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Veröffentlicht am 28.01.2020

Geschichtsunterricht mal spannend und sehr anschaulich

Der Attentäter
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Historischer Roman trifft Thriller!
Es ist Juni 1914 als der österreichische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand mit seiner Gemahlin Sophie nach Sarajevo reist. Er wohnt einem Militärmanöver bei, während ...

Historischer Roman trifft Thriller!
Es ist Juni 1914 als der österreichische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand mit seiner Gemahlin Sophie nach Sarajevo reist. Er wohnt einem Militärmanöver bei, während seine sympathische Gattin die Herzen der Bewohner gewinnt. Zu dieser Zeit rumort es in den südosteuropäischen Ländern, denn sie wollen sich nicht länger von Österreich-Ungarn bevormunden lassen. Zudem steht der Gedenktag Vidovdan im Gedenken an die Schlacht auf dem Amselfeld Ende des 14. Jahrhunderts unmittelbar bevor. Drei junge Serben machen sich mit dem festen Plan, den Erzherzog zu ermorden, auf eine gefährliche und abenteuerliche Reise nach Sarajevo, den eigenen Tod wohlweislich vor Augen. Ihr Plan ist aufgegangen und zog schließlich den Ersten Weltkrieg nach sich. Doch wie konnte es soweit kommen? Haben die Behörden versagt, obwohl es Gerüchte gab?

Zu Anfang stellte sich mir die Frage, ob es möglich ist, einen historischen Thriller über ein geschichtliches, wohlbekanntes Ereignis spannend und einprägsam zu einem Roman zu verdichten. Meine Bedenken waren, dass das Buch eher langweilig und zu faktenlastig werden könnte. Doch bereits mit dem Prolog hat mich Ulf Schiewe eingefangen und in die Vergangenheit entführt. Der Fokus auf die drei jungen Attentäter und die verschiedenen Sichtweisen der vielen Beteiligten wirft ein ganz besonderes und umfassendes Licht auf diese geschichtsträchtige Woche vor dem Attentat in Sarajevo. So kann also Geschichtsunterricht aussehen, wenn er nicht nur auf kühlen Fakten, Zahlen und Eckdaten aufgebaut ist. Mir gefällt, wie von Anfang an die Atmosphäre eingefangen wird und sich die Lage immer mehr zuspitzt, so dass ich trotz Kenntnis des Endes mitgefiebert habe. Als Leserin hatte ich das Gefühl, dass dieses Attentat leicht hätte verhindert werden können. Doch die Situation war so unübersichtlich und die politischen Gegebenheiten in den slawischen Ländern so verzwickt.
Da ist auf der einen Seite die Sicht der jungen Attentäter Gavril, Nedejlko und Trifko, die aus ihrer Sicht nichts zu verlieren haben und mit einem großen „Knall“ die prekäre Situation im Balkon zum Guten wenden wollen. Mit viel Fingerspitzengefühl hat Ulf Schiewe die Gefühle, Beweggründe und das Leben der Jugendlichen – denn das sind sie mit 19 Jahren noch – eingefangen. Dann sind da der Erzherzog und seine Frau Sophie, die zutiefst menschlich dargestellte werden und ganz liebevoll miteinander umgehen. Kosenamen inbegriffen!
Ulf Schiewe hat den historischen Stoff mit fiktiven Personen und in Form eines Thrillers trotz des geschichtlich belegten Ausgangs des Attentats sehr spannend aufgearbeitet. Dazu bedurfte es sicherlich jeder Menge Recherche und eines guten Gespürs für die historisch verbürgten und die frei erfundenen Charaktere. Die Charaktere sind ihm dabei so gut gelungen, dass ich mir Major Markovic mit seinen Ermittlungen und Bemühungen um die Sicherheit des Erzherzogs und sein Anrennen gegen Widrigkeiten und sture Vorgesetzte lebhaft vorstellen konnte. Dadurch entspannt auch eine hervorragende Dynamik, die mich durch den spannenden Roman getragen hat und schließlich dem Ende entgegen fiebern ließ. Die kleine Liebesgeschichte am Rande der Ereignisse rundet meiner Meinung nach dieses besondere Geschichtsbuch sehr schön ab.
Wie ich bereits in meinem ersten Leseeindruck geschrieben hatte, finde ich die Verbindung der beiden Genres historischer Roman und Thriller allein schon interessant und meine Hoffnung auf eine sehr spannende und gut ausgearbeitete Geschichte um so ein geschichtsträchtiges und beängstigendes Ereignis wurde voll erfüllt. Ebenfalls gelungen finde ich die Verbindung zwischen Geschichte und Fiktion. Beim Lesen habe ich oft vergessen, dass manche Personen vom Autor erfunden wurden. Die Personenliste am Ende des Buches war stets hilfreich bei der Vielzahl an Personen.

