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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.08.2019

berührend und wahrhaftig

Der Gesang der Flusskrebse
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North Carolina in den Sechziger Jahren. An der Küste breitet sich ein von Flussläufen und Sümpfen durchzogenes Marschland aus, in dem seit Jahrhunderten Menschen Zuflucht suchen, die andernorts kein Auskommen ...

North Carolina in den Sechziger Jahren. An der Küste breitet sich ein von Flussläufen und Sümpfen durchzogenes Marschland aus, in dem seit Jahrhunderten Menschen Zuflucht suchen, die andernorts kein Auskommen finden oder vor den ungnädigen Augen der Wohlstands-Gesellschaft fliehen. So landet auch Kyas Familie in einer heruntergekommenen Hütte mitten im Nirgendwo, wie weg von der Stadt und anderen Menschen. Die Mutter versucht sich und ihre vier Kinder über Wasser zu halten, während der Ehemann und Vater die meiste Zeit das Geld verspielt oder versäuft und mehr als einmal Frau und Kinder fast krankenhausreif schlägt. Schließlich verlässt die Mutter ihn und lässt ihre minderjährigen Kinder zurück. Kya ist gerade mal sechs Jahre alt und viel jünger als ihre Geschwister. Nach und nach fliehen auch diese vor dem Vater. Kya versucht beherzt und mutig und mit großem Erfindungsgeist, dem Vater den Haushalt zu führen und irgendwie zu überleben. Wenige Jahre später ist sie ganz auf sich alleine gestellt.



Von der ersten Seite an bewegt und berührt das Schicksal von Kya. Kaum jemand hilf dem kleinen Marschmädchen. Sie wird von den Stadtbewohner misstrauisch beobachtet. Die Schulbehörde versucht nur einmal halbherzig, das Kind in die Gesellschaft zu integrieren. Kyas Einsamkeit kann der Leser fast am eigenen Körper spüren. Ihre Stärke ist es, die die Geschichte durchdringt und die einem mehr als einmal die Tränen in die Augen treibt. Vor allem, wenn sie wieder einen der vielen Rückschläge erdulden muss, wenn sie von den zwei, drei Menschen enttäuscht wird, die sie wagt, in ihr Leben zu lassen. Wenn sie hungert an Körper und Seele und doch nie aufgibt, nie klein beigibt, nie versucht, sich Hilfe zu holen, sondern immer glaubt, sie müsse das alles alleine schaffen.



Eine weitere feste Größe in dieser Geschichte ist die Natur, die Marschen, der Sumpf. Aber auch die Möwen und Muscheln, die verwachsenen Flussläufe, die Tier- und Pflanzenwelt in der Kya sich bewegt, von der sie lebt, in der sie kein Fremdkörper ist, sondern mit der sie in tiefer Harmonie lebt. Kyas Wesen wird dadurch geformt und diese Natur gibt ihr auch den Halt, den die Menschen ihr nicht geben können und bewahrt sie davor, ohne Liebe und menschliche Nähe verrückt zu werden. Sie wird eins mit der Natur und durchdringt das Wesen ihres ungezähmten Lebensraumes.



Eines Tages bricht dann das Unheil mit Macht über sie herein. Sie wird verdächtigt einen jungen Mann getötet zu haben und die Beweise sind erdrückend.
Mein Fazit:

Ein wahnsinnig bewegendes und glaubhaftes Buch. Die Geschichte über ein Kind, eine junge Frau, die in der Einsamkeit der sumpfigen Marschen zu einem klugen aber unglaublich scheuen Menschen heranwächst, der mit der Natur in wunderbarem Einklang leben kann, der aber droht an der Verständnislosigkeit der anderen zu zerbrechen. Die Autorin schafft es dabei, das man als Leser glaubt, selbst in die Wildnis einzutauchen, mit Kya die kreischenden Möwen zu füttern, nasse Muscheln aus dem Wasser zu ziehen, dem Gesang der Flusskrebse zu lauschen. Ein bildgewaltiges, einfühlsames Buch, welches durch den mutmaßlichen Mordfall zusätzlich an Spannung gewinnt.

Ich hoffe sehr, dass Delia Owens noch weitere Bücher schreibt, auch wenn sie bereits nicht mehr die Jüngste ist. Sie hat eine große literarische Stimme.

