Profilbild von faanie

faanie

Lesejury Star
offline

faanie ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit faanie über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.07.2019

Düster, unterhaltsam, toller Weltenaufbau und vielschichtige Charaktere!

Das Schwert der Totengöttin
0

Ich glaube, dass ich noch nie eine Rezension damit begonnen habe, über die Widmung zu schreiben. Viele Widmungen sind sehr persönlich und der Autor dankt mit diesen Worten nahestehenden Personen, gedenkt ...

Ich glaube, dass ich noch nie eine Rezension damit begonnen habe, über die Widmung zu schreiben. Viele Widmungen sind sehr persönlich und der Autor dankt mit diesen Worten nahestehenden Personen, gedenkt Verstorbener oder ehrt Vorbilder. Katharina V. Haderer dankt uns. Uns Frauen und Mädchen, uns Gamerinnen und Game-of-Thrones-Fans der ersten Stunde, uns Whiskey-Trinkerinnen und Abenteuerinnen, Bogenschützinnen. Wie cool ist DAS bitte? Positiver bin ich selten in ein Buch gestartet.
Das Schwert der Totengöttin, der Auftakt der Black Alchemy-Trilogie, die 2020 fortgesetzt wird, konnte mir dann auch noch sämtliche Gefühle entlocken, die man diesem Genre zuschreiben mag: ich habe mich gegruselt, geekelt, geschüttelt vor makaberen Beschreibungen. Dann war aber auch dieser humorvolle Schreibstil, bei dem die (wirklich zahlreichen) Charaktere kein Blatt vor den Mund nehmen und gern auch mal vulgär werden. Französische Ausdrücke, die immer wieder im Buch auftauchen, haben bei mir dann auch noch irgendwie Gedanken an New Orleans geweckt. Wer kein Französisch spricht, dem empfehle ich, einfach drüber zu lesen. Die Ausdrücke sind nicht sonderlich relevant für die Handlung, haben aber einen gewissen Charme.

Der mittelalterliche Weltenaufbau ist grandios gelungen: komplex durch die verschiedenen Ränge, Einheiten und Ehrennamen, den vielen Orten die erwähnt werden, den Herrschern und Göttern.. Ein kleines Glossar am Ende schafft Abhilfe, doch zu Beginn forderte die Geschichte meine volle Leseaufmerksamkeit. Ich hätte mir teilweise eine Karte gewünscht bzw. nähere Erklärungen zu den Orten, aber im Grunde ist es wohl nicht nötig für das Verständnis.

Die Story an sich gefiel mir auch unglaublich gut. Ich wusste kein bißchen, was mich in diesem Genre erwartet, war es doch mein erster Ausflug ins Dark Fantasy. Lebende Tote, hängende Hautfetzen, Augen auspickende Krähen und spritzende Eiterbeulen sind vermutlich nicht jedermanns Sache. Aber als ich mich darauf eingelassen hatte, hatte ich richtig Spaß und der schon erwähnte humorvolle Schreibstil tat sein Übriges. Viele verschiedene Schauplätze schafften Abwechslung, ein spannender Handlungsverlauf und einige Geheimnisse, die aufgedeckt wurden, tragen den Leser nur so durch’s Buch.

Zwischen Ekel und Lachen platziert die Autorin dann auch noch Protagonisten, die so unglaublich interessant und vielschichtig sind. Nicht nur die Hauptcharaktere sind vielfältig ausgearbeitet, auch die Nebenrollen haben ihren Reiz und schaffen Spannungen und Dynamiken, die die Geschichte noch lesenswerter machen. Mirage DeBois, die Waldhexe, aus deren Sicht die Geschichte neben Erik Zejns erzählt wird, ist ziemlich undurchsichtig und man lernt sie als Leser nur bruchstückhaft und häppchenweise kennen. Ja, sie birgt noch viele Geheimnisse, die ich in den Folgenbänden unbedingt aufdecken möchte.
Der schon erwähnte Erik Zejn, den ich anfangs kein bißchen mochte, da er ein Paragraphenreiter mit Stock im Arsch ist, konnte im Laufe der Geschichte jedoch meine volle Sympathie gewinnen. Denn es gehört meiner Meinung nach viel dazu, einen Fehler einzugestehen und sich zu entschuldigen.
Barthell, ein Gardist, der eher belächelt wird, hat durchaus seine lichten Momente und beeindruckt dann mit Durchblick, amüsiert aber meist mit Naivität und großer Klappe.
Baalthazar DeElephantine, ein Alchemist, hat seinen Auftritt zur rechten Zeit und wird in den Folgebänden auch noch eine große Rolle spielen. Dann noch so ungemein interessante Charakter wie Sol Uriarte, die Mutter Oberin oder Svetlana Kuzorra.. Ach, ich könnte noch so viel über die einzelnen Personen erzählen, aber wisst ihr was? Lest das Buch doch selbst, es lohnt sich definitv! 5 Sterne.

