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WinfriedStanzick

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.07.2017

Ein ernüchterndes Buch

Spurwechsel
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Roland Springer, Spurwechsel, Finanzbuch Verlag 2017, ISBN 978-3-95972-058-8

Ob die Vorschläge, die der Autor in seinem hier vorliegenden Buch „Spurwechsel“ macht, „ wie Flüchtlingspolitik wirklich gelingt“ ...

Roland Springer, Spurwechsel, Finanzbuch Verlag 2017, ISBN 978-3-95972-058-8

Ob die Vorschläge, die der Autor in seinem hier vorliegenden Buch „Spurwechsel“ macht, „ wie Flüchtlingspolitik wirklich gelingt“ tatsächlich umsetzbar sind bei den Prioritäten der gegenwärtigen Politik, ist unsicher, denn neben einer Begrenzung der Zuwanderung sollen Migranten mehr oder weniger gezwungen werden, sich über einen Ausbildungskredit den deutschen Anforderungen anzupassen.

Ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagiert, formuliert Roland Springer eine ernüchternde Einsicht, die allerdings schon 2015 schon so mancher gesunde Menschenverstand kannte und dafür von einer großen Mehrheit als fremdenfeindlich oder islamophob in die rechte Ecke gestellt wurde: sowohl in der Arbeitswelt als auch "bei den Werten und Normen des außerberuflichen Alltagsleben bestehen zwischen den muslimischen Flüchtlingen und ihrem gesellschaftlichen Umfeld deutliche Diskrepanzen. Diese sind nicht einfach zu überbrücken, zumal nicht wenige Flüchtlinge zwar in den Genuss der materiellen Vorzüge der westlichen Welt kommen wollen, wesentliche Aspekte der westlichen Lebens- und Arbeitsweise für sich aber ablehnen."

Selbst gebildete muslimische Zuwanderer können und wollen sich in der Regel nur schwer oder gar nicht in Deutschland integrieren. Von den anderen, und das ist die große Mehrheit, ganz zu schweigen. In der Zukunft sehen wir uns vor weiteren vom Steuerzahler alimentierten Parallelgesellschaften. Ein Perspektive, die hoffnungslos aber sehr realistisch ist. Nur will das im Augenblick keiner wirklich hören.

Ein ernüchterndes Buch.



Veröffentlicht am 18.07.2017

Komisch, oft mit viel schwarzem Humor und immer mit viel Hintersinn porträtieren diese Karikaturen den alltäglichen Irrsinn und zeigt gnadenlos die Fehler auf im System.

Systemfehler
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Martin Sonntag, Saskia Wagner (Hg.), Systemfehler. Cartoons zur Weltlage, Lappan 2017, ISBN 978-3-8303-3480-4

Anlässlich der Ausstellung „caricatura 7- Systemfehler“, die vom 3.6. bis zum 17.9.2017 in ...

Martin Sonntag, Saskia Wagner (Hg.), Systemfehler. Cartoons zur Weltlage, Lappan 2017, ISBN 978-3-8303-3480-4

Anlässlich der Ausstellung „caricatura 7- Systemfehler“, die vom 3.6. bis zum 17.9.2017 in der Caricatura Galerie in Kassel zu sehen ist sind die in diesem von Martin Sonntag und Saskia Wagner herausgegebenen Band zu sehen ist.

Sie schreiben in ihrem Vorwort:
„Was ist in der Welt bloß los? Alle bekloppt geworden? Despoten, Chaoten und Idioten finden sich n Entscheidungspositionen auf allen Ebenen, sogar als Staatsoberhäupter. Im Fahrwasser von neo-faschistischem und rassistischem Stumpfsinn punkten rechtspopulistische Parteien bei Wahlen. Gleichzeitig treiben religiöse Fundamentalisten die überforderte Politik vor sich her, während die bürgerliche Mitte verängstigt daneben steht und sich ansonsten in ein immer niveauloseres mediales Angebot flüchtet.“

Getreu nach Tucholsky („Satire ist Humor, der die Geduld verloren hat“) zeigen 50 der renommiertesten Zeichnerinnen und Zeichner, wie und warum ihnen der Geduldsfaden gerissen ist.

Komisch, oft mit viel schwarzem Humor und immer mit viel Hintersinn porträtieren diese Karikaturen den alltäglichen Irrsinn und zeigt gnadenlos die Fehler auf im System.



Veröffentlicht am 17.07.2017

Ein erschütterndes Zeugnis eines Männertypus, der in unseren Breiten jedenfalls hoffentlich am Aussterben ist

Walter Nowak bleibt liegen
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Julia Wolf, Walter Nowak bleibt liegen, Frankfurter Verlagsanstalt 2017, ISBN 978-3-627-00233-6

Nach „Alles ist jetzt“ legt die Schriftstellerin Julia Wolf nun mit „Walter Nowak bleibt liegen“ ihren zweiten ...

