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Veröffentlicht am 24.11.2016

empfehlenswert

Staats‘ Geheimnisse – Mediterrane Rezepte und Storys von den Jachten der Superreichen
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Ich koche leidenschaftlich und sehr gerne aus guten Kochbüchern. Ich finde, man muss wirklich kein Genie sein, um leckere Gerichte zu zaubern. Man braucht nur eine hervorragende Anleitung und ein bisschen ...

Ich koche leidenschaftlich und sehr gerne aus guten Kochbüchern. Ich finde, man muss wirklich kein Genie sein, um leckere Gerichte zu zaubern. Man braucht nur eine hervorragende Anleitung und ein bisschen Übung. Deshalb bin ich immer interessiert an neuen Kochbüchern und hier vor allem an solchen von Köchen, die ich noch nicht kenne und die dann meist auch einen neuen Wind in meine Küche bringen können.

Stephan Staats hat unter dem Titel Staats‘ Geheimnisse eine Sammlung mediterraner Rezepte herausgebraucht, die rund um das Mittelmeer quer durch alle Länder geht. Mir war er noch nicht bekannt und als Mann hat mich natürlich sein abenteuerlicher Arbeitsplatz auf den Jachten der Superreichen durchaus angesprochen. Jedes Kochbuch sucht neben der reinen Rezepteansammlung den Leser und Koch entweder mit einer Philosophie oder einem Motto anzusprechen. Hier ist es so, dass Stephan Staats aus seinem Nähkästchen plaudert und über Oligarchen und Promis und sein Leben als reisender in Sachen gutes Essen berichtet. Die Geschichten sind kurz und knackig, manchmal amüsant manchmal überraschend und zwischen den Rezepten sehr unterhaltsam. Aber es gibt sehr viel Raum für die einzelnen Gerichte. Hervorragend Bilder zeigen leckere Kochergebnisse, die man sehr gerne nachkochen und probieren möchte. Die Rezepte sind durch die Bank einfach nach zu kochen und haben wenig Klimbim, an dem man sich die Zähne ausbeißen würde. Es sind die Klassiker aber auch ein paar Rezepte, von denen ich so noch nie gehört hatte, wobei ich hier vor allem auf die Sachen Richtung Albanien, Montenegro abzielen.

Zu meinen Favoriten gehörten die Nudeln mit Meeresfrüchten und die Kirchererbsensuppe, die in meiner Familie reißenden Absatz fand.
Das Buch ist wirklich empfehlenswert und ich würde es auch weiterverschenken, da es mir überraschend gut gefallen hat. Staats‘ Geheimnisse hat meine Erwartungen positiv übertroffen.

Veröffentlicht am 17.11.2016

toller Schmöker

Das Land der roten Sonne
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Australien im Jahr 1898. Leonora und ihr Vater sind nahe am Verhungern und als der Vater das Mädchen alleine lässt – mutmaßlich, um etwas zu Essen zu finden – stirbt sie fast im australischen Outback. ...

Australien im Jahr 1898. Leonora und ihr Vater sind nahe am Verhungern und als der Vater das Mädchen alleine lässt – mutmaßlich, um etwas zu Essen zu finden – stirbt sie fast im australischen Outback. Aber ein Wanderarbeiter rettet sie und schließlich landet sie in einem Waisenhaus, wo sie den irischen Jungen James kennenlernt. Die beiden werden ein eingeschworenes Team und geben einander Halt und Zuneigung. Aber dann wird Leonora von Amerikanern adoptiert und verlässt das Land. Und James wächst bei seinen irischen Verwandten auf.

Jahre später kehrt Leonora nach Australien zurück. Sofort weiß sie, dass sie hierher gehört in dieses Land. Sowohl Amerika, als auch ihr Ehemann sind nur ein Kompromiss gewesen und sie ist unglücklich. Dann trifft sie James wieder und aus der Kindheitsfreundschaft wird schnell mehr.

