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Veröffentlicht am 30.04.2019

Tod in der Holledau

Tod im Hopfengarten
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Seit der Metzgermeister Wimmer seinen Betrieb an den Schwiegersohn übergeben hat, versucht er sich mit diversen Hobbys, denn dem Jungen dreinreden ist seine Sache nicht. Aber nichts hat ihn so recht fesseln ...

Seit der Metzgermeister Wimmer seinen Betrieb an den Schwiegersohn übergeben hat, versucht er sich mit diversen Hobbys, denn dem Jungen dreinreden ist seine Sache nicht. Aber nichts hat ihn so recht fesseln können, bis auf seine eher zufällig entdeckte Begabung als Hobbydetektiv. So hat er schon einige Fälle lösen können, nicht nur zur Freude der zuständigen Polizeidienststellen. Aber Kommissar Konrad erkennt durchaus, wo Wimmers Stärken liegen. Wenn der alte Herr in breitestem bayrisch mit eventuellen Zeugen schwatzt, erfährt er meist einiges mehr, als die „Offiziellen“.
Gleich zwei Fälle beschäftigen die Polizei in der Holledau. Zum einen die zunehmenden Kirchendiebstähle. Es gibt kaum einen Ort, der nicht den Verlust von Heiligenfiguren verzeichnen muss. Es gibt so gut wie keine Spuren. Zum anderen wurde zufällig am Rande eines Hopfenfeldes eine skelettierte Leiche gefunden. Bald gibt es Hinweise, die zu einem Vermissten führen, aber die Eltern wollen davon nichts wissen.
Konrad will Wimmer mit den Kunstdiebstählen beschäftigen, damit die Ermittlungen im Mordfall in amtlicher Hand bleiben. Aber es kommt anders als er denkt.
Wolnzach, das beschauliche Kleinstädtchen in der Holledau ist der Wirkungskreis dieses überaus sympathischen und auch erfolgreichen Ermittlers. Dabei agiert Wimmer nicht allein, zum Missfallen seiner Tochter hat er seine Enkelin mit dem Sherlock-Holmes-Fieber angesteckt und die zwei sind wirklich ein patentes Team. Wo bei Wimmer Lebenserfahrung und Leutseligkeit vorherrschen, kann Anna mit Computerkenntnissen punkten.
Ich finde die Geschichten einfach klasse geschrieben, lebensnah und realistisch, dabei immer mit Augenzwinkern und bodenständigem bayrischen Humor. Dazu tragen auch die Dialektpassagen bei, denn Wimmer kann alles, nur nicht Hochdeutsch. Der verzwickte Mordfall birgt menschliche Abgründe in sich und das wird sehr spannend erzählt.
Der Oberbayern Krimi hat mir wieder ausgezeichnet gefallen, die Mischung aus Regionalität, Humor, Spannung und gut dargestellten Charakteren ist perfekt.

Veröffentlicht am 29.04.2019

Vibeke und Rasmus ermitteln

Nordlicht - Die Tote am Strand
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Nahe der deutsch-dänischen Grenze wird eine junge Frau erschossen am Strand gefunden. Erst nach einigem Suchen kann ihre Identität geklärt werden. Es ist Liva Jørgensen, von der man annahm, dass sie vor ...

Nahe der deutsch-dänischen Grenze wird eine junge Frau erschossen am Strand gefunden. Erst nach einigem Suchen kann ihre Identität geklärt werden. Es ist Liva Jørgensen, von der man annahm, dass sie vor 12 Jahren zu den Opfern eines Serienmörders gehörte. Da sich Liva die letzten unter falschem Namen Jahre in Deutschland aufhielt, wird Vibeke Boisen von der Mordkommission Flensburg hinzu gezogen. Zusammen mit Rasmus Nyborg versucht sie Licht in diesen Fall zu bringen. Aber schnell wird klar, dass der Mord seinen Ursprung schon viel früher hatte. Was ist wirklich geschehen, als Liva vor 12 Jahren spurlos verschwand.

Eine für mich neue Autorin, ein neues Setting und ein neues Ermittlerpaar. Voller Neugierde machte ich mich an diesen Fall und war schon nach wenigen Kapiteln völlig überzeugt. Mir gefiel die Schreibweise der Autorin außerordentlich gut. Wie sie mit wenigen Worten und Episoden ihre Ermittler vorstellt und ihnen eine lebendige Vita gibt, war sehr gut gelöst. Ermittler mit Ecken und Kanten, nicht ohne Probleme, aber nie überlagert das Privatleben den eigentlichen Fall. Trotzdem bleibe ich neugierig, wie sich die Zusammenarbeit von Vibeke und Rasmus weiter entwickeln wird.

