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Veröffentlicht am 28.09.2019

Das Périgord im Jahreslauf

Brunos Gartenkochbuch
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Das Périgord im Südwesten Frankreichs, seit 1999 Heimat des schottischen Historikers und ehemaligen Guardian-Journalisten Martin Walker und dessen Ehefrau Julia Watson. Eine Region, die nicht nur das Herz ...

Das Périgord im Südwesten Frankreichs, seit 1999 Heimat des schottischen Historikers und ehemaligen Guardian-Journalisten Martin Walker und dessen Ehefrau Julia Watson. Eine Region, die nicht nur das Herz des historisch Interessierten sondern auch das jeden Gourmets höher schlagen lässt.

Die breite Masse der Krimileser ist mit dieser Gegend spätestens seit Walkers Kriminalromanen mit Bruno, dem sympathischen „Chef de Police“ aus Saint-Denis vertraut. Und wie Bruno scheint auch Martin Walker ein begeisterter Hobbykoch zu sein, das lassen zumindest nicht nur seine Krimis sondern auch „Brunos Kochbuch“ und aktuell „Brunos Gartenkochbuch“ vermuten.

Ausgehend von den vier Jahreszeiten führt uns der Autor anhand seines eigenen Gartens durch das Jahr, gibt Tipps zu Aussaat, Anbau, Ernte sowie zur Verarbeitung der Erzeugnisse zu köstlichen Gerichten. Und wenn der Ertrag dann doch höher als erwartet ausfällt, wird der Überschuss entweder konserviert, verschenkt oder mit den Nachbarn getauscht.

Wer das Périgord kennt, weiß auch, dass dessen Küche bodenständig ist, nicht durch besondere Raffinesse sondern die Qualität der Zutaten glänzt. Und genau das bringen Walker/Watson auch in ihren Rezepten zum Ausdruck, wobei dies aber nicht heißen soll, dass diese simpel und immer preiswert wären – im Gegenteil. Oft sind es die eher „unscheinbaren“ Zutaten, die aus einem einfachen Gericht ein kulinarisches Highlight machen. Man denke nur an diese hässlichen Knollen…schwarze Trüffel, nicht unbedingt die günstigste Zutat der Omelettes. Dazu kommt, dass der Einkauf mancher Zutaten wie z.B. Perlhuhn oder Fasan bei uns doch mit einigem Aufwand verbunden ist, denn nicht jeder hat ein Delikatessengeschäft vor Ort oder ist (wie wir) in der glücklichen Lage, in einer Autostunde das Elsass zu erreichen.

Frühling, Sommer, Herbst und Winter bilden das Gerüst für die Rezepte, deren Zubereitung detailliert und gut nachvollziehbar beschrieben wird, wobei allerdings ein gewissen Maß an Kochpraxis bereits vorhanden sein sollte. Und das eigene Resultat darf dann auch mit den professionellen Fotos, die natürlich nicht fehlen dürfen, verglichen werden.

„Brunos Gartenkochbuch“ ist zwar eine aufwendig gestaltete Rezeptsammlung in ansprechender Aufmachung, die sich an den Klassikern des Périgord orientiert und durch zahlreiche Textbeiträge des Autorenduos ergänzt wird, aber daneben ist es gleichzeitig und vor allem eine Liebeserklärung des Ehepaars Walker/Watson an ihre französische Wahlheimat. Auf alle Fälle ist es das ideales Geschenk, empfohlen für passionierte Gärtner, ambitionierte Hobbyköche, Krimiliebhaber und Frankreich-Fans.

Veröffentlicht am 15.09.2019

Spannender Auftakt einer neuen High Fantasy-Reihe

Der Untergang der Könige
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Ich lese selten Fantasy-Romane, wenn aber doch, dann muss es schon es schon High Fantasy und möglichst in mehreren Bänden angelegt sein. Letzteres Kriterium erfüllt Jenn Lyons mit ihrem auf fünf Bände ...

Ich lese selten Fantasy-Romane, wenn aber doch, dann muss es schon es schon High Fantasy und möglichst in mehreren Bänden angelegt sein. Letzteres Kriterium erfüllt Jenn Lyons mit ihrem auf fünf Bände angelegten „Chorus of Dragons“, von dem nun der erste Band mit dem Titel „Der Untergang der Könige“ in deutscher Übersetzung vorliegt.

Die Anleihen bei Patrick Rothfuss‘ „Königsmörder-Chronik“ sind offensichtlich. Hier wie dort gibt es einen Erzähler, in Lyons‘ Fall Kihrin, ein sechzehnjähriger Junge, eingesperrt in einen Kerker, der der Wärterin Klaue seine Geschichte erzählt.

