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Veröffentlicht am 05.11.2019

Dunkle Vergangenheit

Der zehnte Gast
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Die Geschichte ist nicht neu, zehn Personen treffen in einem einsam gelegenen Hotel aufeinander, das durch einen Schneesturm von der Außenwelt abgeschnitten wird. Strom und Telefon sind tot, Handynetz ...

Die Geschichte ist nicht neu, zehn Personen treffen in einem einsam gelegenen Hotel aufeinander, das durch einen Schneesturm von der Außenwelt abgeschnitten wird. Strom und Telefon sind tot, Handynetz ist nicht vorhanden und während man sich darauf einrichtet den Sturm zu überstehen, stirbt einer der Gäste durch einen Treppensturz. Unfall, oder vielleicht doch nicht? Argwöhnisch stellen die verbliebenen Gäste Spekulationen an, verdächtig ist sofort der Verlobte der Toten, aber irgendwie hat nicht nur er etwas zu verbergen.

Der Krimi ist vom Thema und auch vom Aufbau her sehr klassisch angelehnt und erinnert mich besonders an die Geschichten von Agatha Christie, bei denen genau eine solche Situation oft den Auftakt für Mord bildet. Sich scheinbar völlig unbekannte Personen treffen aufeinander und das Unglück nimmt seinen Lauf.

Die Autorin führt ihre Figuren nacheinander in die Geschichte ein, Näheres über jeden Einzelnen erfährt der Leser dann im weiteren Verlauf. Beim Hintergrund der Figuren beschränkt sie sich dabei auf Dinge, die für den Charakter der Figur wichtig sind und Einfluss auf die Geschichte haben. Es gelingt ihr gut Bilder und Gefühle zu erzeugen, dem Leser die Stimmung im eingeschneiten Hotel nahezubringen. Der Leser wird in die Tätersuche eingebunden, erhält aber nur die gleichen Infos wie die Gäste des Hotels.

Etwas gewöhnungsbedürftig empfand ich die Sichtweisen aus denen die Geschichte erzählt wird. Die Autorin lässt jede Figur aus ihrer eigenen Sicht abwechselnd zu Wort kommen.Der Sprung zwischen den Erzählern ist oft sehr rasant und gerade wenn man das Buch mal zur Seite gelegt hat, muss man erstmal wieder zuordnen, wer gerade redet. Bedingt dadurch liest man eine Situation oft aus mehreren Blickwinkeln, was aber bei mir nicht dazu beigetragen hat, den Täter leichter zu ermitteln. Die Aufklärung der Morde war dann am Ende auch weniger Kombination, sonder eher dummer Zufall und das war mir dann doch etwas plump.

Klassischer handfester Krimi.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Idee
  • Geschichte
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 29.10.2019

Wie weit darf Zivilcourage gehen

Tödlicher Halt
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Jeder von uns hat mit Sicherheit schon einmal darüber nachgedacht, wie er sich verhalten würde, wenn er mitbekommt, dass jemand angegriffen wird. Würde man selbstlos, ohne nachzudenken Eingreifen und helfen, ...

Jeder von uns hat mit Sicherheit schon einmal darüber nachgedacht, wie er sich verhalten würde, wenn er mitbekommt, dass jemand angegriffen wird. Würde man selbstlos, ohne nachzudenken Eingreifen und helfen, oder würde man eher wegsehen und passiv bleiben. Ich könnte jetzt natürlich behaupten, ich würde sofort helfen, aber letztendlich weiß ich nicht, wie ich mich verhalten würde, ob ich mutig wäre, oder die Angst am Ende siegt.

Für zwei Studenten auf der Suche nach einem Imbiss wird eine solche Situation Realität, während sie mit dem Wirt eines türkischen Lokals beim Bier sitzen, stürmt ein Trupp Neonazis die Gaststätte, bewaffnet mit Basballschlägern und einer Leuchtpistole, aus ihren Absichten machen sie keinen Hehl. Die Jungs haben nun die Wahl, wegsehen und abhauen, oder helfen. Die Jungs entscheiden sich zu helfen und am Ende gibt es ein Blutbad.

Der Autor verlegt die Handlung seines Krimis in die Zeit nach der Wende, spricht aber ein Thema an, dass auch derzeit noch aktuell ist, denn Übergriffe auf Ausländer gibt es immer wieder. Ein grundlegender Aspekt der Geschichte ist nun die Zivilcourage, die die zufällig vor Ort anwesenden Studenten mit ihrem Eingreifen gezeigt haben. Der Autor stösst eine Diskussion darüber an, in wie weit ihr Verhalten angemessen war, ob der Einsatz von Waffen gerechtfertigt gewesen ist, ob sie für ihr Verhalten eine Bestrafung, oder eher einen Orden verdient haben. Selbst der ermittelnde Beamte ist sich da nicht so sicher.

