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Veröffentlicht am 25.08.2019

Lässt einen mit Schwermut zurück

Die unbewohnbare Erde
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Der Klimawandel beschäftigt mich zurzeit sehr und so wollte ich wissen, wie ein "Leben nach der Erderwärmung" aussehen würde - und Autor David Wallace-Wells geht direkt mit dem ersten Satz in die Vollen: ...

Der Klimawandel beschäftigt mich zurzeit sehr und so wollte ich wissen, wie ein "Leben nach der Erderwärmung" aussehen würde - und Autor David Wallace-Wells geht direkt mit dem ersten Satz in die Vollen: "Es ist schlimmer, viel schlimmer, als Sie denken". Das in 4 Teile aufgeteilte Buch umreißt zunächst, welche Dominoeffekte es bei der Klimaerwärmung gibt und beleuchtet anschließend die verschiedenen Elemente, die zur Erwärmung beitragen bzw. die von der Erwärmung betroffen sind. Im dritten Teil geht Wallace-Wells schließlich noch auf Faktoren wie Wirtschaft und Politik ein und beschreibt, inwiefern die Entscheidungen, die hier getroffen werden, einen Effekt auf den Grad der Erwärmung haben. Der abschließende Teil endet dann mit dem Hinweis, dass die Lösungen für das Aufhalten der Erwärmung bereits da sind und dass wir lediglich die Entscheidung treffen müssen, dass wir damit aufhören, die Erde zu zerstören.

Mich hat das Buch mit Schwermut zurückgelassen. Die ersten beiden Teile des Buchs sind ganz schön harter Tobak, der einen so negativ und hoffnungslos stimmt, dass es mir zwischenzeitlich wirklich schwer gefallen ist, weiterzulesen. Ich finde es gut und richtig, einen realistischen Blick auf das Ausmaß der Erderwärmung zu bekommen und Wallace-Wells hat einen großartigen Job gemacht, hier die Studienlage zu analysieren und darzustellen, wie fatal es ist, dass die Wissenschaft bisher noch viel zu vorsichtige Voraussagen veröffentlicht hat, aus Angst, dass die Menschheit die ganze Wahrheit nicht ertragen könnte. Doch das, was mir durch das Zitat von Jonathan Safran Foer auf dem Cover versprochen wurde, nämlich "Hoffnung für die Zukunft", die mir dieses Buch ebenfalls geben sollte, das habe ich auch in Teil 3 und 4 des Buchs vermisst.

Zwar schließt das Buch - wie oben beschrieben - mit einer positiven Note, dennoch betont Wallace-Wells auch die so wichtige Rolle der Politik und der richtigen Entscheidungen hier, die mich als Individuum dann wieder ohnmächtig und klein fühlen lassen, was - wie ich finde - das falsche Signal ist. Ein Buch wie dieses sollte zum Handeln und Mitmachen motivieren und sich nicht wünschen lassen, man könnte sich unter einer Bettdecke verkriechen und dort für den Rest des Lebens bleiben.

Weiterhin schade finde ich, dass dieses Buch ganz gewiss nicht für Jedermann geschrieben ist. Zu viele Fachbegriffe und Fremdwörter spicken hier die Texte, die zu einem großen Teil auch nicht mal erklärt werden, obwohl sie ganz gewiss nicht zum Standard-Wortschatz eines Normalbürgers gehören. Dieser Aspekt und dass das Buch die politische Macht in den Vordergrund holt, hinterlässt bei mir eher den Eindruck, dass es eben genau für politische Entscheider oder sonstige Regierungsverantwortliche geschrieben wurde und weniger für die breite Masse.

Somit war ich leider ein wenig enttäuscht und eher froh, als ich dieses Buch beendet hatte, weil es mich stimmungsmäßig doch eher runtergezogen hatte. Nichtsdestotrotz bin ich der Meinung, dass es ein richtiges und wichtiges Buch ist und dass es - von den richtigen Leuten - gelesen werden sollte., den es gibt einen erschreckenden und erschreckend realistischen Blick auf die Auswirkungen, die die Erderwärmung auf unser aller Leben haben wird.

Veröffentlicht am 15.06.2019

Unterhaltsam, besonders und dennoch klischee-belastet

With your Eyes
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Der Klappentext machte mich neugierig, denn eine Protagonistin, die blind wird, hatte ich zuvor im New Adult Genre noch nicht gesehen und ich hatte gehofft, mit "With your Eyes" auf eine Geschichte zu ...

Der Klappentext machte mich neugierig, denn eine Protagonistin, die blind wird, hatte ich zuvor im New Adult Genre noch nicht gesehen und ich hatte gehofft, mit "With your Eyes" auf eine Geschichte zu stoßen, die sich von dem sonstigen Einheitsbrei, der im New Adult Genre inzwischen herrscht, ein wenig abhebt.

