Profilbild von MissDaisy

MissDaisy

Lesejury Star
offline

MissDaisy ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit MissDaisy über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.09.2019

Im Leben ist nicht nur Sommer

Bratapfel am Meer (Neuauflage)
0

Caro richtet sich nach ihrer gescheiterten Ehe gerade in ihrem Leben neu ein. Als Intensivkrankenschwester ist sie gewohnt, dass Patienten sterben, doch Elfriede Fischermann war eigentlich wieder auf Normalstation ...

Caro richtet sich nach ihrer gescheiterten Ehe gerade in ihrem Leben neu ein. Als Intensivkrankenschwester ist sie gewohnt, dass Patienten sterben, doch Elfriede Fischermann war eigentlich wieder auf Normalstation verlegt worden und soweit gesund. Kurz vorher hat sie Caro gebeten, ihre Halskette zurück zu ihrer großen Liebe nach Juist zu bringen. Da Caro dringend eine Auszeit braucht, nutzt sie die Tage nach den Weihnachtsfeiertagen für einen Urlaub auf Juist. Dort ist es weniger ruhig, als sie dachte, und sie kommt zu völlig unerwarteten Erkenntnissen …

Die Juist-Bücher von Anne Barns sind zauberhaft, leicht und voller Leben. Sie spielen im Sommer. Da ist die Stimmung natürlich heller. Diesmal führt sie uns im Winter auf die Zauberinsel. Passend zu Kälte und Sturm sind hier auch die Themen dunkler und schwerer, dennoch hat mir das Buch wieder sehr gefallen. Traurigkeit und Probleme gehören zum Leben dazu – es kommt aber darauf an, wie man damit umgeht und sie verarbeitet. Genau das lässt uns die Autorin mit Caro, Max und den Inselbewohnern erleben und erkennen.

Manche Stellen waren nicht so ganz mein Geschmack, mir etwas zu drüber, doch insgesamt passt wieder alles prima zusammen. Rätsel lösen sich mehr oder weniger von selbst auf, der Inselfunk arbeitet großartig, die Stärken und Schwächen der Menschen gleichen sich aus und mit Einstein, Caros Hund, kommt auch der Tierfreund nicht zu kurz. Die neuen Figuren haben Ecken und Kanten, sind also „aus dem Leben gegriffen“. Besonders schön war es auch, die „alten Bekannten“ wiederzutreffen und festzustellen, dass man sie sofort wieder erkannt hat. Wunderbar, wie Anne Barns ihre Romanfiguren gleichzeitig immer wieder sie selbst sein lässt, ihnen aber auch eine Weiterentwicklung zugesteht und ermöglicht.

Mag sein, dass ich alt und melancholisch werde, aber ich habe an vielen Stellen lachen, aber auch Tränen kullern lassen können. Obwohl ich nicht der typische „Frauenbuchleser“ bin, fühle ich mich mit diesem Buch wieder sehr wohl. Es lässt sich gut und leicht lesen, also genau richtig, um ein bisschen zu entspannen. Dennoch gibt es hier und da kleine Lebensweisheiten mit auf den Weg und regt zum Nachdenken an. Das mag ich sehr!

Wunderbar auch wieder die Rezepte am Ende des Buches. Darauf und darüber freue ich mich jedes Mal. Diesmal gibt es noch einen besonderen Bonus: Im Buch sind drei Texte von Songs des Duos SCHEER zu finden. Es lohnt sich, die Songs auch wirklich zu hören. Sie gehen ans Herz, sind aber traumhaft schön.

Irgendwann wird Juist wohl rettungslos überfüllt sein, denn Anne Barns weckt im Leser die Sehnsucht nach der Insel und deren unvergleichlichen Bewohnern. Man will sich einfach unbedingt vor Ort ein Bild darüber machen.

Kurz und knapp – „Bratapfel am Meer“ ist anders, als seine Vorgänger. Aber es geht ganz tief unter die Haut und hallt trotz seiner Leichtigkeit insgesamt auch nach. Dafür gebe ich fünf Sterne.

Veröffentlicht am 25.09.2019

Horror-Roman vom Feinsten!

Kill Creek
0

Das Finch-House in Kill Creek ist als Geisterhaus bekannt. Es hat eine düstere Aura und niemand will es mehr haben. Der Mann, der es erbaut hat, wurde aufgrund seiner Liebe zu einer ehemaligen Sklavin ...

