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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.06.2019

Mut zum Glück

Unsere Seelen bei Nacht
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Unsere Seelen bei Nacht ist ein Buch über zwei mutige alte Menschen, die noch einmal das Glück erleben möchten, egal, was ihre Umgebung davon hält.
Eines Tages macht die über 70jährige Addie Moore dem ...

Unsere Seelen bei Nacht ist ein Buch über zwei mutige alte Menschen, die noch einmal das Glück erleben möchten, egal, was ihre Umgebung davon hält.
Eines Tages macht die über 70jährige Addie Moore dem etwa gleichaltrigen Witwer Louis Waters einen ungewöhnlichen Vorschlag. Sie fragt, ob er nicht ab und zu die Nacht bei ihr verbringen möchte. Es gehe ihr nicht um Sex, nur ums Reden und sich weniger einsam zu fühlen.
Zu diesem Zeitpunkt kennen sich die beiden gar nicht besonders gut, nur, wie man sich als Nachbarn eben so kennt. Doch Louis lässt sich auf den Vorschlag ein und es entwickelt sich eine schöne Freundschaft zwischen ihnen. Natürlich bleibt "das Verhältnis" der beiden Senioren in dem kleinen Ort Holt nicht unentdeckt und die Leute zerreißen sich bald die Mäuler über die beiden, was ihnen aber egal ist. Auch die erwachsenen Kinder von Addie und Louis finden ihre Eltern peinlich. Addies Sohn Gene geht sogar so weit, Louis zu verbieten, weiterhin seine Mutter zu sehen. Dabei ist er derjenige, der so einiges von Addie und Louis lernen könnte. Die eigene Ehe ist nämlich ziemlich kaputt, seine Frau Beverly hat ihn verlassen, weshalb Gene sich gezwungen sieht, seinen kleinen Sohn Jamie für eine Weile zu Addie zu bringen. Jamie, der zunächst an Angstzuständen leidet und sich für nichts als sein Handy interessiert, wird von Louis und Addie liebevoll umsorgt und an die Natur und Sport herangeführt. Es geht ihm dort sehr viel besser als Zuhause bei seinen ewig streitenden Eltern und seinem strengen Vater.
Unsere Seelen bei Nacht ist ein ruhiges kleines Buch, das ich auf einmal gelesen habe. Teilweise erschienen mir die Szenen und Beschreibungen etwas banal, etwa wenn ein Jahrmarkt in allen Einzelheiten beschrieben wird, doch spiegelt der Roman das Leben im Mittleren Westen sehr gut wieder, die endlose Weite, die Getreidefelder, Kleinstädte, in denen jeder jeden kennt und die Engstirnigkeit mancher Leute. Das Ende des Buchs ist ein wenig traurig, aber vielleicht realistischer als ein happy end. Es kommt mir vor, als habe sich Kent Haruf in diesem Buch mit dem eigenen Alter auseinandergesetzt. Es wurde kurz vor seinem eigenen Tod beendet.

Veröffentlicht am 16.06.2019

Ein großer Schritt

Launen der Zeit
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Als Kind ist Willa den Launen ihrer Mutter ausgesetzt. Jedes Mal, wenn die Mutter wieder einmal im Zorn davonfährt, haben Willa und ihre kleine Schwester Angst, dass sie nicht wiederkommt. Kein Wunder, ...

Als Kind ist Willa den Launen ihrer Mutter ausgesetzt. Jedes Mal, wenn die Mutter wieder einmal im Zorn davonfährt, haben Willa und ihre kleine Schwester Angst, dass sie nicht wiederkommt. Kein Wunder, dass Willa den Erstbesten, der ihr einen Antrag macht, heiratet. Ihr Studium gibt sie zunächst auf. Familie geht vor. Den Plan, nach den Schwangerschaften weiter zu studieren, setzt sie nie in die Tat um.
Auch in ihrer Ehe mit Derek ist sie diejenige, die sich um Harmonie bemüht. Derek hat ein aufbrausendes Temperament, das ihm zum Verhängnis wird.
In zweiter Ehe ist Willa mit einem ehemaligen Rechtsanwalt verheiratet, der an allem und jedem etwas auszusetzen hat. Wieder entschuldigt Willa sein Verhalten ihren Mitmenschen gegenüber, so ist er nun einmal. Sie ist nicht sonderlich glücklich und vor allen Dingen nicht ausgelastet.
Dann kommt ein Telefonanruf, der alles verändert. Die ehemalige Lebensgefährtin ihres Sohns Sean wurde angeschossen und liegt im Krankenhaus, und es gibt niemanden, der sich um die neunjährige Tochter Cheryl kümmert. Obwohl es sich nicht um Seans leibliche Tochter handelt und Willa weder Cheryl noch ihre Mutter Denise kennt, beschließt sie, von Arizona nach Baltimore zu fliegen, um zu helfen.
Zum ersten Mal in langer Zeit wird Willa gebraucht und tut etwas Sinnvolles. Und allmählich kommt sie zu der Erkenntnis, dass sie selbst es ist, die ihr Schicksal in die Hand nehmen muss.
Anne Tyler ist mit “Launen der Zeit“ ein warmherziges Buch über Einsamkeit und Freundschaft, über Enttäuschungen und den Mut, einmal etwas ganz Neues zu wagen gelungen.

