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Veröffentlicht am 12.10.2019

Hat mir gut gefallen!

Secrets - Ich fühle
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Der Klappentext mag euch vielleicht an Bücher mit ähnlichem Inhalt erinnern, und auch inhaltlich lassen sich durchaus Ähnlichkeiten dieses Buches zu anderen Dystopien finden: Ein schrecklicher Atomkrieg ...

Der Klappentext mag euch vielleicht an Bücher mit ähnlichem Inhalt erinnern, und auch inhaltlich lassen sich durchaus Ähnlichkeiten dieses Buches zu anderen Dystopien finden: Ein schrecklicher Atomkrieg hat die Erdoberfläche zerstört und verseucht, weshalb die wenigen Überlebenden ein Leben unter der Erde führen müssen. Gegen die Regierung, die jegliche Individualität zu unterdrücken versucht, baut sich ein Widerstand auf ...

Das hat man alles irgendwie irgendwo schon mal gelesen, und doch ist "Secrets. Ich fühle" gar kein Roman, den ich mit anderen Dystopien vergleichen möchte. Wenn man will, findet man immer Ähnlichkeiten, aber dieses Debüt von Heather Anastasiu konnte mich dennoch total mit der weiblichen Hauptperson, die als Ich-Erzählerin auftritt, den weiteren Charakteren und nicht zuletzt der Handlung überzeugen. Wer also befürchtet, nur einen Abklatsch von schon früher veröffentlichten Büchern zu lesen, den kann ich beruhigen: "Secrets. Ich fühle" ist trotz oder gerade wegen der Grundidee einzigartig.

Den Einstieg in das Buch emfpand ich als etwas mühsam. Auf den ersten 50 Seiten wird der Leser durch die Ich-Erzählerin in die Handlungswelt eingeführt, wodurch man viele Informationen geliefert bekommt, die sich in einem einzigen Monolog von Zoe ausbreiten. Es gibt auf diesen ersten Seiten kaum Gespräche mit anderen Charakteren, was das Leseerlebnis etwas einseitig macht. Zwar ist Zoe eine sehr talentierte Erzählerin, die es versteht, ihre Leser an ihre Lippen zu fesseln, aber es war doch stellenweise mühsam, ihr die nötige Aufmerksamkeit zu widmen, um alle Informationen aufzunehmen und sich daraus den Handlungshintergrund zu basteln.

Später gibt es dann umso ausschweiferendere Dialoge, die die Eintönigkeit der ersten Seiten wettmachen. Dennoch gab es für mich immer wieder Längen, da die Autorin dazu neigt, die Umgebung und auch die Handlungen der Charaktere sehr ausführlich und Schritt für Schritt zu beschreiben. Das waren mir stellenweise einfach zu viele und auch überflüssige Details, die zwar ein umfassendes Gesamtbild ergeben haben, aber letztlich nichts zur Handlung beigesteuert haben.

Zoe war ein sehr authentischer Charakter, den ich von Anfang an in mein Herz geschlossen habe. Besonders nachvollziehbar war für mich, in was für einem Zwiespalt sie sich befindet: Auf der einen Seite ist sie total in die Gemeinschaft unter der Erde integriert, akzeptiert, dass Ordnung an oberster Stelle steht und ebenso wie die Gemeinschaft die Pflicht aller Menschen ist, was sie dazu bringen müsste, sich selbst anzuzeigen, da sie nicht mehr der Ordnung entspricht. Auf der anderen Seite genießt sie es aber so sehr, Farben und Gerüche wahrzunehmen und Emotionen zu spüren. Das war für mich der bewegendste Teil in diesem Buch, wenn Zoe zum Beispiel zum ersten Mal Schokolade isst, nur um gleich darauf wieder daran erinnert zu werden, dass sie "anormal" ist und nicht den Grundsätzen der Gemeinschaft entspricht.

