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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.08.2019

Lebenshilfe nicht nur für Mütter

Mama, nicht schreien!
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Zum Inhalt:
Wer kennt nicht die Situation, wenn man mit zunehmendem Stress konfrontiert ist, nicht allen Terminen nachkommt, auch nicht allen Personen im eigenen Umfeld gerecht wird? Und dann hat man auch ...

Zum Inhalt:
Wer kennt nicht die Situation, wenn man mit zunehmendem Stress konfrontiert ist, nicht allen Terminen nachkommt, auch nicht allen Personen im eigenen Umfeld gerecht wird? Und dann hat man auch noch mit einem oder mehreren Kindern im Alltag zu kämpfen, die mit ganz anderen Bedürfnissen an Einen herantreten und womöglich auch noch übel gelaunt sind und nur noch herumquengeln. Dann brodelt es in Einem hoch und der Ärger ist vorprogrammiert. Doch was tun, damit die eigenen Kinder nicht zum Ventil werden, um Frust abzulassen? Jeannine Mik und Sandra Teml-Jetter erklären in ihrem Buch "Mama, nicht schreien!", wie man es dennoch schafft, in solchen Situationen trotz starker Gefühle weiterhin ruhig und besonnen zu reagieren und liebevoll mit den Kindern umzugehen.


Meine Leseerfahrung:
Ich hatte einen praktischen Ratgeber für kritische Situationen zwischen Eltern und Kindern erwartet. Doch dieses Buch ist weitaus mehr als das. Es beschäftigt sich nämlich hauptsächlich mit der eigenen Person und geht den starken Gefühlen auf den Grund, indem tiefe Ängste durchleuchtet werden und innere Belastungen und auch Ressourcen erforscht werden. 

Dabei finde ich den Titel doch eher irreführend, denn das Buch spricht gleichermaßen auch Väter an. Jeder hat seine eigenen Grenzen und seine Päckchen zu tragen. Entscheidend ist, dass man als Elternteil genug Reife besitzt, zu reflektieren und die Ursachen für Triggermomente bei sich selbst zu suchen. Beeindruckend fand ich hierbei die Erklärung mit der Prioritätenpyramide und der Vergleich mit der Sauerstoffmaske im Flugzeug, die man in einer Notsituation zu allererst sich selbst anlegt, um dann anderen Personen helfen zu können. 

Nichts Anderes ist es innerhalb einer Paarbeziehung und auch im Verhältnis zu unseren Kindern. Die gestärkte Verbindung mit dem eigenen Körper und dem eigenen Geist führt zwangsläufig dazu, auch seine persönlichen Grenzen zu erkennen und sich selbst zu erden. Erst dann kann man seinem Umfeld auf vernünftige und gesunde Art und Weise begegnen. 

Wer tatsächlich detaillierte praktische Tipps zum Umgang mit schwierigen Kindern oder Wutausbrüchen innerhalb der Familie sucht, sollte sich noch anderweitige Literatur zulegen. Mit diesem Buch wird ein Elternteil größtenteils zur Selbstreflexion und zur Erforschung der eigenen Gefühlswelt eingeladen, und das teilweise  mit einigen praktischen Übungen, die einfach durchzuführen sind. Dies kann allerdings nur dann gelingen, wenn man auch offen zu den o.g. Themen steht.


Fazit:
Ein faszinierendes Buch zur Selbstfindung und Selbstreflexion, das als Lebenshilfe dient, die Elternschaft bewusster zu (er-)leben. Aber auch Nichteltern werden sicherlich zur aktiveren Gestaltung ihres eigenen Lebens einige Themenpunkte für sich verwenden können.

Veröffentlicht am 18.08.2019

Außergewöhnlich gut für ein Debutroman

Der Kinderflüsterer
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Zum Inhalt:

Nach dem Tod seiner Frau zieht Tom Kennedy mit seinem kleinen Sohn Jake in das idyllische Featherbank, um neu beginnen zu können. Der Ort birgt allerdings eine düstere Vergangenheit, da hier ...