Veröffentlicht am 14.07.2019

Ein richtiges Wohlfühlbuch!

Show me the Stars
0

Show Me The Stars von Kira Mohn ist der Auftaktband der Leuchtturm-Trilogie und hat mich zuerst aufgrund dieses unglaublich schönen Covers gecatcht. Kyss kann es einfach. Als ich dann den Klappentext gelesen ...

Show Me The Stars von Kira Mohn ist der Auftaktband der Leuchtturm-Trilogie und hat mich zuerst aufgrund dieses unglaublich schönen Covers gecatcht. Kyss kann es einfach. Als ich dann den Klappentext gelesen habe, war es um mich geschehen. Irland, Leuchtturm, ein gutaussehender Ire? Her damit! Das Setting ist für mich neu und reizvoll und verspricht Romantik pur.

Liv ist eine Protagonistin, die man einfach mögen muss. Aus der Ich-Perspektive erzählt erfährt der Leser all ihre Gedanken, zu ihrem Beruf, ihrem Chef, ihrer Mutter. Sie ist erfrischend zupackend, Vegetarierin (wie unspektakulär!) und geht ihr Leben mit viel Witz, Humor, Gin und Tonic an, selbst (oder gerade deshalb?) wenn sie über Hypochonder und Promis schreiben muss. Wobei sie nicht weiß, was sie weniger mag: Hypochonder oder Promis. Ihre Mutter mag weder die einen noch die anderen, ist überhaupt nicht zufrieden mit der Berufswahl ihrer Tochter und lässt sie das auch spüren. Liv ist sich durchaus der Macht bewusst, die ihre Mutter über sie hat und möchte sie eigentlich nur zufriedenstellen, auch wenn sie sich dafür verbiegen müsste. Doch als sie den Verlust ihres ersten Jobs nutzt, um sich eine Auszeit zu nehmen, ist dies auch nicht das, was ihre Mutter gutheißt, ganz im Gegenteil: Irland, ein einsamer Leuchtturm, Zeit sich neu zu orientieren. Klingt doch super, oder? Laut ihrer Mutter: Zeitverschwendung. Doch es ist zumindest besser, als unter einer von Hamburgs zahlreichen Brücken zu landen, falls Liv die Miete für ihre Wohnung nicht mehr aufbringen kann.
Also findet sie sich kurze Zeit später auf einem Leuchtturm vor der Küste Irlands wieder, stellt sich ihren Ängsten, und lernt nebenbei noch Kjer kennen, einen attraktiven Einheimischen. Zwischen Stromausfall, Aussperrung und weiteren Tollpatschichkeiten Livs, kommen sich die beiden näher..

Die Geschichte schreitet gemächlich voran und nimmt sich die Zeit, die sie braucht – ohne dabei ein einziges Mal langatmig oder gar langweilig zu sein. Diese Entschleunigung passt finde ich auch gut zu Livs neuer Lebenssituation auf der abgeschiedenen Insel. Kira Mohn gibt allen Personen die Chance, den benötigten Raum einzunehmen und man schließt nicht nur Liv ins Herz. Abgesehen von Kjer (Mr. Breathtaking!), den man als LeserIn erst (!) nur oberflächlich kennenlernt und der somit faszinierend geheimnisvoll bleibt, wurden auch die anderen Nebencharaktere liebevoll gezeichnet. Sei es Airin (deren Geschichte in Band 3 Find Me In The Storm erzählt werden wird), Livs Opa oder gar Herr Wedekind, der Eigentümer des Leuchtturms, sie sind alle auf ihre Art bezaubernd, selbst, wenn sie nur kurze Auftritte haben. Herr Wedekind z.B. sorgt für einen Moment, in dem ich nicht anders konnte, als vor Rührung zu weinen.
Die Liebesgeschichte ist anders als so viele andere. Sie kommt ohne den großen Eklat, den großen Streit, das große Missverständnis aus. Sie entwickelt sich langsam und tiefgehend, einzig das Leben selbst, mit seinen Höhe und Tiefen, steht dem Happy End im Wege.

