand aufgefallen sind. Es lässt mich aber glauben, dass es der Autor hier mit der Wahrheit nicht immer so genau nahm, und lieber eine gute Geschichte erzählen wollte nach dem Motto 'So könnte es gewesen sein'. Denn all die Gespräche und Vorkommnisse, die sich in Marlenes eigenen vier Wänden (oder Garderoben oder sonstwo außerhalb der Öffentlichkeit) abspielten - und davon handelt das Buch zum überwiegenden Teil - sind wohl größtenteils der Phantasie des Autors entsprungen und nicht überliefert oder belegt. Das sollte man beim Lesen im Hinterkopf behalten! Vielleicht ist es so gewesen, vielleicht aber auch nicht. Der Autor schreibt dazu selbst im Nachwort: "Die zentralen Ereignisse dieses Romans sind wirklich passiert, wenngleich sie durch erfundene Dialoge und Eindrücke der Protagonisten neu interpretiert wurden." D.h. die Filmdrehs, Umzug nach Hollywood und Auftritte an der Front haben ja nachweislich stattgefunden, der Rest ist a 'good guess'. Doch immerhin liest sich das Buch sehr unterhaltsam, es wird nie langweilig und einiges davon wird wohl auch stimmen.

Dem deutschen Titel (im englischen Original wurde es unter dem simplen "Marlene" veröffentlicht) wird der Roman absolut gerecht. Das Thema Liebe wird sehr groß geschrieben, und der Autor ist in seinen Schilderungen genauso wenig prüde wie Marlene Dietrich selbst mit ihrem Körper oder ihrer Lust. Sie hat nichts anbrennen lassen, und landet mit fast jedem Namen, der im Buch erwähnt wird - egal ob männlich oder weiblich - ziemlich rasch in der Kiste.

Es gibt in dieser Reihe des Aufbau-Verlags zahlreiche andere Bücher zu weiteren Frauen der Kunstszene des 20. Jahrhunderts. Aber nur dieses Buch hat mich wirklich gereizt, zu lesen, denn hier interessierte mich sowohl die geschichtliche Zeit, das Gewerbe und die Person an sich. (Einzig Coco Chanel würde ich auch spannend finden.)

Ich habe in einem Filmseminar im Studium mal beiläufig gehört, dass einzig Josef von Sternberg Marlene Dietrich "zum Star machte", mit der Art wie er sie filmen und fotografieren ließ. Da wir das Thema aber nicht vertieft hatten, wusste ich damit nicht viel anzufangen. Wie kann man jemanden dazu machen? Entweder ein Schauspieler hat Talent, und das Glück die richtigen Rollen zu erwischen, oder eben nicht. Nach diesem Roman verstehe ich viel besser was gemeint ist, und auch wie von Sternbergs mit der richtigen Beleuchtung das Aussehen von Marlene so positiv beeinflussen konnte.
Was ich mich dabei aber fragte: wieso hat man nicht gleich eine perfekte Schönheit genommen? Die Romanfigur Marlene klagt ständig darüber, dass sie zu dick ist, vom Regisseur eine Diät auferlegt bekommt mit der sie sich immer wieder quälen muss, dass ihr Gesicht und ihre Nase zu dick sind und nur bei der richtigen Beleuchtung mit dem Schmetterlingsschatten unter ihrer Nase gut aussieht. Auch ihre Auftritte in den Filmen vor dem "Blauen Engel" waren "grauenvoll", wie von Sternberg ihr sagt. Wieso also die ganze Mühe wenn es sicher Dutzende andere Schauspielerinnen gab, die von vornherein perfekt waren?
Anscheinend hatte sie das gewisse Etwas, eine Attitude (Gleichgültigkeit gepaart mit Arroganz und auch einem nicht unerheblichen Anteil an Rotznäsigkeit und Chupze), die ihr eine geheimnisvolle Aura verlieh und die Marlene Dietrich bis heute zu einer unvergessenen Ikone der Film- und auch Modewelt machen.

Veröffentlicht am 05.04.2019

Küken gibt es viele, nur leider gar kein Chaos

Tiergeister AG - Küken-Chaos! (Tiergeister AG 3)
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Meine Jungs haben immer mehr Freude an den Kapiteln, in denen es um die Tiergeister geht. Ich als Mutter fand die Handlung um die Menschenkinder hier auch sehr gut. Die Schulkinder betreuen im Rahmen ihres ...

Meine Jungs haben immer mehr Freude an den Kapiteln, in denen es um die Tiergeister geht. Ich als Mutter fand die Handlung um die Menschenkinder hier auch sehr gut. Die Schulkinder betreuen im Rahmen ihres Bauernhof-Projekts 32 Eier, aus denen bald kleine süße Küken schlüpfen. Die machen aber nicht wirklich die Schule unsicher, wie in der Kurzbeschreibung angekündigt, diesen Handlungsstrang hätte man wirklich ausbauen können, mit lustigen Verstecken der Küken und witzigen Einfang-Szenarien. Das kommt definitiv viel zu kurz.

Dafür spricht die Autorin ganz am Rande auch das Thema Massentierhaltung an, und ich habe mit meinen Jungs dann auch darüber gesprochen, was die Unterschiede zwischen Legebatterie, Bodenhaltung und Freilandhaltung ist. Letztere können sie bei unserem Nachbarn jeden Tag beobachten, unser Nachbar hat reichlich Hühner im Garten rumlaufen. Ersteres konnten sie sich gar nicht vorstellen und waren sehr erschrocken über Bilder, die wir gegoogelt haben.

