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Veröffentlicht am 18.06.2021

Die Tänzerin vom Moulin Rouge

Die Tänzerin vom Moulin Rouge
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Handlung
Paris 1882
Schon früh merkt Louise Weber, dass sie große Freude am Tanzen hat, was ihre Mutter allerdings als verpönt ansieht. Sie leben zusammen in bitter Armut, trotz ihrer Arbeit als Wäscherinnen ...

Handlung
Paris 1882
Schon früh merkt Louise Weber, dass sie große Freude am Tanzen hat, was ihre Mutter allerdings als verpönt ansieht. Sie leben zusammen in bitter Armut, trotz ihrer Arbeit als Wäscherinnen verdienen sie beide gerade genug, um sich Lebensmittel leisten zu können.
Eines schlaflosen Abends möchte Louise eine Runde gehen, um nachzudenken. Sie lernt das Nachtleben am Montmartre kennen und fühlt sich in dieser künstlerischen und freien Welt direkt wohl. Und als ihr Talent für das Tanzen entdeckt wird, sagt sich Louise von ihrer Mutter los und stürzt sich komplett in das Leben im Künstlerviertel Paris. Schnell wird sie eine gefeierte Tänzerin, sie ist der Star des Moulin Rouge und Louise gilt als Königin des Cancan. Und trotz ihrer Erfolge vergisst die als La Goulue bekannt gewordene Frau nie, wo ihre Wurzeln liegen. Die Angst, eines Tages wieder in die Armut abzugleiten ist ein täglicher Begleiter...

Meinung
Das Cover empfinde ich als traumhaft schön. Es ist komplett stimmig, die Farben wurden perfekt gewählt, sie harmonieren richtig gut miteinander. Im Hintergrund wurde das titelgebende Moulin Rouge abgebildet, davor steht eine Dame, welche wahrscheinlich Louise Weber darstellen sein. Ihr Kleid ist auffällig und schick, mir gefällt es richtig gut. Dazu gibt es noch einen für mich als Blickfang dienenden Titel, mir ist er sofort ins Auge gestochen. An den Ecken sind einige Verzierungen, die dem Bild einen schönen Rahmen geben. Vom Cover bin ich absolut begeistert, ich liebe den Anblick sehr und empfinde es als äußerst gelungen!

Als ich das Buch in der Verlagsvorschau gesehen habe, ist mir zuallererst das Cover aufgefallen. Danach erst habe ich mir die Inhaltsangabe durchgelesen und mich mit der Handlung befasst. Und auch davon war mein erster Eindruck positiv. Zwar ist mir Louise Weber ein unbekannter Name, aber mich hat es fasziniert, wie mit wenigen Worten beschrieben wurde, welche Karriere sie gemacht hat. Gerne wollte ich mehr über die Königin des Cancan erfahren, weshalb der Roman auf meine Wunschliste gewandert ist. Der Bastei Lübbe Verlag war so freundlich, mir das Buch als Rezensionsexemplar zukommen zu lassen, wofür ich mich nochmals bedanken möchte!

Ich hätte mir gewünscht, dass es am Anfang oder am Ende des Buches ein Personenverzeichnis gegeben hätte. Manche Namen klangen ein wenig ähnlich, bei manchen habe ich irgendwann tatsächlich vergessen, welcher Berufung sie nachgehen, weil das recht nebensächlich abgehandelt wurde. Andere wiederum treten am Anfang des Buches auf, dann sieht man sie eine ganze Zeit lang nicht wieder und erst im letzten Drittel haben sie wieder einen Auftritt. Daher sind sie mir nicht so stark in Erinnerung geblieben und ich musste immer erst mal überlegen, wer wer ist. Eine Auflistung der Personen wäre daher für mich wirklich hilfreich gewesen.

Es ist schwer zu bestimmen, über was für einen Zeitraum sich manche Kapitel genau erstrecken. Lediglich am Anfang des Buches, sowie beim Prolog wird auf eine Jahreszahl hingewiesen. Ansonsten war es schwer zu bestimmen, welches Jahr teilweise ist, ab und an wird in die Geschichte ein historisches Ereignis eingeflochten, anhand dessen man schauen kann, wo sich die Handlung gerade befindet. Ansonsten tappt man häufig im Dunkeln.

Ich empfand den Start in die Geschichte als interessant. Mir hat die Darstellung der Figuren, die Ausgangssituation und auch die bildhafte Sprache gut gefallen. Zudem überzeugte mich, dass man von Anfang an das künstlerische Wesen von Louise und ihre Gedanken gut miterlebt und daher viele Entscheidungen nachvollziehen kann.
Die Sprache war im Grunde sehr angenehm zu lesen. Sie hat mich gerade am Anfang sehr überzeugt und ich mochte es, wie lebendig die Figuren aufgetreten sind und wie gut ich mir die Situationen vorstellen konnte. Mit zunehmender Handlung hatte ich häufig noch immer diesen Eindruck, allerdings waren mir manche Zeilen etwas zu wortgewaltig, was künstlerisch und daher an sich passend wirkte, manchmal aber auch einige Längen mit sich brachte. Mit war die Sprache an einigen Stellen zu ausschweifend, die Gedanken und Gefühle von Louise irgendwann nicht mehr so gut nachvollziehbar, was dazu geführt hat, dass ich irgendwann nicht mehr so begeistert von ihrer Darstellung war und ich die Schreibweise am Ende nicht mehr so positiv betrachte wie noch am Anfang der Geschichte.

