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Veröffentlicht am 26.09.2019

Sogwirkung auf Abwegen

Schere, Stein, Papier
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Naja Marie Aidt hat mit "Schere, Stein, Papier" einen Roman geschrieben, von dem ich sehr viel erwartet habe. Eine Geschichte über die Bruchstellen des Lebens umgeben von verschiedenen Beziehungen bis ...

Naja Marie Aidt hat mit "Schere, Stein, Papier" einen Roman geschrieben, von dem ich sehr viel erwartet habe. Eine Geschichte über die Bruchstellen des Lebens umgeben von verschiedenen Beziehungen bis hin zur Verletzlichkeit des Einzelnen.
"Er fühlt sich wieder verfolgt, wie immer, aber diesesmal weder von Zombies noch von seinem Vater. Jetzt ist es ein Mädchen mit schwarzen Augen und langen glänzenden Haaren, das auf ihre Knie hinabblickt. Jetzt ist es er selbst."
Alles beginnt mit dem Tod von Thomas O'Mally Lindströms Vater. Dieser war kein Unschuldsengel, denn aufgrund eines oder gar mehrerer Coups saß er im Gefängnis. Thomas hatte schon in seiner Kindheit nichts mehr von ihm wissen wollen. Er wurde geschlagen und seitdem war sein Vater für ihn gestorben. Auch seine Mutter verlor er bereits recht früh an Brustkrebs. Einzig seine Schwester, der er das Leid in der Kindheit erspart hatte, hing sehr an ihrem Vater, an ihrem Bruder, ihrer eigenen Tochter. Generell scheint sie sehr anhänglich zu sein und so ist für sie auch skurrilerweise gerade der kaputte Toaster des Verstorbenen von enormer Bedeutung. Obwohl sie beide das Erbe ausgeschlagen haben, statten sie der ehemaligen Wohnung des Vaters einen Besuch ab. Doch diese wurde aufgebrochen. Irgendjemand hat etwas gesucht. Und als Thomas etwas später von seiner Schwester gebeten wird den Toaster zu reparieren, wird ihm auch klar was. Denn nach dem Aufschrauben macht er eine überraschende Entdeckung - ein Bündel Geldscheine eingepackt in Alupapier. Er behält es für sich, versteckt es und verliert nach und nach den Halt. Der Tod und das Geld scheinen wie ein Fluch. Er sieht in allem und jedem das Schlechte, will Gutes über seinen Vater nicht wahr haben und in ihm entfachen sich stets neue Aggressionen. Er ist nicht mehr er selbst und dann verliert beinahe alles.
"Du brauchst keine Angst zu haben. Da ist nichts mehr, was dir Angst machen kann. Es ist vorbei. Er ist tot, alles ist vorbei. Wir können ganz beruhigt sein."

Die Süddeutsche Zeitung weist diesem Roman eine "beklemmende Eindringlichkeit" zu, doch weder diese noch irgend ein Highlight konnte ich hier finden. Es begann irgendwie schon recht stockend mit den verschiedenen Protagonisten und den ständigen Dialogen. Nach einer Weile kam ich zwar 'rein' und Unverständnis und Ablehnung gegenüber Thomas O'Maly Lindströms Haltung stieg in mir auf und hat mich eigentlich immer mehr am Weiterlesen gehindert. Auch die fehlende Spannung und das eher Langatmige der Erzählung selbst, hat es mir in diesem Fall wahnsinnig schwer gemacht. Zwischenzeitlich habe ich das Buch unterbrochen und etwas anderes gelesen und dann erneut probiert in diese Geschichte einzusteigen, doch es blieb bei einer vielleicht ganz guten Grundidee in einem sehr langweiligen Kontext. Erst im letzten Drittel nimmt alles langsam Fahrt auf und genau das war für mich dann auch etwas zu spät und dann letztendlich da auch wieder zu viel. Die Time spricht von universellen Gefühlen, die zum Ausbruch kommen... Gut, selbst Langeweile ist ein Gefühl, Fassungslosigkeit und Unverständnis eher ein Zustand. Ich wurde mit diesem Roman leider nicht warm und umso länger ich darüber nachdenke, umso schwieriger wirkt er auch. Und so gerne ich an dieser Stelle Begeisterung zeigen möchte, umso weniger fällt mir dazu ein. Sehr schade.