So richtig in Fahrt kommt die Handlung, als Zoe auf weitere "Anormale" trifft, bei denen wie bei ihr von Zeit zu Zeit Störungen auftreten, sodass sie Gefühle empfinden können. Die Handlung war stellenweise so spannend, dass ich das Buch gar nicht zur Seite legen konnte. Es gibt so viele Wendungen, die mich überrascht haben, so viele Fragen, die sich mir beim Lesen gestellt haben. Ebenso wie Zoe weiß man als Leser auch nie so recht, wie man sich am besten verhält, wem man trauen kann und wem nicht. Das Buch war einfach enorm spannend. Nicht zuletzt auch wegen der Nebenfiguren, die allesamt so toll und einzigartig gezeichnet waren, dass sie dem Buch noch mehr Leben eingehaucht haben.

Es gibt in diesem Buch eine Dreiecks-Beziehung, die sich aber dadurch von den "üblichen" Dreiecks-Beziehungen unterscheidet, dass Zoe zwar zwischen zwei Männern steht, aber nur einen von ihnen will. Der andere ist total vernarrt in Zoe, sie erwidert seine Gefühle aber nicht. Dadurch bekommt das Buch noch eine ganz andere Wendung, die mir gut gefallen hat.

Am Ende gibt es dann die große Auflösung, die alle Fragen beantwortet und zeigt, wie genial dieses Buch konstruiert ist. "Secrets. Ich fühle" endet zum Glück nicht mit einem fiesen Cliffhanger, macht aber deutlich, dass es eine Fortsetzung geben wird. Soweit ich weiß, ist diese Reihe als Trilogie angelegt. Über eine Übersetzung des zweiten Teils weiß ich momentan aber noch nichts.

Falls ihr euch so wie ich während des Lesens über den Namen der weiblichen Hauptperson wundern solltet, der zunächst nicht mit dem Namen im Klappentext übereinstimmt, so kann ich euch beruhigen, dass sich das im Verlauf des Buches klärt. Ich war hier am Anfang auch sehr verwirrt und dachte, es läge ein Druckfehler vor. Aber wie gesagt - es gibt hierfür eine Erklärung.

Mein Fazit

Ich hätte nicht gedacht, dass mir dieses Buch so gut gefallen würde, aber Heather Anastasiu hat mich total überrascht und, von einigen Längen abgesehen, auch enorm begeistert. Ich hoffe, dass es eine deutsche Übersetzung der beiden weiteren Teile geben wird.

Veröffentlicht am 12.10.2019

Ich liebe die Bücher der Autorin einfach!

Auf eine wie dich habe ich lange gewartet
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Dass ich großer Fan von Patrycja Spychalski bin, wisst ihr wahrscheinlich alle schon längst. Und dass ich ihre Bücher kaufe und lese, ohne mich vorher näher mit ihrem Inhalt zu befassen, ist auch einfach ...

Dass ich großer Fan von Patrycja Spychalski bin, wisst ihr wahrscheinlich alle schon längst. Und dass ich ihre Bücher kaufe und lese, ohne mich vorher näher mit ihrem Inhalt zu befassen, ist auch einfach mal Fakt. Denn ich mag den Schreibstil der Autorin so gerne, auch wenn ich nicht mal richtig in Worte fassen kann, was das Besondere an ihm ist. Aber sie schafft es einfach, mich schon mit der ersten Seite gefangen zu nehmen und mich alles um mich herum vergessen zu lassen. Ich versinke regelrecht in ihren Büchern und tauche erst wieder auf, wenn die letzte Seite gelesen ist. Denn meist verschlinge ich ihre Bücher am Stück. Sie sind ja alle auch einfach viel zu dünn.

Mit ihrem neuesten Buch "Auf eine wie dich habe ich lange gewartet" ging es mir ebenfalls so wie mit allen ihren anderen Büchern: Ich habe mich sofort wohlgefühlt, habe mich fallengelassen, habe das Lesen einfach genossen. Ganz klar: Wo Patrycja Spychalski drauf steht, ist auch Patrycja Spychalski drin. Ich würde fast wagen, zu behaupten, dass ich ihre Bücher blind erkennen würde. Es ist der lebendige und jugendliche Schreibstil mit seinem ganz eigenen Charme, wenn sie Worte wie "piefig" benutzt, der ihre Bücher ausmacht.

