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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.09.2019

Es geht immer weiter bergab

Wir gegen euch
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Schon Fredrik Backmans erster Band über die schwedische Kleinstadt Björnstadt (Stadt der großen Träume) hat mich fasziniert. Auch hier schafft er es wieder, aus vielen Einzelporträts das Abbild einer Gemeinschaft ...

Schon Fredrik Backmans erster Band über die schwedische Kleinstadt Björnstadt (Stadt der großen Träume) hat mich fasziniert. Auch hier schafft er es wieder, aus vielen Einzelporträts das Abbild einer Gemeinschaft zu zeichnen, in der jedes einzelne Schicksal den Leser berührt. Backmans Sprache ist poetisch und philosophisch zugleich, dabei treffend, verständlich und eindringlich. Das bewirkt, dass von Anfang an ein innerer Spannungsbogen geschlagen wird, der den Leser bis zum Schluss an die Seiten fesselt. In klaren Sätzen werden die Konflikte der Björnstädter erzählt, aber dabei sind viele Aussagen so allgemeingültig, dass man innehält, um noch mal über den tieferen Sinn nachzudenken.

Es werden soviel unterschiedliche Probleme angerissen: Eheprobleme, Homosexualität, politische Mauscheleien, Gewalt... um nur einige zu nennen. Trotzdem konzentriert sich alles auf das tägliche Leben in einer abgelegenen Kleinstadt. Man fiebert mit den Bewohnern, ob wieder eine gute Eishockeymannschaft aufgestellt werden kann, man erschrickt vor der immer weiter ausufernden Gewalt, man leidet mit bei den persönlichen Problemen.

"Wir gegen euch" ist ein Buch, das noch lange nachhallt, auch wenn man den letzten Satz schon längst gelesen hat.

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Veröffentlicht am 01.09.2019

Elise und ihre Träume

Kastanienjahre
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"Kastanienjahre" ist eine sehr eindrucksvolle Beschreibung der DDR-Lebensart von Beginn der 60er Jahre an. Beispielhaft wird hier das Leben einiger Bewohner des fiktiven Ortes Peleroich erzählt, wobei ...

"Kastanienjahre" ist eine sehr eindrucksvolle Beschreibung der DDR-Lebensart von Beginn der 60er Jahre an. Beispielhaft wird hier das Leben einiger Bewohner des fiktiven Ortes Peleroich erzählt, wobei Elise die Hauptperson ist. Als erwachsene Frau konnte sie sich endlich ihre Träume erfüllen und in ihrem Sehnsuchtsort Paris eine kleine Modeboutique führen. Geheimnisvolle, anonyme Briefe locken sie und ihre ehemaligen Nachbarn in das dem Untergang geweihte Dorf zurück, wo ein geheimnisvoller Unbekannter einige Geheimnisse lüften will. Elise fährt in ihre Vergangenheit zurück, getrieben von der Hoffnung, ihre unvergessene Jugendliebe zu treffen, die von einem Tag zum anderen spurlos verschwand. Es werden allerseits Erinnerungen wach, wie das DDR-Regime dem Individuum keinen Freiraum ließ, Träume zerstörte und Lebenswege ruinierte. Man erinnert sich, wie mit der Wende durch den Kapitalismus nicht sofort das große Glück Einzug hielt, sondern erst vieles gründlich zerschlagen wurde, ehe man sich in der neuen Lebensform zurechtgefunden hat.

Ich denke, Anja Baumheier zeigt dem Leser, vor allen den Wessis, ein realistisches Bild von den Verhältnissen. Sie aus erster Hand zu erfahren von jemanden, der in der DDR aufgewachsen ist, dazu verpackt in einem mitreißenden Roman, ist eine wertvolle Erfahrung.
Wolfgang Berger, als Sprecher der Hörbuchversion, macht seinen Job ausgezeichnet. Er bringt alle Emotionen zum Ausdruck, er berlinert oder singt, wo es erforderlich ist, und hat dabei eine sehr angenehme Stimmlage.

Veröffentlicht am 30.08.2019

Psychoterror

Der Kastanienmann
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Dieser Thriller spielt in Kopenhagen und sorgt am laufenden Band für Gruselmomente. Ein Serienmörder geht um, der es auf Frauen abgesehen hat, die er vor dem Töten grausam foltert. Die Mordkommission ist ...

Dieser Thriller spielt in Kopenhagen und sorgt am laufenden Band für Gruselmomente. Ein Serienmörder geht um, der es auf Frauen abgesehen hat, die er vor dem Töten grausam foltert. Die Mordkommission ist mal wieder chronisch unterbesetzt und die ermittelnde Kommissarin Naia Thulin ist schon im Absprung zum Kommissariat für Cyberkriminalität. Der Neuzugang Mark Hess soll ihr zur Seite stehen, aber eigentlich bremst er nur die Ermittlungen. Er ist von Europol strafversetzt worden und seine ganze Energien steckt er in eine Rückkehr zu seinem alten Arbeitsplatz. Erst als er selbst eine heiße Spur entdeckt, kommt sein scharfer analytischer Verstand zum tragen und bringt die Lösung des Falls näher.