  • Einzelne Kategorien
  • Spannung
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Thema
Veröffentlicht am 21.12.2019

Leben in der Wahrheit unter dem treuen und verständigen Sklaven

Kein Teil der Welt
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In „Kein Teil der Welt“ begleiten wir die 15jährige Esther bei ihrer Emanzipation von der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas. Sie wächst am Rhein mit den strengen Regeln der Gemeinschaft auf. Sie ...

In „Kein Teil der Welt“ begleiten wir die 15jährige Esther bei ihrer Emanzipation von der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas. Sie wächst am Rhein mit den strengen Regeln der Gemeinschaft auf. Sie kennt es nicht anders und erst als ihre beste Freundin Sulamith zu hadern beginnt, kommt Esther ins Grübeln. Ihr gefällt das strenge Regelwerk immer weniger, so dass sie bei den Versammlungen schon mal abhaut oder sich über die billigen Klamotten von C&A ärgert. Hier legt ihre Mutter zweierlei Maßstab an, denn sie selbst würde sich niemals bei C&A einkleiden. Wie geht das zusammen? Wie muss es für ein Kind sein, wenn es mit so vielen Verboten konfrontiert und teils aus der Schulgemeinschaft (z.B. bei Geburtstagesfeiern) ausgeschlossen wird? Nach der Öffnung der Mauer ziehen ihre Eltern mit Esther in den Osten, um dort einen Königreichssaal aufzubauen. Dabei reißen sie Esther aus ihrer gewohnten Umgebung und weg von ihrer Freundin Sulamith, die sich zusehends von den Zeugen Jehovas ab- und zu den Weltmenschen hinwendet. Auch Esther hinterfragt die Sinnhaftigkeit der Brüder und Schwestern im Wandeln der Wahrheit und wird auch ihren Eltern – vor allem ihrer Mutter gegenüber – immer kritischer. Dabei bewegt sie vor allem die Frage: was geschah mit Sulamith?