Ja, es macht einfach nur Spaß, ihr und den anderen in dem kleinen irischen Städtchen zu folgen. Aber nicht nur die Personen machen einem Freude, auch so Kleinigkeiten, wie dass Liv allen Möbeln Namen gibt, ja, selbst Kjers Auto oder auch der Leuchtturm Namen haben oder dass Brady’s Pub allein durch die Beschreibungen so urgemütlich klingt, dass sogar ich dort am liebsten ein Guinness trinken will, das mir dann leider doch nicht schmecken würde.
Irlands Küste, der Himmel, das Meer und der Leuchtturm werden so bildreich und mit viel Liebe zum Detail dargestellt, dass man nur noch vor sich dahin träumt, vom grünblauen Meer, vom stahlgrauen Meer, vom moosgrünen Meer. Diese unglaubliche Atmosphäre macht Show Me The Stars zu einem richtigen Wohlfühlbuch.

Und während mir gerade noch der Sprühregen vom Wind ins Gesicht gepeitscht worden ist, die Wellen gegen die Klippen geschlagen sind, die Möwen am trist-grauen Himmel vorübergezogen sind und mir das Herz aufgegangen ist ob dieser schönen Geschichte, finde ich mich unversehens auf meiner Couch wieder und kann es kaum erwarten, bis der 17. September ist. Denn dann darf ich wieder nach Irland reisen, zu diesen tollen Menschen, die ich so sehr ins Herz geschlossen habe. Denn dann erscheint Save Me From The Night , der zweite Band der Leuchtturm-Trilogie und es heißt wieder fàilte in Castledunns. Ich freue mich schon darauf. Und bis dahin: viel Spaß mit Show Me The Stars . 5 Punkte.

Veröffentlicht am 07.07.2019

Dieses Buch ist alles ganz viel. Unbedingt lesenswert!

Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen.
0

Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen ist alles ganz viel: es ist traurig, hoffnungsvoll, beängstigend, ermutigend, nachdenklich und besonders. Als ich es an einem heißen Sommernachmittag gelesen habe, ...

Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen ist alles ganz viel: es ist traurig, hoffnungsvoll, beängstigend, ermutigend, nachdenklich und besonders. Als ich es an einem heißen Sommernachmittag gelesen habe, habe ich alles um mich herum vergessen. So gefesselt hat mich die Geschichte um Leni und Matti, die sich trotz ihrer Krankheiten nicht verkriechen sondern gegen sie kämpfen wollen und versuchen, mit ihnen zu leben.


Ava Reeds Schreibstil ist so, wie man ihn kennt. Jugendlich-einfach, ungekünstelt und flüssig, man merkt kaum, wie man über die Seiten fliegt. Ich finde es sehr mutig, dass sie ihre eigenen Erfahrungen, ihre eigenen Ängste in dieses Buch gepackt hat und dadurch wird es laut dem Nachwort auch zu ihrem persönlichsten.

Leni ist ein toller Charakter, den ich von Anfang an mochte. Sympathisch, lebensfroh, kurz vor ihrem Abitur. Es gelingt der Autorin sehr gut, mir als Leser den schleichenden Prozess der Depression und Angstzustände begreiflich zu machen, vermittelt ehrlich die Gefühle und Gedanken und macht somit alles sehr greifbar: die Angst, die Niedergeschlagenheit, die Müdigkeit, das Nicht-Aufstehen-Können. Interessant fand ich dann später auch Lenis Beschreibungen durch Matti, ist er ja quasi stellvertretend für alle Außenstehenden, die nicht in Lenis Innerstes schauen können. Seine Schilderungen zeigen, wie hilflos er sich oft gefühlt hat und wieviel eine schlichte Umarmung manchmal bringen kann – wenn sie denn zugelassen kann und wird.

Neben der emotionalen und wunderschönen Geschichte macht vor allem die Gestaltung des Buches das Einzigartige und Besondere aus:
Die Tagebucheinträge Lenis, die die Autorin selbst geschrieben und gezeichnet hat, machen die ganze Geschichte so realistisch und fühlbar, wie sie nur sein kann. Denn auch wenn es eine Geschichte ist, sind es die Krankheiten, die hoffnungslosen Situationen und die Kämpfe, die die Betroffenen mit sich selbst ausfechten müssen, nicht. Gerade in der heutigen Gesellschaft, in der ein derart hoher Erwartungsdruck herrscht, in der jeder nur noch funktionieren soll, in der so viele Menschen so hohe Ansprüche an sich selbst haben, sind Depressionen und Angstzustände fast schon allgegenwärtig. Umso wichtiger finde ich es, darüber zu reden, darüber zu schreiben, darüber zu lesen. Denn wie soll man als Nichtbetroffen(r) verstehen, mit was die Leidtragenden tagtäglich zu kämpfen haben?
Dass die Autorin Betroffene interviewt hat und diese zum Schluss des Buches zu Wort kommen, finde ich auch super schön und verdeutlicht einmal mehr, dass es so viele Menschen gibt, die von dieser Krankheit betroffen sind, die sich Respekt, Toleranz und Akzeptanz wünschen (so wie Jennie auf Seite 315).
Und um einen Schritt in Richtung dieses Respekts, dieser Toleranz und Akzeptanz zu gehen, kann ich nur sagen: Lest dieses Buch! Denn es ist so wertvoll und wunderbar wie du und ich es sind. 5 Sterne.