Sehr geschickt wird das besondere dänische Gesellschaftsmodell mit einbezogen. Immer wieder nutzt die Autorin den Part des dänischen Kollegen um der Deutschen Dänemark und seine Besonderheiten zu erklären. So ist Vibeke anfangs etwas überfordert, wenn sich alle duzen. Vom kleinen Streifenbeamten bis hoch zur Leitung der Behörde. Auch bei den Zeugen gibt es keinen Unterschied, geduzt wird der Wirtschaftsboss, genau wie der kleinkriminelle Lagerarbeiter in einer Spedition.

Die Spannung bei diesem Fall ist anfangs schon hoch und geschickt steigert sich Spannung und Tempo, je weiter Vibeke und Rasmus in die Geschichte des Verschwindens von Liva vordringen. Ein komplexer Fall, der wendungsreich und realistisch erzählt wird und mich neugierig auf das weitere Werk der Autorin macht. Der Krimi bereichert meiner Meinung nach das Genre.

Ich hoffe, es wird eine Fortsetzung der deutsch-dänischen Polizeigemeinschaft geben.

Veröffentlicht am 24.04.2019

Traurige Heimkehr

Die Bildermacherin
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Die angesagte Modefotografin Amalia hält sich gerade in Kenia auf, als sie vom Tod ihrer Großmutter Zille erfährt. Sie hatte ein inniges Verhältnis zu ihr, denn nach dem Unfalltod der Eltern wurde sie ...

Die angesagte Modefotografin Amalia hält sich gerade in Kenia auf, als sie vom Tod ihrer Großmutter Zille erfährt. Sie hatte ein inniges Verhältnis zu ihr, denn nach dem Unfalltod der Eltern wurde sie von hier aufgezogen, erfuhr viel Liebe und Unterstützung. Sie kommt eben noch rechtzeitig zur Beerdigung und ist wie vor den Kopf geschlagen, als sie erfährt, dass ihre Großmutter erschossen wurde. Wahrscheinlich ein Querschläger eines unvorsichtigen Jägers, doch als diese These von der Polizei in vorsätzlichen Mord umgewandelt wird und Amalias Nachfragen bei Weggefährten der Großmutter auf Schweigen stößt, beginnt sie in der Vergangenheit zu stöbern.
Der Titel „Die Bildermacherin“ bezieht sich auf den Beruf der Großmutter, auch sie war Fotografin mit einem kleinen Atelier und Laden. Sie fotografiert auf Hochzeiten und bei großen festlichen Ereignissen, ihr Fotobestand ist fast ein kleines historisches Archiv für Pfunders.
Und tatsächlich spielt die Geschichte dieser kleinen Südtiroler Ortschaft eine große Rolle in diesem Kriminalroman. Südtirols Vergangenheit zwischen den Weltkriegen und die Nachkriegszeit ist von großen gesellschaftlichen Verwerfungen geprägt. Südtirol kam zu Italien und nicht zu Österreich, wie es der Wunsch der Bewohner gewesen wäre. Die neue Staatsmacht Italien versuchte ihren Einfluss zu festigen. Alle relevanten Stellen wurden mit „importierten“ italienischen Fachkräften besetzt, die deutschsprachen Südtiroler deutlich benachteiligt. Der Widerstand manifestierte sich in Anschlägen und Sabotageakten, vor allem die jungen Leute engagierten sich. Dabei wohl auch die Zille und ihre Freunde.
Das Autorinnenduo hat den historischen Hintergrund dieses Krimis unaufdringlich, aber sehr authentisch und interessant in die Handlung eingebaut. Das hat mir an diesem Buch sehr gut gefallen, ein Krimi, der nicht nur spannend unterhalten will, sondern auch viel Wissenswertes dem Leser mitgibt. Die Figuren sind allesamt sehr realistisch dargestellt, wobei ich allerdings anmerken möchte, dass sich Amalia für meinen Geschmack zu schnell von der weltgewandten, vielgereisten Fotografin zur Frau mit Sehnsucht nach ihren Wurzeln in den Südtiroler Bergen wandelt – den Wunsch nach Familie und Kindern eingeschlossen.
Sehr gut gefallen hat mir die Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart, das ist sehr schlüssig aufgebaut und bringt fortlaufend Spannung und Tempo in den Plot.
Natürlich bietet die wunderschöne Landschaft einen idealen Hintergrund für den Krimi und Südtirol Fans kommen mit den bildhaften Beschreibungen auf ihre Kosten.
Ein guter und klassisch aufgebauter Krimi, denn ich gerne empfehle.

Veröffentlicht am 21.04.2019

Die erste Liebe

Der Sommer mit Pauline
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Émile hat sich verliebt. Pauline ist sehr hübsch, charmant und sie schwärmt für Tennis und Filme genau wie er. Für Émile ist diese erste Liebe wie ein Traum, auch wenn Pauline aus einer ganz anderen Gesellschaftsschicht ...

