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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.07.2019

Unterhaltsam und blutig

Der Horror der frühen Medizin
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Früher war alles besser. Wie oft habe ich diesen Spruch wohl gehört? Und auf vieles mag er zutreffen, jedoch nicht auf die Anfänge der früheren Medizin. Es geht in diesem Buch primär um die Mediziner des ...

Früher war alles besser. Wie oft habe ich diesen Spruch wohl gehört? Und auf vieles mag er zutreffen, jedoch nicht auf die Anfänge der früheren Medizin. Es geht in diesem Buch primär um die Mediziner des 19. Jahrhunderts und wie sie einst praktizierten. Ganz explizit um die damaligen Chirurgen. Es war für viele Patienten ein wahrer Albtraum, einen solchen Arzt aufzusuchen, da es oft nicht mit rechten Dingen zuging. Nicht nur, dass man sich die Behandlungen selten leisten konnte, so gab es allerlei schockierende Zustände innerhalb der medizinischen Räumlichkeiten - und auch die Mediziner selbst betreffend. Dies führte zu Krankheiten, die hätten verhindert werden können. Zu ungeklärten Todesfällen, um die sich niemand zu kümmern schien. Bis Joseph Lister, zu der Zeit noch Medizin-Student, sich traute, diese Dinge öffentlich zu benennen und gegen sie anzukämpfen. Aus ihm wurde ein Forscher und Wissenschaftler, der stets bemüht war, den richtigen Weg einzuschlagen und Methoden der Heilung zu finden, die fortschrittlich und des Menschen würdig sind.

In mehreren kurzen Kapiteln werden unterschiedliche Desaströsitäten erläutert, die mich häufig sprachlos machten. Jedes Kapitel wird mit einem Zitat eines Forschers, Wissenschaftlers oder Arztes eingeleitet. Es wird auf die fallbezogenen Charaktere eingegangen und dargelegt, wie es zu dem jeweiligen Umstand kam. Dabei greift die Autorin auf eine präzise und leicht verständliche Sprache zurück, was ich ob der Themen sehr begrüßte.

"Das begeisterte Publikum sah gebannt zu, wie der Anatom die aufgeblähten Bäuche verwesender Leichname aufschnitt, aus denen Blut und stinkender Eiter quoll. Manchmal wurde das makabre Schauspiel von lieblicher Flötenmusik begleitet." (S. 10)

Außerdem lernen wir Robert Liston kennen, ein ehemaliger britischer Chirurg, dessen enthusiastische und unachtsame Schnelligkeit bereits vor der Erfindung der Äther-Anästhesie sein Markenzeichen war. So schnitt er zum Beispiel Patienten versehentlich mehr ab als nötig, oder verstümmelte seinen Assistenten während einer Operation, indem er abrutschte und ihm drei Finger abtrennte. Womöglich brachte es ihn deswegen dazu, verschiedene Verbesserungen bei Amputationen und Wundverbänden einzuführen und somit das Gebiet der Wundheilung in den Fokus zu rücken.

Persönliches Fazit: Informativ, spannend und schockierend. Nichts für schwache Nerven und sensible Mägen. Interessant für Diejenigen, die im medizinischen Bereich tätig sind und/oder ein allgemeines Interesse an Medizin und Geschichte haben. // Oder es blutig mögen ;)

Fazit zum Hörbuch: Friedhelm Ptok ist nicht nur ein großartiger Schauspieler, sondern ein ebenso begnadeter Synchron- und Hörbuchsprecher. Mit seiner angenehmen Stimme, punktgenauen Betonungen und Pausen schafft er es, eine passende Atmosphäre entstehen zu lassen. Ich werde bestimmt weitere Hörbücher mit ihm genießen.

Die 8 Stunden und 36 Minuten gingen so schnell vorbei, dass ich am Ende etwas traurig war. Ich hätte gerne noch ein Weilchen gelauscht.

© Recensio Online, 2019, Julie

Veröffentlicht am 12.07.2019

Endlich geht es weiter!

R.I.P.
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Der Prolog beginnt mit dem Mord an der sechzehnjährigen Stella. Schon hier wird einem klar, mit was für einem schonungslosen Mörder wir es zu tun haben. Die Beschreibungen sind ziemlich brutal und lassen ...

Der Prolog beginnt mit dem Mord an der sechzehnjährigen Stella. Schon hier wird einem klar, mit was für einem schonungslosen Mörder wir es zu tun haben. Die Beschreibungen sind ziemlich brutal und lassen auf einen von Hass erfüllten Mord schließen. Wie grausam muss es sein, ein Video davon zu sehen, wie die eigene Tochter, Freundin oder Schulkameradin um Entschuldigung bettelt und man Zeuge einer solchen Tat wird.

