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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.06.2019

Starke Lesung durch Detlef Bierstedt

Die stille Tochter (Ein Fall für Tommy Bergmann 4)
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Die stille Tochter von Gard Sven ist als Hörbuch bei Hörbuch Hamburg erschienen.
Es ist schon der vierte Band um Tommy Bergmann und die Frage ist, ob die Figur noch so viel hergibt. Vielleicht nein, die ...

Die stille Tochter von Gard Sven ist als Hörbuch bei Hörbuch Hamburg erschienen.
Es ist schon der vierte Band um Tommy Bergmann und die Frage ist, ob die Figur noch so viel hergibt. Vielleicht nein, die Düsternis, die den Charakter früher umgab, ist größtenteils verflogen. Daher muss der Plot überzeugen, der interessanterweise seinen Ursprung in vergangenen Jahrzehnten hat. Zwar wird erst 2016 eine Wasserleiche gefunden, doch es geht dann in die Vergangenheit ins Jahr 1973 bis in die achtziger Jahre.
Da gibt einige besondere Passagen, zum Beispiel die mit der Flucht von Christel Heinze, eine DDR-Sportlerin. Dann gerät sie an den KGB-Geheimdienst und landet in Norwegen. Für mich ist Christel lange Zeit praktisch die Hauptfigur des Buches. In ihrer Zwangslage hat sie es nicht einfach mit der Lebensgestaltung. Sie ist hin- und hergerissen. Dem Traum von Freiheit begleitet auch Heimweh nach der DDR. Sie verliebt sich in einen verheirateten Mann und die politische Stimmung der Zeit ist schwierig, z.B. ist der Vietnamkrieg voll in Gange.

Die Handlung pendelt zwischen den Zeiten hin und her.
Streckenweise wird es ein fast klassischer Spionagethriller, was ich nicht erwartet hätte. Taugt der eigenwillige Tommy Bergmann, um kritiklos mit dem Geheimdienst zusammen zu arbeiten? Wohl kaum. Schließlich verbeißt er sich regelrecht in den Fall.

Gelesen wird das Buch von Detlef Bierstedt. Er ist einer der ganz großen Sprecher und das schon sehr lange und bekannterweise die deutsche Synchronstimme von George Clooney.
Mit seiner souveränen Stimme veredelt Detlef Bierstedt das Buch, das mich sonst nicht komplett überzeugte.

Veröffentlicht am 12.06.2019

Rettet das Freibad

Im Freibad
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Im Freibad von Libby Page würde ich schon als Frauen-Buch bezeichnen. Das ist natürlich nicht abfällig gemeint sondern soll nur aussagen, das m:E. mehr Frauen als Männer von der Geschichte angesprochen ...

Im Freibad von Libby Page würde ich schon als Frauen-Buch bezeichnen. Das ist natürlich nicht abfällig gemeint sondern soll nur aussagen, das m:E. mehr Frauen als Männer von der Geschichte angesprochen werden.
Die junge Reporterin Kate ist etwas unsicher. Die Begegnung mit der 86jährigen Rosemary, der sie bei der Rettung eines Freibades vor Schließung unterstützen will, hilft auch ihr. Die ihr innewohnende Stärke entfaltet sich.
Um die Schließung des Freibades zu verhindern müssen sie sich einige Aktionen ausdenken, um die Öffentlichkeit wachzurütteln.

Rosemarys Gedanken wandern oft zu George, ihrem verstorbenen Mann.
Ihr gemeinsames Leben, das sehr glücklich war, aber auch von Verlusten geprägt, nimmt einigen Raum im Roman ein.

Gehört habe ich das Hörbuch, erschienen bei Hörbuch Hamburg und gelesen von Cathlen Gawlich, die über eine sanfte Stimme verfügt.

Veröffentlicht am 10.06.2019

Anis Mannschaft

All die unbewohnten Zimmer
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Interessanterweise setzt Friedrich Ani in diesem Roman mehrere Hauptfiguren ein, die in den Teilen wechseln und mit ihnen die Blickwinkel und Stimmung.

Es beginnt furios mit der Kommissarin Fariza Nasri, ...

Interessanterweise setzt Friedrich Ani in diesem Roman mehrere Hauptfiguren ein, die in den Teilen wechseln und mit ihnen die Blickwinkel und Stimmung.

Es beginnt furios mit der Kommissarin Fariza Nasri, die sehr emotional ist und oft impulsiv vorgeht. Hier gelingt der Übergang zwischen Nasris inneren Emotionen und äußeren Dialogen sehr gut und für den Leser bereichernd.