Veröffentlicht am 15.06.2019

Gemeinsam sind sie stark

Im Freibad
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Das Freibad im Londoner Stadtteil Brixton soll geschlossen werden. Eine große Immobiliengesellschaft hat ein Angebot dafür abgegeben, will das alte Bad zubetonieren und einen Tennisplatz für eine ausgewählte ...

Das Freibad im Londoner Stadtteil Brixton soll geschlossen werden. Eine große Immobiliengesellschaft hat ein Angebot dafür abgegeben, will das alte Bad zubetonieren und einen Tennisplatz für eine ausgewählte Klientel daraus machen. Die Dauerschwimmer wie die 86-jährige Rosemary Petersen sind entsetzt. Die junge Journalistin Kate soll für eine Lokalzeitung einen Artikel über die bevorstehende Schließung schreiben. Da sie auch die Menschen portraitieren möchte, die von der Schließung betroffen sind, nimmt sie Kontakt zu Rosemary auf.
Rosemary ist bereit, mit Kate zu reden, aber nur unter einer Bedingung: Kate soll selbst schwimmen gehen. Kate ist zunächst nicht begeistert, sie ist schon jahrelang nicht mehr geschwommen, doch dann findet sie Spaß daran und merkt, wie im Schwimmbad ihre Sorgen und Ängste von ihr abfallen. Mit der Zeit lernt sie Rosemary und die anderen Schwimmer immer besser kennen und sie beschließen, gemeinsam gegen die bevorstehende Schließung zu protestieren und für dessen Erhalt zu kämpfen.
Kate hat bisher ein sehr einsames und isoliertes Leben in London geführt. Durch Rosemary und ihre Freunde öffnen sich ihr ganz neue Türen. Sie zieht sich nicht mehr in ihr WG-Zimmer zurück, sondern geht unter Leute. Ihr Selbstbewusstsein wächst, auch weil ihre Artikel auf großen Anklang stoßen. Immer mehr Leute schließen sich der Protestaktion an.
„Im Freibad“ ist eine anrührende Geschichte, in der es um mehr als nur die Rettung eines Schwimmbads geht. Rosemary erzählt Kate viel aus ihrem Leben, zum Beispiel, wie sich Brixton im Lauf der Zeit verändert hat, und von ihrem verstorbenen Ehemann George. Auch Kate öffnet sich nach und nach und wächst über sich hinaus. Es ist ein Feel-Good Buch, das mir allerdings manchmal ein bisschen zu naiv daherkommt, zum Beispiel als Kate ein Plastikentchen fragen will, wo all die anderen Leute sind, und ihr dann erst einfällt, dass das Entchen aus Plastik ist.
Die Geschichte ist teilweise ein wenig repetitiv und in die Länge gezogen. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich das Hörbuch gehört habe und die alte Dame Rosemary natürlich sehr langsam und bedächtig spricht. Gelesen ist es übrigens sehr gut von Cathleen Gawlich. Es ist erstaunlich, wie perfekt sie von der Stimme einer jungen Frau oder eines Kindes direkt zu der Stimme einer 86-jährigen wechselt!
Alles in allem habe ich das Buch gerne gehört und gebe 4 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 07.05.2019

Der Alemão an der Algarve

Weiße Fracht
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Alexander Lost, der im Rahmen eines Austauschprogramms der Polizei von Hamburg an die Algarve kam, hat sich dort mittlerweile so gut eingelebt, dass er am liebsten dableiben möchte. Leider läuft das Austauschprogramm ...