Zum Inhalt:

Nach dem Tod seiner Frau zieht Tom Kennedy mit seinem kleinen Sohn Jake in das idyllische Featherbank, um neu beginnen zu können. Der Ort birgt allerdings eine düstere Vergangenheit, da hier vor vielen Jahren mehrere Kinder entführt und getötet wurden. Der Täter, der als "Kinderflüsterer" bekannt war, wurde damals schließlich gefasst und befindet sich seitdem im Gefängnis. Nun nach etwa 20 Jahren verschwindet aber wieder ein Junge und wird erst nach 2 Monaten tot aufgefunden. Die Polizei vermutet entweder einen nie entdeckten Komplizen oder einen Nachahmungstäter. Als ob Tom nicht genug Probleme mit Jake hat, macht er sich nun auch um dessen  Sicherheit Sorgen. Denn auch Jake vernimmt das Flüstern an seinem Fenster, wie einst die verschwundenen Kinder...


Meine Leseerfahrung:

Alex North schreibt in einem flüssigen Stil und erzählt die Geschichte interessanterweise aus verschiedenen Perspektiven der jeweiligen Figuren. Nur die Abschnitte aus Sicht von Tom Kennedy werden in der Ich-Perspektive wiedergegeben. Alle anderen Handlungsstränge werden in der dritten Form erzählt, wobei völlig intensiver Einblick in ihre Gedanken- und auch Gefühlswelt gewährt wird. So erfahren wir als Leser die pure Verzweiflung Toms, als Vater völlig zu versagen und gleichzeitig, wie es in dem in sich gekehrten Jake aussieht und wie er das Verhalten seines Vaters für sich interpretiert. 


Alle Charaktere sind sauber und lebensecht ausgearbeitet worden. Selbst die Szenerien werden derart authentisch und lebhaft beschrieben, dass man sich absolut in die Örtlichkeiten und Situationen hineinversetzen kann. Zudem weiß der Autor ganz genau, wie und wann er für erstklassige Gänsehautmomente sorgt. Der mysteriös angehauchte Thriller über entführte und ermordete Kinder ist packend und erschreckend zugleich, wobei ich mir gegen Ende eine etwas weniger klischeehafte Aufklärung im Hinblick auf das Täterprofil gewünscht hätte. Trotzdem blieb die Spannung bis zum Abschluss jedoch konstant.


Ich bin durch den ersten Roman von Alex North sehr positiv überrascht worden und hoffe, dass er uns noch mit weiteren spannenden Romanen dieser Art beglückt.


Fazit:

Alex North hat mit seinem ersten Werk, eine absolut ausgezeichnete Story abgeliefert, die dem Leser spannende Lesestunden mit ausreichend Nervenkitzel beschert. Der Debutroman verdient unbedingt seinen Platz neben anderen Bestsellern.

Veröffentlicht am 12.06.2019

Ein guter Ratgeber zur Konfliktvermeidung auf juristischer Ebene

Kein Grund zur Klage!
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Zum Inhalt:
Ob es nun Nachbarstreitigkeiten sind oder familiäre Zwists, ob vertragliche oder persönliche Auseinandersetzungen, der Weg zum Anwalt führt leider nicht immer zu einer Einigung. Wenn dann auch ...

Zum Inhalt:
Ob es nun Nachbarstreitigkeiten sind oder familiäre Zwists, ob vertragliche oder persönliche Auseinandersetzungen, der Weg zum Anwalt führt leider nicht immer zu einer Einigung. Wenn dann auch noch beide Seiten unnachgiebig sind, ist der Klageweg vorprogrammiert. Wieso es meistens so weit kommt, wie die Prozesswelt tatsächlich aussieht und auf welche Weise ein Verfahren tatsächlich vermieden werden könnte, wird in diesem Buch umfänglich behandelt und mit Beispielen aus der Praxis veranschaulicht.


Meine Leseerfahrung:
In meinem Beruf als Rechtsanwältin habe ich oft genug erlebt, dass Mandanten mit den verschiedensten Klagebegehren einen Anwalt aufsuchen, ohne sich im Geringsten im Klaren darüber zu sein, was ein Verfahren denn eigentlich so mit sich bringt. Frau Reibold-Rolinger setzt genau da an und zeigt in ihrem Buch auf, dass der Gang zum Anwalt allein bei Weitem nicht ausreicht, um zu seinem Recht zu kommen. Stürzt man sich dann auch noch in einen Prozess, kann es viel Lebenszeit und auch Nerven kosten, bis man zu einem mehr oder weniger zufriedenstellenden Ergebnis gelangt. 

