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Veröffentlicht am 08.02.2021

kleines Buch, große Geschichte

Kim Jiyoung, geboren 1982
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Kim Jiyoung, geboren 1982, ist ein ungewöhnliches kleines Büchlein mit einem wilden Mix aus Fiktion und Fakten. Neben der eigentlichen Geschichte findet man dort auch noch Fußnoten zu weiterführen Informationen ...

Kim Jiyoung, geboren 1982, ist ein ungewöhnliches kleines Büchlein mit einem wilden Mix aus Fiktion und Fakten. Neben der eigentlichen Geschichte findet man dort auch noch Fußnoten zu weiterführen Informationen oder Statistiken zur Frauenquote, fehlende Gleichstellung oder Abtreibung.
Aber worum geht es nun genau? Um Kim Jiyoung und ihre Lebensgeschichte. Eine Frau, aufgewachsen in Südkorea, in mitten von alten, festgefahrenen Rollenbildern, die ihr Leben lenken, vorbestimmen und ihr vor allem eins nehmen: Selbstbestimmung.
Es beginnt als Kim Jiyoungs Ehemann an ihr ein seltsames Verhalten entdeckt. Auf einmal spricht sie wie jemand anders, lehnt sich gegen ihre Schwiegereltern auf und will sich selbst nicht kennen. Kaum ein paar Minuten später ist sie wieder ganz sie selbst und kann sich nicht mehr an die Aussetzer erinnern. Und gerade als man sich fragt, was wohl da gerade passiert, beginnt die Reise in ihre Vergangenheit.
Es ist die Geschichte von Jiyoungs Leben, wie ihre Eltern sie erzogen haben, wie sie zur Schule ging, gelernt hat und wie sie ihren Weg bis zum eigenen Job mit eigenem Einkommen gefunden hat. Hierbei erfahren wir alles über die Ablehnung, Ungleichheit, Vorurteile, Rollen und Werte, die ihr vermittelt wurden. Hier gab es alles: übergriffige Männer, bevorzugte Söhne, verhindernde Lehrer. Wir sehen die Ablehnung gegenüber ungeborenen Kindern, weil sie das "falsche Geschlecht" haben, die Einschränkung durch das eigene Geschlecht und die Grenzen, die einem durch die Gesellschaft gesetzt werden.
Eigentlich ist es nur ein so kleines, kurzes Buch, das aber trotz allem so viel mitbringt und vor allem zum Denken anregt. Alleine die Passagen über Kim Jiyoungs Mutter, die immer zwischen den Stühlen stand, haben mir wahnsinnig gut gefallen. Wie schwer muss es gewesen sein, eine gute Schwiegertochter, Ehefrau aber auch Mutter zu sein. Eine gute Ehe zu führen, aber sich gleichzeitig für ihre Töchter einzusetzen, den eigenen Weg nicht aus den Augen zu verlieren und über alles den Blick haben. Alleine zu überlegen, wie man seine Töchter erziehen will: sie dazu bewegen nach mehr und besserem zu streben oder aber auch den realistischen und einfachen Weg aufzuweisen?
Während des Lesens war ich vor allem eins: Wütend und teilweise fassungslos. Alles in allem ließ sich das Buch sehr schnell lesen und ich würde es bedenkenlos weiterempfehlen. Lediglich die Rahmenstory in der Gegenwart war für mich unnötig und mir fehlte der Bezug zum eigentlichen Lebens Kim Jiyoungs.


  • Einzelne Kategorien
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.01.2021

Spannender dritter Teil

Die Hornisse (Tom-Babylon-Serie 3)
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Nach dem mysteriösen Paket ist klar: hier geht’s um den neusten Thriller von Marc Raabe, den man schon von Schlüssel 17 und Zimmer 19 kennen sollte.
Worum geht’s? Auch der Rockstar Brad Galloway kriegt ...

Nach dem mysteriösen Paket ist klar: hier geht’s um den neusten Thriller von Marc Raabe, den man schon von Schlüssel 17 und Zimmer 19 kennen sollte.
Worum geht’s? Auch der Rockstar Brad Galloway kriegt bei einem seiner Konzerte so einen mysteriösen Umschlag und ist kurze Zeit später tot. Gemeinsam ermitteln der LKA-Ermittler Tom Babylon - bekannt aus den vorherigen Teilen - und die Psychologin Sita Johann und tauchen tief in die Vergangenheit bis zu einer heimtückischen Kindesentführung mit dem Decknamen „Hornisse“ ein. Was hat es also mit diesem Umschlag auf sich und wer steckt dahinter?

