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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.05.2019

Profitgier

Lena Halberg: Der Cellist
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Mit Lena Halberg ist bereits eine Triologie erschienen: „Paris '97“, New York '01“ und „London '05“. Diese drei Bücher kenne ich nicht, aber sie sind nach dem Lesen von „Der Cellist“ auf meiner Wunschliste ...

Mit Lena Halberg ist bereits eine Triologie erschienen: „Paris '97“, New York '01“ und „London '05“. Diese drei Bücher kenne ich nicht, aber sie sind nach dem Lesen von „Der Cellist“ auf meiner Wunschliste gelandet. Die Mischung Realität/Fiktion und der Schreibstil von Ernest Nyborg gefällt mir ausgesprochen gut.

Lena ist eine engagierte und international gut vernetzte Journalistin. Nun ist sie mit ihrem Freund in die Berge um Meran gezogen. Sie möchte es zukünftig nach den turbulenten Erfahrungen in London etwas ruhiger angehen lassen. Ihr neuer Arbeitgeber ist der italienische Fernsehsender RAI, bei dem sie auch schon durch einige gute Geschichten punkten konnte.

Irgendwann liest sie einen Zeitungsbericht über einen estnischen Bankier, der in einem Wiener Hotel tot in einer Badewanne gefunden wird. Die österreichische Polizei geht von einem Selbstmord aus. Nachdem sie sich einige Informationen über diesen Bankier besorgt hat, kommen ihr Zweifel, ob es wirklich ein Selbstmord war. Ihr journalistischer Spürsinn ist geweckt. Sie will es nun wissen und stürzt sich in die Recherche. Schnell merkt sie, daß dahinter ein Finanzgeflecht mit weltweiten Transaktionen steckt. Kann das gutgehen: eine Journalistin gegen skrupellose Finanzhaie, für die nur der Profit zählt? Und welche Rolle spielt das eingangs des Buches beschriebene Grubenunglück in Bolivien?

Die Grundelemente dieser Geschichte basieren wie schon bei der Triologie auf wahren Begebenheiten. Ernest Nyborg bringt mit seiner Fiktion Licht in die sonst verborgenen Abläufe der agierenden Finanzhaie. Sehr schön fand ich, daß am Ende des Buches einige Zeitungsartikel zu den wahren Begebenheiten zitiert werden.

Lena hat mir sehr gut gefallen: sympathisch, engagiert, eine Journalistin, die sich so richtig in eine Geschichte reinbeißen kann. Nur bei ihren Motorradfahrten fürchtet man manchmal, daß sie irgendwann mal einen Unfall bauen wird. Die übrigen Protagonisten kommen ebenfalls sehr sympathisch rüber. Nur die Bösewichte sind halt böse. Ernest Nyborg hat die Charaktere bereits zu Beginn der Geschichte derart fein gezeichnet, daß man fast meint, die Personen bereits länger zu kennen.

Mein Fazit:
Ganz klare Leseempfehlung. 5 Sterne plus.
Sehr schön angelegte Protagonisten, tolle Mischung aus Realität und Fiktion, spannend von der ersten Seite bis zum Ende. Das Buch war für mich ein echter Pageturner.
Neben der oben genannten Triologie würde ich gerne noch mehr von dem Autor lesen.

Veröffentlicht am 01.05.2019

Wieviel Wahrheit verträgt der Mensch?

Ungerecht
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Das Cover spielt mit der Wortkombination Ungerecht – gerächt. Der abgebildete Sessel und das Klebeband spielen gleich im ersten Kapitel eine Rolle.

Christian bricht in die Villa von Harald Moser ein, ...

Das Cover spielt mit der Wortkombination Ungerecht – gerächt. Der abgebildete Sessel und das Klebeband spielen gleich im ersten Kapitel eine Rolle.

Christian bricht in die Villa von Harald Moser ein, fesselt ihn auf einem Stuhl und will endlich die Wahrheit wissen. Was für eine Wahrheit? Der machtgewohnte Harald Moser will sich rausreden. Doch er muß einsehen, daß er sich völlig ungewohnt in der schwächeren Position befindet. Nach und nach kommen Details ans Tageslicht. Wieviel Wahrheit verträgt ein Mensch, bevor er gänzlich die Kontrolle über sich verliert und man ihm alles zutrauen muß? Stellenweise braucht man bei diesem Buch starke Nerven. Obwohl Christian hier sehr viel kriminelle Energie zeigt, versteht man ihn von der menschlichen Seite.