Julia Wolf, Walter Nowak bleibt liegen, Frankfurter Verlagsanstalt 2017, ISBN 978-3-627-00233-6

Nach „Alles ist jetzt“ legt die Schriftstellerin Julia Wolf nun mit „Walter Nowak bleibt liegen“ ihren zweiten Roman vor, aus dem sie beim Bachmann-Wettbewerb schon einen Auszug gelesen hatte und damit bei den Kritikern wie zum Beispiel Sandra Kegel von der FAZ große Begeisterung ausgelöst hat („Eine großartige Männerstudie“).

Auf etwa 160 Seiten gelingt es ihr hervorragend, sich in die Psyche eines älteren Mannes hineinzuversetzen. Walter Nowak ist das, was man einen fitten best-ager nennen könnte. Aus seiner ersten Ehe hat er einen Sohn und ist nun mit der jüngeren Yvonne verheiratet, die für einige Tage zu einer Tagung verreist ist. Wie immer hält er, seit vielen Jahren Inhaber eines Hebebühnenverleihs, sich auch an diesem Tag, an dem sich sein Leben ändert, fit. Fit wie ein Turnschuh will er sein, und wenn es geht, mit seiner Figur und Erscheinung andere Frauen beeindrucken.

So auch an diesem Tag während der Abwesenheit seiner Frau. Er schwimmt im Schwimmbad seine Bahnen (1000m mindestens jeden Tag), als eine junge Mutter seine männliche Aufmerksamkeit auf sich zieht. Er will sie beeindrucken und stößt sich, unachtsam, bei einer Wende den Kopf an. Außerhalb des Beckens kommt er zu sich, fühlt eine dicke Beule an seiner Stirn. Nichts Schlimmes und dennoch ist dieser Vorfall sozusagen der Beginn des Zerfalls seines Schutzwalls, den er sich um sein Innenleben herum mit den Jahren aufgebaut hat.

Der Leser spürt bald, dass dieser Selbstschutz schon lange nicht mehr funktioniert hat. Als er kurze Zeit später in der Waschküche zu sich kommt (er weiß nicht mehr wie er dahin gekommen ist) „bleibt Walter Nowak liegen“ – bildlich gesprochen. Er erinnert sich an seine Eltern seine Kindheit, sein Leben und an die Frauen in seinem Leben.

Ein dem Leser und wohl auch der Autorin schnell unsympathisch werdender Mann wird da gezeigt, ein Mann mit Sehnsüchten und Hoffnungen, ein Mann der alten Garde, ein richtiger Macho.

Indem sie ihn mit kurzen, oft abgehackten Sätze erzählen lässt, demontiert sie nicht nur ihn, sondern eine ganze Generation von Männern, deren Söhne und Enkel sich so ein Leben und Denken, so ein Verhalten Frauen gegenüber nicht in ihren übelsten Träumen vorstellen können.
„Walter Nowak bleibt liegen“ ist ein erschütterndes Zeugnis eines Männertypus, der in unseren Breiten jedenfalls hoffentlich am Aussterben ist.




Veröffentlicht am 22.10.2019

Allmen schwächelt etwas

Allmen und der Koi
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Martin Suter, Allmen und der Koi, Diogenes 2019, ISBN 978-3-257-07075-0

Das hier vorliegende Buch „Allmen und der Koi“ ist der mittlerweile sechste Band einer Serie von Martin Suter, einem extrem vielseitigen ...

Martin Suter, Allmen und der Koi, Diogenes 2019, ISBN 978-3-257-07075-0

Das hier vorliegende Buch „Allmen und der Koi“ ist der mittlerweile sechste Band einer Serie von Martin Suter, einem extrem vielseitigen Schriftsteller. Johann Friedrich von Allmen ist eigentlich kein richtiger Adliger. Im letzten Buch erzählte er an einigen Stellen von seiner Kindheit auf einem Bauernhof. Doch irgendwie hat er es zu großem Reichtum gebracht, der ihm aber durch seinen aufwendigen und verschwenderischen Lebensstil immer wieder unter den Fingern zerrinnt. So musste er vor längerer Zeit schon seine große Villa verkaufen und sich ein lebenslanges Wohnrecht in dem zur Villa gehörenden Gartenhaus sichern.

Dort lebt er auf relativ engem Raum zusammen mit seinem Diener Carlos, einem illegal in der Schweiz lebenden Guatemalteken und dessen Partnerin Maria. Carlos ist für Allmen unersetzbar und mittlerweile zum Teilhaber der Firma Allmen International Inquiries aufgestiegen, einer Agentur, deren Spezialität es ist, wertvolle Kunstgegenstände wieder zu beschaffen. Dass sie diese nicht selten vorher selbst auf unterschiedlich phantasievolle Weise entwendet und in ihren Besitz gebracht haben, ist unverzichtbarer Bestandteil des Geschäftsmodells der Firma.