Der Schreibstil zieht einen sofort in einen Bann, und die spannende Thematik, die aktueller nicht sein könnte, verleiht dem Ganzen eine besondere Tragik. Mehrmals musste ich um Fassung ringen, denn der Plot ist einerseits barbarisch und andererseits erschütternd und traurig.

Die Perspektivwechsel sind interessant gestaltet. Während wir aus Huldar und Freyas Sicht den Großteil der Geschichte erzählt bekommen, tauchen auch immer wieder verschiedene Blogbeiträge auf.

Die Situation wurde mit jedem Jahr schlimmer. Und jedes Jahr dachte ich, jetzt sei der Tiefpunkt erreicht. Redete mir ein, dass die anderen Kinder sich bald besinnen würden. Das sie geknickt zu mir kommen und mich um Entschuldigung bitten. Sagen, dass sie selbst nicht verstehen, warum sie sich so verhalten haben, das hätte ich nicht verdient. Von nun an sollten wir alle Freunde sein. Doch nichts dergleichen geschah. (Zitat S.204)

Der Spannungsbogen flacht zur Mitte etwas ab, weswegen die Ermittlungen stagnieren. Doch das ändert sich dann schlagartig mit dem Auftauchen eines weiteren Schuldigen.

Persönliches Fazit: Wieder einmal konnte mich Yrsa Sigurdardottir völlig überzeugen. Eine ausgereifte Geschichte, die sehr tragisch daherkommt und ein absolut realitätsnahes Problem unserer Gesellschaft aufgreift. Wer auf kaltblütige Storys steht, sollte diesen Thriller unbedingt lesen.

© Recensio Online, 2019, Daniela

Veröffentlicht am 11.07.2019

Erschreckend realistisch

Dry
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Alyssa wohnt mit ihrer Familie in einer Kleinstadt in Kalifornien. Da vor einiger Zeit das Wasser knapp wurde, hat man de facto klare Regeln zum Wassersparen aufgestellt. Wer beispielsweise Pflanzen gießt ...

Alyssa wohnt mit ihrer Familie in einer Kleinstadt in Kalifornien. Da vor einiger Zeit das Wasser knapp wurde, hat man de facto klare Regeln zum Wassersparen aufgestellt. Wer beispielsweise Pflanzen gießt oder unnötig Wasser verbraucht, wird knallhart bestraft. Was nach einem unmutzubaren Leben klingt, wird plötzlich zu einem furchtbaren Albtraum, als gar kein Wasser mehr aus den Hähnen kommt. Der Kampf ums eigene Überleben und das der Angehörigen hat begonnen. So steht auch unsere Protagonistin Alyssa eines Tages vor den Toren der Hölle.

Wir begegnen im weiteren Verlauf anderen Figuren. Verschiedene Persönlichkeiten, verschiedene Denkweisen. Dem Leser wird klar gemacht, wie Menschen sich verhalten, wenn sie befürchten zu verdursten. Alyssa versucht verzweifelt zu helfen, allen beizustehen und die Gruppe, die sich gebildet hat, zusammenzuhalten. Dabei bleibt sie leider selbst sehr auf der Strecke und hat niemanden, der sich um sie kümmert, so wie sie sich um die anderen kümmert.

Das Buch wird aus mehreren Perspektiven erzählt, und zwischendurch wechselt auch der Handlungsort, sodass man miterlebt, wie auch andere Gegenden und Menschen die Katastrophe bewältigen müssen.

Fazit: DRY ist realistisch, schockierend und belehrend. Die Tatsache, dass sowas tatsächlich passieren kann, beschert mir eine Gänsehaut.

Veröffentlicht am 10.07.2019

Unglaublich berührend

Für immer Rabbit Hayes
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Nachdem Mia „Rabbit“ Hayes den Kampf gegen den Krebs verloren hat (kein Spoiler, denn dass das passiert, erfährt im ersten Band bereits per Klappentext), geht das Leben für ihre Familie trotzdem weiter. ...

Nachdem Mia „Rabbit“ Hayes den Kampf gegen den Krebs verloren hat (kein Spoiler, denn dass das passiert, erfährt im ersten Band bereits per Klappentext), geht das Leben für ihre Familie trotzdem weiter. Jeder trauert alleine und anders. Die Ehe von Rabbits Eltern zerbricht fast an der Lücke, die die Tochter hinterlässt. Juliet, Rabbits zwölfjährige Tochter, zieht mit ihrem Onkel nach Amerika. Ein so großer Schritt wird die Trauer um die geliebte Mutter verdrängen, denkt sie. Doch es stellt sich heraus, dass sie ihre Mutter mehr denn je braucht, als sie sich verliebt. Für Grace beginnt neben dem Verlust der Schwester ein weiterer Alptraum: Sie trägt das Krebs-Gen in sich, und ihre Zukunft wird in dunklen Farben gezeichnet.

