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Veröffentlicht am 03.05.2019

Eine zwiespältige Geschichte über ein zweigeteiltes Deutschland

Über alle Grenzen
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Dieses Buch erzählt die Geschichte einer deutschen Familie in Deutschland. Was nichts Besonderes wäre, wenn sich diese Geschichte nicht in einem zweigeteilten Deutschland abgespielt und das Leben aller ...

Dieses Buch erzählt die Geschichte einer deutschen Familie in Deutschland. Was nichts Besonderes wäre, wenn sich diese Geschichte nicht in einem zweigeteilten Deutschland abgespielt und das Leben aller Beteiligten dramatisch verändert hätte.

Lotti berichtet als Ich-Erzählerin von ihrem und dem Leben ih-rer Familie von ihrer Kindheit bis zur Ausreise in die BRD. Sie kommt in den 1950er Jahren als Kind mit ihren Geschwistern von Bayern nach Erfurt, von der BRD in die DDR. An sich schon ungewöhnlich und für mich als DDR-Kind interessant, denn ich dachte immer alle wollen nur in den Westen… hier war es an-dersherum. Allerdings war das auch vor dem Mauerbau – und danach sah sich die Familie eingesperrt in einem Land, das nicht ihres war.

In diesem ersten Drittel des Buches blieben mir die Familie und auch Lotti etwas fremd. Die Familie pflegte weiterhin ihr bayerisches Brauchtum und die Autorin sparte an dieser Stelle nicht an Klischees („Mia san mia“, S. 62). An dieser Stelle be-fremdete mich die Geschichte etwas, denn ich hoffte doch, etwas über die Schwierigkeiten und Repressalien zu erfahren, mit denen die Familie konfrontiert war.

Erst ab ca. Seite 150 wurde es für mich wirklich interessant, denn dann ging es um die Republikflucht von Lottis Bruder und die Auswirkungen, die das auf die Familie hatte. Diese Schil-derungen fand ich sehr spannend, denn da wird ein Stück Zeit-geschichte auf der Grundlage tatsächlicher Begebenheiten er-zählt (im Nachwort erfährt man dies von der Person, die für Lotti Pate stand).

Mit der sprachlichen Umsetzung durch die Autorin habe ich mich zum Teil aber schwer getan. Ich möchte fast die Hand dafür ins Feuer legen, dass Anfang der 80er Jahre in der DDR niemand von einem „Job“ gesprochen oder „Wir haben Power!“ gesagt hat, geschweige denn das Wort „cool“ im Alltag verwendet hat. Anglizismen gab es nach meiner Erinnerung in der DDR so gut wie gar nicht – und sie wurden auch nicht gern gesehen.
Neben der deutsch-deutschen Geschichte im historischen Teil des Buches wird parallel noch einen weiterer Erzählstrang auf-gemacht – die Jahre 2010/2011, in denen sich Lotti um ihren mittlerweile pflegebedürftigen Bruder kümmert. In diesem Teil steht der Umgang mit Pflegebedürftigen im Vordergrund. Hier wird Lotti als fast schon übereifrige Schwester geschildert, die ihrem vom Schlaganfall und Krebsleiden gezeichneten Bruder eine angenehme restliche Zeit bereiten will. Lottis hingebungsvolle und kämpferische Art empfand ich einerseits als bewundernswert, andererseits zum Teil schon fast als be-sessen, was mir ein ambivalentes Verhältnis zur Hauptfigur be-scherte.

Insgesamt lässt mich das Buch mit einer zwiegespaltenen Meinung zurück. Die Schilderungen der Lebensbedingungen von Personen, welche unter Stasi-Beobachtung standen, sind grandios. Der Rest des Buches geht daneben für mich ein wenig unter.

Veröffentlicht am 23.04.2019

Hashtag: keinungetrübtersonnenschein

Hello Sunshine
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Ich fürchte, ich werde alt. Ja, wirklich – ich glaube, ich bin der Zielgruppe entwachsen, für die dieser Roman geschrieben ist. Zwar bin auch ich nicht ganz unbeleckt, was die sozialen Medien angeht. Ich ...

Ich fürchte, ich werde alt. Ja, wirklich – ich glaube, ich bin der Zielgruppe entwachsen, für die dieser Roman geschrieben ist. Zwar bin auch ich nicht ganz unbeleckt, was die sozialen Medien angeht. Ich habe z. B. Konten bei Facebook und Instagram. Aber mit der scheinheiligen Welt der Sunshine Mackenzie wurde ich nicht so recht warm.