„Weißt du, was ein Semikolon anzeigt oder bedeutet? Es bedeutet, dass an dieser Stelle der Satz zu Ende sein könnte, wenn der Autor das gewollt hätte, aber er endet nicht. Du bist dieser Autor! Der deines Lebens und du entscheidest, wie es weitergeht. Manchmal denkt man, die Depression und die Angst würden einem alles nehmen, was man hat und liebt. Aber die Wahrheit ist, dass nicht die Krankheit das entscheidet, sondern du.“ (Seite 168)

Veröffentlicht am 04.05.2019

Nüchtern, schonunglos, eiskalt. Zara & Zoë überzeugen in jeder Hinsicht!

Zara und Zoë - Rache in Marseille
0

Kalt, hart und nüchtern. Das ist der neue Krimi von Alexander Oetker. Wer seine Aquitaine-Krimis kennt und ähnliches erwartet, wird dieses Mal enttäuscht werden. Hier wird nicht gekocht und gegessen, getrunken ...

Kalt, hart und nüchtern. Das ist der neue Krimi von Alexander Oetker. Wer seine Aquitaine-Krimis kennt und ähnliches erwartet, wird dieses Mal enttäuscht werden. Hier wird nicht gekocht und gegessen, getrunken und ein bißchen gemordet. Hier findet man sich vor einem bestialischem Mord, der Mafia und religiösen Fanatikern wieder. Hat es mir trotzdem gefallen? Oh ja, und wie!


Zara & Zoë – Rache in Marseilles ist der Auftakt einer neuen Thrillerreihe, mit zwei Protagonistinnen die interessanter nicht sein könnten. Mit zwei Zwillingsschwestern, die ungleicher nicht sein könnten. Zara, Profilerin bei Europol, sieht und spürt Dinge, die anderen verborgen bleiben. Doch sie kann sich nicht abseits des Gesetzes bewegen.
Zoë, Schmugglerin, Mörderin, Mitglied der korsischen Mafia. Unglaublich klug und unglaublich skurpellos. Eine tödliche Mischung. Und sie hasst ihre Schwester.

Alexander Oetkers Schreibstil hat sich der Härte und Schonungslosigkeit des Schauplatzes angepasst. Kalt und nüchtern beschreibt er Marseille und seine Bewohner, die Kriminalität der Cités, das Drogenmilieu. Kurze Kapitel und Sätze tragen enorm zum Tempo bei und schaffen eine rasante Erzählweise. Mithilfe von Zeitungsartikeln und Telefonaten, die immer mal wieder zwischen den Kapiteln eingestreut werden, lässt er den Leser kurz innehalten und erklärt so nebenbei Begriffe, Zustände oder spinnt neue Handlungsstränge.

Die Geschichte wird aus mehreren Perspektiven erzählt. Als Leser bekommt man somit Einblicke in viele Situationen, die aber noch nicht dem großen Ganzen zugeordnet werden können. In den ersten Kapiteln lernt man die handelnden Personen noch nicht wirklich kennen, vor allem Zara wird hauptsächlich aus der Sicht ihres Kollegen beschrieben. Eine interessante Art, dem Leser einen Charakter näherzubringen.
Doch Zara bleibt unnahbar, auch wenn man sie und ihre Vergangenheit näher kennenlernt. Sie ist sympathisch, auf jeden Fall, doch durch ihre leicht autistischen Züge ist sie distanziert und sehr zurückhaltend. Das präsentiert sich so auch dem Leser und macht den Charakter authentisch und stimmig.
Zoë hingegen trägt ihr Herz auf der Zunge, ist vorlaut, derb und extrovertiert. Sie macht Spaß, auch wenn die vulgäre Sprache, die sie verwendet, etwas gewöhnungsbedürftig ist. Ja, sie ist eiskalt und unberechenbar, aber ich mochte sie doch irgendwie. Als komplettes Gegenstück zu Zara, zusammen mit dem Hass und den Spannungen, die zwischen den Schwestern herrschen, ergibt sich eine explosive Mischung, die den Leser einem Aufeinandertreffen entgegenfiebern lassen.

