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Veröffentlicht am 25.10.2019

Sébastien Mourrain verhilft Stevensons Klassiker »Doktor Jekyll & Mister Hyde« mit seinen eindrucksvollen Illustrationen den Sprung in die Moderne.

Doktor Jekyll & Mister Hyde
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Beschreibung

Rechtsanwalt Uttersons Misstrauen wird durch eine Änderung im Testament seines Freundes Doktor Jekyll geweckt, als dieser den kürzlich in sein Leben getretenen Mister Hyde als Erbe einsetzt. ...

Beschreibung

Rechtsanwalt Uttersons Misstrauen wird durch eine Änderung im Testament seines Freundes Doktor Jekyll geweckt, als dieser den kürzlich in sein Leben getretenen Mister Hyde als Erbe einsetzt. Auf einem Spaziergang mit Mister Enfield wird Utterson Zeuge des bösartigen Verhaltens von Mister Hyde, indem er Augenzeuge eines Zusammenstoßes zwischen Mister Hyde und einem kleinen Mädchen wird. In welcher Beziehung steht nun aber sein Freund und Mandant Doktor Jekyll zu diesem mysteriösen Mister Hyde?

Meine Meinung

Diese extravagante Ausgabe von Robert Louis Stevensons Klassiker der Schauerliteratur »Doktor Jekyll & Mister Hyde« kommt in einem schwarzen Leineneinband mit der Abbildung eines Schmetterlings, der in eine gute und eine böse Seite aufgespalten ist, orange gemusterten Vorsatzpapier und mit den düsteren Illustrationen des französischen Künstlers Sébastien Mourrain daher. Der Text von Robert Louis Stevenson wurde für diese Bilderbuch-Ausgabe, die auch für Kinder- und Jugendliche gedacht ist, von dem Übersetzter Nils Aulike in eine gekürzte Fassung überführt, büßt dabei jedoch nichts an seinem schaurigen Gruselpotenzial ein.

Durch das einmalige Zusammenspiel von Robert Louis Stevensons Geschichte und Sébastien Mourrains atmosphärischen Zeichnungen wird man direkt in das London des 19. Jahrhunderts entführt und wird dort Zeuge eines überaus undurchsichtigen Kriminalfalles. Auch wenn man noch nicht die Originalausgabe dieses Klassikers der Weltliteratur gelesen hat, ist man unweigerlich in irgendeiner Form mit »Doktor Jekyll & Mister Hyde« und deren Einfluss in die Popkultur in Berührung gekommen.

Doktor Jekyll gelingt es mit Experimenten an sich selbst, seine freundliche und gute Persönlichkeit von seiner schattenhaften und bösartigen Persönlichkeit zu trennen und existiert seither, je nach Drogeneinnahme, als Doktor Jekyll oder Mister Hyde. Damit spielt der Autor auf unser facettenreiches Wesen an, dass ebenso wenig ohne das Dunkel auskommt wie das Licht ohne Schatten. Doch Vorsicht ist geboten, denn Doktor Jekyll ist mit seinem Experiment der beste Beweis dafür, dass man den Schatten nicht unterschätzen und Überhand gewinnen lassen sollte.

Sébastien Mourrain fängt in seinem, zum größten Teil in Schwarz gehaltenen und skizzenhaften Illustrationen den Kern der Geschichte ein und weist mit gelben Highlights auf Details in seiner Bebilderung hin. Diese ausgesprochen schmuckhafte Ausgabe von Robert Louis Stevensons Klassiker ist eine wahre Augenweide im Regal und eignet sich nicht nur für schaurig-schöne Lesestunden, sondern ist auch besonders gut als Geschenk an Buchliebhaber geeignet.

Fazit

Sébastien Mourrain verhilft Stevensons Klassiker »Doktor Jekyll & Mister Hyde« mit seinen eindrucksvollen Illustrationen den Sprung in die Moderne. Nils Aulike mach durch seine Neuübersetzung und Kürzung die Geschichte auch für Kinder- und Jugendliche zugänglich.

Veröffentlicht am 25.10.2019

Ein lesenswertes Zeitzeugnis über das Leben in der englischen Provinz im 19. Jahrhundert.

Middlemarch
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Beschreibung

Die Einwohnerschaft der englischen Ortschaft Middlemarch setzt sich aus den unterschiedlichsten Bevölkerungsschichten zusammen. Während ein Großteil der Bevölkerung mit ihrer Stellung zufrieden ...