Im neuen Buch bekommt Allmens Firma einen ungewöhnlichen Auftrag. Dieses Mal ist es nicht ein Kunstgegenstand, der wieder zu beschaffen ist, sondern ein wertvoller Fisch. Allmen wird von einem ihm zunächst unbekannten Auftraggeber nach Ibiza auf dessen exklusives Anwesen gerufen.

Garrett, so heißt der reiche Auftraggeber, hat in seinem früheren Leben viele Aufnahmen bekannter Pop-Musiker produziert und sich nun in Ibiza zur Ruhe gesetzt. Kaum dort angekommen, wird Allmen an einen riesigen Teich geführt, wo ihn Garret erwartet. Er zeigt Allmen seine Sammlung wertvoller Kois. Der teuerste, so Garrett, sei vor kurzem aus dem Teich gestohlen worden. Und nun soll Allmen den über eine Million teuren Fisch wieder finden.

Allmen und der schnell nachgereiste Carlos machen sich über Nacht kundig über alles, was man über Kois wissen kann und machen sich dann auf die Suche.

Während ihrer Ermittlungen finden sie schnell Zutritt zu einer extrem abgeschirmten Welt einer superreichen High Society Ibizas und bekommen immer mehr Einblicke in eine sehr skurrile und extrem teure Sammelleidenschaft.

Als Carlos während der Ermittlungen niedergeschlagen wird, dauert es nicht lange bis auch Maria auf der Insel erscheint. Zu dritt gelingt es ihnen, den Fisch wieder zu finden. Doch was sein Eigentümer Garrett dann am Ende mit diesem Fisch anstellt, ist nicht nur für Allmens Crew, sondern auch für den Leser, der bis dahin von Suters lockerem Sprachstil gut unterhalten wurde, absolut überraschend.

Zum ersten Mal seit Suters Allmen die literarische Szene betreten hat, macht er sich in diesem sechsten Band zum ersten Mal mehrfach ernsthafte Gedanken über sein Alter. Er fragt sich, wie es in den kommenden Jahren mit seiner Wirkung auf das andere Geschlecht bestellt sein wird (auch in „Allmen und der Koi“ klappt das noch hervorragend!) und wie es mit seiner Gesundheit und körperlich en Fitness weiter geht. Wir werden erfahren, ob Suter seinen Allmen in den nächsten Bänden tatsächlich älter werden lässt.

Suter gelingt es in jedem seiner bisherigen Allmen Bände, die Gesellschaft der Superreichen zu karikieren und immer mit einem Schluss aufzuwarten, der seine Leser gespannt auf den nächsten Band warten lässt.















Veröffentlicht am 06.08.2019

„Es wird zu wenig darüber geredet.“

Rot ist doch schön
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Lucia Zamolo, Rot ist doch schön, Bohem Verlag 2019, ISBN 978-3-95939-0804

„Fun & Facts rund ums Thema Menstruation“ verspricht das vorliegende Buch von Lucia Zamolo, das der ambitionierte Bohem Verlag, ...

Lucia Zamolo, Rot ist doch schön, Bohem Verlag 2019, ISBN 978-3-95939-0804

„Fun & Facts rund ums Thema Menstruation“ verspricht das vorliegende Buch von Lucia Zamolo, das der ambitionierte Bohem Verlag, der nun zur Coppenrath Gruppe in Münster gehört, verlegt hat.

Auf eine witzige und humorvolle, in der Gestaltung der Zielgruppe junge Mädchen angepasst, umfasst das mit einem roten Umschlag versehen Buch eine bunte Mischung aus Gedanken, Geschichten und Informationen rund um das Thema Menstruation. Es ist mit unterschiedlich gut lesbaren teilweise krakeligen Schreibschriften verfasst, was meiner Meinung nicht unbedingt zur Lesbarkeit beiträgt.

Von vielen Gesprächen mit Frauen und Mädchen motiviert und inspiriert, hat Lucia Zamolo auf fast 100 Seiten alles notiert und gezeichnet, was zu dem Thema wichtig ist. Viele Gedanken und Fakten werden offen und ungeniert aus- und angesprochen, die selbst bei erwachsenen Frauen noch oft ein Tabu sind.
Das Buch möchte eine Menge Irrtümer aufklären und Frauen und Mädchen Mut machen, offen und gelassen mit ihrer Periode umzugehen.

Manche Kritiken haben schon darauf hingewiesen, ab welchem Alter man Mädchen dieses Buch geben sollte bzw. gemeinsam lesen sollte sei ziemlich wichtig. Es einfach nur auf den Tisch zu legen, würde jedenfalls den bisherigen Umgang mit dem Thema nur verstärken. Offenbar sollten Eltern (vorzugsweise die genauso betroffene Mutter oder Patentante) immer anbieten, über das Buch zu sprechen, denn: „Es wird zu wenig darüber geredet.“