Obwohl es zugegeben Bücher von Patrycja Spychalski gibt, die mich mehr mitgerissen, mehr bewegt haben. Bei ihrem neuesten Werk hat mir dann doch irgendwie etwas gefehlt. Ich mochte die Handlung, die sich ganz unschuldig mit den Themen Sexualität und Homosexualität befasst, und ich mochte natürlich auch den Erzählstil der Autorin. Aber doch kann ich für dieses Buch nicht die volle Punktzahl vergeben. Und ich befürchte, dass daran Irina schuld ist, mit deren Art ich nicht klarkam. Irina ist ganz eigen, aber in meinen Augen auch sehr schwierig. Sie ist besitzergreifend und rechthaberisch. Ich wurde mit ihr einfach nicht warm. Alle anderen Charaktere, vor allem Laura und Enzo, fand ich ganz toll gezeichnet. Sich in Enzo zu verknallen, fällt überhaupt nicht schwer. Er ist sehr fürsorglich und einfach lieb. Und Laura war als Ich-Erzählerin einfach sofort in meinem Herzen. Aber Irina hat es mir sehr schwergemacht, sie zu mögen. Und leider fiel es mir dadurch auch schwer, mich auf Patrycja Spychalskis Auseinandersetzung mit dem Thema Homosexualität einzulassen, weil ich das, was zwischen Laura und Irina passiert, nicht mit vollem Herzen unterstützen konnte, weil mir Irina so unsympathisch war. Während mir Lauras Gefühle Enzo gegenüber total nachvollziehbar waren, fiel es mir sehr schwer, mich zusammen mit Laura in Irina zu verknallen. Und das hat mir leider einen Teil des Lesevergnügens genommen.

Aber auch in diesem Buch gibt es Szenen, die mir im Kopf bleiben werden. Wie Laura sich übermütig einen Hügel runterkullern lässt, wie sie bei Enzo auf dem Gepäckträger mitfährt. Was jetzt, so aus dem Zusammenhang gerissen, vielleicht banal klingt, hat mir während des Lesens ein breites Grinsen ins Gesicht gezaubert und für mich das dargestellt, was Patrycja Spychalskis Bücher für mich so besonders macht. Sie sind einfach Wohlfühl-Bücher, die mich jünger werden lassen und mich zurück in meine Jugend versetzen.

Richtig gut gefallen hat mir, dass nicht nur die Probleme der jugendlichen Charaktere thematisiert werden, sondern auch die der Erwachsenen. Das war für mich recht neu. Ich habe das Gefühl, dass die Erwachsenen eine so große Rolle noch nie in den Büchern von Patrycja Spychalski gespielt haben. Aber hier wird auch angesprochen, wie es den Eltern von Laura geht, besonders ihrer Mutter, die noch so viel vorhat im Leben, aber immer wieder alles aufschiebt. Dieser Bereich spielt zwar eine verschwindend geringe Rolle in dem Buch, aber ich finde es trotzdem schön, dass der Blick der Autorin nicht auf die jugendlichen Charaktere beschränkt bleibt.

Besonders toll finde ich, dass das Ende des Buches und vor allem der letzte Satz völlig wertungsfrei ist. Es gibt eben kein "besser" oder "schlechter", kein "richtig" oder "falsch". Und ich finde es großartig, wie Patrycja Spychalski es schafft, dies mit einem einzigen - dem letzten - Satz des Buches deutlich zu machen. Denn "letztendlich ist es ein Mensch, in die man sich verliebt" (S. 311).

Mein Fazit

"Auf eine wie dich habe ich lange gewartet" ist ein tolles (Sommer-)Wohlfühl-Buch, dessen Lektüre ich sehr genossen habe, auch wenn es aufgrund Irinas schwierigen Charakters nicht mein Lieblingsbuch von Patrycja Spychalski ist.