Die Autorin Stefanie de Velasco ist mit 15 Jahren aus der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas ausgestiegen und weiß, wovon sie schreibt. Sollte die eine oder andere Situation übertrieben sein, ist diese Glaubensgemeinschaft meiner Meinung nach doch recht kritisch zu betrachten. Da kann einem schon das ein oder andere Mal ein eiskalter Schauer über den Rücken laufen. Augenscheinlich leben die Zeugen Jehovas nur für die Zeit nach dem Tod und warten geduldig in einem engen Korsett aus Regeln, Verboten und Geboten auf das Paradies. Dabei gilt es stets, sich gegen die Weltmenschen (als alle anderen Menschen außerhalb der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas), die unter dem Einfluss von Satan stehen, zu behaupten und/oder diese durch Missionierung auf die richtige, nämlich die eigene Seite zu ziehen. Durch Bibelkreise, Versammlungen im Königreichssaal, Gebete innerhalb der Familien, privates Studium der Bibel und der Gehorsam gegenüber dem treuen und verständigen Sklaven werden die Gläubigen geradezu zwanghaft an die Gemeinschaft gebunden. Kinder wachsen in diesem System, denn so sehe ich das, abgeschottet vom Leben der Weltmenschen in einer Art Glocke oder Parallelwelt auf und haben kaum eine Möglichkeit, die alten Glaubenssätze der Zeugen Jehovas zu hinterfragen. Es hat schon manische Züge, wie brav und bibeltreu sich die Erwachsenen verhalten und ihren Kindern keinen Freiraum zur Entfaltung lassen. Bereits im Kindergarten werden sie von „Veranstaltungen“ wie Geburtstagen ausgeschlossen, getreu der Vorschriften der Zeugen Jehovas. Diese totale Abgrenzung der Zeugen Jehovas gegen den „Rest der Welt“ war allgegenwärtig. Alle Andersgläubigen bzw. Ungläubigen werden in einen Topf geschmissen und den Kindern wird wahrlich Angst gemacht – vor allem vor Dämonen. Das muss bei Kindern Spuren hinterlassen und zwar keine guten oder schönen. Hier schlich sich bei mir schnell Unbehagen ein und ich bin eine erwachsene Frau.
Weihnachten wird nicht gefeiert, jedoch der Tag in der Familie mit einem Festessen „überbrückt“ – es wird ja nicht gearbeitet und vermutlich gibt es nichts Besseres zu tun. Ich merke gerade beim Schreiben, wie sehr mich das Buch immer noch gefangen hält und wie sich mein Herzschlag beschleunigt. Es ist einfach unglaublich, wie sehr Glaubensgemeinschaften an sich in das Leben von Menschen eingreifen und mit deren Angst spielen. Auf der anderen Seite geben die Zeugen Jehovas ihren Mitgliedern Halt, Zugehörigkeit und Hilfe bei ganz alltäglichen Dingen wie einem Umzug. Der Zusammenhalt der Gemeinschaft wird gelebt, solange man nicht aus der Reihe tanzt. Dann wird es unbequem und man sieht sich einem Rechtskomitee gegenüber und muss damit rechnen, aus der Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden und damit Familie, Freunde und die Geborgenheit der Brüder und Schwestern zu verlieren.
Das Frauenbild der Königreichler finde ich sehr überholt und beschämend. Wobei ich Esthers Mutter schon als starken Charakter sehe. Ihr Vater war für mich wenig greifbar – vielleicht lag das an seinen vielen Reisen.
Mit dem Schreibstil bin ich sofort gut klar gekommen und ich fand die Geschichte von Anfang an interessant und spannend
Ein großes Rätsel ergab sich für mich durch die eingefügten Seiten, in denen die Rede von einer Salzinsel, deren Bewohner und das entbehrungsreiche Leben auf dem Eiland war. Bis zum Schluss hatte ich darauf gehofft, dass diese Einfügungen ein Geheimnis offenbaren oder entscheidend zum Verständnis der Geschichte beitragen. Doch daraus wurde leider nichts. Meiner Begeisterung für den Roman tat es keinen Abbruch.
Zuletzt möchte ich noch ein paar Worte zum Cover sagen. Das Bild des betenden, kleinen Mädchens unter eine Glasglocke spiegelt sehr plastisch das Leben von Esther wider. Sie lebt mitten unter den Menschen, aber doch getrennt von ihnen durch eine Glaswand wie in einer Art Kokon. Sie sieht, wie die Weltmenschen leben und kann die Wand nicht durchbrechen, ohne dass das Glas dabei zu Bruch geht. Das macht für mich das Cover so symbolträchtig und gleichzeitig beängstigend.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.11.2019

Falcos persönlichster und emotionalster Fall

Sechs
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Falco Brunners neuer Fall wird ein persönliches Fiasko für ihn und anscheinend will ihm jemand so richtig eins auswischen.
Als Falco mitten in der Nacht einen besorgniserregenden Anruf von Emilia bekommt, ...

