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Veröffentlicht am 10.08.2019

Schöne, berührende Geschichte um ein altes, englisches Anwesen und seine Bewohner

Das kleine Cottage auf dem Hügel
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Eigentlich ist der Titel irreführend, denn es geht in dem Roman nicht um ein kleines Cottage, sondern um mehrere Cottages, die alle ziemlich verwahrlost sind und zu einem größeren Anwesen gehören. Auf ...

Eigentlich ist der Titel irreführend, denn es geht in dem Roman nicht um ein kleines Cottage, sondern um mehrere Cottages, die alle ziemlich verwahrlost sind und zu einem größeren Anwesen gehören. Auf Joy‘s Acre, wie sich das ganze Anwesen nennt, soll Maddi Porters neue Arbeitsstelle sein. Als Vertreterin einer PR-Agentur soll sie sich um die Vermarktung des „luxuriösen Anwesens“ kümmern. Leider gehen ihre Vorstellungen mit denen des Besitzers so gar nicht überein. Seth ist ein verschlossener Mensch, und erst nach und nach erfährt man, was ihn antreibt und wieso er sich überhaupt auf die PR-Angelegenheit eingelassen hat. Er muss zu Veränderungen bereit sein, aber das Gleiche gilt auch für Maddie. Die Erfahrungen, die sie auf dem alten Landgut macht, erweisen sich für sie selbst als überraschend. Die beiden Protagonisten sind vielschichtig und plastisch gezeichnet, und man kann sie nach und nach immer besser verstehen. Auch die anderen Charaktere, die im Roman eine Rolle spielen, sind interessant, lebendig und gut dargestellt. Die Idee hinter dem Roman gefällt mir sehr gut. Da ist einmal die faszinierende Geschichte des Anwesens, die bis heute auf die Gegebenheiten ausstrahlt und die Protagonisten beeinflusst. Die Menschen, die auf Joy‘s Acre zusammen kommen, haben alle noch an Problemen der Vergangenheit zu tragen, sie alle haben ihre Geheimnisse, und in gewisser Weise wirkt sich das alte Anwesen heilsam für jede(n) von ihnen aus.
Mit Maddie hatte ich anfangs meine Probleme, denn als sie auf Joy‘s Acre ankommt, wirkt sie nicht nur ziemlich arrogant, sondern dort auch völlig fehl am Platz. Aber sie macht eine starke Entwicklung durch, die ihr gut tut und ihr ganz neue Möglichkeiten eröffnet.
Besonders die Beschreibung des Anwesens und der Gegend haben mir sehr gut gefallen. Auch die Art, wie diverse Tiere ihren Platz in der Handlung erhalten und nebenbei auch Maddies Herz erobern, ist sehr schön und verleiht der Geschichte einen gewissen Wohlfühl-Charakter. Die Atmosphäre des Anwesens und der dazu gehörenden Cottages strahlt Wärme aus. So ganz nebenbei erhält man auch einen lehrreichen Einblick in das Dachdecker-Handwerk, und ich war erstaunt, wie viel Wissen und Können nötig ist, um ein Dach fachgerecht und haltbar mit Stroh zu decken.
Ich habe diesen Roman sehr gerne gelesen und ihn auch richtig genossen. Nur einen Kritikpunkt habe ich anzumerken, und dabei geht es um die vielen Geheimnisse, die im Raum stehen bzw. die sich vor Maddie auftun. Jeder redet nur um den heißen Brei, und keiner spricht aus, was hinter verschiedenen Handlungen steckt. In gewisser Weise konnte ich Maddies Unmut verstehen, wenn sie vor dieser Mauer des Schweigens erst einmal kapitulierte oder auch mal etwas heftiger reagiert hat. Diese Geheimniskrämerei fand ich teilweise etwas übertrieben, und die Handlung wirkte dadurch auf mich künstlich in die Länge gezogen. Glücklicherweise hat es für mich den Lesefluss nicht behindert. Wenn mir das ganze Hin und Her mit „erzähle ich es oder erzähle ich es nicht?“ zu viel wurde, habe ich ein paar Seiten einfach etwas flüchtiger gelesen. Trotzdem war am Ende alles gut, und ich war insgesamt zufrieden mit der Story.