Ein Niemand, aufgewachsen in den Slums, sich als Musiker und mit Diebstahl über Wasser haltend, der in eine abenteuerliche Geschichte gerät, die er sich in seinen kühnsten Träumen nicht hätte ausmalen können. Dass ein Habenichts eigentlich der verlorene Sohn eines alten Adelsgeschlechts ist, kommt in diesem Genre ja öfter vor, aber da hat Lyons für ihren Protagonisten noch einiges mehr zu bieten. Er zieht die obsessive Aufmerksamkeit eines Drachen auf sich, wird eines Teil seiner Seele beraubt und in die Sklaverei verkauft an die Schwarze Bruderschaft, die ihn für ihre Ziele einspannen will.

Die Zwiegespräche, zum einen aus der Ich-Perspektive Khirins, zum anderen die in der dritten Person erzählte Geschichte der Wärterin, sorgen für Abwechslung und Tempo, wecken die Neugier. Und es ist alles vorhanden, was man von einem Fantasy-Roman erwartet: jede Menge Action, Gestaltwandler, Mord, Folter, Dämonen, Götter, Drachen, Könige, dunkle Magie. Was mir allerdings gefehlt hat, waren interessante und starke Frauen, bisher leider nur Beiwerk, aber das kann ja noch kommen.

Veröffentlicht am 21.08.2019

In den Wäldern von Galloway

Sal
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Sal, die Protagonistin in Mick Kitsons gleichnamigem Debüt, ist ein dreizehnjähriges Mädchen, das zu früh erwachsen werden musste. Die Mutter eine Trinkerin, ihr Lebensgefährte ein Pädophiler, der sie ...

Sal, die Protagonistin in Mick Kitsons gleichnamigem Debüt, ist ein dreizehnjähriges Mädchen, das zu früh erwachsen werden musste. Die Mutter eine Trinkerin, ihr Lebensgefährte ein Pädophiler, der sie fünf lange Jahre missbraucht und nun ein Auge auf ihre kleine Schwester geworfen hat. Um diese zu schützen, tötet sie ihn, schnappt sich ihre Schwester und läuft mit ihr davon, denn ihre größte Angst ist es, in einer Pflegefamilie untergebracht und von Peppa getrennt zu werden, für die sie sich verantwortlich fühlt.

Die Wälder von Galloway bieten ihnen Schutz, und da Sal diesen Tag schon länger hat kommen sehen, ist sie auch bestens durch das Survival-Handbuch und Bear Grylls-Videos auf Youtube bestens vorbereitet. Einen Unterstand bauen? Kein Problem. Spuren lesen? Na klar. Tiere fangen, töten und zubereiten? Auch das bekommt sie hin. Und doch ist es manchmal gut, wenn ein freundlicher Erwachsener in einer kritischen Situation Hilfe und Unterstützung bieten kann. So wie Ingrid, die Aussteigerin, die weise Frau aus dem Wald.

„Sal“ ist ein schlichtes Buch (und das meine ich nicht abwertend), erzählt aus Sicht der Protagonistin und vereint verschiedene Elemente in sich. Zum einen ist es ein Zurück-zur-Natur-Roman, der das abenteuerliche Leben außerhalb der Zivilisation preist, zum anderen ist es aber vor allem eine anrührende Geschichte über Verantwortungsgefühl und Geschwisterliebe. Manchmal etwas zu altklug und in rosaroten Farben geschildert, dann aber auch wieder stark auf den realen Überlebenskampf der beiden Ausreißerinnen fokussiert.

Nachbemerkung: In Großbritannien leben 4,1 Millionen Kinder in Armut, und die Zahl steigt weiter. Und laut einer Statistik des NSPCC ist jedes zwanzigste Kind ein Missbrauchsopfer.

Veröffentlicht am 21.08.2019

Mord in Serie

Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle
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Stuart Turton bedient sich in seinem Erstling zwar der Elemente des klassischen englischen Kriminalromans, erweitert diese aber auf überraschende und vor allem erfrischende Art. Herausgekommen ist dabei ...

Stuart Turton bedient sich in seinem Erstling zwar der Elemente des klassischen englischen Kriminalromans, erweitert diese aber auf überraschende und vor allem erfrischende Art. Herausgekommen ist dabei eine „Und-täglich-grüßt-das-Murmeltier“ und „Cluedo“-Mischung aus Dorothy Sayers, Agatha Christie und Matrix.