Veröffentlicht am 06.10.2019

Ein wenig mehr Tiefe hätte nicht geschadet

Könntest du nur bei mir sein
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Je älter Kelsey und Michelle werden, umso mehr zeigt sich, wie unterschiedlich die beiden Zwillingsschwestern doch sind. Als Kinder haben sie unendlich viel Zeit miteinander verbracht, waren kaum voneinander ...

Je älter Kelsey und Michelle werden, umso mehr zeigt sich, wie unterschiedlich die beiden Zwillingsschwestern doch sind. Als Kinder haben sie unendlich viel Zeit miteinander verbracht, waren kaum voneinander zu trennen. Doch im Laufe der Jahre zeigen sich ihre unterschiedlichen Charaktere und sie entwickeln sich in unterschiedliche Richtungen. Kelsey ist Sportlerin, sie liebt das Cheerleading und seit drei Jahren auch ihren festen Freund Davis. Michelle ist Künstlerin, sie malt und vergöttert Andy Warhol. Ihre festen Freunde wechselt sie wie ihre Unterhosen, bis sie Peter kennenlernt, in den sie sich verliebt. Doch sie haben nur wenig Zeit, die sie miteinander verbringen können, denn Peter muss als Berufssoldat nach Afghanistan. Und niemand rechnet damit, dass er zwar gesund zurückkehren wird, dass Michelle aber plötzlich bei einem Autounfall stirbt.

Kelsey kann nichts dafür - sie erinnert einfach jeden an ihre Zwillingsschwester. Vielleicht ist es deshalb für ihre Eltern so schwer, den Tod ihrer Tochter zu verarbeiten. Sie kamen mir schon zu Beginn des Buches merkwürdig vor, aber dieser Eindruck verstärkt sich noch nach dem Tod von Michelle, denn sie kümmern sich kaum um Kelsey, laden stattdessen regelmäßig eine Trauergruppe zu sich nach Hause ein und überlassen ihre Tochter vollkommen sich selbst. Das fand ich echt merkwürdig und erst am Ende des Buches zeigt sich, dass sie doch auch in gewisser Weise ihre Aufgabe als Eltern wahrnehmen.

Ich war erleichtert darüber, dass für mich nachvollziehbar geschildert wurde, warum Kelsey Peter nicht die Wahrheit sagt. Es sind verschiedene Gründe, die hierbei eine Rolle spielen. Aber ich bin froh, dass es der Autorin gelungen ist, diese schwierige Situation nachvollziehbar und authentisch zu beschreiben. Und ich bin froh, dass es Gegenstimmen gibt in Form von Kelseys Freundin, die ihr den Kopf wäscht, als sie erfährt, was Kelsey tut. So wird deutlich, in welcher Zwangslage sie sich befindet.

Auch Peters Gefühle werden thematisiert, durch Briefe, die er Michelle schreibt und die Kelsey liest. Dadurch wurden seine Emotionen fast noch greifbarer für mich als Kelseys Gefühle, denn sie hat niemanden, mit dem sie wirklich über ihr Empfinden sprechen kann. Peter dagegen schreibt sich in Afghanistan seinen ganzen emotionalen Ballast von der Seele, wobei er da teilweise sehr ins Kitschige und Schwülstige abdriftet. Vielleicht lag dieser Eindruck aber auch einfach daran, dass Peter unsterblich in Michelle verliebt ist, während Kelsey erst dabei ist, Gefühle für ihn zu entwickeln. Dabei ist sie doch seit drei Jahren mit Davis zusammen. Und eigentlich ist sie doch glücklich mit ihm.

Nicht nur die Beziehung zwischen Kelsey und Peter wird thematisiert, sondern auch Kelseys Beziehung zu ihrer verstorbenen Zwillingsschwester. Denn dadurch, dass sie Peter gegenüber so tun muss, als wäre sie Michelle, lernt sie ihre Zwillingsschwester besser kennen. Die beiden haben sich in den letzten Jahren ziemlich voneinander entfernt und haben aufgehört, sich füreinander zu interessieren. Das ändert sich nun und so findet Kelsey ihren ganz persönlichen und eigenen Weg, um von ihrer Schwester Abschied zu nehmen.