Veröffentlicht am 03.07.2019

Guter zweiter Teil, leider mit unbefriedigendem Ende

Die Ärztin: Stürme des Lebens
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Die Geschichte der jungen Ärztin Rica geht weiter. Auch dieser zweite Teil, der die Jahre 1890 bis 1914 umfasst, bietet, neben seiner fiktiven Geschichte, wieder jede Menge an historischem Hintergrundwissen. ...

Die Geschichte der jungen Ärztin Rica geht weiter. Auch dieser zweite Teil, der die Jahre 1890 bis 1914 umfasst, bietet, neben seiner fiktiven Geschichte, wieder jede Menge an historischem Hintergrundwissen. Besonders die Rolle der Frau zur damaligen Zeit ist ein großes Thema, und an Ricas Beispiel erkennt man immer wieder, wie schwierig es damals war, als Ärztin Fuß zu fassen. Rica erfährt am eigenen Leib, wie abhängig sie ist und dass sie von der männlichen Ärzteschaft nicht ernst genommen wird. Ständig werden ihr Steine in den Weg gelegt, und einige Schicksalsschläge tun ein übriges, um ihr das Leben schwer zu machen. Manche ihrer Handlungen und Entscheidungen kann ich schon verstehen, aber einiges hat mir dann doch zu denken gegeben, ob es sich nicht hätte anders lösen lassen. Vor allem die zwischenmenschliche Ehrlichkeit lässt hier häufig zu wünschen übrig, und Ricas Schweigen lässt so manches Problem gefährliche Ausmaße annehmen. Aber letztendlich blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als so zu handeln, denn die Probleme, das falsche Schweigen, greifen länger in die Vergangenheit zurück.
Der Roman hat eine Vielzahl interessanter Charaktere zu bieten, die alle gut ausgearbeitet sind.
Die Handlung spielt zum Teil in München, aber auch weitgehend in Afrika und natürlich auch wieder in Berlin. Gerade die Zeit in Afrika ist sehr lebendig und farbig dargestellt, so dass man die Atmosphäre spüren und sich sehr gut in die Protagonisten hinein versetzen kann.
Man trifft „alte Bekannte“ wieder, im Positiven wie im Negativen, wobei für mein Empfinden manchmal doch der Zufall etwas zu stark bemüht wurde, beispielsweise wenn ich an Hennys folgenschwere Begegnung mit dem jungen Amerikaner denke.
Das Buch endet mit einem extremen Cliffhanger, der mir so gar nicht gefallen hat und den ich unnötig finde, denn ich lese zwar einerseits gerne Romanreihen, aber jedes Buch sollte doch einigermaßen in sich abgeschlossen sein. Das ist hier nicht der Fall, und so bleibt mir nichts übrig, als geduldig bis zum September abzuwarten, wenn der dritte und letzte Band erscheint.

Veröffentlicht am 27.06.2019

Mode ist vergänglich, Stil niemals

Coco Chanel
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Das Modelabel „Chanel“ ist wohl jedem ein Begriff, doch wer steckt dahinter? Gabrielle, wie Coco Chanel mit bürgerlichem Namen hieß, konnte auf einen erstaunlichen Werdegang zurück blicken. Im Waisenhaus ...

Das Modelabel „Chanel“ ist wohl jedem ein Begriff, doch wer steckt dahinter? Gabrielle, wie Coco Chanel mit bürgerlichem Namen hieß, konnte auf einen erstaunlichen Werdegang zurück blicken. Im Waisenhaus aufgewachsen hatte sie schon frühzeitig außergewöhnliche Ideen. Sie passte sich nicht an, sondern entwickelte ihren ganz eigenen, unkonventionellen Stil, der viele Jahre später weltberühmt wurde. Sie ließ sich nicht in gesellschaftliche Formen der 20er Jahre zwängen, und auch in der Mode sagte sie dem Korsett den Kampf an. Sie revolutionierte die Damenmode und schuf legere Kreationen, die ihren Trägerinnen Bewegungsfreiheit ließen und doch chic waren.
Gabrielle, die Unternehmerin erlangte Weltberühmtheit weit über ihren Tod hinaus. Viele Klassiker gehen auf ihre Entwürfe zurück.
Gabrielle, der Mensch, wird in dieser Romanbiographie sehr lebendig vorgestellt. Sie war eine schillernde Persönlichkeit mit vielen Facetten. Der Autorin ist es gelungen, sie farbig zu charakterisieren und viele ihrer Wesenszüge ausdrucksvoll darzustellen.
Chanels Leben war sowohl von schweren Verlusten als auch von großen Erfolgen geprägt. Zum Thema „Männer“ könnte man sagen, Coco konnte langfristig nicht mit ihnen leben, aber auch nicht ohne sie.