Das Buch liest sich gut weg. Der beschriebene Angriff erfolgt sehr rasant zu Beginn der Geschichte, daher verläuft der Mittelteil eher etwas ruhiger. Der Leser verfolgt die Ermittlungen der Polizei und wie die beiden Studenten das Geschehene verarbeiten. Gerade bei der Ermittlungsarbeit kommt dem Kommissar des öfteren der Zufall zu Hilfe, für meinen Geschmack aber fast schon zu oft. Zum Ende hin nimmt die Geschichte nochmal buchstäblich Fahrt auf, der Autor gibt seiner Geschichte einen Abschluss, der nicht unbedingt meins ist, aber dazu beiträgt, über die Geschehnisse über das Ende hinaus nachzudenken. Letztendlich ein guter Schachzug!

Veröffentlicht am 25.10.2019

Ein exzessives Leben

Die Dame hinter dem Vorhang
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Dame Edith Sitwell, eine britische Dichterin, mir bis dato völlig unbekannt, wird in diesem Roman vorgestellt. Ihr sehr extremes, exzentrisches Leben wird erzählt durch ihre fiktive Vertraute Jane. Jane's ...

Dame Edith Sitwell, eine britische Dichterin, mir bis dato völlig unbekannt, wird in diesem Roman vorgestellt. Ihr sehr extremes, exzentrisches Leben wird erzählt durch ihre fiktive Vertraute Jane. Jane's Mutter, die Gärtnerstochter, wurde ungewöhnlicher Weise zu einer guten Freundin der kleinen Edith, die keine schöne Kindheit auf dem großen Familienanwesen hatte. Schon damals ist klar, dass das Kind polarisiert und so völlig anders ist, als von den Eltern und der Gesellschaft erwartet.

Der Roman beginnt mit einem Blick auf die gealterte, zerbrechliche Dame, springt dann in die bereits erwähnten Kindheit der Dichterin. Von der gefühlskalten Mutter abgelehnt, dem Vater nicht hübsch genug um später einmal eine passable Ehefrau abzugeben, flüchtet sich das Kind in ihre Phantasie und die Literatur, die fortan ihr Leben bestimmen wird. Dann ein großer Sprung von vielen Jahren mitten in das Leben der Autorin in London.
Die Geschichte wechselt nun immer wieder in verschiedenen Zeitebenen, die zeigen das Leben der alten Dame und wie sie in ihren Erinnerungen schwelgt. Es wird deutlich wie extravagant, exzessiv, kompromisslos Edith immer gelebt und geliebt hat, teils bis zur Selbstaufgabe.

Das Buch bringt dem Leser eine längst vergangene Zeit, mit ihren längst überholten Ansichten näher. Die Autorin vermag einen geschickt vergessen lassen, dass es die Bekanntschaft der beiden Frauen nie gegeben hat. Sie beschreibt sehr einfühlsam das Seelenleben ihrer berühmten Protagonistin, zeigt dabei ihre sensible, aber auch ihre tyrannische Seite, bleibt aber doch eher an der Oberfläche. Sie bringt dem Leser eine kontroverse Frau näher, die ihrer Zeit voraus wahr und der der kommerzielle Erfolg und die damit verbundene Unabhängigkeit verwehrt blieb.

Das Buch ist natürlich nicht als Biografie zu verstehen, dafür sind die Ausschnitte aus dem Leben einfach zu willkürlich und unzusammenhängend gewählt. Der Leser bekommt aber einen Einblick und kann so entscheiden, ob er gern mehr über die interessante Persönlichkeit der Dame Edith Sitwell, der Dame hinter dem Vorgang erfahren möchte.

Veröffentlicht am 18.10.2019

Geheimnisse

Worüber wir schweigen
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Sandkastenfreundschaften sind etwas sehr besonderes, ein Mensch, mit dem man durch dick und dünn geht, dem man alle seine Wünsche und Geheimnisse anvertraut, der immer für einen da ist, den man bis ins ...

Sandkastenfreundschaften sind etwas sehr besonderes, ein Mensch, mit dem man durch dick und dünn geht, dem man alle seine Wünsche und Geheimnisse anvertraut, der immer für einen da ist, den man bis ins hohe Alter an seiner Seite hat.
Eine solche Freundschaft verbindet Nina mit Mel, die beiden so völlig verschiedenen Mädchen sind bald unzertrennlich, passen aufeinander auf und teilen alles miteinander. Aber der Schein trügt. Die sanftmütige Mel wird von der starken Nina geschickt manipuliert und zu ihrem Vorteil ausgenutzt, wobei sich Nina der Macht, die sie über Mel und die Menschen in ihrer Umgebung hat, anscheinend gar nicht bewusst ist.
Als Mels Freund bei einem Unfall ums Leben kommt, bekommt die Freundschaft Risse und die Wege der Mädchen trennen sich. Nun ist Nina zurück in ihrer Heimat und sucht Kontakt zu ihrer alten Clique.