Die Rahmenhandlung ist typisch britisch und auf den ersten Blick doch ziemlich altmodisch: Ein Maskenball auf dem herrschaftlichen Landsitz Blackheath der Hardcastles wird jäh durch einen Schuss beendet. Er galt Evelyn, der Tochter des Hauses, die kurz darauf tot aufgefunden wird. Wer war der Täter, und warum wurde sie getötet?

Aber zurück auf Anfang: Ein Ich-Erzähler irrt durch den Wald, der Blackheath umgibt und hört eine Frau um Hilfe schreien. Er hat keine Ahnung, wer er ist, warum er sich dort befindet und wer die Frau ist, die er später als Anna bezeichnet. Völlig verstört erreicht er das Herrenhaus, klopft an die Tür, wird eingelassen und erzählt sein Erlebnis. Man kennt ihn, er war dort zu Gast, aber niemand ist sonderlich überrascht oder interessiert daran, seine Geschichte zu hören. Äußerst seltsam, aber es wird noch mysteriöser. Eine maskierte Person setzt ihn davon in Kenntnis, dass demnächst ein Mord begangen wird, den er aufklären muss. Eine Woche hat er Zeit, um Licht ins Dunkel zu bringen. Dafür muss er tagtäglich in einer Zeitschleife diesen Tag immer wieder durchleben, jeweils in einem anderen Wirtskörper, um das Ereignis aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Und wenn er am letzten Tag den Namen des Mörders nicht nennen kann, wird alles, was er bis dahin in Erfahrung gebracht hat, aus seinem Gedächtnis gelöscht und das Spiel beginnt von vorne. Was er aber nicht weiß, es gibt noch andere Personen, die wie er in der Zeitschleife gefangen sind...

Das hört sich zwar jetzt recht simpel an, aber ich kann versichern, genau das ist dieser Kriminalroman bei weitem nicht. 600 Seiten mit fein ausgearbeiteten Charakteren und jeder Menge unerwarteter Wendungen, die nicht nur den Protagonisten sondern auch den miträtselnden Leser fast zur Verzweiflung bringen, aber auch mit jeder Menge Aha-Erlebnissen versorgen. Allerdings gibt es durch diese nicht lineare Erzählweise auch einige Wiederholungen, was wiederum zu Lasten des Tempos geht und etliche Längen, speziell im Mittelteil, generiert. Aber das verzeiht man diesem intelligenten Ratespiel, das eine frische Brise durch die Krimilandschaft wehen lässt, gerne.

Veröffentlicht am 13.08.2019

Das Ende

Geblendet
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Nach „Endgültig“ und „Niemals“ ist „Geblendet“ der finale Band der Trilogie mit Jenny Aaron, der Elite-Polizistin, die vor einigen Jahren durch einen Kopfschuss erblindet ist. Sich dennoch jeder Herausforderung ...

Nach „Endgültig“ und „Niemals“ ist „Geblendet“ der finale Band der Trilogie mit Jenny Aaron, der Elite-Polizistin, die vor einigen Jahren durch einen Kopfschuss erblindet ist. Sich dennoch jeder Herausforderung stellt. Aber jetzt gelangt sie an ihre Grenzen. Weiterhin blind sein oder die Therapie bei Reimers durchziehen? Auch dann, wenn sie dann ihre anderen Sinne verliert? Wenn sie nicht mehr mit der gewohnten Härte ihr Team unterstützen kann? Gerade jetzt, wo es so wichtig wäre, mit vollem Einsatz zu kämpfen?

Es sind diese Überlegungen, Abwägungen, die sehr viel Raum einnehmen. Ihre Zerissenheit. Dazu einiges an Erinnerungen an ihren Vater, der sie zu dem gemacht hat, was sie heute ist. An Rückblicke auf frühere Einsätze, bei denen sie Menschen verloren hat, die für sie Familie waren. Genau darum scheint es mir wichtig, die beiden Vorgängerbände gelesen zu haben, damit man verstehen kann, was Jenny Aaron umtreibt, Namen zuordnen und einordnen kann. Von Freunden und Feinden.

Der Stil ist wie immer perfekt, wie gewohnt. Allerdings kommt diesmal der Spannungsaspekt meiner Meinung nach etwas zu kurz. Der Autor lässt sich diesmal Zeit, macht Andeutungen, die zukünftige Auseinandersetzungen ahnen lassen. Streut Hinweise ein, gibt Fingerzeige auf Personen, die die Sondereinheit auflösen, zerstören wollen.

Jenny Aarons Geschichte ist auserzählt. Ein guter Thriller, aber nach meinem Dafürhalten der schwächste dieser Reihe.