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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.10.2019

Eine Geschichte, die den Leser nicht loslässt

Das Versprechen des Bienenhüters
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Die Geschichte hat mich nachdenklich und teilweise auch traurig zurückgelassen. Sie lässt einen nicht so einfach los. Es geht um eines der vielen Schicksale des Syrienkrieges und deren langer mühseliger ...

Die Geschichte hat mich nachdenklich und teilweise auch traurig zurückgelassen. Sie lässt einen nicht so einfach los. Es geht um eines der vielen Schicksale des Syrienkrieges und deren langer mühseliger und entbehrungsreicher Weg in ein Land ohne Krieg und Todesangst.

Die Geschichte beschreibt das Leben, die Flucht und die Ängste eines Paares, die ihren Sohn im Krieg verloren haben und nun flüchten müssen, wenn der Mann nicht selbst in den Krieg ziehen soll. Die Frau ist erblindet und weigert sich das Land zu verlassen. Für sie bedeutet es auch den toten Sohn und die Erinnerungen zurückzulassen. Erst als der Druck zu groß wird, gibt sie nach und begibt sich mit ihrem Mann auf die gefährliche Reise.

Es wird von den teilweise katastrophalen Unterkünften und der schlechten (ärztlichen) Versorgung erzählt, von den Strapazen und den Mangel an Hygiene. Die wenigen Informationen, die ins Auffanglager kommen und die Angst wieder zurückgeschickt zu werden, zerren an den Nerven der Geflüchteten. Es wird ganz deutlich, dass nur Menschen mit Geldreserven wirklich eine Chance haben nach Mitteleuropa zu kommen. Auch Nuri und seine Frau Afra kämpfen, um zu den Verwandten nach England zu kommen.


Die Geschichte berührt, da die Autorin es schafft ohne Rührseligkeit zu schreiben. Sie will kein Mitleid für ihre Charaktere, sondern Verständnis und Menschlichkeit wecken. Man merkt ihrer Geschichte an, dass sie viel Kontakt mit Flüchtlingen hatte und so auch von vielen Schicksalen und Geschichten erfahren hat.

Es ist keine leichte und schnell wegzulesende Geschichte, sondern eine Geschichte, die nachdenklich stimmt, die Augen öffnen soll und zum Hinterfragen anregt.

Veröffentlicht am 27.08.2019

Es gibt viel zu entdecken

Was Degas sah
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Hilaire Germain Edgar de Gas ein französischer Maler aus dem 19./20.Jh. wird in diesem Buch zum Thema. Genauer, seine Bilder stehen im Mittelpunkt und seine Aufmerksamkeit auf bestimmte Motive wie die ...

Hilaire Germain Edgar de Gas ein französischer Maler aus dem 19./20.Jh. wird in diesem Buch zum Thema. Genauer, seine Bilder stehen im Mittelpunkt und seine Aufmerksamkeit auf bestimmte Motive wie die Tänzerinnen und die Reiter.

Eigentlich ist es ein Kinderbuch, welches spielerisch die Aufmerksamkeit von Kindern auf die Kunst und den Künstler lenken soll. Für mich ist es eine Art Wimmelbuch für Erwachsene. Wer sich gern mit Kunst beschäftigt, wird sich gern mit diesem Buch beschäftigen. Es ist eine Mischung aus Zeichnungen, wie man sich vorstellt, was Degas gesehen hat, bevor er dann seine Werke erschaffen hat. Einige seiner Werke werden in der darauffolgenden Seite gezeigt, so dass man die Verbidnung zur Zeichung herstellen kann und die kurze Erläuterung hilft, das Bild besser zu verstehen.

Es ist ein steter Wechsel von Zeichungen und Degas Bildern und da es auf einem Großformat gedruckt ist, gibt es bei den Zeichnungen viele kleine Details (zum Teil humoristische Elemente) zu entdecken. Das Buch selber ist nicht dick. Es hat lediglich 36 Seiten, die jedoch einen aufmerksamen Beobachter durchaus eine Weile geschäftigen können. Für mich ist es ein Buch, welches man immer wieder zur Hand nehmen kann, um kleine neue Details, die man bisher übersehen hat, zu entdecken.