Und als es am Ende so scheint, als wäre alles klar, da hat die Autorin mich doch noch mit einer Wende überrascht, mit der ich so auf keinen Fall gerechnet habe. Das hat mir richtig, richtig gut gefallen, auch wenn es keine positive Wendung war. Aber mir schien das Buch bis dahin zu geradlinig und ich war froh über diesen Schlenker, den die Handlung letztlich noch genommen hat.

Ich war überrascht, als ich gesehen habe, wie dünn das Buch ist. Mit nicht einmal 300 Seiten kam es mir bereits vor dem Lesen zu dünn vor für so eine Geschichte, wie sie der Klappentext versprach. Und tatsächlich blieb mir das Buch stellenweise zu oberflächlich. Zwar werden Kelsey und Peter gut charakterisiert, aber die Gefühle, die sich zwischen ihnen entwickeln, waren für mich nicht nachvollziehbar. Auch gab es im späteren Verlauf der Handlung ein Ereignis, das nur mit wenigen Worten erwähnt und auch danach nicht noch mal thematisiert wird, obwohl es schon ziemlich schlimm war.

Mir hat das Buch dadurch stellenweise zu sehr nur an der Oberfläche gekratzt. Ich wollte gerne tiefer abtauchen, mehr über das Gefühlsleben der Charaktere erfahren.

Mit dem Schreibstil der Autorin habe ich mich auch ein wenig schwer getan. Irgendwie ließ er mich nicht richtig in das Buch abtauchen, ließ eine gewisse Distanz bestehen. Ich empfand die Ausdrucksweise der Autorin stellenweise als zu umständlich, dann stellenweise wieder zu banal. So recht beschreiben kann ich es nicht. Aber letztlich habe ich "Könntest du nur bei mir sein" doch gerne gelesen, auch wenn ich mir etwas mehr Seiten und damit verbunden etwas mehr Tiefgang gewünscht hätte.


Mein Fazit

Lara Avery hat sich für diesen Roman ein krasses Thema ausgesucht, das größtenteils auch zufriedenstellend umgesetzt wurde. Ein wenig mehr Tiefe hätte der Handlung und den Charakteren aber nicht geschadet.

Veröffentlicht am 06.10.2019

Hat mich total überrascht

Red Rising
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Nie im Leben hätte ich gedacht, dass dieses Buch eines von der Sorte sein würde, die mich zu Tränen rühren. Ich meine, habt ihr euch den Klappentext durchgelesen? Deutet da irgendetwas auch nur ansatzweise ...

Nie im Leben hätte ich gedacht, dass dieses Buch eines von der Sorte sein würde, die mich zu Tränen rühren. Ich meine, habt ihr euch den Klappentext durchgelesen? Deutet da irgendetwas auch nur ansatzweise darauf hin, dass dieses Buch zum Heulen verleiten könnte? Eben! Und doch habe ich beim Lesen so hemmungslos Tränen vergossen, dass ich das Buch zur Seite legen und eine Pause machen musste. Aber der Reihe nach!

Der Einstieg in das Buch hat mich leicht überfordert, denn der Leser wird in eine völlig fremde Welt irgendwann in der Zukunft geschmissen, in der es nur so wimmelt von lauter fantastischen und fremd klingenden Wörtern. Nicht alle werden erklärt, viele muss man sich zusammenreimen. Denn die männliche Hauptperson Darrow tritt als Ich-Erzähler auf und er macht sich einfach nicht die Mühe, seine Leser Schritt für Schritt in seine Welt einzuführen. Dafür hat er gar keine Zeit, denn er ist viel zu sehr damit beschäftigt, mit Flüchen und Kraftausdrücken um sich zu werfen. Denn darauf solltet ihr euch einstellen: Darrow nimmt kein Blatt vor den Mund. Und er ist ein Mann. Dementsprechend derb ist teilweise der Schreibstil, aber ich konnte darüber oft schmunzeln.