Die Story an sich ist komplex, die Zusammenhänge noch komplexer. Das Buch ist kein Krimi zum Abschalten oder gar Berieseln lassen, hier muss man dran bleiben, aufpassen und mitdenken. Das finde ich unglaublich gut. Die Thematik ist brandaktuell, wie es aufgrund des Klappentextes schon zu erwarten war. Ich bin auch schon in einigen anderen Frankreichkrimis über die mit dem fiches S markierten, potentiellen Terroristen gestolpert, auch über Marseille als sog. nördlichste Stadt Afrikas und deren „Einwanderproblematik“. Aber ich wurde aber noch nie mit dieser dort herrschenden Angst konfrontiert, mit dieser eingeschworenen Gemeinschaft und deren Abgebrühtheit und Härte, so wie es Oetker dem Leser vor den Latz knallt. Ein unglaublich interessanter Einblick in ein Milieu, das einem sonst womöglich verborgen bleiben würde.

Fazit: Interessante Protagonistinnen, ein nüchterner, schonungsloser Schreibstil und eine komplexe Story machen dieses Buch zu einem Thriller, der heraussticht, fesselt und schockiert. 5 Sterne.

Veröffentlicht am 16.03.2019

Was für eine Geschichte! Von Freundschaft, Loyalität und Liebe, von der Fähigkeit, Brücken zu bauen und Feindschaften zu überwinden.

Das Herz der Kämpferin
0

Manchmal gibt es solche Bücher, an die man keine großen Erwartungen stellt - und dann hauen sie einen regelrecht um. So ging es mir mit Das Herz der Kämpferin von Adrienne Young. Aufgrund der Dünne des ...

Manchmal gibt es solche Bücher, an die man keine großen Erwartungen stellt - und dann hauen sie einen regelrecht um. So ging es mir mit Das Herz der Kämpferin von Adrienne Young. Aufgrund der Dünne des Buches war ich geneigt zu denken, ein nettes und unterhaltsames Geschichtchen präsentiert zu bekommen, mehr nicht (was durchaus gereicht hätte). Aber dann durfte ich nach kurzen Startschwierigkeiten eine Geschichte genießen, die von Freundschaft handelt, von Loyalität und Liebe, von der Fähigkeit, Grenzen zu überwinden und Brücken zu bauen.

Youngs Schreibstil ist sehr bildhaft, fast schon poetisch und befördert den Leser in ein Setting, das an die Wikingerzeit Skandinaviens erinnert. Zu Beginn der Geschichte wird man in eine Kampfsituation geworfen, Äxte, Schwerter, Blut, Dreck. Ja, dieses Buch ist brutal und nichts für Zartbesaitete, das schafft aber auch einen guten Kontrast zu den Werten, die die Geschichte zu vermitteln vermag. Manche Szenen sind geradezu ruhig und harmonisch, jedoch kann man nie vergessen, wie unbarmherzig das Leben ist und die Menschen zueinander.

„Wir haben unser ganzes Leben lang gelernt, dass unsere Völker vollkommen unterschiedlich sind. Aber wir sind gleich.“ (S.207)

Eelyn ist eine unglaublich starke Protagonistin, eine Kämpferin, die im Laufe des Buches eine große Wandlung erlebt. Als Aska glaubt sie an Sigr, dem Gott des Fjordes und dieser Glauben verlangt, dass sie alle fünf Jahre auf dem Schlachtfeld gegen die Riki kämpft, ein Volk, das Thora geschaffen hat. Die Erscheinung ihres tot geglaubten Bruders auf dem Schlachtfeld stellt die Weichen für die weitere Geschichte und schafft den Raum für die Konflikte und Herausforderungen, denen sich Eelyn gegenüber sieht. Das alles verwandelt sie, die als Aska in den Riki nur den Feind sieht, zu einer Person, die merkt, dass man trotz unterschiedlichen Glaubens gleich ist, dass man trotz unterschiedlicher Rituale eine Mensch ist und dass irgendjemand den ersten Schritt machen muss, um den Hass zu überwinden. Eine Botschaft, die man ohne weiteres auch auf uns übertragen kann, in Zeiten, in denen die Menschheit vergisst, dass sie im Grunde gleich ist und oft nur der Glaube, die Lebensumstände und der lang geschürte Hass dafür sorgen, dass sie sich bekämpft.

Fazit: Ein überraschend tiefgehendes Buch, das vor allem durch die vorherrschende Brutalität die Werte besonders hervorhebt, die wichtig sind: Freundschaft, Loyalität, Liebe, das Aufeinander zugehen. Unbedingte Leseempfehlung, 5 Sterne.