Alexander Lost, der im Rahmen eines Austauschprogramms der Polizei von Hamburg an die Algarve kam, hat sich dort mittlerweile so gut eingelebt, dass er am liebsten dableiben möchte. Leider läuft das Austauschprogramm demnächst aus und Alexander muss nach Hamburg zurück. Seine portugiesische Dienststelle wäre sogar bereit, eine Planstelle für ihn zu schaffen, doch es liegt an Hamburg, darüber zu entscheiden.
Ein deutscher Aussteiger, ein Schreiner und Bruder von Alexander Losts früherem Dienststellenleiter in Hamburg, ist ermordet worden. Da der Bruder in Hamburg ein Interesse daran hat, dass der Mörder schnell gefasst wird (und er den Portugiesen so eine Mordermittlung anscheinend nicht zutraut), schickt er zwei deutsche Beamte nach Fuseta. Weshalb er dafür ausgerechnet zwei dermaßen tumbe Exemplare von Polizisten auswählt, ist nicht ganz klar. Jedenfalls radebrechen sie sich durch die Gegend und lassen kein Fettnäpfchen aus, während sie zur eigentlichen Ermittlung herzlich wenig beitragen. Die beiden können es kaum glauben, dass ihr früherer Kollege Lost von den Portugiesen als Ermittler und Mensch sehr geschätzt wird.
Dann kommt den Ermittlern zu Ohren, dass an der Algarve ein großer Drogendeal über die Bühne gehen soll und es geschieht ein weiterer Mord.
Die Kriminalfälle sind ganz nett, aber das Buch lebt, wie schon die Vorgängerbände, von der Person des Alexander Lost, einem Autisten, der nicht lügen kann. Dies führt immer wieder zu urkomischen Situationen. Da Alexander außerdem Eidetiker ist, also ein fotografisches Gedächtnis hat, kann er einmal Gesehenes jederzeit wieder abrufen und so wichtige Hinweise zur Lösung der Verbrechen geben.
Ein netter Zeitvertreib für zwischendurch, der Sehnsucht nach dem warmen Klima und der Lebensart an der Algarve weckt!

Veröffentlicht am 09.04.2019

Gefährliches Sylt

Dünengeister
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Mitten im Naturschutzgebiet an der Großen Düne wird eine Leiche gefunden, die offensichtlich schon seit vielen Jahren dort vergraben war. Kaum sind die Ermittlungen angelaufen, werden in unmittelbarer ...

Mitten im Naturschutzgebiet an der Großen Düne wird eine Leiche gefunden, die offensichtlich schon seit vielen Jahren dort vergraben war. Kaum sind die Ermittlungen angelaufen, werden in unmittelbarer Nähe zwei weitere Todesopfer gefunden, die offensichtlich vergiftet wurden. Sie sind Mitglieder der renommierten und alteingesessenen Sylter Familie Melander, in der es in der Vergangenheit schon des öfteren ungeklärte Todesfälle gegeben hat. Schnell kommt der Verdacht auf, dass der Anschlag womöglich einem anderen Familienmitglied, der Matriarchin Adeline Melander, gegolten haben könnte. Wer könnte ein Interesse an ihrem Tod haben? Welche Rolle spielt der geheimnisvolle Mann, der Adeline beobachtet, oder ist er womöglich lediglich eine Ausgeburt von Adelines Fantasie?
Dann gibt die Düne eine zweite Leiche frei und im Hause Melander kommt es zu weiteren Mordversuchen. Die Kripo Flensburg hat alle Hände voll zu tun, die weitverzweigte Familie Melander unter die Lupe zu nehmen und gleichzeitig andere Verdächtige nicht aus den Augen zu verlieren. Die Ereignisse überschlagen sich. Es kommt zu einer Brandstiftung und alles deutet darauf hin, dass Adeline den Brand gelegt hat, doch dann wird sie selbst tot aufgefunden...
Es gibt viele, die ein Motiv haben könnten, nicht zuletzt, weil Adeline äußerst wohlhabend war und so manches Familienmitglied von ihrem Tod profitiert.
Die Aufklärung des Ganzen ist einigermaßen überraschend. Mir hat es Spaß gemacht, mitzurätseln, zumal mir Nina Ohlandts humorvoller Schreibstil gut gefallen hat. Für mich war dies der erste Roman der Autorin, deshalb waren die beigefügten Personenverzeichnisse äußerst hilfreich. Da ich großer Sylt-Fan bin, hat es mir Spaß gemacht, einen Roman zu lesen, der auf der Insel spielt.

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