So nach und nach habe ich dann aber doch in Darrows Welt hineingefunden, denn sein Erzählstil bzw. der Schreibstil des Autors ist nicht nur derb, sondern dazu auch sehr bildreich und schließlich habe ich es geschafft, mir ein Bild von Darrows Leben zu verschaffen. Das hat sich noch verstärkt, als er auf seine Liebe zu seiner Frau zu sprechen kam. Und jetzt sind wir auch schon an dem Punkt angelangt, der mich so extrem zu Tränen gerührt hat. Denn so bildhaft und derb Darrows Ausdrucksweise ist, so gefühlvoll und voller Liebe ist sie, wenn er von seiner Frau spricht. Ich hätte niemals erwartet, dass es in diesem Buch so bewegende und gefühlvolle Worte zu lesen geben würde, die überhaupt nicht kitschig waren, sondern mich einfach nur mitten ins Herz getroffen und tief berührt haben. Ich war selbst überrascht von meiner intensiven Reaktion auf dieses Buch, aber ich glaube, diese Szenen haben sich tief in meine Seele gebrannt und ich werde sie immer mit dem Autor in Verbindung bringen. Ja, ich weiß, ich werde gerade sehr sentimental, aber das geht jetzt grad nicht anders. Lest das Buch selbst, vielleicht ergeht es euch dann so wie mir.

Die Handlung des Buches nimmt eine Wende, als Darrow erkennt, dass seine Arbeit auf dem Mars eigentlich völlig nutzlos ist und er nur ausgebeutet wird, damit sich die Goldenen, die der höchsten Gesellschaftsschicht entsprechen, ein angenehmes Leben machen können. Um sich gegen sie aufzulehnen, unterzieht er sich einem harten Training und einer krassen Veränderung, um selbst zum Goldenen zu werden und sich zur Elite ausbilden zu lassen, um irgendwann mal eine hohe Position innerhalb der Goldenen einzunehmen und sie dann von innen zu zerstören. Richtig krass fand ich, wie dieser Wandlungsprozess vollzogen wird, wie Darrow nicht nur äußerlich verändert wird, sondern auch innerlich, praktisch einer Gehirnwäsche unterzogen wird und sein komplettes Denken umstellt.

Eine weitere Wende nimmt die Handlung, als schließlich die Prüfungen beschrieben werden, denen sich Darrow unterziehen muss, um zur Goldenen Elite zu gehören. Dabei ist es vor allem die letzte, alles entscheidende Aufgabe, für die der Autor sich unglaublich viel Zeit nimmt und in der vor allem auf zwischenmenschlicher Ebene viel passiert. Leider hat in dieser Phase, die ungefähr die komplette zweite Hälfte des Buches umfasst, meine Begeisterung für das Buch doch etwas nachgelassen. Das Buch wird nun sehr brutal, sehr blutig, sehr grausam. Und es zieht sich zu sehr in die Länge. Es wird gekämpft, es werden Strategien und Taktiken besprochen, es gibt Hinterhälte, Angriffe, Rückzüge. Mir waren diese Szenen zu eintönig, zu langatmig.

Und dennoch freue ich mich schon sehr auf die Fortsetzung, die voraussichtlich im Juni 2016 unter dem Titel "Red Rising. Im Haus der Feinde" erscheinen wird, denn der Klappentext des zweiten Bandes verspricht eine spannende Handlung und ich muss trotz meiner Kritik einfach wissen, wie es weitergeht.

Denn "Red Rising" ist so ein unglaublich komplexes und tiefgründiges Werk, in dem auch auf zwischenmenschlicher Ebene total viel passiert. Es gibt so viele Ansätze, anhand derer sich die Figuren charakterisieren und interpretieren lassen. Ich glaube, dieses Buch ist einfach mit keinem anderen vergleichbar.

Veröffentlicht am 06.10.2019

Ein toller Roadtrip durch die USA

Let's get lost
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"Let's get lost" hat mir großartige Lesestunden beschert und mich mitgenommen auf einen Road-Trip quer durch die USA. Ich mochte nicht nur die Idee hinter dem Buch total, sondern auch deren Umsetzung und ...