Veröffentlicht am 26.08.2019

Ein typischer Ivanov Krimi - klar, schnörkellos und aktuell

Entführung
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Ich kannte die bisherigen Fälle von Petra Ivanovs zweiter Krimiserie nicht und war nun umso gespannter, wie die Serie um Pal Palushi und Jasmin Meyer sein wird.
Es ist ein typischer Ivanov-Krimi – spannend, ...

Ich kannte die bisherigen Fälle von Petra Ivanovs zweiter Krimiserie nicht und war nun umso gespannter, wie die Serie um Pal Palushi und Jasmin Meyer sein wird.
Es ist ein typischer Ivanov-Krimi – spannend, klar und strukturiert ohne Schnickschnack, dafür mit einem tiefen Blick in die schweizerische Politik und Justiz.

„Entführung“ beschäftigt sich mit der Entführung eines jungen reichen Mädchens, dessen Entführer geschnappt wurde, aber nun nicht preis gibt, wo sich die Entführte befindet. Palushi ist sein Pflichtverteidiger und erntet dafür Anfeindungen und Hasskommentare. Palushi, ein Moslem verteidigt einen Moslem, der eine Schweizerin entführt hat. Ein gefundenes Fressen für die Medien. Palushi versucht vergebens klarzumachen, dass er keinen Einfluss auf die Vergabe der Mandate hat.

Palushi und Meyer versuchen nun gegen die Zeit zu laufen und das Mädchen zu finden. Der Entführer sagt kein Wort, reagiert weder auf Drohungen noch Verständnis oder Hafterleichtungsangebote. Palushi versucht über die Religion an Informationen zu gelangen und erhält einen Hinweis, der ihn in große Schwierigkeiten bringen wird.

Petra Ivanov hat nicht nur einen spannenden und sehr aktuellen Fall zum Krimi gemacht, sondern auch die Schattenseiten des Anwaltsberufes beleuchtet. Es öffnet dem Leser die Augen, dass Pflichtverteidiger nicht immer so agieren können, wie man es von ihnen als Außenstehender erwartet. Sie zeigt, welche juristischen Hürden zu bewältigen sind, um winzige Informationen zu erhalten, wie die Weitergabe von Hinweisen die eigene Existenz bedrohen kann und wie leicht die Medien die Bevölkerung manipulieren kann.

Mir gefällt der klare und schnörkellose Schreibstil von Petra Ivanov sehr. Besonders gut hat mir der Blick hinter die Kulissen gefallen. Viele Dinge waren mir so nicht bewusst. Die Autorin schafft es den Blick zu schärfen und die Medien noch mehr zu hinterfragen. Die Schweiz von einer ganz anderen Perspektive, die gar nicht so mit dem bisherigen Bild zusammenpassen will.

Veröffentlicht am 21.07.2019

Lesenswerte Geschichte

Gute Geister
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Die drei außergewöhnlichen Frauen aus dem Jahr 1962 unterscheiden sich in einem gravierenden Punkt. Skeeter ist weiß und Aibileen und Minny sind schwarz. Während die Eine nur mit den konservativen Frauenbild ...

Die drei außergewöhnlichen Frauen aus dem Jahr 1962 unterscheiden sich in einem gravierenden Punkt. Skeeter ist weiß und Aibileen und Minny sind schwarz. Während die Eine nur mit den konservativen Frauenbild der 60iger Jahre zu kämpfen hat, müssen die schwarzen Frauen sich auch noch dem Rassismus und den damit verbundenen Einschränkungen stellen.

Skeeter ist anders als ihre Freundinnen. Sie hat nicht zwingend zum Ziel zu heiraten und Mutter zu werden. Sie möchte Journalistin werden, doch niemand nimmt sie ernst, am wenigsten ihre Mutter. Doch dann eröffnet sich ihr eine Chance, die sie unbedingt nutzen will. Doch die Konsequenzen sind nicht abzusehen und sie muss das Leben und die Sicherheit anderer Menschen in Unsicherheit bringen.

Aibileen ist einfach nur eine gute Seele oder eben der gute Geist. Sie hat alles verloren, was ihr wichtig war und doch macht sie weiter. Sie gibt ihre Fürsorge an die Babies der weißen Arbeitgeberfamilien weiter und versucht ihnen Selbstbewusstsein und Liebe zu geben, vorallem, wenn die eigentliche Mutter kein Interesse an dem Kind hat.