Falco Brunners neuer Fall wird ein persönliches Fiasko für ihn und anscheinend will ihm jemand so richtig eins auswischen.
Als Falco mitten in der Nacht einen besorgniserregenden Anruf von Emilia bekommt, ahnt er nicht, dass sein Leben bald komplett auf dem Kopf steht. Er erreicht Emilias Wohnung und dort findet er außer einer Blutspur und Spiegelscherben… nichts! Noch vor Ort bekommt er einen Schlag auf den Kopf und als er erwacht, ist die Wohnung auf Hochglanz poliert und nichts deutet auf einen Kampf hin. Die Polizei verdächtigt ihn sofort, denn Falco kannte Emilia. Sie arbeitete als Escortdame und hat Falco in ihren Bann gezogen. Um Emilia zu suchen, ihr Verschwinden aufzuklären und seine eigene Unschuld zu beweisen, taucht Falco unter und bekommt dabei Hilfe von unerwarteter Seite. Wird er Emilia finden? Und was hat es mit der toten Frau, die aus einem Autowrack aus dem Wasser gezogen wird, auf sich?

Michael Seitz besticht im dritten Fall wieder mit einem unglaublich guten Gespür für Spannungsaufbau, die Verknüpfung von unterschiedlichen Themen, großartig ausgearbeitete Charaktere und ein furioses Ende. Mit einer Leichtigkeit erzählt er vom Leben der Jenischen, Emilias Gefühlswelt, Sex, Liebe, Geborgenheit, Unterwerfung, Wahn, Hass, Überlebenswillen und unverbrüchlicher Freundschaft und Loyalität. Falco bekommt noch mehr Konturen und ist kein unverletzlicher, vollkommener Held. Er ist ein Mensch mit Schwächen und Stärken, greift bisweilen zu verzweifelten und nicht sehr zielführenden Taten und hat kein Problem, Hilfe anzunehmen. Auch seine Exfrau Christina und sein ehemaliger Kollege Bruno bekommen ihren Platz in diesem brisanten und nervenaufreibenden Fall. Eine faszinierende Rolle spielt Mira: sie kommt anfangs recht unscheinbar daher und hat dann im Laufe der Zeit Stück für Stück mein Herz erobert. Michael hat sie so authentisch beschrieben und handeln lassen, dass ich mich ihr sehr nahe fühlte. Wie sie voller Liebe an ihren toten Sohn Milan denkt, der ihr Herz nie verlassen hat und sich ihr immer wieder zeigt, finde ich rührend und tröstlich zugleich. Dagegen waren mir Emilia und Helen immer wieder ein Rätsel und oft schwer greifbar. Ihre Geschichte hat mir erneut gezeigt, wie gut der Autor mit Gefühlen umgehen kann. Dabei schreckt er auch nicht vor „Tabuthemen“ wie SM in Verbindung mit Liebe zurück.

Sein fesselnder, lebendiger Schreibstil und die Rückblenden haben mein Lesetempo immer mehr gesteigert, so dass ich mit Falco mitgefiebert und gehofft habe, dass er aus diesem Karussell von Gewalt, Intrigen und falschen Anschuldigungen ausbrechen kann. Der Showdown war dann schon fast eine Erlösung und hat alle losen Enden verbunden. Meine Nerven waren bis zum Zerreisen gespannt, nachdem ich sehr lange Zeit nach einem Motiv und dem möglichen Täter gefahndet habe. Durch geschickte Wendungen und Verstrickungen wurde ich immer wieder abgelenkt und konnte das Ausmaß an Intrigen und Rachegelüsten nicht fassen.

Falco hat sich auch in diesem Buch weiterentwickelt und ich hätte ihm etwas Ruhe gewünscht, stattdessen wird das Verschwinden von Emilia zu seinem persönlichsten und emotionalsten Fall. Bei all dem Chaos, das über Falco hereinbricht, schafft es der Autor, berührend und gefühlvoll über die Welt des fahrenden Volkes, der Jenischen zu schreiben. Wie Emilia bzw. ihr Großvater das Leben als Fluss beschreibt, finde ich sehr schön und besonders eine Aussage ist mir im Gedächtnis geblieben: „Zu Haus ist überall! Weil wir ohnehin überall sind! Mit dem Wasser verbunden, aus dem wir gemacht sind.“.