Die Kollegin schreibt ohne die trockene juristische Art aufzusetzen und ohne jeglichen Paragraphenwirrwarr flüssig und verständlich und überzeugt auch auf menschlicher Ebene, indem sie auf das Gefühlschaos der Mandanten hinweist. Denn grade die innere Haltung dieser Personen, insbesondere falscher Stolz und fehlende Kompromissbereitschaft führen meist dazu, Streitigkeiten bis an die Spitze zu treiben und sich wie in einer ausweglosen Sachgasse zu fühlen.

Ganz so ausweglos wie angenommen sind die Fälle allerdings nicht immer. Frau Reibold-Rolinger veranschaulicht mit zahlreichen Fallbeispielen aus der Praxis, wann und wie  ein Streitfall schief laufen kann und dass mit Schlichtung und Mediation bessere Ergebnisse erzielt werden können, als wenn man den Schritt in die "Prozesshölle" wagt. 

Für mich und meine Kollegen ist dies ein gutes Sachbuch, wie man Mandanten den Verfahrensweg am Verständlichsten begreiflich machen kann, für Privatpersonen ist es sicherlich ein guter Ratgeber, bevor sie sich in einem Streitfalle für den anwaltlichen Weg entscheiden. Die wichtigste Aussage dieses Buches war für mich, dass Streitigkeiten am Ehesten gelöst werden können, wenn Parteien eine klare Trennung zwischen ihren emotionalen und sachlichen Gründen vornehmen könnten. Die Praxis zeigt da leider oft genug, wie schwer das ist.


Fazit:
Die Autorin liefert mit diesem Sachbuch einen guten Überblick über die juristische Ebene von Streitigkeiten jeglicher Art und ist damit ein guter Ratgeber für all diejenigen, die sich in oder vor einem Streitfall befinden. Lesenswert von Anfang bis Ende!

Veröffentlicht am 27.05.2019

Zauberhafte neue Welt

Witchmark. World Fantasy Award für den besten Fantasy-Roman des Jahres 2019
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Zum Inhalt:
Miles Singer arbeitet als Arzt in einem Krankenhaus, in dem aus dem Krieg zurück gekehrte Soldaten behandelt werden. Miles selbst hat magische Fähigkeiten, die er jedoch verstecken muss und ...

Zum Inhalt:
Miles Singer arbeitet als Arzt in einem Krankenhaus, in dem aus dem Krieg zurück gekehrte Soldaten behandelt werden. Miles selbst hat magische Fähigkeiten, die er jedoch verstecken muss und daher nur bedingt zur Heilung der Verletzten einsetzen kann, um nicht entlarvt zu werden. Eines Tages wird ein Mann eingeliefert, der Miles anvertraut, er sei vergiftet worden. An ihm erkennt Miles auch das Hexenmal. Bevor er ihn jedoch genauer ausfragen kann, verstirbt er und lässt viele offene Fragen zurück. Gemeinsam mit dem geheimnisvollen Tristan Hunter setzt Miles sich daran, den Mörder zu finden und begibt sich damit auf eine gefährliche Spur zwischen Magie, Politik und Intrigen...


Meine Leseerfahrung:
Das Buchcover mit der fluoreszierenden Leuchtschrift, das im Dunkeln schon ein toller Hingucker ist, steigert immens die Neugier auf den Inhalt.

Das Buch hat zudem durchweg einen klaren angenehmen Schreibstil und lässt sich daher flüssig und schnell lesen. Die Autorin schafft es auch, die anfängliche Spannung größtenteils über die gesamte Geschichte hinweg aufrecht zu erhalten. Dabei schafft sie eine Welt wie aus einem Paralleluniversum, in der magische Menschen die Geschicke auf politischer Ebene leiten.

Der Protagonist Miles ist eine sympathische mitfühlende Figur, die den Leser völlig in seine Gedanken- und Gefühlswelt eintreten lässt. So nimmt man auch während der gespannten Verfolgung seiner Detektivarbeit auch an seiner allmählich aufkeimenden Zuneigung zu der zweiten Hauptfigur teil. C.L.Polk schafft es geschickt und ohne übertrieben zu wirken, eine gleichgeschlechtliche zarte Romanze in den mysteriösen Fantasykrimi hinein zu weben.