Das Buch hat all meine Erwartungen erfüllt. Harmony Verna hat einen angenehmen und bildhaften Erzählstil und versteht es nicht nur die wilden Landschaften des australischen Kontinents dem europäischen Leser näher zu bringen, sondern auch ihre zwei Helden sind schnell sympathisch und man fiebert mit ihnen mit. Es ist natürlich eine Liebesgeschichte, aber es ist keineswegs seicht oder belanglos und auch nicht kitschig. Gefallen hat mir, dass es neben Leonora und James noch einige andere starke Charakter gibt, die der Geschichte Leben und Farbe einhauchen. Und gerade im letzten Drittel wird es richtig spannend, ja fast abenteuerlich. Das hat mir besonders gefallen.

Veröffentlicht am 17.11.2016

ein Monatshighlight

Ein Lied für die Geister
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Auf den ersten Blick mutet uns die Geschichte ungeheuerlich an. Ein Mann erschießt auf der Jagd nach einem Hirsch stattdessen den kleinen Nachbarsjungen. Und in seiner Verzweiflung deutet er die Visionen ...

Auf den ersten Blick mutet uns die Geschichte ungeheuerlich an. Ein Mann erschießt auf der Jagd nach einem Hirsch stattdessen den kleinen Nachbarsjungen. Und in seiner Verzweiflung deutet er die Visionen im Schwitzhaus als Aufforderung zu einem altem Ritual und bringt seinen eigenen jüngsten Sohn zu den fassungslosen Eltern des toten Kindes und sagt, er wäre nur ihr Sohn. Ein Sohn für den anderen. So wie es früher schon in den alten Zeiten war.

Luise Erdrich schreibt mit einer wohldosierten Distanz, die dem Leser Raum lässt für eigene Interpretationen. Sie beschreibt mit gefühlvollen lebhaften Worten, aber alle ihre Figuren sind ihr gleich lieb und sie ist eine kluge Beobachterin, die die Geschehnisse beschreibt ohne zu werten oder zu erklären. Von Anfang an nahm mich diese Geschichte gefangen. Man spürt die indianische Spiritualität, man riecht das weite Land, die Felder und Wälder. Man erfährt, wie das Leben der Indianer noch immer dadurch bestimmt ist, dass sie ihre Herkunft und ihre Kultur verleugnen sollen, dass sie sich anpassen und ihre Eigenheiten ablegen sollen. Das neue und das alte Amerika, die Kraft der alten Riten und die Verlockung der westlichen Errungenschaften, ringen miteinander und jeder Indianer versucht seinen eigenen Weg für sein eigenes Leben zu finden.

Lebendig und ganz nah kommen einem die Personen. Die Einblicke in eine fremde Gesellschaft, ganz anders, wie wir sie aus Karl-May-Büchern und Wild-West-Filmen kennen, ist ruhig und eindringlich erzählt. Schon das Cover ist ein Augenschmaus und der Titel hallt ebenso wie die ganze Geschichte kräftig und lange in mir nach.

Veröffentlicht am 17.09.2016

hervorragend

Die Nachtigall
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Die Deutschen marschieren in Paris ein, besetzten die Hälfe des Französischen Reiches. Vianne versucht sich mit Erspartem und einem kleinen Lehrerinnengehalt auf ihrem ländlichen Anwesen über Wasser zu ...