Louise ist ein künstlerischer und unsteter Charakter. Was ich mir auch gut vorstellen kann, nachdem ich im Internet einige Artikel zu ihrer Person durchgelesen habe. Aber mir waren ihre Gedanken oft zu wirr und nicht mal ansatzweise nachvollziehbar beschrieben. Was letztendlich dazu geführt hat, dass ich sie als Charakter nicht greifbar empfand. Dazu wird nicht nur Louise als persönlich ein wenig oberflächlicher, sondern auch die Geschichte. Auf Beziehungen und einige Personen wird irgendwann nicht mehr eingegangen, man erfährt nicht, was mit ihnen passiert und sie sind einfach verschwunden.

Die Darstellung des Settings mochte ich sehr gern. Zu jedem Handlungsort gibt es solide und meist auch bildreiche Beschreibungen, anhand derer ich mir gut vorstellen konnte, wie die Orte aussahen. Das hat mir sehr gefallen, zumal es eine große Vielfalt gibt und man verschiedene Gegenden mit unterschiedlichen Auren kennenlernt. Auf der einen Seite ist das ruhige und sehr auf den Ruf bedachte Clichy, wo Louise mit ihrer Mutter lebt und als Wäscherin arbeitet. Einen krassen Gegensatz dazu bildet das belebte und lebendige Montmartre, u.a. mit seinen Kneipen und dem berühmten Varieté Moulin Rouge. Diese Beschreibungen, die immer wieder von Stimmungen durchspickt wurden, haben mir richtig gut gefallen, sie sind farbenfroh ausgefallen und hinterlassen ein starkes Bild!

Ich finde, dass die Ereignisse ziemlich ruhig und neutral beschrieben werden. Ab und an gibt es durch die weit schweifende Sprache einige Längen, für meinen Geschmack ist keine Spannung vorhanden. Nie gab es ein Ereignis, wo ich dachte, dass dieses der weiteren Geschichte eine Wendung geben wird und ich habe auch nie gemerkt, dass die Handlung auf einen Höhepunkt zusteuert. Ich mochte ich es, wie natürlich manche Szenen beschrieben werden, zu meinen Lieblingsszenen gehören definitiv die ersten Kapitel und später die, in denen Louise einfach nur sie selbst ist und alltäglichen Dingen nachgeht oder sich einfach mit ihren Freunden zum Essen trifft. An diesen Stellen mochte ich auch Louise richtig gern und ich habe wieder einen Hauch dessen gespürt, weshalb ich ihre Person anfangs so angenehm und freundlich empfand.

Louise war anfangs ein angenehmer Charakter. Ich mochte es, wie sie an ihren Ambitionen festgehalten hat und wie sie für ihre Wünsche gekämpft hat. Das hat sie mir sympathisch gemacht und ein Stück weit konnte ich auch nachvollziehen, weshalb die Menschen so schnell in ihren Bann gezogen wurden. Allerdings empfinde ich ihr Wesen mit zunehmender Handlung, was daher auch in Zusammenhang mit ihrem Erfolg steht, immer oberflächlicher und abgehobener. Sie zeichnet sich ein Stück weit durch ihr freches Mundwerk aus, was sie aber teils ihren Freunden an den Kopf wirft ist doch sehr fraglich. Daher wunderte es mich auch, dass diese trotzdem jede Kränkung geschluckt haben und sie Louise lange Zeit immer wieder verziehen haben, obwohl sich diese teils nicht mal für ihre Worte entschuldigt.
Ich finde es schade, dass man zu manchen Figuren, gerade diejenigen, durch die Louise am Anfang in die künstlerische Welt kommt und die ihr bei ihren Anfängen zur Seite stehen, irgendwann keine Informationen mehr erhält. Sie sind einfach weg aus der Geschichte, tauchen irgendwann mal wieder kurz auf und man erfährt keinen Grund, weshalb der Kontakt zu Louise abgebrochen ist. Klar leben sich Menschen auch auseinander, trotzdem war es merkwürdig, weil mir dieses Vorgehen mehrere Male aufgefallen ist.

Fazit
Nachdem anhand des Covers, des Titels und dem Klappentext mein Interesse geweckt wurde, habe ich mich sehr auf das Lesen gefreut. Und anfangs hat sich mein positiver Eindruck auch weiterhin verstärkt. Ich mochte die Sprache, fand, dass es eine gute Zeichnung der Figuren gibt und mir hat es gefallen, wie Louise erstmals in die künstlerische Welt des Montmarte eintaucht. Daher bin ich anfangs auch flott mit dem Lesen vorangekommen, bis mir immer mehr kleine Punkte aufgefallen sind, die plötzlich nicht mehr so rund waren: die zu blumige Sprache, die zu Längen führt; die zahlreichen Personen, die man kennenlernt und die schnell wieder von der Bildfläche verschwinden; die Entwicklung von Louise und ihren Umgangsformen. Letztendlich haben mir diese Punkte das Lesen etwas schwer gemacht und mein guter Eindruck vom Anfang hat sich leider ziemlich gewandelt...

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Veröffentlicht am 29.04.2021

Die Bildhauerin

Die Bildhauerin
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Handlung
Paris 1881
Obwohl Camille Claudel erst siebzehn Jahre alt ist, konzentriert sie sich hartnäckig darauf, ihrer Passion nachzugehen: der Bildhauerei. Und da ihr der Besuch des École des Beaux-Arts ...

Handlung
Paris 1881
Obwohl Camille Claudel erst siebzehn Jahre alt ist, konzentriert sie sich hartnäckig darauf, ihrer Passion nachzugehen: der Bildhauerei. Und da ihr der Besuch des École des Beaux-Arts verweht wird, mietet sie kurzerhand mit einigen Freundinnen ein Atelier. Draufhin beginnt eine aufregende und künstlerische Zeit. Camille widmet sich vollkommen ihren Werken und genießt das Bohème-Leben. Ihr Talent und Können wird schon bald von einigen Personen gewürdigt, unter ihnen befindet sich auch der viel ältere Auguste Rodin. Er nimmt Camille als Schülerin und Mitarbeiterin auf, protegiert sie in der Gesellschaft. Und schließlich wird sie auch seine Geliebte. Doch Camille gibt sich nicht damit zufrieden, nur seine Muse zu sein...