Veröffentlicht am 30.08.2019

Mein Histo-Jahreshighlight

Teufelskrone
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Im Jahr 1193 regiert Richard Löwenherz über das englische Reich. Und während sich Guillaume of Waringham mit dem König auf einen Kreuzzug ins Heilige Land begibt, schwört sein Bruder Yvain of Waringham ...

Im Jahr 1193 regiert Richard Löwenherz über das englische Reich. Und während sich Guillaume of Waringham mit dem König auf einen Kreuzzug ins Heilige Land begibt, schwört sein Bruder Yvain of Waringham John Plantagnet die Treue. Dieser ist im ständigen Streit mit dem königlichen Bruder um die Herrschaft des Landes und so sind auch die Waringhams viele Jahre in unterschiedlichen Lagern. Daran ändert sich auch nicht viel, als Richard überraschend stirbt und John gekrönt wird. Aber diesem König treu und erbeen zu folgen, wird für Yvain zu einer schier unlösbaren Lebensaufgabe. Mehr als einmal werden seine Ehre und seine Ritterlichkeit in Frage gestellt und er gerät in tiefe Gewissenskonflikte.

„Teufelskrone“ ist – wie ich es bereits erwartet hatte – mein Histo-Jahreshighlight. Aber nicht nur das. Es ist unter Rebecca Gablés hervorragenden Romanen sicherlich eines der Besten. Das liegt nicht nur daran, dass sie wieder einmal hervorragend recherchiert hat und die englische wechselvolle Geschichte der damaligen Zeit dem Leser so lebhaft und hautnah und klug erzählt wie kaum eine andere. Natürlich ist ihr Held wie immer einer, den man ins Herz schließt, weil er ein echter Waringham ist. Leidenschaftlich in seiner Liebe und seiner Treue; mutig und loyal für Familie und König; aufgeschlossen und fürsorglich auch für die einfachen Leute; pferdenärrisch und ein Freund, wie jeder ihn sich wünscht. Und die Wendungen und Wirrungen, die Yvains Leben und diese Geschichte nehmen, sind so spannend und überraschend, dass es mir mehr als einmal den Atem genommen hat.

Aber das wirkliche I-Tüpfelchen in diesem Buch war für mich der Charakter des John Plantagnet, König Ohneland, König von England. Man hat ihn aus vielen Filmen und Büchern irgendwie im Kopf, aber wenn man dieses Buch liest, dann merkt man, dass man ihn gar nicht wirklich kannte und sehr vieles gar nicht oder nicht im passenden Kontext wusste. Dieser Mann wird für mich zum ersten Mal so komplex, ambivalent, omnipotent, gewalttätig und faszinierend geschildert, wie er wahrscheinlich wirklich gewesen ist. Rebecca Gablé erweckt ihn zum Leben und lässt uns teilhaben an seinem Kampf um die Macht, seinen Kriegen um die französischen Gebiete seines Reiches, seinem Jähzorn und seinen Liebschaften.

Abgerundet mit einem wunderbaren Nachwort, welches Fakten und Fiktion ins richtige Lot rückt, bin ich rundrum begeistert und geflasht von diesem Buch und unglaublich froh, dass ich es gelesen habe. Ein Dankeschön an die Autorin für diese Geschichte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Figuren
Veröffentlicht am 06.08.2019

hervorragend

Brennende Narben
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Eigentlich scheue ich immer ein bisschen, eine Krimireihe mittendrin zu beginnen, denn zumindest von Privatleben der Kommissare hat man dann ja schon einiges versäumt. Aber da ich auf Leo Born erst jetzt ...

Eigentlich scheue ich immer ein bisschen, eine Krimireihe mittendrin zu beginnen, denn zumindest von Privatleben der Kommissare hat man dann ja schon einiges versäumt. Aber da ich auf Leo Born erst jetzt aufmerksam geworden bin, habe ich es gewagt und wurde nicht enttäuscht.