Die Autorin entführt ihre Leser gekonnt in die Zwanziger Jahre, und man lernt nicht nur eine vielschichtige Frau kennen, sondern auch ihr Umfeld, die Menschen, die ihr nahe standen, ihre Freunde und Bekannten, das alles wird authentisch ausgeleuchtet und mit Leben gefüllt.
Sicher hat sich nicht alles genau so ereignet, wie es im Buch beschrieben wird, denn die Lücken der Romanbiographie hat die Autorin mit Fiktion gefüllt, aber insgesamt ist Nadine Sieger ein glaubhaftes und umfangreiches Charakterbild dieser besonderen, charismatischen Frau gelungen, deren Entwürfe und Ideen die Modewelt nachhaltig beeinflusst haben.
Das gebundene Buch ist wunderschön aufgemacht und enthält zahlreiche Fotografien aus Cocos Leben.

Veröffentlicht am 16.06.2019

Gut geschriebener historischer Unterhaltungsroman

Das Haus der gefallenen Töchter
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Was der Heilerin Jenna in ihrem Heimatdorf widerfährt, ist geradezu unglaublich. Sie, die den Menschen nur helfen möchte und dies auch in vielen Fällen könnte, da sie viel über die Heilkunst der Kräuter ...

Was der Heilerin Jenna in ihrem Heimatdorf widerfährt, ist geradezu unglaublich. Sie, die den Menschen nur helfen möchte und dies auch in vielen Fällen könnte, da sie viel über die Heilkunst der Kräuter weiß, wird der Hexerei bezichtigt. Genau genommen hat sie es sich aber selbst eingebrockt, denn ziemlich am Anfang der Handlung lässt sie ihre Nachbarin wirklich in dem Glauben, zaubern zu können. Auch wenn sie später versucht, ihre Aussage zu korrigieren, so ist der Schaden doch schon angerichtet. Eine Frau, die zur damaligen Zeit lebte und die allgemeine Einstellung kannte, wird sich wohl gehütet haben, über sich selbst einen falschen Ruf zu verbreiten, denn sie kannte ja eigentlich die damit verbundenen Risiken. Trotzdem konnte ich mit ihr fühlen, und ich schreibe ihre manchmal etwas naive Handlungsweise ihrer Jugend und Unerfahrenheit zu. Ihr weiterer Weg, als sie bei einer Gauklergruppe Unterschlupf findet, ist schön und realistisch dargestellt. Die Charaktere, denen sie begegnet, sind sehr plastisch und lebendig beschrieben, und die Atmosphäre beim fahrenden Volk kann man direkt nachvollziehen. Ihre Anwesenheit stößt nicht bei allen Mitgliedern der Gruppe auf Gegenliebe. Als Jenna dann in eine Falle tappt und festgenommen wird, lernt sie ihm Haus der gefallenen Töchter die Dirne Ursula kennen. In diesem Haus sollen die Frauen Buße tun und ihre Sünden bereuen. Das Leben dort ist alles andere als ein Honigschlecken und fordert den Frauen viel Kraft ab. Hier begegnen sie auch Elisabeth, der Ehefrau des Patriziers Hermann Quattermart, der ein sehr engagierter Förderer des Frauenhauses ist, nicht von ungefähr, denn er liebt heimlich die Dirne Ursula. Seine Frau ist ihm bei seinen Plänen nur lästig, und das lässt er sie auch spüren. Letztendlich geht es allen Frauen, geliebt oder nicht, ziemlich gleich, denn egal ob Heilerin, Hure oder Ehefrau aus Patrizierkreisen, keine von ihnen hat irgendwelche Rechte, keine hat etwas zu sagen, das wird einem beim Lesen sehr deutlich bewusst.
Elisabeth kann den gefangenen Frauen nicht zur Freiheit verhelfen, und wiederum ist sie mit ihren eigenen Problemen völlig auf sich gestellt.
Jenna, Ursula und die anderen Frauen schmieden Pläne, wie sie aus dem Haus entkommen können. Währenddessen ist Amando, ein junger Mann von der Gauklertruppe, auf der Suche nach Jenna, denn er liebt sie.
Die Handlung ist weitgehend spannend und kurzweilig. Zwar sind historische Eckdaten recht sparsam eingearbeitet, aber die fiktive Geschichte hat einen hohen Unterhaltungswert. Zum Schluss wurde dem Zufall recht stark auf die Sprünge geholfen, was ich dann doch nicht so ganz glaubwürdig fand. Aber letztendlich hatte ich schöne, interessante Lesestunden mit dem Roman, denn bis auf ein paar Szenen, die ich etwas an den Haaren herbei gezogen fand, hat mir Jennas Geschichte gut gefallen.