Meinung
Ich mag das Cover wirklich sehr. Es sieht interessant aus, besitzt einen nostalgischen Charakter und ich finde, die Szenerie mutet wie das Motiv einer alten Postkarte an. Der Hintergrund wurde ein wenig verblasst gehalten, man sieht einige Gebäude und ein flanierendes Pärchen. Im Vordergrund steht eine Dame, die durch ihr rotes Kleid auffällt und daher als Blickfang dient. Ich kann mir gut vorstellen, dass es sich bei der Frau um Camille Claudel handeln könnte, zumindest habe ich mir ihre Person stets mit ähnlichen Zügen vorgestellt. Auch die Schriftfarbe des Titels wurde dem Bild angepasst und daher bietet sich am Ende ein stimmiges und ansprechendes Gesamtbild!

Erstmals entdeckt habe ich den Roman bei Vorablesen. Und da reichte mit lediglich der Anblick des Covers um mein Interesse zu wecken. Die Inhaltsangabe klang nicht schlecht und die Leseprobe hat mir ebenfalls gefallen. Und daher habe ich nach einiger Zeit mal wieder mein Glück versucht und einen Leseeindruck zu dem Werk verfasst. Schließlich war die Freude meinerseits natürlich groß, dass ich ein Rezensionsexemplar erhalten habe und daher möchte ich mich auch an dieser Stelle nochmals ganz herzlich beim Verlag und bei Vorablesen dafür bedanken!

Noch bevor ich mit dem Lesen begonnen habe stach mir direkt ein Details ins Auge. Vor dem Beginn vieler Kapitel wurde nicht nur der Handlungsort, sondern auch der Monat und das Jahr der kommenden Seiten angekündigt. Anhand dessen kann man gut verfolgen, über wie viele Jahre sich der Roman erstreckt und welche Entwicklungen die Protagonisten in dieser Zeit durchlaufen. Zudem war diese Info auch insofern hilfreich, dass gerade im ersten Drittel immer wieder Rückblicke stattfinden und man sich ansonsten leicht in der Zeit verlieren könnte.

Die ersten paar Seiten waren mir noch aus der Leseprobe bekannt und sie haben mir auch diesmal wieder tadellos gefallen. Man erhält direkt einige Informationen, um sich von Camille, ihrer Familie, der Allgemeinsituation und dem Stand der Frau in den 1880er Jahren vertraut zu machen. Das ermöglicht einen leichten und guten Start, nachdem ich viel Lust auf die weiteren Seiten hatte. Und lange Zeit hielt mein positiver Eindruck an, auch wenn ich einige Probleme dabei hatte, die Personen als lebendig und sympathisch wahrzunehmen. Ich kam flott mit dem Lesen voran und auch die Zeitsprünge empfand ich anfangs als interessant. Allerdings muss ich ehrlich sagen, dass sie mir irgendwann ein wenig zu viel waren und ich nur noch wissen wollte, wie es mit der erwachsenen Camille weitergeht. Daher fand ich das Buch zwar interessant, aber teils zu ausschweifend und nie mitreißend. Und obwohl ich große Hoffnungen hatte, dass sich dieser Eindruck irgendwann ändert, war dem leider nicht so. Die Zeitsprünge wurden mit der Zeit glücklicherweise immer weniger und tauchten in der letzten Hälfte so gut wie gar nicht mehr auf. Allerdings wurde ich mit den Protagonisten an keiner Stelle warm und ich hatte nie das große Bedürfnis, weiterlesen zu wollen. Was sich darauf ausgewirkt hat, dass ich am Ende vier Tage für das Buch gebraucht habe. Eigentlich wollte ich den Roman innerhalb von zwei Tagen ausgelesen haben...

Ich empfand die Sprache durchweg als nüchtern, aber gut lesbar. Es gibt solide Umschreibungen der Ereignisse und dem Leser wird eine Idee dessen gegeben, wie sich die Autorin bestimmte Räumlichkeiten, aber auch manche Protagonisten vorstellt. Anhand dessen kann man sich davon einen Eindruck machen und diesen gleichzeitig mit eigenen Ideen und Vorstellungen füllen, was sehr angenehm war.
Der Erzähler wirkt auf mich sehr offen und er behält nur wenige Geheimnisse für sich. Dadurch wird die Spannung zwar nicht auf dem höchsten Niveau gehalten, allerdings ist es auch mal eine schöne Abwechslung. Es ergibt sich auf jeden Fall eine recht ruhige Erzählung, die nur äußerst selten von aufregenderen Momenten durchbrochen wird.
Ich finde, dass die Sprache und der Erzähler stets ein wenig distanziert gewirkt haben. Sie gaben ausreichen Informationen, lieferten gute Umschreibungen der Situationen, brachten aber an keiner Stelle Emotionen irgendeiner Art rein. Irgendwie mochte ich diese Art des Erzählens meistens, man konnte sich komplett freue Urteile über die Personen erlauben und oft seine eigene Fantasie nutzen, um sich die Räume, aber auch die Skulpturen vorzustellen. Allerdings ist eine Folge der nüchternen Erzählens, dass für mich die Szenen, aber auch die Figuren nur sehr selten lebendig wurden und die Geschichte sich zwar aufgrund der realen Ereignisse als interessant herausstellte, aber leider nicht überzeugen konnte. Daher war ich nie unglaublich gespannt darauf, was als nächstes passieren wird und ich habe mich beim Lesen leicht ablenken lassen oder war nicht motiviert genug, um es überhaupt erst in die Hand zu nehmen.