Das Finch-House in Kill Creek ist als Geisterhaus bekannt. Es hat eine düstere Aura und niemand will es mehr haben. Der Mann, der es erbaut hat, wurde aufgrund seiner Liebe zu einer ehemaligen Sklavin ermordet und musste zuvor zusehen, wie sie geschändet und getötet wurde. Die beiden Finch-Schwestern, die das Haus kauften und erhileten, lebten komplett zurückgezogen. Und dann ist da noch diese seltsame Mauer mitten im Haus. Für Wainwright ist all dies die optimale Kulisse, um vier der besten Schriftsteller des Horrorgenres an Halloween genau hier zusammenzubringen und zu interviewen. Doch er hat nicht mit den Mächten des Hauses gerechnet …

Das Buch fängt sehr gemächlich, aber nicht uninteressant an. Der Leser lernt die einzelnen Figuren kennen, erfährt ein wenig von ihren kleinen Geheimnissen und Schwächen und überlegt insgeheim, welcher bekannte Autor da wohl gemeint sein könnte. Dieser Trick ist Scott Thomas echt prima gelungen. Der Leser muss nämlich durchhalten. Es kommt der Punkt, an dem man sich fragt, wo hier die Parallelen zu „The Shining“ sein sollen und wieso Autor und Buch so hoch gelobt werden. Tja, und genau dann fängt es an! Geduld wird hier belohnt und irgendwann macht alles einen Sinn.

Ich habe mich an vielen Stellen enorm an Stephen King erinnert gefühlt. Das liegt nicht nur am Haus, sondern an ganz vielen kleinen Zeichen. Fast könnte ich glauben, dass der Meister des Horrors sich zu seinem 72. Geburtstag selbst ein Geschenk gemacht und wieder ein Alter Ego erfunden hat, wie zu Zeiten Richard Bachmanns. Schon allein das Haus auf dem Cover – es ist so typisch King! Doch ob das nun so wäre oder nicht – wenn Scott Thomas drauf steht, werde ich beim nächsten Buch auch wieder zugreifen, denn die Story ist super gelungen und ich bin gekonnt an der Nase herumgeführt worden.

Man merkt es nicht gleich, aber am Ende ergeben viele, unendlich viele Puzzleteile ein Bild, das den Atem raubt. Ich liebe es, wenn ich am Ende denke, das hätte ich schon am Anfang sehen und erkennen müssen – genau das passiert hier. Noch dazu krönt Scott Thomas sein Buch mit einem gelungenen, runden und noch dazu genialen Ende.

Die einzelnen Figuren sind Thomas so gut gelungen, dass man meint, sie zu kennen. Jede hat ihren eigenen inneren Dämon und Thomas schafft es, sich nicht zu wiederholen oder langweilig zu werden. Nichts ist überspannt, alles logisch und in sich stimmig. Die Parallelen zum „Overlook Hotel“ und teils auch zu „Es“ sind erkennbar, dennoch empfinde ich die Story nicht als nachgemacht. Im Gegenteil, sie ist runder und realer, sie ängstigt deshalb noch mehr.

Ich hatte großartige Lesestunden mit „Kill Creek“ und warte nun, ob es weitere Bücher von Scott Thomas geben wird und er dieses Level halten (oder gar toppen) kann. Zeitweise dachte ich, das wird ein vier-Sterne-Buch, aber am Ende wusste ich, warum der Anfang so war, wie er nun mal ist. Deshalb gebe ich die vollen fünf Sterne!

Veröffentlicht am 19.09.2019

Hexen will gelernt sein!

Green Witch
0

Elisabeth Aurora Vermeer bekommt an ihrem 12. Geburtstag Besuch von 12 Hexen – das ist in ihren Kreisen normal, denn sie ist eine Junghexe und an diesem Tag wird bestimmt, zu wem Lizzy in die Ausbildung ...