Minny, oh Minny...was für eine Frau. Laut, polternd, zu direkt und zu deutlich in ihren Aussagen schafft sie es, dass sie immer wieder ihre Arbeit verliert. Bis sie an eine unselbständige junge Frau kommt, die die Anwesendheit von Minny vor ihrem Mann verheimlicht und Minny damit auch wieder einmal mehr in Schwierigkeiten bringt.

Kathryn Stockett hat den Frauen aus Jackson ein Gesicht gegeben. Sie lässt den Leser tief in die Seelen schauen und zeigt ein Gesicht von Amerika, welches man gern verdrängt. Der Rassismus ist dominant und blüht in allen Facetten. Gewalt und Ungerechtigkeiten gegenüber Schwarzen sind noch an der Tagesordnung, umso mehr muss man den Hut vor den Frauen ziehen, dass sie das Projekt gewagt haben.

Diese Geschichte lohnt sich, sie ist wunderbar geschrieben und lässt sich sehr gut lesen. Die Charaktere sind gut ausgearbeitet, so dass man mit ihnen mitfiebern, trauern, lachen oder entsetzt sein kann.

Veröffentlicht am 17.07.2019

Gelungenes Debüt

Der Kinderflüsterer
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"Wenn die Tür halb offen steht, ein Flüstern zu dir rüberweht.
Spielst du draußen ganz allein, findest du bald nicht mehr heim.
Bleibt dein Fenster unverschlossen, hörst du ihn gleich daran ...


"Wenn die Tür halb offen steht, ein Flüstern zu dir rüberweht.
Spielst du draußen ganz allein, findest du bald nicht mehr heim.
Bleibt dein Fenster unverschlossen, hörst du ihn gleich daran klopfen.
Denn jedes Kind das einsam ist, holt der Flüsterer gewiss."


Diese wenigen Sätze im Klapptext haben mich eingefangen und mitgenommen, in diese düstere, traurige und grausame Geschichte. Ich habe das Buch ab und zu weggelegt, weil die Bilder zu sehr im Kopf tanzten und doch musste ich wissen, wie es ausgeht.

Der Titel sagt es schon, dass diesmal die Opfer die Kinder sind. Kein schönes Thema, kein leichtes Thema. Tom und sein Sohn Jake ziehen weg, weg von ihren Sorgen und raus aus der Gegend, in der sie mal so glücklich waren. Die Trauer um die verstorbene Frau und Mutter zieht trotzdem mit. Sie ziehen in ein Haus, welches einen düsteren Ruf hat, aber Jake gefällt das Haus. Sein Vater ist weniger begeistert, doch kauft er es seinem Sohn zuliebe. Die Gerüchte versuchen sie zu ignorieren, doch dann geschieht eine Entführung und es tauchen wieder die ganzen Fragen aus der Vergangenheit auf. Es wird gruselig und dramatisch und es beginnt eine harte Zeit für Vater und Sohn.

Der andere Handlungsstrang beschreibt das Leben von Pete Willis, der den Kinderflüsterer in das Gefängnis gebracht hat. Doch noch immer fehlt das fünfte Kind. Er kann nicht damit abschließen. Die erneute Entführung eines Kindes bringt sein labiles Gleichgwicht noch mehr ins Wanken. Seinem ganz persönlichen Kampf muss er sich jeden Abend aufs Neue stellen - dem Alkohol. Die Zerrissenheit und die zähen inneren Kämpfe hat Alex North sehr gut beschrieben.

Alex North hat einen düsteren Roman, der mir manchmal Gänsehaut bescherrt hat, geschrieben. Der sehr bildliche Schreibstil sorgt dafür, dass man abtauchen kann und auch dafür, dass das Kopfkino anspringt. Jakes etwas eigenwilliges Verhalten (Unnahbarkeit, Fantasiefreundin) sorgen dafür, dass man die Verzweiflung und die Erschöpfung des Vaters noch mehr wahrnimmt. Alex North weiß die Spannung vom Anfang bis zum Ende zu halten und sorgt durch die vielen kleinen Wendungen immer wieder für neue Informationen und Verwirrungen.

Für mich ist es ein gelungenes Debüt. Ich bin gespannt auf das nächste Buch.