Grundsätzlich ein sehr informatives Buch zu einem sehr wichtigen Thema, ein richtiger "Augenöffner". Die Zahlen, Daten, Fakten und vor allem zahlreichen lebensnahen Beispiele machen das Thema nicht nur sehr anschaulich, sondern auch erschreckend real - wer sich erst einmal ganz bewusst vor Augen führt, wie viele Lebensmittel tagtäglich, meist unnötig, weggeschmissen werden, wird den nächsten Einkauf (hoffentlich) etwas genauer planen und auch Reste weiter/besser verwerten anstatt sie gleich wegzuwerfen. So gesehen ist dieses Buch ein wichtiger Denkanstoß denn ja, jedes kleine bisschen zählt, und jeder Mensch, der ein Bewusstsein für das Thema Lebensmittelverschwendung entwickelt und sein Handeln ändert, tut schon etwas Gutes. Und dafür ist dieses Buch sehr gut geeignet.
Nun stecke ich schon etwas länger in diesem Thema drin, und genau das hat das Lesevergnügen für mich persönlich etwas gemindert. Zum einen habe ich den zum Buch gehörigen Film "Taste the Waste" erst vor ein paar Monaten gesehen, und das Buch ist in großen Teilen eine Nacherzählung der reportageartigen Elemente des Films. Und wenn man die schon gesehen hat, stinkt die schriftlich nacherzählte Buchvariante leider ab, zumal sich auch im Buch selbst vieles doppelt, teilweise zu viel. Was sicher teils an der Struktur liegt - die Kapitel sind meist im Wechsel angelegt: Filmemacher Thurn "erzählt" die Reportageteile des Films nach (natürlich mit mehr Hintergrundinfo als im Film), Journalist Kreutzberger liefert die Fakten dazu. Teilweise wird auf die Fakten aber auch sehr genau in Thurns Texten eingegangen und vieles mehrfach erklärt. Hier und da hätte ich mir da etwas mehr Abgleich gewünscht. Es ist nicht schlimm im Sinne eines erhobenen Zeigefingers, der die Informationen durch ständiges Wiederholen "reindrücken" will - der Stil der Autoren ist flüssig und entspannt, das moralische Gewissen wird gekitzelt, aber nicht zu Tode gekratzt. Dennoch - zuviel Faktenwiederholung macht einfach irgendwann nicht mehr so viel Spaß, spätestens, wenn die Leserschaft denkt "Okay, ich habe es verstanden, wirklich jetzt, danke.".
Auch wäre eine Neuauflage wünschenswert, denn einige der geschilderten Praktiken haben sich inzwischen - zum Glück - erledigt. Sei es die "krumme Obst"-Kampagne mancher Supermärkte oder Richtlinien den Fischfang betreffend - ist doch schön, wenn man dann auch mal positive aktuelle Beispiele aufzeigen kann, wie es besser gehen (kann). Genug zu tun bleibt so oder so - auch wenn dem Endverbraucher Grenzen gesetzt sind, da einfach viel zu viel bereits verloren geht, bevor es den Supermarkt überhaupt erreicht. Und das ist das wirklich Erschreckende. Hier ist ein Umdenken aller Menschen (Verbraucher, Gesellschaft, Politik) gefragt, und das Buch zeigt schlüssig auf, warum.
Tl;dr: Ein umfassendes Werk zum Thema, das ich gerne empfehle, denn die Boschaft ist richtig und wichtig. Aber: Unbedingt erst das Buch lesen, den Film danach sehen.