Das neuste Buch von Marc Raabe hat mich schon ordentlich gepackt. Absolut empfehlenswert und jetzt schon fesselnd ohne Ende. Wunderbar spannend verknüpft Raabe die Vergangenheit und Gegenwart bin seinem dritten Teil „Die Hornisse“. So geht's zurück in die Vorwendezeit nach Berlin und das direkt zur Familie von Tom Babylons und deren Schicksal. Damals verschwand seine Schwester Viola und der Verbleib konnte nicht geklärt werden. In der Gegenwart deckt Die Hornisse auf, dass nicht alle Täter von damals gefasst sind und so ermittelt Tom Babylon nicht nur rund um den Mord an Brad Galloway, sondern auch nach der Frage „Wer ist die Hornisse?“

Raab springt immer wieder zwischen Vergangenheit und Gegenwart, was ich in vielen Fällen oft hinderlich finde, hier jedoch die Jagd nach der Hornisse absolut spannend macht.

Für mich: Nicht so gut wie Band 1, aber deutlich besser als der zweite Teil!

Veröffentlicht am 21.08.2019

unerwartet gut!

Wir von der anderen Seite
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Als Rahel aufwacht, weiß sie nicht wo sie ist, wie sie dorthin gekommen ist und was die letzten Tage passiert ist. Rahel lag im Koma – wieso, wie lange und warum? Das erzählt Anika Decker in ihrem Roman ...


Als Rahel aufwacht, weiß sie nicht wo sie ist, wie sie dorthin gekommen ist und was die letzten Tage passiert ist. Rahel lag im Koma – wieso, wie lange und warum? Das erzählt Anika Decker in ihrem Roman „wir von der anderen Seite“. Was klingt wie ein ernster Roman um Leben und Tod ist aber gleich viel mehr. Witzig, fesselnd und ernst zugleich.

Rahel schreibt Drehbücher und kennt sich also mit seltsamen Situationen und Personen aus. Doch als sie aus dem Koma erwacht, ist ihr nicht nur die Erinnerung abhandengekommen, sondern auch das Gefühl für sich selbst, für das Schreiben und für ihr Leben. Was vorher noch so wichtig war, wirkt im Krankenhaus und in der Reha sinnlos. Wer braucht schon Unmengen an Klamotten? Wozu Diäten halten? Denn viel wichtiger ist es gerade auf die Beine zu kommen und auch die Erinnerungen wieder zu finden. Doch ihre Familie und ihr Freund wirken unsicher, was wirklich passiert ist – also setzt Rahel über einen langen Zeitraum Puzzlestück an Puzzlestück bis sie ihre Geschichte hat.

Dabei erleben wir dramatische, traurige, aber auch witzige Momente, denn zum einen gehört zu Rahel ein beißender Humor, der einen mitnimmt, zum anderen kann Anika Decker aber auch einfach sehr gut schreiben. Daraus resultierend ist „Wir von der anderen Seite“ schnell zu lesen, mit vielen Schmunzlern und dem ein oder anderen „aha“-Moment, wenn man zusammen mit Rahel ihre Geschichte zusammensetzt. Manche Dinge ahnte man schon, mache kamen überraschend. Genauso wie es sein sollte.
„Wir von der anderen Seite“ ist ein angenehmes Buch, mit einem ernsten Thema, aber einer witzigen und starken Protagonistin, die das Buch mit ihren Erfahrungen und Witzen trägt.

Veröffentlicht am 21.08.2019

Spannend und am Zahn der Zeit!

R.I.P.
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Instagram, Facebook, Snapchat – das gehört für viele einfach dazu. Die sozialen Medien haben einen gewissen Stellenwert in unserem Leben eingenommen. Wir posten nicht nur Inhalte unseres Lebens, sondern ...