Eines ist sicher: ich warte voller Spannung auf den vierten Fall von Falco Brunner!

Veröffentlicht am 26.10.2019

Nervenkitzel und ein beeindruckender Ermittler

Zimmer 19
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Vorab – ich kenne den Vorgängerband „Schlüssel 17“ nicht und konnte ganz unvoreingenommen das Buch um Tom Babylon vom LKA lesen.
Während der Eröffnung der Berlinale werden fast 2000 Stars und Promis plötzlich ...

Vorab – ich kenne den Vorgängerband „Schlüssel 17“ nicht und konnte ganz unvoreingenommen das Buch um Tom Babylon vom LKA lesen.
Während der Eröffnung der Berlinale werden fast 2000 Stars und Promis plötzlich mit einem Film über einen Mord vor laufender Kamera konfrontiert. Ausgerechnet die Tochter des anwesenden Bürgermeisters ist das Opfer. Das Entsetzen unter den Gästen ist groß, zumal der Täter damit droht, noch weitere Morde folgen zu lassen. Tom Babylon vom LKA und Sita Johanns, Psychologin, stehen bei ihren Ermittlungen mächtig unter Druck. Der Bürgermeister scheint trotz seiner Betroffenheit ein Geheimnis zu wahren und auch sonst machen es diverse Prominente und speziell Otto Keller den beiden nicht leicht. Nur eine Elfjährige kommt als Zeugin in Fragen. Sie erinnert Tom Babylon an seine lange schon verschwundene Schwester und sorgt für emotionales Chaos bei dem sympathischen Ermittler. Wenig verwunderlich kommt es zur Entführung einer weiteren jungen Frau und Sita Johanns wird mit einem schrecklichen Ereignis aus ihrer Vergangenheit konfrontiert. Von nun an wird es sehr turbulent und Tom und Sita haben alle Hände voll zu tun. Dabei sind sie emotional sehr in die Tätersuche verstrickt.
Für mich war es gar kein Problem, mit Tom und Sita gleich in die Geschehnisse einzutauchen. Der Autor hat ganz geschickt, wichtige Infos zu den Charakteren einfließen lassen. Der Einstieg barg bereits viele Fragezeichen und Spannung. Stets hatte ich den Titel „Zimmer 19“ vor Augen und rätselte, was es damit auf sich hat. Tom Babylon ist ein charismatischer und beeindruckender Charakter, dem menschliche Schwächen nicht fremd sind. Seine Emotionen sind so realistisch beschrieben, dass ich mich Stück für Stück mit ihm identifizieren konnte. Seine hartnäckige Suche nach seiner verschwundenen Schwester und das Sammeln von jedem noch so kleinen Hinweis auf die damaligen Geschehnisse, machen ihn glaubwürdig und absolut charakterstark. Da spielt es auch keine Rolle, dass er in Gedanken mit ihr spricht und ihr Geist stets bei ihm zu sein scheint. Eine liebenswerte Eigenheit, finde ich! Auch über Sita Johanns erfuhr ich immer mehr und sie gewann mit der Zeit immer mehr Kontur. Anfangs konnte ich mich nicht so recht mit ihr anfreunden. Das änderte sich jedoch im Laufe der Zeit. Es scheint zwischen Tom und Sita Spannungen zu geben, die sich vielleicht durch den ersten Band erklären lassen. Wichtig für die Handlung in diesem Thriller waren sie für mich jedoch nicht. Durch den spannenden und oft auch sehr emotionalen Schreibstil bin ich nur so durch die Seiten geflogen und habe mich von der Handlung und den Charakteren mitreisen lassen. Das Tempo zog immer mehr an und ich hätte so manche Person, die mauerte, schütteln wollen. Mit den Perspektivenwechseln im Buch bin ich ganz gut klar gekommen und sie waren fast ebenso spannend wie der Haupthandlungsstrang um die Ermittlungen. Der Thriller wartet mit einigen Überraschungen und jeder Menge Action auf, um am Ende eine plausible Erklärung für die ganzen Verstrickungen und Zusammenhänge zu liefern. Marc Raabe löst das Geheimnis um Viola Babylon jedoch nicht auf. Somit geht die Geschichte im nächsten Band in eine neue Runde und ich freue mich schon darauf, Tom wiederzutreffen. Gerne vergebe ich für dieses actionreiche, spannende Buch die volle Punktzahl und eine klare Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 28.09.2019