Obwohl man deutlich merkt, dass nur wenige Geheimnisse im Folgenden noch aufgelöst werden, befindet sich die Spannung auf einem ordentlichen Niveau. Zumindest für mich, da ich von Camille Claudel noch nie etwas gehört habe und mich ebenfalls noch nie groß mit Auguste Rodin befasst habe. Daher war es interessant zu sehen, wie sich deren Beziehung, aber auch Karrieren entwickeln werden und wie eine mögliche Zukunft aussehen könnte.

Ich mochte es, wie man einen Eindruck des Lebens zur Handlungszeit bekommt. Man kann genaustens beobachten, wie Männer auf Frauen reagieren, die als Bildhauerin arbeiten und sich dadurch ein eigenes Standbein aufbauen wollen oder wie die Familie reagiert, wenn die Tochter nicht heiraten möchte, sondern ihr Leben der Kunst widmen will. Durch allerhand kleiner Details kann man schauen, wie die Unterschiede zwischen den Geschlechtern waren und wie die Menschen eingeschätzt wurden, die einen anderen Lebensweg einschlagen als den, den die Gesellschaft erwartet. Zudem tauchen immer wieder einige Figuren auf, die historisch verbürgt sind, was einen Hauch der ausführlichen Recherchearbeit darstellt.
Allerdings muss ich in diesem Zusammenhang leider bemängeln, dass mir ein Nachwort gefehlt hat. Nicht nur fände ich es interessant, wie die Autorin auf Claudel und deren Beziehung zu Rodin gekommen ist und wie der Entschluss reifte, dass sich daraus eine interessante Romanbiographie entwickeln lässt. Sondern auch, wie es mit den Beiden nach dem Ende des Romans weitergeht, welche Erfolge sie noch feiern konnten, welche weiteren Ereignisse ihr Leben prägten und wann sie gestorben sind, aber auch wie die Nachwirkungen auf die heutige Welt und die Bildhauerei aussehen. Das hätte einen runden Abschluss des Buches ergeben.

An sich ist gerade Camille Claudel eine unglaublich interessante Person. Sie hat einen starken Willen, weiß um ihr Können und ihr Talent und sie schert sich absolut nicht über die Erwartungen der Gesellschaft oder der eigenen Familie. Und daraus hätte ein toller Charakter entstehen können, der mitreißend ist und zeigt, was für eine starke Frau sie eigentlich war und wie sie ihren eigenen Weg geht. Aber obwohl sie so grandiose Merkmale mit sich bringt, hatte ich nur auf den ersten vielleicht fünfzig Seiten einen guten und lebendigen Eindruck von Camille. Danach hat sich dieser gewandelt. Sie wurde mir zu nachgiebig, frisst ihren Kummer teils zu sehr in sich hinein, anstatt etwas anzusprechen und zeigt nur innerhalb der Familie so richtig ihre große Klappe und ihre Stärke. Ansonsten erscheint Camille als unglaublich anstrengender Charakter, der mir zu launisch und kompliziert ist. Sie zeigt immer wieder, dass ihre Kunst an erster Stelle steht und hat dabei kein Problem, jegliche Freunde zu verstoßen, um ihren Weg zu gehen. Dabei ließ sich oft herauslesen, dass Camille sich mit ihrem Können anderen Künstlern gegenüber als überlegen fühlte und sie ließ das diese teilweise auch ziemlich spüren. All das hat es mir erschwert, ihren Charakter zu mögen, auch wenn Quellen zeigen, dass sie genauso gehandelt hat.
Im Grunde sind sich Camille und Auguste Rodin in ihrem Charakter und Auftreten recht ähnlich. Auch er konnte mich nicht überzeugen, er zeigte nicht wirklich viele Charaktermerkmale, sondern war ziemlich blass gehalten. Man kann ihn nie so recht einschätzen und es war an keiner Stelle vorhersehbar, wie er reagieren wird. Zwar werden einige Macken genannt, aber diese haben nicht dabei geholfen, um den berühmten Bildhauer lebendig werden zu lassen.

Fazit
Ich hatte mich vorab sehr auf das Lesen und die Geschichte von Camille Claudel und Rodin gefreut. Ich war gespannt auf den Roman und die Leseprobe lieferte einen vielversprechenden Start. Doch schon nach kurzer Zeit ist die anfängliche Begeisterung verfolgen, mir waren die Rückblicke in Camilles Vergangenheit zu viel und es hat mich gestört, dass ihr Wesen ein wenig anstrengend und dramatisch war. Auch die anderen Figuren waren mir nicht lebendig genug und all das hat meinen Lesefluss leider gestört.
Zwar waren auch einige Punkte dabei, die ich wirklich nicht schlecht fand (zu weiten Teilen die Sprache, die Spannung, die historischen Hintergründe), aber beim Schreiben der Rezension habe ich leider gemerkt, dass die negativen Aspekte überwiegen und mich die Geschichte gesamt betrachtet nicht richtig fesseln konnte...

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Veröffentlicht am 21.12.2019

Hinter verzauberten Fenstern

Hinter verzauberten Fenstern
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Handlung:
Julia ist mächtig aufgeregt, welchen Adventskalender ihr die Mutter dieses Jahr besorgt hat. Doch schnell kommt die Ernüchterung.Während ihr kleiner Bruder einen Schokoladenadventskalender erhält, ...