Veröffentlicht am 23.09.2019

Drei Frauen. Ein Mann. Ein Schicksal?

Drei
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"Drei" von Dror Mishani ist eigentlich ein Roman über den man so gar nichts verraten darf. Das Problem besteht nämlich darin, dass winzige Informationen, die Faszination wie eine Seifenblase zerplatzen ...

"Drei" von Dror Mishani ist eigentlich ein Roman über den man so gar nichts verraten darf. Das Problem besteht nämlich darin, dass winzige Informationen, die Faszination wie eine Seifenblase zerplatzen lassen könnten. Und doch möchte ich nun darüber reden, "Drei" enthält und kann dann doch vieles, hat mich allerdings so gar nicht begeistert.

Im Großen und Ganzen ist es die Geschichte dreier Frauen. Frauen, die unterschiedlicher nicht sein können und doch etwas gemein haben. Sie alle haben gerade ein Schicksal zu verkraften, eine Wendung im Leben hinter sich gelassen oder Angst vor dem was kommt.
Und gerade für ihr Leben, ihre Gefühlswelt und ihre Bedenken hat Mishani großartige Welten geschaffen, die ihre Persönlichkeit mit jeder Seite weiter aufblühen lassen. Orna und Emilia fühlen sich einsam, haben einiges aufgegeben oder auch verloren. Und dann gibt es da auch noch die andere Orna, die ihrem Bauchgefühl folgt und alles in eine neue Richtung lenkt. Der Rechtsanwalt Gil taucht in ihrem Leben auf, fordert jede für sich heraus und lockt sie aus ihrer Komfortzone. Doch was sie alle nicht wissen, er sagt ihnen nicht die Wahrheit... doch auch er weiß nicht alles, was er zu wissen glaubt.

Ja, Mishani hat es geschafft bei vielen Menschen mit diesem Roman Gänsehaut hervorzurufen. Er hat es mit ihm geschafft einen Sensationsbestseller in Israel zu landen. Und auch wenn dieses Buch von vielen unendlich gelobt wird, so kann ich's so gar nicht nachvollziehen. Dror Mishani ist als Autor einiger Kriminalromane bekannt, daher ist es auch nicht verwunderlich, dass es sich hier um einen Detektivroman handelt. Leider, kann diese Info nun die ganze Erwartungshaltung so heraufsetzen, dass das Buch, dem einfach nicht mehr gerecht wird. Und so war es dann tatsächlich auch bei mir. Es gibt insgesamt drei Abschnitte und es passiert nicht sonderlich viel. Das Leben von Orna wird zunähst sehr ausführlich dargestellt und man wartet sehnlichst darauf, dass die Geschichte Fahrt aufnimmt und etwas passiert, doch dann ist es innerhalb weniger Seiten auch schon passiert und eine neue, ähnliche Geschichte beginnt. Das machte es für mich dann tatsächlich zu einem sehr langweiligen Buch. Einzig die letzten 40 Seiten konnten noch einmal etwas an Tempo zulegen, aber das macht es für mich dann einfach zu keinem großartigen Roman. So groß waren vorher die Lücken und die Ähnlichkeit. Vielleicht hätte es dem Ganzen auch gut getan, wenn die einzelnen Abschnitte mehr miteinander verwoben gewesen wären und sich am Ende alles aufdröselt, aber so ist es einfach nur eine vorhersehbare Aneinanderreihung. Fragen werden aufgeworfen, teilweise beantwortet, doch einiges bleibt unklar. Gil wird großteils nur angerissen und bleibt bis zur letzten Seite schemenhaft. Und das Einzige, was dann wirklich toll ist, sind die emotionalen Welten der Frauen. Und dann? Dann gibt es da auch noch Mishanis Gedanken über den Roman: "...für mich ist Drei kein Roman über Verbrechen. Er handelt von anderen Dingen, von unserer Pflicht, die Menschen um uns herum und ihre Leben zu sehen, wahrzunehmen. Es ist vor allem ein Roman über unsere Verantwortung gegenüber den Lebenden und gegenüber den Toten, die immer noch bei uns, >im Leben< sind." Und das stimmt mich dann am Ende tatsächlich wieder etwas versöhnlich, aber eine wirkliche Empfehlung kann ich hier leider nicht aussprechen.