Mit Sutton als Protagonistin erleben wir einen Charakter, der sich grundsätzlich erst einmal nicht von den typischen Protagonisten abhebt, doch es ist ihre Krankheit, die sie zu etwas Besonderem macht, sowie ihr Umgang damit. Ihre besten Freunde, Julie und Kay, unterstützen sie - sobald sie von der Diagnose erfahren -, wo sie nur können und geben damit zwei sympathische Nebencharaktere ab. Den männlichen Gegenpart wiederum übernimmt der allseits beliebte Blake Cross, der sein eigenes Päckchen zu tragen hat und damit leider dem gängigen "beliebt, aber keiner kennt sein wahres Ich"-Klischee entspricht.

Die Handlung ist unterhaltsam, romantisch und bietet am Ende sogar eine überraschende Wendung, die recht untypisch für das New Adult Genre ist, doch ganz überzeugen konnte sie mich leider nicht. Dafür wurde auch hier mit zu vielen Klischees gearbeitet. Da ist zunächst die obligatorische Liste mit Dingen, die Sutton auf jeden Fall noch sehen will, bevor sie erblindet, und die sie dazu bringt, mit Blake Cross zu einem Roadtrip aufzubrechen. Da ist jedoch auch das typische "beliebter Junge küsst unbeliebtes Mädchen betrunken auf einer Party und dieser Kuss ist plötzlich anders als alle anderen Küsse zuvor"-Klischee, das in diesem Fall leider nicht ganz überzeugend rüberkommt. Überhaupt wird für den Leser leider nicht ganz klar, was Sutton an Blake findet und umgekehrt. So folgt man den beiden quer durch Amerika, nimmt ein paar logische Ungereimtheiten hin und kann sich trotzdem nicht ganz davon befreien, die ein oder andere romantische Szene unterhaltsam und süß zu finden. Der Höhepunkt und das Ende wiederum sind überraschend gut gemacht, dennoch hatte ich mir insgesamt ein bisschen mehr "Besonderes" versprochen.

Wer auf der Suche nach einem unterhaltsamen, romantischen New Adult Roman ist, der einen besonderen Kniff hat, kann beruhigt zu "With your Eyes" greifen, ohne es zu bereuen.

Veröffentlicht am 31.08.2018

Leider etwas enttäuscht

Vox
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Eine Welt, in der Frauen nur 100 Wörter am Tag sprechen dürfen – was ist das für eine Welt? Wie kann es dazu kommen? Diese Fragen waren es, die mich dazu verleitet haben, ebenfalls mal in diesen Roman ...

Eine Welt, in der Frauen nur 100 Wörter am Tag sprechen dürfen – was ist das für eine Welt? Wie kann es dazu kommen? Diese Fragen waren es, die mich dazu verleitet haben, ebenfalls mal in diesen Roman zu schauen, der gerade in aller Munde ist. Und vielleicht war es genau dieser Hype ums Buch, der meine Erwartungen etwas zu hochgeschraubt hat, denn ich wurde leider beim Lesen etwas enttäuscht.

Aber erstmal zu den positiven Punkten: Antworten auf meine Ausgangsfragen habe ich gefunden und war erschrocken darüber, wie einfach gerade die Antwort auf „Wie kann es dazu kommen?“ ausfiel – und wie realistisch. Die Welt, die Autorin Christina Dalcher hier erschaffen hat, ist unserer nicht besonders fern, genau genommen kann es jederzeit so kommen, wenn wir nicht aufpassen.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Jean, eine Mutter von vier Kindern und natürlich – wie alle Frauen – mit dem Wortzähler ausgestattet, der genau darauf achtet, dass sie auch ja die 100 Wörter am Tag nicht überschreitet. Es ist ein irgendwie beklemmendes Gefühl, ihr durch die Geschichte zu folgen, denn wir bekommen mit, wie oft sie sich zurückhalten, zensieren muss, wie oft sie wegen ihrer begrenzten Wortzahl nicht die Mutter sein kann, die sie sein möchte. Ich bin Jean gerne durch ihr Leben gefolgt, habe ihren Geheimnissen gelauscht und die Welt aus ihren Augen gesehen, aber…

Ja und hier kommt das Aber: Jean schweift sehr oft in die Vergangenheit ab, erinnert sich an frühere Geschehnisse, was einerseits richtig und wichtig ist, weil wir so erfahren, wie es überhaupt zu dieser neuen Gesellschaft kommen konnte, die wir da präsentiert bekommen – andererseits aber nicht immer relevant für die Geschichte ist und somit für mich die Spannung gebremst hat.

Das Thema Spannung ist auch mein größter Kritikpunkt, denn für mich blieb das Buch bis auf das letzte Drittel leider relativ zäh. Im letzten Drittel tauchte dann nochmal eine überraschende Wendung auf, die mir richtig gut gefiel (und ich aus Spoiler-Gründen gerade nicht nennen kann), die ich mir aber für das erste Drittel des Buchs gewünscht hätte.

Somit bleibt für mich leider nur das Fazit, dass es ein durchaus spannendes und nachdenklich stimmendes Szenario ist, das Christine Dalcher hier entwirft, jedoch die Umsetzung für mich aufgrund fehlender Spannung nicht ganz gelungen ist.