Handlung:
Julia ist mächtig aufgeregt, welchen Adventskalender ihr die Mutter dieses Jahr besorgt hat. Doch schnell kommt die Ernüchterung.Während ihr kleiner Bruder einen Schokoladenadventskalender erhält, bekommt Julia nur einen Papieradventskalender. Zwar sieht dieser wirklich schön aus, doch trotzdem hadert Julia mit dem Teil. Einerseits ärgert sie sich, andererseits ist sie doch etwas neugierig auf die Bildchen. Schon als Julia das erste Türchen öffnet, wird sie stutzig. Es scheint, als würde der Kalender sich verändern, mal ist ein Mantel da, dann plötzlich nicht mehr. Leben darin etwas Menschen?

Meinung:
Das Cover ist ganz nett gestaltet, ich finde es aber nicht sonderlich hübsch oder ansprechend. Ich hatte eine andere Ausgabe gesehen, wo auf dem Cover ein Kalenderhaus abgebildet ist, nach Vorlage der Beschreibung in der Geschichte. Diese Variante hat mir deutlich besser gefallen.
Hier gibt es nur einen Fensterausschnitt des Hauses, darin zu sehen sind verschiedene Bewohner der Kalenderwelt. So sind leider einige Protagonisten des Buches bereits zu sehen und deren Aussehen ist später kein Geheimnis mehr...

Meine Erwartungen an das Buch waren sehr hoch. Erstmals gesehen habe ich es vor vielleicht zwei Jahren auf Instagram und ich kann mich noch genau erinnern, wie stark es gelobt wurde. Der Verfasser des Posts meinte, dass es sein Lieblings-Weihnachtsbuch sei. Tja, und dann wollte ich es unbedingt selbst haben. Dieses Jahr habe ich es mal auf Arvelle als Mängelexemplar gesehen und es mir direkt bestellt. Eigentlich wollte ich die kurze Geschichte über die Weihnachtstage lesen, meine Pläne haben sich aber etwas geändert und ich habe schon eher mit dem Lesen angefangen.

Vielleicht weil meine Erwartungen so hoch waren, wurde ich ziemlich enttäuscht. Die Geschichte hat nichts magisches auf mich übertragen und sonderlich weihnachtlich oder winterlich war sie für mich auch nicht. Und gerade das verwundert mich so sehr. Eigentlich müsste ja alles stimmen. Die Geschichte beginnt einen Tag vor dem ersten Dezember, viele Teile der Handlung drehen sich um einen Adventskalender. Und doch kam keine Stimmung auf. Zumindest keine weihnachtliche. Im Gegenteil. Im Kalenderhaus herrschte eine fröhliche Partystimmung, in der Realität dagegen wirkten die Protagonisten stets gereizt und schnell sind Türen geflogen oder es wurden Worte geschrien. So war die Stimmung eher düster und nicht wirklich zu der Thematik passend...

Mir hat die Schreibweise gut gefallen. Sie war kindgerecht, einfach gehalten und recht anspruchslos. Ich bin gefühlt durch die Geschichte geflogen und hätte das Buch sicherlich innerhalb von nicht mal zwei Stunden ausgelesen, wenn ich mir dafür die Zeit genommen hätte.
Die Handlung wird auf zwei Welten geteilt, einmal die reale Welt, dazu gibt es noch die Welt der Kalenderhäuser. Ich finde die Idee richtig gut und niedlich, bin mit der Umsetzung nicht ganz zufrieden. Beides wirkt nicht vollendet und perfekt, sondern noch wie ein Entwurf. Von der Kalenderwelt konnte ich mir lediglich durch einige Illustrationen ein Bild machen, ansonsten wurde meine Fantasie nicht angeregt. Beide Welten blieben recht blass und erschienen nicht sonderlich einladend.

Für Kinder wird an einigen Stellen Spannung aufgebaut, bei mir blieb das eher aus. Klar gab es einige Ereignisse, mit denen ich so nicht gerechnet hätte, aber diese haben mich nicht vom Hocker gehauen. Ich bin wahrscheinlich zu alt, um mit Julia und den Bewohnern des Kalenderhauses mitzufiebern. Ich denke, dass es für Kinder amüsant sein könnte, das Buch zu lesen und seiner Fantasie freien Lauf zu lassen.

Im Buch enthalten sind einige Illustrationen, die Situationen und Protagonisten darstellen. Mir gefällt dieser Untermalung der Handlung gut, gerade bei solchen Geschichten bietet sich diese Möglichkeit sehr an. So war es mir auch möglich, ein Bild von den Protagonisten und von verschiedenen Orten zu machen. Zwar wurde dies meist ganz gut und eingängig beschrieben, doch manches war mir schwer vorstellbar. Da haben mir die Illustrationen wirklich weitergeholfen, um mir ein Bild der Protagonisten oder des Kalenderhauses zu machen.

Mir haben viele Protagonisten nicht sonderlich gut gefallen. Sie waren recht stereotyp und so nichts besonderes. Es gibt die zickige Julia, die ihren kleinen Bruder blöd findet und ihr Geheimnis für sich bewahren möchte. Der kleine Bruder Olli nervt seine Schwester ständig, sucht immer ihr Zimmer auf und erscheint ziemlich verwöhnt. Jacobus, der verrückte Wissenschaftler, dazu schnatterhafte Feen... es gibt noch einige Beispiele dieser Art. Andere Charakterzüge hätten mir an den Protagonisten gut gefallen, die sie einzigartiger, lebendiger und sympathischer machen.