Veröffentlicht am 20.08.2019

Liebe kann auch grausam sein.

Harz
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Ein ausgezeichneter Skandinavienkrimi, der von vielen Seiten gelobt wird, ist Ane Riels Thriller "Harz". Doch dieses Buch zeichnet sich nicht durch einen besonders aufregenden Plot oder faszinierend aufrüttelnde ...

Ein ausgezeichneter Skandinavienkrimi, der von vielen Seiten gelobt wird, ist Ane Riels Thriller "Harz". Doch dieses Buch zeichnet sich nicht durch einen besonders aufregenden Plot oder faszinierend aufrüttelnde Tötungsdelikte aus, denn "Harz" ist da viel feiner, ruhiger und so ganz anders als erwartet. Im Grunde geht es um eine Familientragödie. Jens und sein Bruder wachsen auf dem Kopf, einer ganz kleinen Insel, die direkt an eine etwas größere angrenzt, auf. Hier lebt nur die Familie Haarder und alles könnte ganz normal sein. Ihr Vater betreibt eine Schreinerei. Holz ist seine Leidenschaft und gerade dieses Gefühl für dieses faszinierende Material möchte er auch Jens vermitteln. Als der Vater dann plötzlich aufgrund eines Blitzschlags stirbt, bricht die Familie auseinander. Während es seinen Bruder in die große Welt hinaustreibt, bleibt Jens der Schreinerei und der Insel treu, aber er kapselt sich mehr und mehr ab. Aus einer Haushaltshilfe wird seine Frau, mit der er dann etwas später ein kleines Mädchen namens Liv, bekommt. Und genau da beginnt die Tragödie, denn Liv ist tot. Zumindest meldet er dies den Behörden, um sie vor der Außenwelt geschützt aufwachsen zu sehen. Abgeschirmt, auf dem Gehöft, zwischen alten Puppen, Krempel und konservierten Tieren. Ein Leben in der Falle, deren Schlinge sich nach und nach weiter zuzieht.

"Ich weiß nicht, ob es richtig von uns war, dich tot zu melden. Aber wir hatten solche Angst, wir hatten solche Angst, dich zu verlieren. Es war eine schreckliche Sache, die wir deiner Großmutter angetan hatten. Aber das, was sie uns antun wollte, war noch grausamer. Wir hatten keine Wahl!"

Ane Riel widmet sich mit "Harz" einer krankhaften Liebe, einer Obsession und einem sehr traurigen Leben. Es ist eine Mischung aus Erzählung und Abschiedsbriefen der Mutter, die das Bett nicht mehr verlassen kann und so ihrer Hilflosigkeit Ausdruck verleiht. Es entwickelt sich nach und nach das Bild einer sehr gestörten Familie. Man kann es eigentlich gar nicht so recht in Worte fassen, ohne den Inhalt zu verraten. Sie oder besser Jens geht über Leichen, um Liv zu schützen oder sie doch eher an sich zu binden. Und gerade das ist auch das spannende Element der ganzen Handlung. Ane Riel erzeugt dabei eine sehr beklemmende Atmosphäre, die mit der Faszination für den Rohstoff Harz angereichert wird, doch auch hier erwartet man dann einfach mehr. Zumindest habe ich mir zahlreiche in Harz eingeschlossene Leichen vorgestellt, Baumharz als Element des Todes und generell eine düstere Handlung. Doch es steht in diesem Fall stet das Material eher für die Konservierung gegen das Vergessen.
Auch der Plot lässt zu wünschen übrig. Für die knapp 300 Seiten bringt dieses Buch doch einige Längen und fragliche Geschichten mit sich. Abschließend kann man zwar sagen, dass das Ende und die ganze Aufdröselung gut durchdacht sind, doch für einen Thriller reicht es einfach nicht. Es ist ein interessanter Tragödienroman, nicht mehr und nicht weniger... und gerade das macht dieses Buch dann auch recht besonders, anders, aber nicht zu einem wirklich großen Lesehighlight.

Veröffentlicht am 22.04.2019

Die Macht der Geschichte

Mein Name ist Judith
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Durch einen Anschlag auf den Hauptbahnhof hat der Protagonist León Kortner, der in diesem Fall auch selbst Autor ist, seine schwangere Frau und auch seine Tochter verloren. Er führt nun ein recht einsames ...