Bei jeder Leiche findet sich eine Kinderbastelei aus Kastanien, und auf diesen Kastanien befindet sich der Fingerabdruck eines entführten Mädchens, das schon lange für tot gehalten wird. Der Täter hat ein Geständnis abgelegt, nur die Leiche wurde nie gefunden. Durch diese neuen Spuren schöpfen die Eltern wieder Hoffnung und die Printmedien schlachten den Fall mit Begeisterung aus, was den Druck auf die Polizei nochmal steigert.

Der Täter jedenfalls ist mit der Arbeitsweise der Polizei bestens vertraut und ihr immer eine Nasenlänge voraus. Es dauert, bis man die Gemeinsamkeiten zwischen den Opfern herausfiltern kann und dann ist es fast zu spät, bis man die Zusammenhänge mit dem alten Entführungsfall versteht.

608 Seiten sind schon eine stattliche Anzahl, aber der Autor hält den Leser in atemloser Spannung. Die verschiedenen Protagonisten gewinnen schnell an persönlichem Profil, wobei ich sagen muss, dass mir beide Ermittler sehr, sehr unsympathisch sind. Thulin agiert ziemlich selbstherrlich. Ihre Zeugenbefragungen sind regelrecht unverschämt, so kann man nicht mit Leuten umgehen. Hess ist ein ignoranter Typ, der sehr von sich eingenommen ist, der sich nicht an Regeln halten will und nur sein eigenes Wohl im Sinn hat.

Nein, ich mag solche unsozialen Typen nicht als Helden der Geschichte, aber dennoch führt das hier nicht zum Punkteabzug, denn "Der Kastanienmann" hat mich rundum überzeugt.

Veröffentlicht am 05.08.2019

Ein alter Feind

Jagd auf die Bestie (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 10)
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Robert Hunter war nicht immer der durchtrainierte Profiler, sondern als Kind eher dünn und schüchtern. Dass sich das änderte, hat er seinem Zimmergenossen auf der Uni, Lucien Folter, zu verdanken, der ...

Robert Hunter war nicht immer der durchtrainierte Profiler, sondern als Kind eher dünn und schüchtern. Dass sich das änderte, hat er seinem Zimmergenossen auf der Uni, Lucien Folter, zu verdanken, der ihn unter seine Fittiche nahm, ihm Kampfkünste schmackhaft machte und sein Selbstbewusstsein aufbaute.

Doch Lucien mit seinem Superhirn entschied sich für die dunkle Seite. Er wollte eine Enzyklopädie der Psychopathie schreiben und zog systematisch mordend durchs Land. Alle Taten hat er dabei akribisch notiert.

Robert Hunter ist seine Ergreifung zu verdanken, aber Lucien blieb nur weniger als 4 Jahre hinter Gittern. Nun ist er wieder auf freiem Fuß und fordert Hunter zu einem nervenzerreißenden Kräftemessen heraus, das viele Menschen das Leben kostet.
Es ist beeindruckend, welche Finten und Geistesblitze der Autor Chris Carter diesem Psychopathen zuschreibt und ebenso fantastisch reagiert Hunter, doch leider hinkt er seinem ehemaligen Freund immer einen winzigen Moment hinterher.

Als Leser hält man praktisch die ganze Zeit die Luft an, so spannend sind die Abläufe, so unvorstellbar die Gedankenwelt eines irren Mörders.

Das Finale hält, was der Spannungsbogen all die Seiten schon versprochen hat, doch leider ist es in meinen Augen etwas an der Realität vorbei konstruiert. Trotzdem volle Punktzahl und klare Leseempfehlung an alle Thrillerfreunde mit starken Nerven.

Veröffentlicht am 25.07.2019

Tolle Fortsetzung

Am Ende der Schmerz
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Mit "Keiner hört dein Schweigen" bin ich in die Reihe um die Profilerin Andrea eingestiegen. Im Vergleich dazu bietet diese Folge "Am Ende der Schmerz" weniger Action und insgesamt auch weniger Grausamkeiten, ...

Mit "Keiner hört dein Schweigen" bin ich in die Reihe um die Profilerin Andrea eingestiegen. Im Vergleich dazu bietet diese Folge "Am Ende der Schmerz" weniger Action und insgesamt auch weniger Grausamkeiten, wenn man von dem schockierenden Familienmord einmal absieht. Es ist auch kein Buch, bei dem der Leser mit auf Mördersuche geht, denn der Täter kristallisiert sich schon recht bald heraus. Es ist vielmehr eine Reise durch die Untiefen eines kranken Hirns, eines Mannes mit einem übergroßen Ego ohne jegliches Mitgefühl. Andrea begibt sich auch diesmal in Lebensgefahr, weil das für sie die einzige Möglichkeit darstellt, der Wahrheit ans Licht zu helfen. Auch diese Art einen Thriller zu schreiben,sorgt für Gänsehautmomente, und durch viele familiäre Momente kommt man schnell zu einer persönlichen Beziehung zu den Akteuren. Für mich war dieses Buch feinste Thrillerunterhaltung!