Fazit:
Ich hatte mir wirklich auf das Buch gefreut und wollte unbedingt, dass es mir gefällt. Doch am Ende war es eher eine Enttäuschung. Mich hat die Geschichte nicht fesseln können, es kam keine richtige Stimmung auf und die Protagonisten haben mir auch nicht sonderlich gefallen. Ich bin vielleicht auch mit zu großen Erwartungen an das Lesen gegangen, am Ende zählt das Buch leider nicht zu meinen Favoriten, die ich in der letzten Zeit gelesen habe. Sehr schade!

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Veröffentlicht am 12.08.2019

Als wir im Regen tanzten

Als wir im Regen tanzten
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Handlung:
Berlin 1928
Die Filmindustrie blüht und noch immer sind die Stummfilmschauspielerin Recha und ihr Mann, der Regisseur Willi, tonangebend in der Branche. Doch so langsam ändert sich das, Recha ...

Handlung:
Berlin 1928
Die Filmindustrie blüht und noch immer sind die Stummfilmschauspielerin Recha und ihr Mann, der Regisseur Willi, tonangebend in der Branche. Doch so langsam ändert sich das, Recha ist Jüdin, erhält immer weniger Angebote. Willi bemerkt davon gar nichts, er will einen Film herausbringen, der an seine früheren Erfolge anknüpft. Das Paar entfremdet sich und leben aneinander vorbei. Werden die Beiden eine Zukunft haben?

Meinung:
Obwohl das Cover mit zurückhaltenden Farben ausgestattet wurde, ist es interessant und gibt stark eine Stimmung wieder, die in Deutschland zu der damaligen Zeit geherrscht haben muss. Von der Autorin habe ich noch kein Buch gelesen, habe sie aber alle schon in Buchhandlungen oder im Internet gesehen. Mir gefällt es, dass die Bücher einen Wiedererkennungswert haben, anhand einer Dame, die vom Betrachter abgewandt ist und ein Bauwerk betrachtet. Diese ist edel und vornehm gekleidet, scheint unsicher zu sein.
Zu der leicht düsteren Stimmung tut der Himmel sein Übriges. Dieser ist dunkel und voller Wolken dargestellt, die kein Licht durchlassen und der Welt einen trüben Anblick geben. Es scheint auf jeden Fall etwas Dunkles auf Berlin und ganz Europa zuzurollen, vielleicht eine Anspielung auf die Nazis?

Der Prolog, im Buch als Vorspann bezeichnet, hat mir richtig gut gefallen. Er gibt ein lebendiges und authentisches Bild auf die Charaktere, sowie auf die Situation in Deutschland wieder. Die Schreibweise war leicht zu lesen, hat das Interesse auf die weitere Geschichte angeregt. Auch die bisher auftretenden Personen, allen voran Recha und Willi wirkten auf den ersten Eindruck sympathisch und freundlich. Nach diesem ersten, positiven Eindruck habe ich mich auf das Lesen und die weitere Handlung gefreut. Leider hielt die Freude nicht lange an...

Schnell wurden viele Aspekte, die ich bisher gut fand, anders. Die Protagonisten haben mir nicht mehr so gut gefallen, sie wirkten plötzlich steif und ohne Gefühle. Auch die Schreibweise ließ zwischendurch nach und hat das Lesen erschwert. Es gab seitenlange Beschreibungen von Ereignissen aus der Vergangenheit, die wohl im ersten Teil der Reihe behandelt wurden. Gut und gerne hätten diese gekürzt werden können, so war mir das zu viel. Lange Zeit gab es kaum Informationen zu der politischen Situation, diese wurden erst später leicht mit einbezogen. Ich konnte mich nicht ganz auf die Handlung einlassen, brauchte viel Zeit, um mich daran zu gewöhnen und habe mich leicht ablenken lassen, weil mich das Buch nicht fesseln konnte.

Ab ungefähr der Mitte des Buches wurde es besser. Die Schreibweise hat mir irgendwann richtig gut gefallen. Sie war immer noch einfach gehalten, ließ sich aber plötzlich flüssiger lesen und wirkte lebendiger. Das hat dem Buch definitiv gut getan und genau das habe ich auch gebraucht, um am Lesen zu bleiben. Trotzdem gab es immer noch einige Längen, die immer mal wieder auftraten. Zum Ende hin wurden glücklicherweise weniger und auch kürzer. Oft plätscherte die Handlung einfach nur vor sich hin, ohne das etwas nennenswertes geschehen ist. Ein wenig mehr Drama hätte mir gut gefallen, es hätte Schwung in den Roman gebracht und würde einen guten Gegensatz zu den Beschreibungen bilden.

Ursprünglich hatte ich angenommen, dass sich das Buch fast ausschließlich um Recha und Willi drehen wird, sie bestimmen den Klappentext und auch der Vorspann hat mir diesen Eindruck vermittelt. Dem war leider nicht so. Viellleicht wären mir die Beiden sympathischer gewesen, wenn sie die klaren Hauptfiguren gewesen wären. Doch gleichzeitig gibt es noch einen Erzählstrang um Willis Schwestern Ille, sowie um Felice, ihrem Mann und den Kindern. Einen großen Bezug zueinander gab es leider nur sehr selten, meistens liefen die Stränge nebeneinander her, ohne Berührungspunkte. Obwohl Ille nur wenig aufgetreten ist, hätte ich auf sie verzichten können. Und auch Felice fand ich ziemlich anstrengend. Sie verkörperte zu stark die moderne Frau, die Job und Familie unter einen Hut bringt. Ich glaube, von den ganzen Charakteren fand ich sie am schwierigsten und kompliziertesten.