Im zweiten Teil steht Pensionär Jakob Franck im Vordergrund, wie schon in Romanen wie „Ermordung des Glücks“ bleibt er immer beherrscht. Ihn begleitet eine düstere, intensive Atmosphäre. Wieder einmal muss er die Nachricht eines Todes an die Angehörigen überbringen, doch der Vater des Opfers reagiert unerwartet feindselig.
Der Tote war ein junger Polizist, der erschlagen wurde. Obwohl Franck nicht mehr im Dienst ist, macht er sich Gedanken.
Der vierte Teil gehört Privatdetektiv Tabor Süden, im fünften kommen alle noch einmal zusammen.

Wie man ja schon fast durch den ungewöhnlichen Romantitel erahnen kann, ist der Roman sprachlich sehr fein gemacht, teils poetisch und mit einigen bemerkenswerten Sätzen.
Mich überzeugt außerdem, wie Friedrich Ani seine Figuren zwar auch mit Schwächen, aber immer mit Haltung versehen hat. Es sind wirklich Persönlichkeiten.

Veröffentlicht am 30.05.2019

Was wirklich zählt

Der Himmel ist nicht weit
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Catherine Ryan Hyde schreibt erfolgreich gefühlvolle Romane mit Niveau. Der Himmel ist nicht weit gehört auch dazu.
Eine Anwältin aus der Stadt beschließt ihren Beruf aufzugeben und aufs Land zu ziehen. ...

Catherine Ryan Hyde schreibt erfolgreich gefühlvolle Romane mit Niveau. Der Himmel ist nicht weit gehört auch dazu.
Eine Anwältin aus der Stadt beschließt ihren Beruf aufzugeben und aufs Land zu ziehen. In ihrem Landhaus sind aber eine junge Mutter (Pattie) und ihre 5jährige Tochter Willa und Rosie bringt es nicht über sich, sie rauszuschmeißen.
Dann tauchen auch noch andere Leute auf, die auf ihrem Land kampieren. Ein junger Ex-Soldat, ein achtzigjähriger Mann und dann auch noch ein altes Pferd namens Ernst.

Schließlich besucht auch noch ihr erwachsener Sohn sie, von dem sie sich entfremdet hatte.

Wie langsam aus dieser Gesellschaft eine Familie wird, ist anrührend zu lesen.

Es gibt auch viele amüsante Passagen, z.B. mit Ernst, der auch gerne mal die Scheibenwischer von Rosies teurem Auto frisst.
Die Autorin vergibt aber auch Chance. Wie sich Rosies Beziehung zu ihrem Sohn bessert wird ausführlich beschrieben, dafür gibt es kaum noch Szenen zwischen Rosie und Pattie und Willa.
Ich habe den Roman gerne gelesen, aber es bleibt ein Bedauern darüber, dass manche Potenziale verschenkt wurden. Dennoch ist es ein angenehm zu lesender, gut unterhaltender Roman.

Veröffentlicht am 25.05.2019

Lebensabschnitt, literarisch betrachtet

Was das Leben kostet
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Deborah Levy schreibt in diesem Memoir-Buch autofictional. Also ist die Icherzählerin jemand, der die Eckdaten der Autorin teilt und sogar ihre Bücher schreibt und doch nicht ganz sie ist. So erhält Levy ...

Deborah Levy schreibt in diesem Memoir-Buch autofictional. Also ist die Icherzählerin jemand, der die Eckdaten der Autorin teilt und sogar ihre Bücher schreibt und doch nicht ganz sie ist. So erhält Levy die Möglichkeit, sich selbst und ihre Emotionen zu analysieren
Diese Form beherrscht Deborah Levy gut und Prosa und Essay vermengen sich im Text.
Die Icherzählerin schreibt stark reflektierend und zeigt den Alltag nach ihrer Trennung. Sie muss für sich und ihre Töchter ein neues Zuhause schaffen und einen Platz für s Schreiben finden und nicht zuletzt ausreichend Geld verdienen.

Die Überlegungen sind häufig philosophischer Natur, manches bezieht sich auf Simone de Beauvoir, Marguertite Duras oder sogar Martin Heidegger.

In der zweiten Hälfte des Buches liegt der Schwerpunkt auf den Erinnerungen an die verstorbene Mutter.

Der relativ kurze, aber stark verdichtete Text wurde aus dem Englischen von Barbara Schaden übersetzt, gefühlsmäßig sehr gut, würde ich sagen.