An "Brennende Narben" hat mir wirklich alles gefallen. Ich kenne Frankfurt nicht, also war das Lokalkolorit für mich spannend und neu. Die Hauptakteurin Mara erinnert mich optisch und emotional an Lisbeth Salander. Aber das ist nicht negativ gemeint, ich mag schräge starke sperrige Frauengestalten und sie hat durchaus Eigenheiten, die sie einzigartig machen. Der Kriminalfall ist spannend in Szene gesetzt, blutig und rasant und die Ermittler müssen alles geben, um den Täter dingfest zu machen. Das hohe Tempo verleitet den Leser dazu, das Buch in einem Rutsch durchzulesen. Was kann man besseres sagen.

Ich werde mir auch Teil eins und zwei zulegen müssen.

Veröffentlicht am 24.07.2019

wie immer der Knaller

Jagd auf die Bestie (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 10)
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Chris Carter ist inzwischen kein Geheimtipp mehr. “Jagd auf die Bestie“ ist bereits der 10.te Fall in den er seine Ermittler Hunter und Garcia schickt. Carter war selbst einige Jahre Profiler für Mordfälle ...

Chris Carter ist inzwischen kein Geheimtipp mehr. “Jagd auf die Bestie“ ist bereits der 10.te Fall in den er seine Ermittler Hunter und Garcia schickt. Carter war selbst einige Jahre Profiler für Mordfälle in den USA und man merkt die Detailfreude und das psychologische Fach-Wissen seinen Thrillern durchaus an. Dabei hat er aber auch eine große Freude am Erzählen und auch am schockieren, denn er gehört sicher zu den Autoren mit den blutigsten und bizzaresten Mordfällen in diesem hart umkämpften Genre. Deshalb also Vorsicht! Auch der neue Fall ist nichts für zarte Gemüter. Es geht ganz schön zur Sache und mehr als einmal wird einem der Mund trocken und die Haare stehen einem förmlich zu Berge vor unterdrückter Angst. Genau das macht aber seine Romane aus. Und natürlich die Sympathie, die man den zwei Ermittlern entgegenbringt.

Wieder mal eine gelungene Mischung. Ein Wechselbad der Gefühle, eine Achterbahn der Spannung. Ich kann auch diesen Band nur wärmstens empfehlen.

Veröffentlicht am 22.07.2019

toller Histo mit viel Detailwissen

Sterne über der Toskana
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Sterne über der Toskana ist der dritte Teil einer historischen Reihe aus der Feder von Karin Seemayer. Da die Geschichte eine Generation nach dem zweiten Band spielt, dürften auch Quereinsteiger keine ...

Sterne über der Toskana ist der dritte Teil einer historischen Reihe aus der Feder von Karin Seemayer. Da die Geschichte eine Generation nach dem zweiten Band spielt, dürften auch Quereinsteiger keine großen Verständnisprobleme haben und Kenner der Vorgängerromane werden sich über kleine Hinweise auf Vergangenes freuen. Diesmal steht der Weinanbau im Hintergrund und dafür erfährt man so Einiges über die politischen Unruhen, die um 1857 herum in Oberitalien wieder aufbrachen, da das Volk immer mehr gegen die österreichische Vorherrschaft aufbegehrte.

Die junge Winzertochter Gianna muss um das Leben ihrer Brüder aber auch um dass ihres ersten Mannes und ihres Geliebten fürchten. Und der Krieg fordert tatsächlich mehr als ein Opfer.

Zum einen ist dies Geschichte einer jungen Frau, die erwachsen wird und nach einigen Wirren doch noch die große Liebe findet. Zum anderen ist es ein packender Bericht über die historisch belegten Auseinandersetzungen, Attentate, Gefechte, Vergeltungsschläge und am Ende eine Schlacht zwischen Franzosen, Österreichern und italienischen Truppen, in der Zehntausende ihr Leben verloren.

Das Cover ist fast ein wenig irreführend, denn es ist keine seichte Liebesgeschichte, die man hier serviert bekommt, sondern sehr gut recherchierte historische Details und ziemlich realistische Beschreibungen der damaligen kriegerischen Handlungen. Man fiebert mit den Darstellern mit und Gianna hat man sowieso sehr schnell ins Herz geschlossen. Ja, die Liebe kommt hier nicht zu kurz aber es gibt hier keinen Kitsch sondern vor allem Herzenswärme und authentische Charaktere.

Für mich ein toller Histo, den ich ratzfatz durchgeschmökert hatte. Etwas gelernt dabei und großes Lesevergnügen gehabt.