Durch einen Anschlag auf den Hauptbahnhof hat der Protagonist León Kortner, der in diesem Fall auch selbst Autor ist, seine schwangere Frau und auch seine Tochter verloren. Er führt nun ein recht einsames Leben, bis eines Tages das zehnjährige Mädchen namens Judith in seiner Küche auftaucht und sich darüber beschwert, dass er ihr Essen entsorgt hat. Zunächst wirkt er irritiert, doch nach und nach dämmert es ihm. Sie meint die Kekse und Obstreste unter dem ehemaligen Bett seiner Tochter, die er gerade erst neulich entdeckte und entsorgte. Judith ist ein recht wunderliches Kind. Sie taucht hin und wieder plötzlich auf, sitzt dort mit ihrer roten Mütze und dem altmodischen Wollmantel, den sie nie ausziehen will. Sie traut sich nicht vor die Tür, weil sie behauptet Jüdin zu sein und die Welt da draußen so gefährlich sei. Und auch der Buchladen im Haus gehöre ihrem Vater. Doch diesen gibt's schon lange nicht mehr, denn die Kleins wurden damals von den Nazis vertrieben...

"Die Stahlkammer ist geschlossen und geöffnet. Judith lebt ist tot ist eine alte Frau ist ein junges Mädchen ist ein Geist. Die Stahlkammer ist geschlossen, es gibt niemanden mehr, der sie öffnen könnte. Die Stahlkammer existiert nicht. Judith existiert nicht. Und es gibt niemanden, der von ihrem Leben und Sterben erzählen könnte."

Mit "Mein Name ist Judith" hat Martin Horváth einen interessanten Roman zwischen Vergangenheit und Gegenwart geschaffen. Dass Autoren ihre Figuren 'treffen', mit ihnen während der intensiven thematischen Auseinandersetzung reden, ihnen zuhören, sie sehen, ist ein Gedanke, den man immer wieder hört. Sein Protagonist interessiert sich für die Familie Klein, will ihnen einen Roman widmen und nach und nach verschwimmen die Zeiten. Er setzt sich aktiv mit seinem eigenen Trauma und dem Verlust auseinander, aber auch mit Gräueltaten der damaligen Zeit. Horváth verwebt sehr geschickt den Nationalsozialismus mit der heutigen terroristischen Bedrohung und obwohl es sich hierbei um einen fiktiven Roman handelt, so hat er doch einen großen Hang zur Realität. Eine berührende, nachdenkliche Geschichte, die einem die Wertigkeit des Lebens noch einmal vor Augen führt. Zwar kann ich nicht sagen, dass ich diesen Roman großartig finde und trotz seiner eindringlichen Geschichte, hat Horváth mich nicht wirklich erreicht. Mir persönlich war es teilweise etwas zu verworren, zu still, zu fraglich. Und auch, wenn sich diese Gedankenstränge zum Ende hin verbinden und etwas mehr Klarheit entsteht, hat mir generell etwas gefehlt. Diese Annäherung bzw. teilweise den Gedanken, die damalige und mit der heutigen Bedrohung zu verbinden finde ich vom Ansatz her total faszinierend und das transportiert auch die Beklommenheit in die heutige Zeit. Und doch hatte ich immer das Gefühl, der Autor möchte zu viel auf einmal erreichen. Die gedanklichen Sprünge. Erinnerungen, Judith als Geist, der hin und wieder auftaucht, die Geschichte der Familie Klein, seine abmildernden Geschichten/Briefe... alles zusammen ist recht viel und das trübt dann auch meine Begeisterung. Die Erinnerung lebt weiter und man muss sich aktiv damit auseinandersetzen, um freier mit dem Leben umzugehen und das Jetzt mehr zu schätzen. Vielleicht ist für viele "Mein Name ist Judith" da ein großartiger Roman, der einem das Menschliche der Geschichte, die Möglichkeiten der abmildernden Erinnerung und das Leben damals und heute noch einmal näher bringt; für mich gibt's da leider deutlich bewegendere Ansätze.

"Mit jedem Menschen, den die Nazis ermordeten, starb auch ich. Sechs Millionen Mal."