Als Setting wurde fast ausschließlich Berlin gewählt, nur wenige Szenen spielen woanders. Wenn dies der Fall ist, hatte ich das Gefühl, dass die Orte nicht so stark beschrieben wurden und etwas untergingen, was vollkommen in Ordnung ist. Dafür ist es der Autorin gelungen, ein lebendiges Berlin mit verschiedenen Seiten zu zeigen. Allen voran fand ich die Beschreibungen der ärmeren Viertel sehr gut beschrieben, sie ließen ein schonungsloses Bild entstehen und gaben dem Roman Ernsthaftigkeit und zeigten auch die Rechercherarbeit, die hinter dem Werk steckt.

Zu guter letzt komme ich noch zu den Protagonisten. Es gibt eine überschaubare Anzahl von Hauptprotagonisten. Dazu kommen noch einige wiederholt auftretende Personen, das wars. Zu keinen einzigen habe ich einen Bezug gefunden oder Sympathie aufbauen können. Die vier Hauptprotagonisten Recha, Willi, Felice und Quintus waren durchweg schwierig. Sie lebten oft einfach nur aneinander vorbei, haben nur wenig miteinander gesprochen und waren teilweise zu karriereorientiert. Es gab keine klärenden Gespräche, wodurch leicht Missverständnisse entstanden sind. Gefühle und Probleme wurden nur selten ausgesprochen, meist wirkten besonders Willi und Felice gefühlslos, fast schon roboterhaft.
Lediglich Rechas Bruder Gabriel hat sich aus der Masse etwas herausgehoben. Er war auch nicht komplett gelungen in seinem Auftreten, aber er war eine ehrliche Seele, die freundlich war und für seine Mitmenschen, allen voran für Recha, nur das Beste will. Wenn ich eine Lieblingsfigur nennen müsste, dann wäre es definitiv Gabriel.

Fazit:
Nach einem richtig guten Anfang anhand des Vorspanns wurde die Handlung für mich schnell langatmig. Ich wurde mit den Protagonisten durchweg nicht sonderlich warm, sie waren für mich meist zu egoistisch, unerreichbar, nicht lebendig genug.
Auch die Geschichte fand ich nicht perfekt, es gibt zu viele und ausführliche Beschreibungen, die die Handlung nicht weitertreiben. Dadurch hatte ich oft nicht wirklich Lust, weiterzulesen und ließ mich ablenken. Glücklicherweise ließ das irgendwann ab der Mitte des Buches nach und ich die Handlung wurde etwas interessanter und das Buch ließ sich besser lesen.
Am Ende fand ich die Schreibweise recht gut, sie war einfach gehalten, wurde mit der Zeit lebendiger und gab schonungslose Einblicke in die politische Situation. Dazu hat mir auch die Beschreibung des Settings gefallen, es zeigte wahre Ecken von Berlin.
Alles in allem hat mich das Buch aber leider enttäuscht. Es wurde eine interessante Handlung mit politischen Ereignissen versprochen, was nicht eingehalten wurde.

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Veröffentlicht am 10.08.2019

Tagebuch eines Buchhändlers

Tagebuch eines Buchhändlers
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Handlung:
Shaun Bythell betreibt die drittgrößte Secondhand-Buchhandlung in Schottland. Seitdem er diese 2001 erworben hat, hat er einiges miterlebt: Kunden mit besonderen Wünschen, kuriose Bücher, Auktionen ...

Handlung:
Shaun Bythell betreibt die drittgrößte Secondhand-Buchhandlung in Schottland. Seitdem er diese 2001 erworben hat, hat er einiges miterlebt: Kunden mit besonderen Wünschen, kuriose Bücher, Auktionen und Haushaltsauflösungen.
Sein riesig wirkender Buchladen scheint ein Paradies für jeden Büchernarr zu sein. Bodenlange Regale, vollkommen unterschiedliche Titel, dazu laden Sessel und ein Kamin zum Verweilen ein.
In seinem Tagebuch beschreibt Shaun Bythell ein Jahr lang fast jeden Arbeitstag, mal gibt es einiges zu berichten, mal wird der Tag in einem Satz zusammengefasst. Somit gibt er einen kleinen Einblick in sein Leben und in das Leben eines Buchhändlers.

Meinung:
Das Cover könnte ich stundenlang betrachten. Es ist einfach wunderschön gestaltet, wirkt gemütlich und urig. Der Betrachter wird dazu eingeladen, das Buch näher zu betrachten und darin zu blättern. Ich finde es richtig gelungen, das gesamte Bild wirkt einzigartig und ist für Buchliebhaber ein Traum: ein ganzes Haus voller Bücher. Nur zu gerne würde ich Mal durch den Raum streifen und die beschriebenen Regale mit eigenen Augen sehen.
Auch das regnerisch/winterliche Wetter finde ich unglaublich passend. Für mich ist das die schönste Jahreszeit, auch um in einem guten Buch zu lesen.
Einige Details des Hauses und des Herrn in der Tür, finden sich in der Handlung wieder und nur zu gerne hätte ich mir die Buchhandlung von Herrn Bythell so vorgestellt.

Für kurze Zeit, als ich das Buch erstmals gesehen habe, dachte ich, dass es sich um einen humorvollen Roman handelt, der Einzelheiten aus dem Buchhändleralltag erzählt. Schnell wurde ich eines besseren belehrt, schon beim Lesen des Klappentextes zeigt sich, dass der Buchhändler gleichzeitig der Autor ist und das Werk auf wahren Begebenheiten beruht, viele autobiographische Züge hat.
Auch mit der Tatsache konnte ich mich schnell anfreunden und war auf den ersten paar Seiten auch recht zufrieden. Mir hat die Schreibweise gefallen, es gab humorvolle Schilderungen und war in Ordnung. Doch irgendwie hat mein Interesse dafür immer mehr nachgelassen.