Zwar geht es in dem Roman vor allem darum, dass man genau diese scheinheilige Welt durchschauen und sich von ihr abkehren soll und es stecken sicherlich auch einige interessante Gedanken in dem Buch… aber sie werden von einer etwas oberflächlichen Geschichte leider daran gehindert, sich im Gehirn festzusetzen.

Sunshine hat eine erfolgreiche YouTube-Kochshow und versorgt ihre Anhänger, neudeutsch Follower, regelmäßig mit kleinen und großen Anekdoten aus ihrem Leben. Nur dass das wenigste davon der Wahrheit entspricht. Auch die nicht ganz unbedeutende Tatsache, dass Sunshine überhaupt nicht kochen kann, ahnen ihre Fans nicht. Als ihr Instagram-Profil gehackt wird – #aintnosunshine – kommen die lange versteckten Wahrheiten ans Licht. Wie in einem solchen Roman üblich, wird Sunshine nach einigen Irrungen und Wirrungen geläutert und erkennt, wie falsch ihr Leben bisher lief.

Leider werden die wirklich interessanten Fäden, die dieses Buch spinnt, nicht wirklich zuende geführt. So bleibt die Frage offen, was aus Sunnys Nichte Sammy wird – einem sehr begabten Kind, dessen Karriere auf einer besonderen Schule auch besonders gefördert werden könnte. Der bärbeißige Chefkoch Z, bei dem Sunny zwischendurch lernen will, wie man WIRKLICH kocht, ist eine reizvolle Figur im Buch – leider kann er Sunny kaum Lebensweisheiten mit auf den Weg geben und die Beziehung zwischen Sunny und ihm bleibt sehr oberflächlich. Verschenktes Potential!

Vom Erzählstil her ist die Geschichte von Sunshine sehr auf SocialMedia-Nutzer zugeschnitten. Wer mit dem Begriff Hashtag nichts anfangen kann, braucht das Buch gar nicht erst zur Hand nehmen. Wer begeisterter Twitterer oder YouTuber ist, den wird der Roman vielleicht fesseln können. Ich gehöre in die Kategorie dazwischen – und konnte mich daher nur mäßig für das Buch begeistern.

Veröffentlicht am 25.03.2019

Das Erbe der Rosengräfin

Der Rosengarten am Meer
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In ihrem dritten Ostsee-Roman geht es, wie schon im Vorgänger „Ein Sommer im Rosenhaus“ um die berühmtesten Blumen der Welt: Rosen. Die Bücher haben jedoch inhaltlich nichts miteinander zu tun und können ...

In ihrem dritten Ostsee-Roman geht es, wie schon im Vorgänger „Ein Sommer im Rosenhaus“ um die berühmtesten Blumen der Welt: Rosen. Die Bücher haben jedoch inhaltlich nichts miteinander zu tun und können völlig unabhängig voneinander gelesen werden.

Das Besondere an diesem Roman: er erzählt auch eine historische Geschichte, diese wird in eigenen Kapiteln eingewoben. Zunächst dominiert der Erzählstrang aus der Jetzt-Zeit, während im Laufe des Romans auch der historische Erzählstrang immer mehr an Bedeutung gewinnt. In beiden Geschichten geht es um Frauen, die ihren eigenen Weg gehen. Die „aktuelle“ Geschichte stellt die Wiener Landschaftsarchitektin Isabel in den Vordergrund, die nach der Trennung von ihrem Mann und Geschäftspartner versuchen muss, auf eigenen Beinen zu stehen und die ein Bauprojekt an die Ostsee lockt. Die historische Geschichte erzählt von der sogenannten Rosengräfin Marie Henriette von Chotek, die aus einer ländlichen Gegend der heutigen Westslowakei stammt und für die es tatsächlich ein historisches Vorbild gleichen Namens gibt.

Aus meiner Sicht macht besonders der historische Teil diesen Roman lesenswert und aus meiner Sicht hätte es auch gern ein komplett historischer Roman über die Rosengräfin sein dürfen. Die Geschichte um Isabel hingegen konnte mich nicht so fesseln, zudem waren mir in diesem Erzählstrang einige Dinge unplausibel bzw. ich konnte einige Handlungen nicht ganz nachvollziehen. Dadurch habe ich mich beim Lesen an bestimmten Gedanken/Problemen „festgehakt“. Der bildliche und leichte Schreibstil waren für die Geschichte aber gut geeignet und so war es dennoch eine schöne, gemütliche und entspannte Lesereise an die Ostsee und in die Westslowakei.

Veröffentlicht am 27.01.2019

Eine schöne Geschichte mit verschenktem Potential

Miss Olivia und der Geschmack von Gin
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Olivia ist eine alte Dame, die mit ihren 84 Lenzen schon viel erlebt hat – insbesondere eine Familientragödie hängt ihr nach mehreren Jahrzehnten immer noch an. Trotzdem genießt sie in ihrer Strandhütte ...