Veröffentlicht am 20.03.2019

“Die Familie ist eine Begegnung mit dem, was man am tiefsten in sich vergraben hat.”

Niemals ohne sie
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Auf den neuen Roman von Jocelyne Saucier habe ich mich schon sehr lange gefreut. “Ein Leben mehr” war mit unter das erste Buch, das mich wieder ans Lesen herangeführt und begeistert hat. Ihre ruhige und ...

Auf den neuen Roman von Jocelyne Saucier habe ich mich schon sehr lange gefreut. “Ein Leben mehr” war mit unter das erste Buch, das mich wieder ans Lesen herangeführt und begeistert hat. Ihre ruhige und doch so klare, bildhafte Sprache hat mich schon damals sehr eingenommen. Nun geht es mit “Niemals ohne sie” in die nächste ‘Runde’.

Die Cardinals sind eine recht außergewöhnliche Familie. Mit den insgesamt 21 Kindern behausen sie eine alte, baufällige Hütte in Norco. Ihr Vater hatte dort ein riesiges Zinkvorkommen entdeckt und verkauft sein Wissen an eine Minengesellschaft, die ihn dann jedoch um seinen Anteil verprellt. Der große Wohlstand blieb aus und so leben sie weiterhin unter ärmlichen Verhältnissen. Als dann die Mine geschlossen wird, ziehen nach und nach andere Familien weg, nur die Cardinals erregen weiterhin Aufsehen. So wild, so unberechenbar, so explosiv. Sie halten nicht einfach nur zusammen, sie wollen die Ehre der Familie retten. Es den großen da oben zeigen und ihren Anteil vom Kuchen bekommen. Und so geschieht, was nicht geschehen sollte und aus dem Kampf um Ehre, wird ein Pakt, der die Kinder noch mehr zusammenschweißt und sie noch Jahre später verfolgen wird…



“Die geisterhafte Gestalt unserer Mutter spukte durch unsere Nächte und verfolgt uns bis heute. Manchmal, wenn ich allein im Bett liege, in meinem kleinen Zimmer in dem Hotel, in dessen Küche ich mich sechs Tage die Woche abrackere, warte ich auf sie.”



An dieser Stelle wäre ich jetzt gerne begeistert. Doch leider muss ich nun gestehen, dass ich mit diesem Buch mehrere Kämpfe geführt habe. Generell sind mir zu viele Namen bzw. Protagonisten immer ein Hindernis, dass es in diesem Fall gleich 21 Kinder plus Vater und Mutter sein müssen und die Kinder dann auch noch jeweils zwei Anreden besitzen… Achje. Auch der Handlungsstrang war für mich dieses Mal nicht ganz so spannend. Die Auflösung, auf die sich die ganze Geschichte zuspitzt, ist zwar logisch, aber dennoch fraglich. Alles hängt hier quasi von der Explosion und der damit folgenden Inszenierung ab bzw. dem fehlenden Zugehörigkeitsgefühl. Die einzelnen Protagonisten erzählen dabei nach und nach von ihren Erinnerungen, Ansichten, Ängsten und lüften so Schritt für Schritt das auftauchende Rätsel. Und dennoch wirft gerade die ‘Lösung’ des Ursprungs bei mir einige Fragen auf, die die Begeisterung schmälern. Warum? Wenn die alle da waren, wie soll denn…? Ahja. Und wieso fühlte sie das denn nicht vorher? Ach, hmm.

Wenn ich dieses allerdings außen vor lasse, dann hat es Saucier mal wieder geschafft mich mit ihrer Erzählweise zu begeistern. “Niemals ohne sie” ist ein eher ruhiges Buch mit enormer Zwischenmenschlichkeit innerhalb der Familie. Schutz, Fürsorge, Ängste, Hierarchien innerhalb einer Familie, die Beziehungen zwischen den einzelnen Familienmitgliedern und auch sehr viel Verständnis kommen innerhalb einzelner Zeilen wunderbar zum Tragen. Auch sprachlich habe ich mir hier wieder sehr viele einzelne Sätze markiert, die nicht nur ein Bild im Kopf erzeugen, sondern auch gedanklich einiges in Gang setzen. Aber ein Roman ist eben mehr als nur die Sprache und so konnte ich in diesem Fall das “Meisterwerk” nicht entdecken.