Elisabeth Aurora Vermeer bekommt an ihrem 12. Geburtstag Besuch von 12 Hexen – das ist in ihren Kreisen normal, denn sie ist eine Junghexe und an diesem Tag wird bestimmt, zu wem Lizzy in die Ausbildung geht. Sie selbst möchte zu gern zu Ava, der jungen Wasserhexe, aber der Rat beschließt, sie muss zu Camilla, ihrer Großtante, und Kräuterhexe werden. Lizzy bekommt ein außergewöhnliches Ausbildungsgeschenk und nur dies und die Tatsache, dass ihre beste Freundin Stina sie die ersten Tage begleiten darf, trösten sie über die Enttäuschung hinweg. Doch dann entwickelt sich alles völlig anders, als Lizzy dachte und das größte Abenteuer ihres Lebens beginnt …

Andrea Russo ist eine im wahrsten Sinne bezaubernde Geschichte gelungen. Die Figuren, ob Kinder oder Erwachsene, hat sie glaubwürdig aufgebaut und ihnen unverwechselbare Charakterzüge gegeben. Es fällt leicht, sich die einzelnen Personen vorzustellen.

Die Sprache ist kindgerecht, aber nicht platt oder billig. Auch sind die Sätze nicht zu schlicht und einfach, sondern schon ein Stückchen weit anspruchsvoll. Besonders schön aber ist die Message, die sich im Buch versteckt – anders sein ist keine schlechte Sache und in sich zwei Veranlagungen zu haben kann ein Vorteil sein, es ist kein Grund zur Ausgrenzung. Das finde ich enorm wichtig und hier extrem gut gelungen.

Der Verlauf der Geschichte ist logisch und spannend zugleich. Immer wieder schenkt die Autorin den Lesern (ob jung oder alt – man ist einfach gefesselt!) Überraschungsmomente. So viele wunderbare Ideen und erfrischende Einfälle findet man hier! Nichts ist abgedroschen oder schon zigmal dagewesen. Zudem schafft Andrea Russo es, die Geschichte in unserer Zeit passen zu lassen und ohne neue Welten auszukommen. Fantasy-Elemente sind mit den Hexen und ihren Fähigkeiten vorhanden, aber eben nicht „aus der Welt“, sondern in unsere Zeit und Gegenwart integriert. Das gefällt mir sehr gut.

Ohne das Ende vorwegnehmen und verraten zu wollen, möchte ich Autorin und Verlag ganz dolle bitten, so schnell wie möglich den nächsten Band zu veröffentlichen, denn eines ist klar: Hier darf noch lange nicht Schluss sein! Lizzy, Stina und Tim eignen sich wunderbar für eine Serie, ebenso die Hexentanten und Lizzys Eltern. Auch wenn die Geschichte in sich abgeschlossen ist, gibt es noch viel zu erzählen und zu erleben. Ansätze dafür sind reichlich vorhanden. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass „Green Witch“ das neue „Hanni und Nanni“ oder „Fünf Freunde“ werden kann und nicht nur Mädchen in ihrer Kindheit und Jugend begeistern wird. Ich gebe alle Sterne, die greifbar sind!

Veröffentlicht am 17.09.2019

Die dunklen Seiten und Zeiten

Wir gegen euch
0

In Björnstadt brodelt es. Seit einem üblen Vorfall sind die Bewohner zwiegespalten. Auch in Hed wird Stimmung gegen den einen oder anderen gemacht und nichts ist mehr so, wie es einmal war. Kaum jemand ...

In Björnstadt brodelt es. Seit einem üblen Vorfall sind die Bewohner zwiegespalten. Auch in Hed wird Stimmung gegen den einen oder anderen gemacht und nichts ist mehr so, wie es einmal war. Kaum jemand lebt sein Leben noch wie zuvor. Und alles gerät immer mehr ins Rutschen. Doch ohne Zusammenhalt gehen alle unter. Also muss etwas geschehen und so kommt es, dass ungewöhnliche Methoden genutzt werden, um zu retten, was unrettbar erscheint …

Der Stil ist ganz so, wie man das von Backman kennt. Leicht zu lesen, ganz unkompliziert und direkt. Aber er packt so viel zwischen die Zeilen, sogar zwischen die Worte, dass daraus schwere Kost entsteht, die ganz entsetzlich tief unter die Haut geht und den Leser mehr entsetzt, als der blutigste Psychothriller es vermag. Nein, das Buch liest sich nicht mal eben so weg. Es fordert. Es stellt den Leser auf eine harte Probe. Es belastet. Und all das ist der Grund dafür, warum es so gut ist.

Aber was soll man anderen Lesern über dieses Buch erzählen? Es steckt so voller Themen, die uns in unserem eigenen Leben immer und überall begegnen und ist so einfach brandaktuell. Aber es rührt eben stark in den Wunden. Lichte, fröhliche Momente gibt es diesmal wenige, dennoch strahlen die dann umso heller. Und obwohl das Buch wirklich extrem düster ist, gibt es dennoch Hoffnung und Kraft. Das schafft Backman, wie kein anderer.