Das Tagebuch geht genau ein Jahr, nur wenige Tage, bei denen es sich stets um Sonntage handelt, wurden ausgelassen. Ansonsten gibt es immer einen Eintrag über die Geschehnisse des Tages, der mal länger, mal kürzer ausfällt. Dazu gibt es am Anfang eines jeden Monats ein Zitat von George Orwell, dass von dem Autor kommentiert wird. Außerdem werden noch kleine Extra-Details angegeben, wie bestellte Bücher, die Anzahl der Kunden oder die Einnahmen des jeweiligen Tages. Diese Aufmachung ist auf jeden Fall top!
Fast durchweg gut fand ich die Schreibweise. Die Tage wurden meist kurzweilig beschrieben, es gibt eine lockere humorvolle Art, perfekte Lesebedingungen. Das Buch lässt sich leicht vom Fleck weglesen und wenn man sich einen Tag vornimmt, kann man es locker auslesen.
Was mich gestört hat, waren einige Beschreibungen von Systemen, die online genutzt werden und zu denen der Autor einen Einblick geben will. Das war ein netter Versuch, dessen Inhalt bei mir aber nicht angekommen ist. Ich bin nie richtig dahinter gestiegen, was er damit sagen will und habe irgendwann solche Szenen etwas überflogen.

Ich hatte selbst schon Praktikas in einer Buchhandlung gemacht und einige kuriose Momente miterlebt. Daher war ich gespannt, was mich hier erwartet, mit was für lustigen Geschichten Shaun Bythell aufwartet. Leider gab es aber meist nicht so viel spannendes. Er fährt regelmäßig zu Auktionen oder kauft gefühlt täglich Bücher an. Lässt sich über Kunden und seine Mitarbeiter aus und fährt mit seiner Freundin durch die Gegend. Das wars im Grunde schon. Ich hatte wahrlich nicht einen dramatischen Roman mit Action erwartet, aber einige Szenen, in denen wirklich mal etwas passiert. Zum Beispiel wird in der Inhaltsangabe von einem besonderen antiquarischen Fund berichtet. Im Buch kam das nicht vor...

Einige Beschreibungen des Ortes Wigtown sind vorhanden, ebenso wie von dem Haus mit der Buchhandlung und Wohnung Bythells. Die Landschaftsbeschreibungen sind ganz gelungen, doch alles wirkt etwas wirr. Ich kann die Läden und Häuser für mich nicht ansatzweise auf einer imaginären Karte verorten. Und auch mit dem Buchladen selbst hatte ich Probleme. Nicht nur, ihn mir vorzustellen, sondern er wirkt nicht einladend. Wie ein grauer Kasten, der kalt und starr erscheint. Es scheint keine schön gestalteten Schaufenster zu geben oder irgendetwas, was dazu verführen könnte, den Laden zu betreten. Außer seinem Ruf...

Mein wahrscheinlich größtes Problem hatte ich mit der Person Shaun Bythell. Von Anfang an lässt sich herauslesen, dass er nicht mit der Masse schwimmt und sein eigenes Ding macht. Was ich richtig toll finde. Doch schnell ging er mir auf den Keks. Er scheint von allen genervt zu sein: von Mitarbeitern, Kunden und teilweise auch von Freunden. Aller paar Seiten liest man, wie selten seine Mitarbeiter Aufgaben von ihm befolgen. Doch Bythell scheint sich fast darüber zu freuen und spricht nicht mal ein Machtwort.
Die Kunden nutzt er nur zum beobachten, an so gut wie keinem wird ein gutes Wort ausgelassen. Auf Konversationen scheint der Besitzer keinen Wert zu legen. Entweder die Leute kaufen was oder lassen ihn in Ruhe. Dadurch verstehe ich es nicht, dass die Buchhandlung doch so bekannt und einigermaßen beliebt ist. Ich würde dort nicht gern reingehen, wenn ich wüsste, dass der Herr mich genau beobachtet, möglicherweise bei Facebook postet und nicht sonderlich freundlich auftritt.
Oft habe ich mich gefragt, wie die Buchhandlung überleben kann. Nicht immer sind die Einkünfte sehr hoch und scheinbar jede Woche kauft Bythell mehrere Bücher an. Da frage ich mich, wie die finanzielle Lage von ihm wirklich ist, es wird in der Beschreibung auch erwähnt, dass die Kasse ständig leer sei. Das ist da ja eigentlich ein Widerspruch....
Seine Person fand ich auch nicht sehr sympathisch. Zum einen, wie erwähnt, die herablassende und genervte Art gegenüber Kundschaft, zum anderen ein betont lässiges Auftreten mit einer „mir doch egal – Haltung“ . Bythell wollte vielleicht betont locker und cool wirken, auf mich war es nur ein Versuch dessen.

Fazit:
Ich hatte mir viel mehr von dem Buch vesprochen. Einen humorvollen Einblick, mit teilweise ausführlicheren Beschreibungen und nicht so vielen Nichtigkeiten, wie wann er seine Freundin nahc London gefahren hat oder wieder abgeholt hat. Klar, gehört das zu seinem Alltag, aber nicht in den Alltag seines Berufslebens, von dem ich gerne mehr erfahren hätte.
Negativ bewerte ich die gesamte Figur von Shaun Bythell, den ich durchweg unsympathisch fand. Mich haben viele Eigenheiten gestört, ich kam mit seinem Wesen und Auftreten einfach nicht klar.
Sehr gut gefallen hat mir die gesamte Aufmachung des Buches, angefangen von dem Cover bis hin zur Seitengestaltung und oft die Schreibweise. Dazu habe ich zwar auch einen kleinen Kritikpunkt genannt, doch konnte ich mich ganz gut damit arrangieren.