Tierische Hilfe gegen Kummer

Die Tage mit Bumerang
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Es sollte ein schöner Sommertag für Annu und ihre Freunde Lars, Birte und den Sohn Aron werden – doch er endete in einer Katastrophe und stellt ihre Freundschaft auf eine harte Probe. Die Halbfinnin Annu ...

Es sollte ein schöner Sommertag für Annu und ihre Freunde Lars, Birte und den Sohn Aron werden – doch er endete in einer Katastrophe und stellt ihre Freundschaft auf eine harte Probe. Die Halbfinnin Annu lebt bis dahin ein zurückgezogenes Leben in einem kleinen Dorf und einzig ihre Freundschaft zu Lars gibt ihr Kraft. Die Dorfbewohner machen es ihr nach dem tragischen Unfall noch schwerer. Es ist fast schon ein Stigma, denn sie wird von allen gemieden. So zieht sich Annu noch weiter zurück und verlässt kaum noch ihr Haus. Eines Tages bekommt sie tierischen Besuch, der bleiben will und ihr Leben aufmischt: ein Schaf! Da es sich nicht wegschicken lässt, nennt sie es kurzerhand Bumerang! In Annus Trauer mischt sich ganz langsam ein warmes Gefühl und ein Funke namens Hoffnung keimt, als sie sich liebevoll um ihren Gast kümmert.

In ihrem warmherzigen Buch zeigt Nina Sahm, was wahre Freundschaft ausmacht, wie eine neue Verbindung entsteht, was Erinnerungen mit einem Menschen machen und wie ein Tier zum Seelentröster wird. Ein warmer, ruhiger und liebevoller Ton liegt in ihrem Schreibstil und hat mich sogleich mit zu Annu genommen. Annu erschien mir eigenwillig, doch ganz liebvoll verbunden mit ihren Eltern und ihrem besten Freund seit Kindertagen, Lars. Annus Charakter ist so gut beschrieben, dass ich ihre Verzweiflung nach dem Unfall spüren konnte und mit ihr fühlen konnte.
Lars kommt im Buch nicht direkt zu Wort, jedoch ist er in Annus Gedanken stets präsent mit seinen Eigenheiten, die mich stets schmunzeln ließen. Die Verbindung der beiden ist stets zu spüren und ich habe mir gegen Endes des Buches gewünscht, mit den beiden bei einer Tasse Tee in Annus Garten zu sitzen. Dabei dürfte natürlich Bumerang, das ebenso eigenwillige und anhängliche Schaf nicht fehlen. Diese Stellen sind mit einer schönen Mischung aus Humor und Nachdenklichkeit geschrieben – einfach wunderbar! Besonders gut gefielen mir auch die Einblicke in das Leben von Matti, Annus finnischem Vater.

Mir hat Annus und Bumerangs Geschichte gut gefallen – meine absoluten Lieblinge sind jedoch Bumerang und Helsinki. Diese tierische Rasselband hat sich in mein Herz geschlichen und mir stets ein Schmunzeln ins Gesicht gezaubert. Es wurden nicht alle Fragen, die so manche/n Leser/in beschäftigt, beantwortet, was in meinen Augen auch nicht nötig ist. Ich mache mir selber gerne so meine Gedanken und lasse meiner Fantasie freien Lauf. Zudem gibt Nina Sahm dem Leser damit die Möglichkeit, zwischen den Zeilen zu lesen. Insgesamt ein Roman mit Überraschungen, Witz und einem stets warmherzigen Ton, der mir viele schöne Lesestunden bereitet hat.