Über eingeschobene Rückblenden erzählt die Autorin nach und nach, was vor einem Jahr passiert ist. Wenn man nun meint, die Beweggründe Christians für seinen Einbruch zu kennen, entwickelt Drea Summer im Hintergrund eine Geschichte, die einem den Atem stocken läßt.

Mein Fazit:
Eine sehr tolle Geschichte, die sich immer weiter entwickelt. Tolle Protagonisten. Wer keine schwachen Nerven hat, wird dieses Buch mögen. Klare Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 01.05.2019

Kindergarten-Erlebnisse

Wir sind die wilden Rabauken
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Mika kommt neu in einen Kindergarten. Auf dem Weg dorthin bekommt er Angst, wünscht sich so allerlei, was passieren möge, damit er nicht in den Kindergarten gehen muß. Es passiert aber nichts. Er wird ...

Mika kommt neu in einen Kindergarten. Auf dem Weg dorthin bekommt er Angst, wünscht sich so allerlei, was passieren möge, damit er nicht in den Kindergarten gehen muß. Es passiert aber nichts. Er wird von der Kindergartenleiterin begrüßt, die ihn zu seiner Gruppe und der Kindergärtnerin bringt. Trotzig will er auf der Bank im Flur warten, bis seine Mutter wiederkommt. Plötzlich stehen Frieda, Charlotte, Emil und Nino vor ihm. Letztlich können sie ihn überzeugen, mit ihnen Blutsbrüderschaft zu schließen. Von nun an erleben sie gemeinsam viele Abenteuer.

Das Buch erzählt in 10 Kapiteln die Abenteuer der „wilden Rabauken“, wie sie sich nun nennen. Die Kapitel habe eine angenehme Länge zum Vorlesen. Sie sind farbig und liebevoll illustriert. Die Themen sind dem Alter entsprechend aus der Kindergartenwelt.

Meine 5jährige Enkelin war ganz begeistert von den Geschichten und bunten Illustrationen.

Veröffentlicht am 28.04.2019

Zeitmaschine in die Historie

Mehr als tausend Worte
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Von den überlebenden Juden hört man häufig „ins KZ gekommen – Glück gehabt, weil ich dies oder jenes konnte – als wir befreit wurden“. Diese Erzählungen bringen einem zwar das unerträgliche Leben in den ...

Von den überlebenden Juden hört man häufig „ins KZ gekommen – Glück gehabt, weil ich dies oder jenes konnte – als wir befreit wurden“. Diese Erzählungen bringen einem zwar das unerträgliche Leben in den Todeslagern nahe, aber man erfährt kaum was über das Leben vor einer Deportation.

Ein Punkt, der mich beschäftigt hat, war die Thematik der Raubkunst. Daß Wertgegenstände aus den Wohnungen der deportierten Juden geholt wurden, konnte ich mir noch gut vorstellen. Aber wie haben sich die Nazis ganze Häuser unter den Nagel reißen können? Die Eigentumsverhältnisse sind doch eigentlich in den Grundbüchern geklärt.

An diesem Punkt hat mich nun Lilli Beck mit ihrem Buch „Mehr als tausend Worte“ abgeholt. Eingebettet in die Rahmenhandlung um die junge Liebe zwischen der jüdischen Aliza Landau und dem arischen Fabian Pagels erzählt die Autorin nun das tägliche Leben der jüdischen Arzt-Familie Landau in Berlin. Dabei läßt sie einen nicht in der distanzierten Komfortzone „damals, nicht jetzt“ oder „dort, nicht hier“. Sie nimmt den Leser wie mit einer Zeitmaschine ins Damals und dort. Quasi als Nachbar der als Stellvertreter fungierenden jüdischen Familie Landau, der „braunen“ Familie Karoschke und der neutralen Familie Pagels erlebt man hautnah die unmenschlichen Veränderungen durch die NS-Herrschaft. Hoffnungen werden immer mehr zu Angst und zu einem Kampf ums Überleben.

Von vielen, die damals ein Parteibuch hatten, hörte man nach dem Krieg Sätze wie „Ich war doch nur ein kleines Licht, ich habe doch nichts gemacht“. Der Blockwart Karoschke hätte das sicher auch von sich behauptet. Es gibt sicher genügend, die irgendwo in der Gruppendynamik gefangen waren und trotzdem ihren Anstand nicht verloren haben. Es gibt wohl aber auch viele, die sich zwar in der Partei nicht groß engagiert haben, aber in den damaligen Verhältnissen auf widerwärtige Art und Weise ihren Vorteil gesucht haben. Damit haben sie sich aber als vermeintlich kleines Licht ebenso schuldig gemacht.