Was mich allerdings etwas gestört hat, waren die vielen Einzelheiten dieser Welt, die auch am Ende der Geschichte mehrheitlich ungeklärt blieben. So wird man als Leser in eine historische Fantasywelt mit verschiedenen magischen Personen und Hierarchien geworfen und muss sich selbst durch all die unbekannten Begriffe kämpfen und zuordnen, was mir allerdings erst ab etwa Mitte des Buches mehr oder weniger gelungen ist. Einerseits finde ich es zwar spannend, wenn eine Geschichte viele Geheimnisse birgt, die man nach und nach entlüftet. Andererseits ist es aber bei phantastischen Geschichten wiederum mühselig, sich durch völlig unbekannte Welten ohne vereinzelte greifbare Hinweise zurecht zu finden.

In Anbetracht dessen wurde bei einigen Abschnitten zu schnell erzählt, so dass man noch mal zurück blättern musste, um Begrifflichkeiten nachzulesen und die Umstände richtig zu begreifen. Allem Anschein nach ist der Debütroman von C.L.Polk noch nicht völlig ausgereift und lässt auf ein zweites Band mit einer umfangreicheren Einführung in die Welt der Protagonisten hoffen, die auch all die offenen Fragen des ersten Bandes beantwortet. 


Fazit:
Ein geheimnisvoller Mord, politische Intrigen und Verstrickungen und eine dezente Liebesgeschichte in einer interessanten historischen Welt mit Hexen und Magiern...ein guter Anfang für einen Serienbestseller, der viel Potenzial hat und steigerungsfähig ist.

Veröffentlicht am 07.05.2019

Wenn Wunden zu Wort kommen

Das Haus aus Stein
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Zum Inhalt:

Aslı Erdoğan erzählt eine Geschichte über das menschliche Dasein in einem Gefängnis und die Zeit danach im vergeblichen Kampf um Normalität. Die namenlosen Figuren zeigen mit ungebrochener ...

Zum Inhalt:

Aslı Erdoğan erzählt eine Geschichte über das menschliche Dasein in einem Gefängnis und die Zeit danach im vergeblichen Kampf um Normalität. Die namenlosen Figuren zeigen mit ungebrochener Vehemenz die Verzweiflung und die pure Hoffnungslosigkeit in all ihren Facetten und lassen autobiographische Einblicke vermuten, wobei die Autorin tatsächlich jedoch erst Jahre später nach Erscheinen dieses Romans selbst Erfahrungen in monatelanger Haft machen musste. Für diese deutsche Erstausgabe hat die Autorin zusätzlich ein Vorwort verfasst, das bereits den düsteren Klang der nachfolgenden Geschichten erahnen lässt.


Meine Leseerfahrung:

Ich habe mich bei diesem Buch ausnahmsweise mal nicht auf die Originalsprache gestürzt, bevor ich die deutsche Ausgabe in Händen hielt. Und ich kann nur sagen, wenn diese Geschichte auf Deutsch schon so auf poetischer Ebene beeindruckt - wenn da auch an einigen Stellen auf Grund vereinzelter Ungereimtheiten womöglich die Übersetzung nicht wirklich gelungen sein mag -, dann muss die türkische Version Einen auf Grund der bildhaften Sprache völlig umhauen. Daher werde ich dieses Buch auch unbedingt in der Originalfassung lesen.


So viel Leid, Qualen und Hoffnunglosigkeit kann man als Leser wirklich nur bei völliger eigener seelischer Gesundheit ertragen. Die Sprache ist zwar nicht immer flüssig oder einwandfrei verständlich, aber ich habe einige schöne Stellen aus diesem Buch mitgenommen, die mir vor Augen führen, wie wundervoll man mit Worten zaubern kann. Sätze wie "Die Finger des wandernden Mondscheins fahren mir fiebrig über die Lippen." oder "...der Knochen hält das aus, dieser bleiche Mitwisser der Zeit."


Trotz der schönen Sprache ist die geschaffene Atmosphäre durchgehend beklemmend und lässt den Leser tief betrübt zurück mit dem Gedanken, wie grausam und unbarmherzig doch das Leben für manch Anderen sein kann.  


Fazit:

Ein beeindruckendes poetisches Werk von Aslı Erdoğan, das einen durchweg verstörenden Einblick in den menschlichen Geist gewährt, was man nur mit gesundem Verstand zu ertragen und begreifen im Stande ist.