"Let's get lost" hat mir großartige Lesestunden beschert und mich mitgenommen auf einen Road-Trip quer durch die USA. Ich mochte nicht nur die Idee hinter dem Buch total, sondern auch deren Umsetzung und den Aufbau des Buches. Leila spielt ganz unbeabsichtigt im Leben von vier wildfremden Menschen eine kleine Rolle. Danach ist alles anders und vieles besser. Ich finde es genial, wie das Buch in den ersten vier Teilen die Geschichte der vier Personen erzählt, in die Leila so unverhofft reinplatzt, und wie dann im fünften Teil Leila endlich selbst zu Wort kommt. Und ich fand es großartig, dass jeder Teil des Buches mit einer Postkarte abschließt, die Leila von unterwegs schreibt. Manchmal an die Person, die gerade ihre Geschichte erzählen konnte, mal an einen anderen Menschen. Und ich fand es einfach großartig, was dieses Buch mit mir gemacht hat, denn es steckt so voller Liebenswürdigkeit und Wärme und Freude und großartigen Sätzen, die mit wenigen Worten so viel ausdrücken. Ich habe das Lesen einfach unglaublich genossen.

Road-Trip-Bücher gibt es einige, und sicher erzählt Adi Alsaid auch keine komplett neue Geschichte, wenn er von einem jungen Mann erzählt, der eigentlich ganz zufrieden ist mit seinem Leben, bis er erkennt, dass man auf sein Herz hören sollte. Oder von einer jungen Frau, die im Streit mit ihrer Schwester auseinandergegangen ist und nun Angst davor hat, den ersten Schritt auf sie zuzugehen. Oder von einem Jungen, der lernen muss, dass es die Sache wert ist, um die Liebe seines Lebens zu kämpfen. Oder von einer Frau, die Angst davor hat, die Menschen, die ihr am meisten bedeuten, zu verlieren, und dafür ihre große Liebe aufs Spiel setzt.

Aber es ist gar nicht nötig, dass Adi Alsaid das Rad neu erfindet, denn viel wichtiger ist, wie er seine Charaktere ihre Geschichten erzählen lässt. Mit wie viel Gefühl, das zwischen Trauer und Humor stetig zu schwanken scheint, mit wie viel Energie und letztlich Lebensfreude. Es geht um so einfache Dinge in diesem Buch, und doch sind sie am wichtigsten: Freundschaft, Liebe, Vertrauen, Mut. Und es gibt dem Leser ein positives Gefühl, wenn er mitverfolgt, wie die Charaktere wieder zu sich selbst finden, wie sie auch über sich hinauswachsen, wie sie erkennen, was wirklich wichtig ist, und darum kämpfen. Es stecken so viele kleine, feine Weisheiten in diesem Buch, die man als Leser für sich selbst mitnehmen kann. Das war einfach ganz großartig zu lesen.

Wobei ich auch Abstriche machen muss, denn manche Elemente von Leilas Road-Trip waren mir doch zu kurios, wurden mir zu übertrieben dargestellt. Und zwischendurch gab es auch einfach ein paar kleinere Längen. Man merkt eben doch, dass es ein Jugendbuch ist und gerade diese "typischen" Probleme der teilweise auch noch jugendlichen Charaktere konnten mich nicht ganz überzeugen.

Doch auch wenn ich mich nicht für jeden Charakter, dem Leila begegnet, und seine Geschichte gleichermaßen erwärmen konnte, sind die Seiten dennoch nur so an mir vorbeigezogen. Denn der Schreibstil von Adi Alsaid ist einfach so angenehm und leichtfüßig, dass man, einmal im Lesefluss, gar nicht mehr aufhören mag.

Ich hoffe, dass wir noch mehr von Adi Alsaid zu lesen bekommen werden, denn ich mag die positive Stimmung, die er mit seinem Buch verbreitet hat.


Mein Fazit

Auch wenn während des Lesens doch hin und wieder kleine Längen aufgetreten sind, habe ich "Let's get lost" so gerne gelesen und freue mich auf weitere Bücher des Autors, die hoffentlich wieder so positiv sein werden wie dieses Debüt.