Das Buch hat meine Frage beantwortet und viele Fragen, die ich mir noch gar nicht gestellt habe.

Mein Fazit:
Eingebettet in die Liebesgeschichte von Aliza und Fabian teilt die Autorin ihr gut recherchiertes Wissen über das jüdische Leben in Deutschland und der Emigranten in England in der Zeit von 1938 bis 1945. Ein Buch, das den Leser durch die von der Autorin geschaffenen Nähe zu den Ereignissen emotional sehr berührt. Daher unbedingte Leseempfehlung. Gerne hätte ich mehr wie 5 Sterne vergeben.

Veröffentlicht am 24.04.2019

Ein Sprung auf die Sonnenseite des Lebens

Phoebe
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Phoebe kam als Straßenhund zur Welt und danach mit viel Glück in ein Tierheim. Wenn Leute kamen, um einen Hund zu holen, haben sich die anderen Hunde immer lautstark vorgedrängelt. Die Terrierdame war ...

Phoebe kam als Straßenhund zur Welt und danach mit viel Glück in ein Tierheim. Wenn Leute kamen, um einen Hund zu holen, haben sich die anderen Hunde immer lautstark vorgedrängelt. Die Terrierdame war schon ganz verzweifelt, als sie einen Entschluß fasste. Dem nächsten Menschen, der kam, ist sie quasi in die Arme gesprungen. Was Phoebe nicht wußte, dieser Mensch hatte ihr Foto im Internet gesehen und war extra wegen ihr gekommen. So haben sich zwei gesucht und gefunden.

Nunmehr auf der Sonnenseite des Lebens gelandet, darf sie kurze Zeit später ihre Aufgaben als Hotelhund wahrnehmen. Ein entsprechendes Benehmen wird nach dem Besuch der Hundeschule natürlich vorausgesetzt. Von Phoebe als Erzählerin erfährt man viel über ihr aufregendes Leben im Hotel. Sie hat ihre eigene Sichtweise und macht sich teilweise amüsante Gedanken über die Gewohnheiten der Gäste.

Wenn Herrchen aber mit der Hundeleine die Gassirunde einläutet, darf Phoebe mit ihren Hundekumpels durch die Gegend ziehen. Irgendeinem aus der Hunderunde fällt dann immer ein Blödsinn ein, den man dann gemeinsam in die Tat umsetzt, gelegentliches Lauftraining für die anwesenden Fraulis und Herrlis inklusive.

Gekonnt betrachtet sie die Fähigkeiten und Besonderheiten ihrer Hundefreunde und deren Besitzer.
Hundebesitzer werden sich und ihre Lieblinge sicher an der einen oder anderen Stelle wiedererkennen.

Pedro, einen kleinen mexikanischen Hund, kann Phoebe nach einer unangenehmen Begegnung gar nicht leiden. Sie besucht gerade ihren älteren Kumpel Alfons in der Hundepension. Wer kommt da als neuer Pensionsgast durch die Tür spaziert: Pedro. Wie sagt man so schön: Man trifft sich immer zweimal im Leben.

Über eine Eselwanderung habe ich auch schmunzeln müssen, beweist doch hier der Autor, daß er auch über sich selber lachen kann.

Eine Stelle hat mir ganz besonders gefallen. Phoebe bringt das Kunststück fertig, nach ganz sturem Ungehorsam am Ende von allen geknuddelt und geherzt zu werden. Und eine Scheibe Schinken gibt es als i-Tüpfelchen sogar noch obendrauf.

Zum Schluß hin ist Phoebe not amused. Herrchen will einen zweiten Hund ins Haus holen. Sie hat aber gar keine Lust, ihr Königreich zu teilen. Als sie der Hündin das erste Mal begegnet, merkt sie schnell, daß Layla keine Bedrohung darstellt. Ganz im Gegenteil, das arme Geschöpf braucht dringend ihre Hilfe. Wie es mit den beiden weitergeht, hoffe ich in einem zweiten Buch des Autors zu erfahren.

Mein Fazit:
Phoebe ist eine schelmische, aber auch sehr einfühlsame Terrierdame, die das Herz einfach auf dem rechten Fleck hat. Ihre Geschichten haben mich an vielen Stellen herzhaft lachen lassen, an manchen aber auch traurig berührt.
Das Buch macht Mut, Tiere aus dem Tierheim zu holen und ihnen einen Platz auf der Sonnenseite des Lebens zu geben. Und vielleicht sollte man auch einen Blick auf die Tiere wagen, die sich nicht lautstark vordrängeln. Phoebes Beispiel zeigt, was für wundervolle Wegbegleiter man finden kann.