Veröffentlicht am 25.05.2019

Der Horizont der Freiheit

Der Horizont der Freiheit
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Der Roman spielt vier Jahre nach Gründung des Verlags Rütten und Loening. Interessant ist, dass Rütten und Loening, heute ein Imprint des Aufbau-Verlags, diesen Roman nun verlegt, in dem die beiden Gründer ...

Der Roman spielt vier Jahre nach Gründung des Verlags Rütten und Loening. Interessant ist, dass Rütten und Loening, heute ein Imprint des Aufbau-Verlags, diesen Roman nun verlegt, in dem die beiden Gründer eine wichtige Rolle spielen. Vor allem Joseph Rütten, der zusammen mit seinem Partner Zacharias Löwenthal das Verlagshaus führt, ist einer der wichtigsten Charaktere neben der Witwe Wilhelmine Pfaff, in die er heimlich verliebt ist. Die Druckerei Pfaff liegt dem Verlagshaus gegenüber; Joseph Rütten und Wilhelmine Pfaff sind also Nachbarn und schon seit längerer Zeit gut befreundet. Nach dem Tod ihres geliebten Mannes ist Wilhelmine mutlos und weiß nicht, wie es mit dem Betrieb weitergehen soll. Mit Hilfe ihrer besten Freundin Henriette Zobel bringt sie die Druckerei jedoch wieder in Schwung, wobei Rütten und Löwenthal aber nicht ganz unbeteiligt sind, denn eine Reihe von Ereignissen führen zur Entscheidung der beiden Männer, ihrer Nachbarin diverse Druckaufträge zukommen zu lassen. Während Wilhelmine versucht, als allein stehende Frau das Unternehmen ihres verstorbenen Mannes weiter zu führen, hat sich ihre Freundin Henriette der Politik verschrieben. Sie verfolgt alle Tagungen der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche und erhebt schon mal vehement ihre Stimme, um ihre Meinung durchzusetzen.
Die beiden Freundinnen könnten unterschiedlicher gar nicht sein. Während Wilhelmine sich wenig für Politik interessiert, sondern sich eher an der konventionellen Frauenrolle orientiert, ist Henriette ganz anders. Sie ist kämpferisch und leidenschaftlich, setzt sich für die Gleichberechtigung der Frauen und für die Demokratie ein, was ihr den Ruf einbringt, ein Blaustrumpf zu sein. Manchmal wirkt sie regelrecht fanatisch.
Ich habe die Entwicklung der Ereignisse mit Interesse verfolgt. Hier hat die Autorin tadellos recherchiert, und man erhält jede Menge Informationen zum damaligen Kampf um die Demokratie. Einige Charaktere aus dem Roman sind historisch reale Persönlichkeiten, und vieles, was hier erzählt wird, hat sich in gewisser Weise so zugetragen. Wo genau die wahre Geschichte endet und die Fiktion beginnt, ist Ines Thorns Geheimnis. Es war eine bewegte Zeit mit bedeutenden Ereignissen, die bis heute nachwirken, denn man erlebt hier quasi die Demokratie in ihren Kinderschuhen. Was meinem Geschichtslehrer nie gelungen ist, das hat Frau Thorn erreicht, denn sie hat mir diese wichtige historische Ära nahe gebracht, während der es leider nicht immer friedlich zuging. Mir hat dieser interessante Roman gut gefallen. Lediglich die integrierte fiktive Liebesgeschichte, die im Grunde genommen keine ist, war mir etwas zu kopfgesteuert, und das Ende wirkte auf mich etwas abrupt und vage, vor allem was Henriettes Schicksal angeht.