Schon beim ersten Teil um Rabbit habe ich es einfach nicht geschafft, meine Tränen zurückzuhalten. So reale Charaktere, zum Greifen nah. So viele Emotionen. Was soll ich hier groß schreiben über authentische Entwicklungen oder ähnliches? Das würde der Story nicht gerecht. Diese Geschichte hat viel mehr. Sie berührt mich, lässt mich lange nicht los, und ich würde nichts lieber tun, als vor allem Molly und Juliet zu helfen, sie in den Arm zu nehmen. Schon im Vorgängerbuch hat der wahnsinnig einfühlsame Schreibstil mir eine Gänsehaut beschert. Inzwischen habe ich von Anna McPartlin mehrere Bücher gelesen, und sie waren alle gut – aber das hier ist wieder ganz großes Kino.

Zuerst schweißt Rabbits Sterben die Familie zusammen, und danach driften alle auseinander – doch eigentlich wollen sie nur eines: einander helfen und gemeinsam diese schwere Zeit überstehen. Aber jeder trauert anders, und das kommt hier sehr gut zur Geltung. Während einer sich in Arbeit vergräbt und sich immer Beschäftigung sucht, um nicht nachdenken zu müssen, kann ein andere nur schwer loslassen und lässt die Vergangenheit immer wieder aufleben.
Familie Hayes ist liebenswert, chaotisch und normal. Trotz meiner anfänglichen Bedenken, dass ein zweiter Teil nicht gelingen würde - was ja meistens der Fall ist -, bin ich froh, ihn gelesen zu haben und kann sagen: Ich habe mir umsonst Gedanken gemacht! Mit ihrer einzigartigen Art hat Anna McPartlin es wieder einmal geschafft, mich vollkommen in den Bann zu ziehen und emotional abzuholen.

Persönliches Fazit: Legt Taschentücher bereit! Diese grandiose Fortsetzung berührt tief und lässt einen taumelnd zurück.

Veröffentlicht am 08.07.2019

Spannende Unterhaltung!

Nadelherz
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Die Geschichte um Tessa könnte dramatischer nicht sein. Die Rückblicke in die Zeit ihrer Gefangenschaft waren sehr emotional und haben mich teilweise so sehr berührt, dass ich kaum schlafen konnte.

„Sie ...

Die Geschichte um Tessa könnte dramatischer nicht sein. Die Rückblicke in die Zeit ihrer Gefangenschaft waren sehr emotional und haben mich teilweise so sehr berührt, dass ich kaum schlafen konnte.

„Sie schloss die Augen, hoffte erneut, sie würde einfach aufwachen. Wieso wachte sie nicht auf? So etwas geschah doch nur im Film, und dabei mochte sie weder Krimis, Horror noch Thriller. Liebesfilme, Komödien oder Arthaus, das war ihre Welt. Keine Folterkeller, Käfige und Eimer zum Reinpinkeln“ (Zitat S. 144).

Durch die kurzen Kapitel, ihren lockeren Schreibstil und die steten Perspektivenwechsel schafft es Julia Corbin, den Leser stets neugierig zu machen und damit am Buch dran zu bleiben.

Der Leser darf die Ermittler begleiten, die ganze Arbeit leisten, den kranken Nadelherz-Killer endlich zu fassen. Was ich hierbei sehr hilfreich fand, war, dass am Anfang des Buches alle Ermittler einmal vorgestellt werden. Da das Buch ja bereits Band 3 einer Reihe ist, hatte ich somit überhaupt keine Probleme reinzufinden und konnte immer wieder kurz vorne nachsehen, wer nun wer ist.

Die Sequenzen wechseln, und der Leser begleitet die Gedankenwelt von Tessa abwechselnd von damals und von heute. Tessa ist eine unglaublich starke Frau, der so viel Schlimmes widerfahren ist. Ich hatte Mitleid mit ihr und konnte es kaum erwarten, dass der anonyme Nadelherz-Killer endlich gefasst wird.

Zum Schluss nimmt das Buch nochmal richtig Fahrt auf. Die Auflösung könnte überraschender nicht sein, und der Leser darf sich hier auf ein spannendes Ende freuen!

Persönliches Fazit: Obwohl ich Band 1 und 2 nicht gelesen habe, war die Story für mich total schlüssig. Ein super spannendes Buch mit großartiger Ermittlungsarbeit, die ich so intensiv bisher in noch keinem anderen Buch miterlebt habe! Der Leser bekommt hier tiefe Einblicke in Julia Corbins Spezialgebiet – die Biologie –, was für mich absolut faszinierend war!

©Recensio Online, 2019, Sabrina