Olivia ist eine alte Dame, die mit ihren 84 Lenzen schon viel erlebt hat – insbesondere eine Familientragödie hängt ihr nach mehreren Jahrzehnten immer noch an. Trotzdem genießt sie in ihrer Strandhütte das Leben noch so gut es geht, gern auch mit einem Gin Tonic in der Hand. Doch als ihr Sohn sie in die Seniorenresidenz „Oakley West“ verfrachtet, wird ihr Leben noch einmal durcheinandergewirbelt und sie will sich nicht zum alten Eisen zählen lassen, wie das offenbar ihr Sohn tut. Sie rebelliert und bringt damit das ganze Küstenstädtchen in Aufruhr.

Ich fand die Geschichte um Olivia wirklich süß und der Generationenkonflikt ist aus meiner Sicht auch ein lohnendes Thema für Bücher, aus dem man viel machen kann. Leider muss ich sagen, dass ich dieses Potential hier größtenteils verschenkt sah, denn die Story wird leider sehr flach erzählt und hat wenig Tiefgründiges zu bieten. Auch die Charaktere sind wenig vielschichtig. Olivia ist durchgängig gut, die Hausmutter des Heims dagegen durchtrieben und böse (sehr klischeehaft dargestellt). Der Zusammenhalt zwischen den Strandhausbesitzern ist einzigartig, selbst die Teenager sind wenig rebellisch und fügen sich in die Gemeinschaft ein… ist das alles denn wirklich realistisch? Die Geschichte wird aus meiner Sicht einfach zu straight erzählt und enthält wenig Differenzierungen. Das ist sehr schade, denn dieser Plot hätte sehr viel mehr zugelassen.

Dennoch fand ich Olivia und ihre Mitbewohner Veronica und Randy sehr sympathisch, so dass ich das Buch trotz der Mängel im Großen und Ganzen genießen konnte.

Veröffentlicht am 13.01.2019

Ich bin zu deutsch für dieses Buch…

Redwood Love – Es beginnt mit einem Blick
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Das kleine Städtchen Redwood war mir sofort sympathisch. Idyllisch gelegen, mit einer funktionierenden Nachbarschaft und größtenteils liebenswürdigen Bewohnern. Und wäre die Story etwas anders erzählt ...

Das kleine Städtchen Redwood war mir sofort sympathisch. Idyllisch gelegen, mit einer funktionierenden Nachbarschaft und größtenteils liebenswürdigen Bewohnern. Und wäre die Story etwas anders erzählt worden… es hätte ein Lieblingsbuch werden können.

Leider wurde ich aber mal wieder in meiner grundsätzlichen Vorsicht gegenüber amerikanischen Geschichten bestätigt. Ich komme einfach nicht mit dieser Überschwänglichkeit klar, die in den USA offenbar vorherrscht und diesem permanenten Tick „too much“ von allem. Es reicht nicht, dass Avery den Tierarzt Cade beeindruckend findet. Nein, sie muss jedesmal Herzflattern bekommen und einer Ohnmacht nahe sein, wenn sie ihm gegenüber steht. Das alles jeweils ausgeschmückt auf einer ganzen Seite. Als die beiden sich dann endlich näherkamen, bestand das letzte Drittel des Buches gefühlt nur noch aus Bettszenen, die jeweils in epischer Breite ausgeführt wurden. Und die Ängste und Zweifel, die berechtigterweise jeder der beiden Protagonisten hatte, wurden so lange wiederholt, bis es auch der letzte Leser (in diesem Fall wohl meistens Leserin) begriffen hatte. Es reichte auch nicht, dass manche Begebenheiten aus Redwood ihren Weg in die sozialen Medien fanden, nein, es musste gleich jedes Detail bei Instagram aufgegriffen werden. Und natürlich waren 90% der Kundinnen mit einem tierischen Patienten nur in der Tierarztpraxis, um Cade nahe zu kommen.

Ich finde es schade, dass hier so mit der Holzhammer-Methode gearbeitet wurde, denn dem Grunde nach fand ich die Geschichte wirklich süß. Und dass mit Hailey auch das Thema Autismus einen Platz im Buch findet, war interessant. Aber ich bin der Meinung, man hätte die Geschichte viel zarter aufbauen müssen, damit sie wirklich den Weg ins Herz findet und einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Was aus meiner Sicht durchaus möglich gewesen wäre. So war es „nur“ ein Unterhaltungsroman von vielen, der mich zwischenzeitlich ab und zu mit den Augen rollen ließ. Wirklich schade.