Es ist also durchaus möglich, schon Volksschul-Kinder mittels Kinderbücher für Themen zu sensibilisieren und zumindest zum Nachdenken anzuregen woher unser Essen kommt, wie es entsteht. Meinen Großen beschäftigt sowas dann immer sehr, und er isst z.B. seit 1,5 Jahren kein Nutella mehr seitdem ich ihm vom Palmöl dadrin erzählt habe; er will bei jeden Cornflakes wissen ob da Palmöl drin ist, und seit ich Margarine entdeckt habe die ohne Palmöl hergestellt wird muss ich ihm die auch immer kaufen. Bei den Eiern konnte ich ihn beruhigen, die kaufe ich seit vielen vielen Jahren sowieso nur aus Freilandhaltung.

Veröffentlicht am 02.04.2019

Tolle Idee, aus der aber bald schon die Luft raus ist

Das Elixier der teuflischen Wünsche
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Doktor Faustus, Timm Thaler, Gabriel Silver - sie alle erliegen der Versuchung all ihre Wünsche erfüllt zu bekommen, und verkaufen im Gegenzug ihre Seele an den Teufel. Wobei Gabriel, der Protagonist in ...

Doktor Faustus, Timm Thaler, Gabriel Silver - sie alle erliegen der Versuchung all ihre Wünsche erfüllt zu bekommen, und verkaufen im Gegenzug ihre Seele an den Teufel. Wobei Gabriel, der Protagonist in diesem Buch, ein kleines Hintertürchen offen hat: wenn er seinen kleinen Flaschengeist verkauft bevor er stirbt, muss er selbst nicht dran glauben. Ha, nichts leichter als das! Denn wer würde ihm nicht so eine tolle Wunderflasche abkaufen, die alle erdenklichen Wünsche erfüllt? Selbst wenn für jeden Wunsch jemand anderer etwas 'verliert'.

Das Konzept ist zwar nicht neu, aber immer gut für ein tolles Jugendbuch. Und ich hatte viel Spaß mit der Geschichte, bis sie mir dann irgendwann entglitten ist. Ich kann noch nicht einmal genau sagen, wieso sich bei mir plötzlich ein Dämpfer einstellte, aber ich kann genau sagen wann: ab dem Punkt in der Geschichte, an dem Gabriel die Flasche verkauft, was überraschend früh geschieht. Wahrscheinlich hatte ich ganz andere Erwartungen, die so eben nicht erfüllt wurden. Ich dachte, Gabriel wird seine Wünsche für sinnvolle Dinge einsetzen (Pizza? Whirlpool?), oder seinem Gewissen folgend herausfinden wollen wie er sich was wünschen kann ohne dass jemand anderer zu schaden kommt. Oder er wird das Rätsel um den Flaschengeist an sich lösen und den ganzen Hokuspokus zu einem Ende bringen. Doch nichts davon passiert, stattdessen gibt es eine unnötige Episode um die Malerin Hashimoto, die wahrscheinlich für die jugendliche Zielgruppe noch weniger interessant (oder verständlich) ist als für mich.

Ich mag die Prämisse der Geschichte, und kann mir das ganze auch als super Jugendfilm vorstellen. Nur habe ich mich leider in der 2. Hälfte des Buches eher gelangweilt als gebannt und aufgeregt Gabriel und seine Freunde zu begleiten, wie ich es mir eigentlich vorgestellt hatte. Das Ende hingegen, also das letzte Kapitel (und dort ganz besonders der allerletzte Abschnitt), war wieder sehr gut und ein passender Abschluss.

Veröffentlicht am 30.03.2019

Wenn du einen Wunsch frei hättest...

Dünenrauschen
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Ein Frauenroman, der auf dem Darß spielt? Her damit! Hier passte aber zum Glück nicht nur die Location, sondern auch die Geschichte traf meinen Geschmack. Sie ist zwar absolut nicht neu (Frau 40+, Kinder ...

Ein Frauenroman, der auf dem Darß spielt? Her damit! Hier passte aber zum Glück nicht nur die Location, sondern auch die Geschichte traf meinen Geschmack. Sie ist zwar absolut nicht neu (Frau 40+, Kinder aus dem Haus, Ehe komplett eingeschlafen, fragt sich ob es das wirklich schon alles gewesen sein soll in ihrem Leben), aber schön geschrieben.

Im letzten Drittel habe ich mir kurzzeitig mal gedacht: oh nein, kommt jetzt das was ich ahne? Ich hatte innerlich meine Augenbrauen schon bis zum Anschlag hochgezogen, weil die Entwicklung, die sich da anbahnte, so komplett entgegen der Schilderungen vom Anfang gewesen wäre. Glücklicherweise kriegte die Protagonistin bzw. die Autorin nochmal die Kurve.

Hier und da waren manche Dinge zwar dennoch etwas unrealistisch (vieles fügt sich zu einfach; auch komplexe Entscheidungen wie Trennungen werden nach nur einem Gespräch vollzogen), insgesamt hatte ich aber Spaß beim Lesen.