Die Deutschen marschieren in Paris ein, besetzten die Hälfe des Französischen Reiches. Vianne versucht sich mit Erspartem und einem kleinen Lehrerinnengehalt auf ihrem ländlichen Anwesen über Wasser zu halten, während ihr Mann bereits seit Monaten an der Front für sein Vaterland kämpft. Ihre Schwester jüngere Isabelle würde lieber bei ihrem Vater in Paris bleiben, aber der schickt sie zu Vianne, als die Wehrmacht die Stadt besetzt. Doch Isabelle lehnt sich gegen die feindliche Übernahme auf, knüpft schnell Kontakte zum Widerstand und verteilt erst Flugblätter bevor sie unter dem Decknamen "die Nachtigall" anfängt, abgeschossene Alliierten-Piloten über die Pyrenäen nach Spanien zu schleusen. Bei Entdeckung droht ihr selbstverständlich der Tod. Aber um so länger die Besatzung dauert, um so schlimmer werden die Repressalien für die Franzosen. Die Deutschen beginnen mit dem Abtransport der französischen Juden, reißen Familien auseinander, erschießen auf offener Straße Mütter und Kinder, kennen kein Erbarmen. Auch Vianne bekommt immer mehr die Härte und Grausamkeit des Regimes zu spüren. Ihre beste Freundin ist Jüdin und als sich Vianne endlich dazu entscheidet ihr und ihren zwei Kindernn zu helfen nimmt das Schicksal seinen Lauf.

Es war mein erste Buch von Kristin Hannah. Mir scheint, es war ihr erster historischer Roman. Ich war von der ersten Seite an total gefesselt von dieser Geschichte und schnell entwickelte sie so einen Sog, dass ich es nur noch schwer aus der Hand legen konnte. Die im Rückblick unglaublich erscheinenden Zustände im besetzten Frankreich, die brutale Vorgehensweise der Deutschen, die jenseits aller "normalen" Kriegshärte von Menschenverachtung und Hass geprägt war, der Wagemut der Widerstandskämpfer,in deren Reihen viele Frauen ihr Leben riskierten... all das schildert Hannah eindringlich und glaubwürdig.

Das Schicksal von Vianne und Isabelle hat mich tief berührt und "Die Nachtigall" ist eines meiner Jahreshighlights geworden.

Veröffentlicht am 15.09.2016

schöne Geschichten

Die Modernisierung meiner Mutter
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Auf knappen 150 Seiten bekommt man laut Register 22 Geschichten von Autor Bov Bjerg. Aber das stimmt so nicht ganz, denn eigentlich ist jede einzelne eine ganze Geschichtensammlung. In oft nur wenigen ...

Auf knappen 150 Seiten bekommt man laut Register 22 Geschichten von Autor Bov Bjerg. Aber das stimmt so nicht ganz, denn eigentlich ist jede einzelne eine ganze Geschichtensammlung. In oft nur wenigen Sätzen umreist er hier ganze Lebensläufe, setzt Nachbarn und Fremde gleichermaßen in Szene, erschafft ein eigenes Universum an Menschen, die die Storys mit Leben prall ausfüllen und laut und deutlich mit dem Leser sprechen.

Es wird aus er Ich-Perspektive erzählt was suggeriert, der Autor hätte alles selbst erlebt, alles wäre so oder zumindest so ähnlich passiert. Diese Perspektive ergibt einen Grundton, einen Hintergrund, der die Geschichten lose aber unmerklich miteinander verbindet, so dass es sich am Ende fast wie eine große Geschichte liest. Natürlich schwanken den Themen und auch die Stimmungen. Manche sind skuril, andere lustig oder traurig, einige erfordern etwas Geduld andere sind hopp-la-hopp erzählt und schon vorbei.

Wohltuend fand ich, dass hier nicht mit dem erhobenen Zeigefinger erzählt wird. Man hat – wie oft bei Kurzgeschichten – nicht den Eindruck, dass man immer etwas wahnsinnig tiefsinniges oder Wichtiges erfährt. Der Autor will durchaus unterhalten. Er ist ein Meister des genauen Hinschauens, des witzig Beschreibens und des subtilen Humors der auch mal im Klamauk enden kann.

Das Schöne an den Geschichten ist, dass man sie nicht über einen Kamm scheren kann. Sie überraschen und haben Charme. Ein leicht zu lesendes, angenehmes Büchlein. Wer Kurzgeschichten mag, sollte hier zugreifen.