Die Beziehungen der Figuren werden in verschiedenen Zeitebenen, jeweils aus der Sicht der verschiedenen Figuren erzählt. Die Geschehnisse bekommen so verschiedene Blickwinkel und mehr Tiefe. Der Leser kann so tiefer in das Seelenleben der einzelnen Personen eintauchen und ihren Anteil an der Geschichte nachvollziehen.Allerdings muss man sich anfangs sehr konzentrieren, um bei den verschiedenen Zeiten den Überblick zu behalten.

Die Geschichte ist als Thriller angelegt, hat für mich aber nur wenig Thrillerelemente zu bieten. Die Spannung, zu erfahren, was damals tatsächlich passiert ist, ist zwar vorhanden, bleibt aber über die gesamte Länge des Buches hin fast konstant. Ab einem gewissen Punkt sind dem Leser die groben Geschehnisse klar, mit den Details schafft es die Autorin aber dann doch mich zu überraschen.
Die Figuren verstehen Emotionen zu wecken, ihr Handeln bleibt aber trotzdem oft nicht zu hundert Prozent nachvollziehbar.

Ich kenne den Stil der anderen Bücher der Autorin nicht. Dieses Buch hier fällt für mich aber eindeutig nicht in die Kategorie Thriller, da bin ich anderes gewöhnt. Ich wehrte das Buch eher als Psychodrama, die Einblicke in die Psyche der Protagonisten, ihre Seelenqualen werden erzählerisch dicht aufgearbeitet. Ein Buch für alle, die hinter die Fassade blicken wollen.


Veröffentlicht am 18.09.2019

Kein Ratgeber

Achtsam morden
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Ich bin Fan von schwarzem Humor, gern auch in Krimis und dieses Buch schöpft in dieser Hinsicht aus dem Vollen.

Wir begleiten Anwalt Björn, der zu Anfang als ziemliches Ekel rüberkommt, wie er die Arbeit ...

Ich bin Fan von schwarzem Humor, gern auch in Krimis und dieses Buch schöpft in dieser Hinsicht aus dem Vollen.

Wir begleiten Anwalt Björn, der zu Anfang als ziemliches Ekel rüberkommt, wie er die Arbeit in einer Anwaltskanzlei über seine Familie stellt. Erst als seine Frau ihn zu einem Therapeuten zwingt, um die Beziehung zu retten, kommt er ins Grübeln und findet sogar Gefallen an den Achtsamkeitsübungen. Schnell verinnerlicht er dieses Verhalten und verändert sein Leben von Grund auf.
Was hat das nun mit einem Krimi zu tun? Nun, wenn durch eine seiner Achtsamkeitsübungen ein krimineller Klient zu Tode kommt und Björn nun dessen Geschäfte übernehmen muss, ziemlich viel.

Der Autor beschreibt Björns Dilemma mit so viel Ironie und Witz, dass man beim Lesen das Schmunzeln nicht aus dem Gesicht bekommt. Herrlich böse und manchmal skurril verläuft die Geschichte, wobei es ganz wichtig ist, das Ganze nicht allzu ernst zu nehmen, Björns Handeln wir stark überspitzt dargestellt. Natürlich sind die Dinge die Björn da treibt verwerflich und ausserhalb jeglicher Legalität, es macht aber so viel Spaß ihm bei seinem Tun zuzusehen.

Im Buch begegnen wir den verschiedensten Figuren und manche sind echte Kotzbrocken, viele von ihnen machen aber im Verlauf der Geschichte eine erstaunliche Wandlung durch und werden einem sogar sympatisch.

Jedem Kapitel ist ein Spruch aus dem fiktiven Achtsamkeitsratgeber von Björns Therapeuten vorangestellt. Einige dieser Ratschläge, nach denen Björn fortan sein komplettes Handeln ausrichtet, sind grenzwertig, wenn es zum Beispiel und Lügen geht. Andere sind durchaus brauchbar und überlegenswert. Wenn Björn sich sein Handeln damit schönredet, wird es auch schon mal grenzwertig und manchmal ist die Stimmung im Buch kurz davor zu kippen. Der Autor schafft es aber immer wieder die Balance zu finden, damit das Buch nicht ins Absurde abdriftet.

Das Buch ist natürlich kein Ratgeber, ein klassischer Krimi eigentlich auch nicht, aber das ist egal. Ich wurde gut unterhalten und hatte Spaß, eine Fortsetzung brauche ich allerdings nicht, das wäre dann to much. Aber natürlich würde ich gern mehr von Autor lesen.