Émile hat sich verliebt. Pauline ist sehr hübsch, charmant und sie schwärmt für Tennis und Filme genau wie er. Für Émile ist diese erste Liebe wie ein Traum, auch wenn Pauline aus einer ganz anderen Gesellschaftsschicht stammt. Während er mit seiner schrägen Familie in einem Wohnwagen lebt, bis es endlich zum Hausbau reicht, wohnt Pauline in einer eleganten Villa. Dann lädt Pauline ihn nach Venedig ein, dort hat sie mit ihrem Jugendorchester einen Auftritt. Èmiles Freude bekommt einen jähen Dämpfer, als seine Eltern und sein älterer Bruder beschließen mitzufahren und im Wohnwagen Urlaub zu machen.


Es gibt Situationen, da sind einem Jugendlichen die Eltern einfach nur peinlich, auch wenn man sie von Herzen liebt. Und Èmiles Eltern bieten jede Menge Anlass für peinliche Augenblicke. Da ist sein Vater, ein Vertreter und sein aufgesetzter Verkäuferoptimismus, und seine Mutter, die bequeme, zur Schlampigkeit neigende Kleidung liebt und aus unerfindlichen Gründen darauf besteht Èmiles Haare regelmäßig zu blondieren. So gerät die Reise naturgemäß zu einem Desaster für den Jungen. Aber das Gefühl, zum ersten Mal verliebt zu sein, kann ihm niemand mehr nehmen.


Die Geschichte ist liebenswert und warmherzig, durchzogen von einer bittersüßen Melancholie und immer wieder aufgelockert durch irrwitzige Situationskomik. Sicher will der Autor junge Erwachsene ansprechen, aber ich denke eher, dass es LeserInnen anspricht, die sich wehmütig an ihre eigene Jugendzeit erinnern.


Es wird mit dem Satz beworben „Der Buchhändlerliebling aus Frankreich“. Das kann ich mir gut vorstellen und passt auch zu meiner Einschätzung. Ein zauberhafter kleiner Roman, typisch französisch, da werden auch Enttäuschungen mit Esprit beschrieben. Eine schöne, melodische Sprache macht diesen Roman sehr charmant und sommerlich leicht.

Veröffentlicht am 17.04.2019

Höllenfahrt

Am Ende nur ein kalter Hauch
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Carla Bukowski ist Inspektorin in Wien. ihren Heimatort und ihre Familie meidet sie. Aufwachsen mit einem trunksüchtigen Vater und einer gleichgültigen Mutter hat sie nach ihrem Schulabschluss jeden Kontakt ...

Carla Bukowski ist Inspektorin in Wien. ihren Heimatort und ihre Familie meidet sie. Aufwachsen mit einem trunksüchtigen Vater und einer gleichgültigen Mutter hat sie nach ihrem Schulabschluss jeden Kontakt vermieden. Aber zur Beerdigung ihrer Großmutter möchte sie zurück, sie war die Einzige, die ihr etwas bedeutete. Bei der Beisetzung muss sie feststellen, dass es mit der Familie nicht besser geworden ist, lediglich ihr Neffe ist ein Lichtblick und ihr auf Anhieb sympathisch. Als er entführt wird, steht sie ihrem Bruder und ihrer Schwägerin zur Seite und beginnt privat zu ermitteln.


In diesem Krimi schickt Lena Avanzini ihre Hauptfigur auf eine Höllenfahrt. Sie muss sich den schlimmen Erinnerungen ihrer Jugendzeit stellen und gleichzeitig an einem Fall arbeiten, der ihre Familie betrifft und in dem sie ihre Verwandten auch zu den Verdächtigen zählen muss. Carla ist eine unnahbare, kalte Person, aber schnell merkt man, dass das ein Schutzpanzer ist, den sie sich umgelegt hat. Zu viele Schicksalsschläge musste sie schon verkraften. Den Tod ihres Mannes und ihres kleinen Sohnes und auch ihre zweite Liebe, der Journalist Leon Ritter ist ermordet worden. Das hat sie hart werden lassen.


Der Krimi, der fast schon ein Thriller ist, wartet mit vielen unerwarteten Wendungen auf. Der Spannungsbogen ist von Anfang an hoch, steigert sich im Lauf der Geschichte noch einmal. Die Rückblenden erschließen dem Leser nur langsam das frühere Geschehen, welches das Motiv des Täters nur langsam enthüllt. Der Plot bleibt bis zum Schluss nicht vorhersehbar und ist in der Lösung absolut schlüssig. Die Sprache, die sich gut liest, trifft genau den Ton der einzelnen Protagonisten. Dadurch entsteht ein Kopfkino, das mich gefesselt hat. Bis zur letzten Seite ist man gebannt, wie Carla den Fall lösen wird.


Das ist der dritte Band um die Wiener Inspektorin Carla Bukowski, aus den kleinen Rückblenden erschließen sich die tragischen Ereignisse ihrer Vergangenheit. Ansonsten ist das Buch in sich geschlossen und verlangt keinerlei Vorkenntnisse.