Für mich ist dieses Buch ein Zerrspiegel unserer Gesellschaft, der viele Konflikte aufzeigt und verstärkt wiederspiegelt. Es zeigt uns, wie nahe wir tagtäglich an der großen Katastrophe vorbeischliddern und dass wir immer nur das sehen, was wir sehen wollen, unsere Komfortzone nur ungern verlassen und uns wundern, wenn die Dinge gar nicht so sind, wie wir glaubten – weil wir immer nur unseren eigenen Blickwinkel als Maßstab anerkennen.

Dieses Buch verletzt, es reißt aus der Traumwelt, es erschüttert. Und genau das braucht man ab und zu. Bequem ist es nicht und es hat lange gedauert, bis ich es fertig gelesen hatte, denn so nebenbei liest man dieses Buch auf keinen Fall. Und dennoch – oder gerade deshalb – gebe ich die vollen fünf Sterne. Aber bitte, Herr Backman – schreiben sie mal wieder ein „helleres“ Buch. Ihr Humor ist so schön und man fand (verständlicherweise) so wenig davon in diesem Buch.

Veröffentlicht am 08.09.2019

Ich liebe diesen Humor!

Du bleibst mein Sieger, Tiger
0

Dieses Bch sollte jede/r über Vierzig unbedingt kaufen und lesen bzw. hören! Es ist urkomisch, obwohl gar keine Witze erzählt werden, sondern der ganz normale Alltagswahnsinn dargestellt wird. Jawohl, ...

Dieses Bch sollte jede/r über Vierzig unbedingt kaufen und lesen bzw. hören! Es ist urkomisch, obwohl gar keine Witze erzählt werden, sondern der ganz normale Alltagswahnsinn dargestellt wird. Jawohl, irgendwann sind die Namen der „Stars“ nur noch böhmische Berge und man ist entsetzt, wenn man seine eigenen Jugendhelden heute sieht – sie sind natürlich ebenso älter geworden, wie man selbst.

Das ganze Leben hat schöne und lustige Seiten – vom „Alter“ aus gesehen, ist die Jugend genauso witzig und komisch, wie die Jugendlichen die „Alten“ sehen. Aber meist vergisst man das und jammert der verlorenen, vergangenen Jugend nach. Leo und Gutsch erinnern daran und das so wunderbar selbstironisch, dass man immer wieder laut auflachen muss. Wer Ende 40/Anfang 50 ist, wird das Buch besonders genial finden, denn dann kann man viele Anspielungen auf die Jugend in den 80ern am besten verstehen.

Man erkennt sich einfach immer wieder selbst. Und erkennt, dass wir uns alle gar nicht so groß unterscheiden und uns das Leben gern selbst schwer machen. Wir nehmen nicht die Dinge wichtig, die uns wichtig sind – sondern die, von denen wir glauben (!), dass sie für andere (!) wichtig sind. Und dazu gibt es unzählige Beispiele!

Die Story über Hackfleisch ist einfach unfassbar witzig. Und nicht nur die – aber sie ist quasi stellvertretend für alle das Paradebeispiel. Wunderbar und genial, wie hier ein Thema ans andere gereiht ist und es immer quasi nahtlos passt. Und Themen gibt es viele – da erkennt sich echt jeder irgendwo wieder. Ein bisschen trifft hier Heinz Ehrhardt auf Ephraim Kishon, gewürzt mit einer Prise Otto und etwas Robert Gernhardt. Wunderbar! Und das verstehen wohl auch nicht allzu viele unter Vierzig …!

Ja, hier erzählt ein männlicher Ich-Erzähler und die Autoren sind Männer. Aber ich als Frau finde, sie machen das wunderbar und noch dazu so, dass wir Frauen sehr wohl mit und über sie lachen können und dürfen – und das dann auch bitte über uns selbst können müssen. So anders als sie benehmen wir und nämlich auch nicht. So! Sind wir doch mal ehrlich! Und ja, wir Frauen lieben unsere Männer auch dann, wenn sie in die Alterspubertät kommen. Sie bleiben unsere Sieger. Ich fühle mich total verstanden und freue mich über diese Entdeckung (des Buches) – dafür gebe ich fünf Sterne!