Instagram, Facebook, Snapchat – das gehört für viele einfach dazu. Die sozialen Medien haben einen gewissen Stellenwert in unserem Leben eingenommen. Wir posten nicht nur Inhalte unseres Lebens, sondern nutzen diese auch als Kommunikation mit Freunden und Eltern. Aber was, wenn auf einmal jemand diese Blase zerstört? Und Freunde sowie Familie seiner Opfer an seinen Taten teilhaben lässt und die letzten Minuten teilt?
Was klingt wie ein blanker Albtraum, ist der Plot von Yrsa Sigurdardottirs neustem Buch aus der Reihe rund um die Psychologin Freyja. Und wie immer verspricht die isländische Autorin, die schon durch ihre Dora-Reihe überzeugen konnte, nicht zu viel. R.I.P. ist modern, temporeich und spannend und kann locker an die Vorgänger SOG und DNA anknüpfen.
Mit den Themen wie Snapchat – was vielleicht schon wieder auf dem absteigenden Social-Media-Ast ist – trifft sie trotzdem den Zahn der Zeit, verwebt neue Problematiken wunderbar in ihre Geschichte ein und schreibt drumherum eine spannende Geschichte im Kampf gegen die Zeit.
Freya und ihre Entwicklung zwischen Psychologie und Studium kommt mir persönlich etwas zu kurz, andererseits übernimmt Huldar dafür einen Großteil der Zeit, der Freya in den alten Werken zustand. Grundlegend hätte Sigurdardottir hier weitaus mehr in die Tiefe gehen können, sei es in der Beziehung von Freya und Huldar, als auch genrell in der Charakterarbeit.
So spanend auch der Plot von R.I.P. ist, so sehr fehlt doch stellenweise ein anschließen an die letzten beiden Werke und eine Entwicklung der Protagonisten.
Dafür leistet Sigurdardottir grundlegend gute Arbeit mit aktuellen Themen, rund um Mobbing, soziale Medien, usw.
Alles in allem daher ein sehr gutes Buch, spannend geschrieben und für Fans von Sigurdardottirs Büchern ein absolutes Muss!

Veröffentlicht am 28.05.2019

Gossip Girl in Singapur

Crazy Rich Asians
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Man nehme eine Prise Gossip Girl, lösche die Upper East Side und füge Singapurs High Society hin – et voilá, da haben wir Crazy Rich Asians, Kevin Kwans Roman. Hier geht es um Rachel, die endlich die Familie ...

Man nehme eine Prise Gossip Girl, lösche die Upper East Side und füge Singapurs High Society hin – et voilá, da haben wir Crazy Rich Asians, Kevin Kwans Roman. Hier geht es um Rachel, die endlich die Familie ihres Freundes Nick kennenlernen darf. Beste Gelegenheit? Familienbesuch in Singapur. Doch schon kurz nach der Ankunft wird klar, dass Nick nicht bloß reich, sondern reich reich ist. Er und seine Familie gehören zu der obersten Schicht der Superreichen und bleiben gerne unter sich. Plötzlich muss sie sich mit Dingen auseinandersetzen, die ihr in Amerika und ihrer Erziehung gänzlich fremd sind. Erbreihenfolgen, Neid und Missgunst, aber auch schillernder Reichtum in Form von privaten Flugzeugen, Shopping ohne Grenzen und kurzen Ausflügen quer um die Welt.
Was wie ein schöner Traum klingt, wird alsbald zum Gegenteil. Denn Reiche bleiben gerne unter ihren Gleichen und lassen das Neuankömmlinge wie Rachel schnell spüren. Was jetzt wie ein langwieriger Roman über die Höhen und Tiefen von Nicks und Rachels Beziehung klingt, ist aber viel mehr eine Satire Kwans über das unfassbar reiche Asien mit ihren Grundproblematiken: der wahnsinnige Konsum, aber auch der Fokus auf Blutlinien, Verwandschaftsgrade, sobald es um die Ehe geht. Denn Nick, mit blauem, singapurischem Blut bringt seine amerikanische, chinesische Freundin Rachel mit nach Singapur. Alsbald ist seine Familie beunruhigt, dass sie nur hinter dem Geld der Familie her ist. Warum sie das denken? Nicht, weil Rachel den Anschein danach macht, sondern weil sie aus dem Festland Chinas kommt und alleinerziehend groß gezogen wurde. Kwan verdeutlicht damit – auf eine fast lustige Weise – dass dieses alte Denken immer noch vorherrscht. Dass gerade die jungen Generationen wie Nick, aber auch seine Cousine Astrid, zwischen den Kulturen festhängen. Versuchen sie es doch irgendwie der ehrwürdigen Großmutter traditionell recht zu machen, kennen und leben sie aber auch die Vorzüge des modernen Lebens.
Crazy Rich Asians ist daher witzig, smart und einfach zu lesen, obwohl der Einstieg sicherlich hart ist. Es sind viele Namen, viele Geschichte und wenige davon werden wirklich vorgestellt. Dafür hat Kevin Kwan jedoch auf den ersten Seiten den Familienstammbaum verzeichnet, wonach man nach den ersten hundert Seiten dankbar sein wird.
Zwar gibt es hier und da kleine Ungereimtheiten, jedoch ist Crazy Rich Asians eine wahnsinnig nette Unterhaltung, die sich von den vielen, vielen Büchern ausnahmsweise mal unterscheidet und sei es nur am Schauort.
Wer also einen spannenden und zeitgleich gossiplastigen Roman lesen mag, der wird mit Kevin Kwans Roman gut bedient sein.