Beschreibung

Die Einwohnerschaft der englischen Ortschaft Middlemarch setzt sich aus den unterschiedlichsten Bevölkerungsschichten zusammen. Während ein Großteil der Bevölkerung mit ihrer Stellung zufrieden scheint, wächst eine neue Generation heran, die den Umbruch in eine neue Zeit beschreiten. Dorothea Brooke ist eine junge Frau mit aufgewecktem Geist und voller Intelligenz. Sie möchte nicht gut heiraten, um selbst versorgt zu sein, sondern um mit ihren Möglichkeiten für Verbesserungen zu sorgen. Als sie den deutlich älteren Mr. Edward Casaubon heiratet, scheint die Erfüllung ihrer Träume in greifbare Nähe gerückt zu sein. Auch der junge Arzt Tertius Lydgate steckt voller Ideale und möchte seine Forschung und neue Methoden in Middlemarch vorantreiben. Dorothea und Tertius müssen schon bald feststellen, dass sich ihre Pflichten in der Ehe und gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern von Middlemarch nicht so leicht mit ihrer Vorstellung vom Leben vereinbaren lässt.

Meine Meinung

Der Klassiker »Middlemarch« von George Eliot stammt aus den 1870er Jahren und trägt den Untertitel »Eine Studie über das Leben in der Provinz«. Zu Ehren des 200. Jahrestag von George Eliots Geburtstag am 22. November hat der dtv Verlag diese hübsche Neuausgabe in der Übersetzung von Rainer Zerbst mit einem Vorwort von Elisabeth Bronfen und einem Nachwort des Übersetzers herausgebracht.

Das Vorwort von Elisabeth Bronfen ist sehr aufschlussreich geschrieben und hätte sich in meinen Augen eher als Nachwort geeignet, denn in ihrem Text verrät sie bereits einige Einzelheiten der Geschichte, die ich viel lieber selbst entdeckt hätte.

Der Schreibstil legt bereits mit langen und in sich verschachtelten Sätzen ein Zeitzeugnis ab und versetzt den Leser direkt in das 19. Jahrhundert. Damals hatte man noch jede Menge Zeit für Müßiggang (zumindest die finanziell gut situierte Gesellschaft) und so entspinnt sich auch George Eliots Geschichte über die Menschen, ihre Beziehungen zueinander und welche politischen Einflüsse das Leben in Middlemarch prägen in einer Gemütlichkeit, für die man sich gerne die nötige Zeit nimmt. Im Mittelpunkt der Handlung stehen dabei immer wieder Dorothea und Tertius, die mit ihrer aufgeweckten Art im Kontrast zu den restlichen Middlemarchern stehen.

Während sich Dorothea nicht mit der für sie vorgesehenen Partie verheiraten lässt und stattdessen den um einiges älteren Mr. Casaubon heiratet, schlittert Mr. Lydgate ohne die Absicht sich überhaupt jemals verheiraten zu wollen in die süßen Netze von Rosamond Vincy. Die einzelnen Persönlichkeiten zeichnet George Eliot mit feinen Pinselstrichen, versieht diese mit Ecken und Kanten und erweckt damit ein lebhaftes Bild der damaligen Gesellschaft zum Leben.

Gekonnt setzt George Eliot in Szene, wie sehr das Leben der Menschen in Middlemarch von der Entscheidung, mit wem sie sich verheiraten oder in beruflicher Sicht verbünden, geprägt ist. Die bescheidene und wissbegierige Dorothea lässt sich von imponierenden Worten täuschen und gerät so in den engen Käfig einer Ehe, die sie sich vollkommen anders ausgemalt hatte und der junge Arzt Tertius Lydgate stürzt sich in Middlemarch voller Idealismus und naivem Tatendrang in die Arbeit und tritt mit seiner überheblichen und forschen Herangehensweise auf den Schlips alt eingesessener Ärzte.

Die Sorgen und Ängste der Armen und Reichen scheinen zwischen den schicksalshaften Lebenswegen der Protagonisten zu verschwimmen und die Erkenntnis schleicht sich zwischen die Zeilen, dass nicht immer alles was Rang und Namen hat auch das entsprechende Geld mit sich bringt, und nicht alle Menschen mit ihrem Reichtum glücklich werden, sondern diesen sogar opfern müssen um das Leben führen zu können, dass sie sich wünschen.

»Middlemarch« steckt voller Weisheiten und so steckt auch in der Geschichte des Geistlichen Mr. Farebrother und des jungen Tunichtgut Mr. Fred Vincy eine sprichwörtliche Botschaft. Während Mr. Farebrother sein Einkommen durch sein Glück beim Billard und Kartenspiel im Grünen Drachen aufstockt, verschuldet sich Fred Vincy durch ebenjenes Glücksspiel und verspielt dabei fast seine Aussicht auf die Heirat mit seiner Jugendliebe. Hier bringt George Eliot den unabweislichen Vergleich ein, dass während der Eine Glück im Spiel hat, hat der Andere sein Glück in der Liebe findet.

George Eliot bietet mit ihrer Geschichte einen komplexen Einblick in das gesellschaftliche Leben im 19. Jahrhundert und überzeugt mit lebendigen Persönlichkeiten, die trotz ihrer Eigenarten und auch negativen Eigenschaften einem schnell ans Herz wachsen. Das Augenmerk liegt auf einer ausführlichen Beschreibung der Szenerie und sorgt auch beim Lesen für eine entschleunigte Wahrnehmung. Zwischendurch gab es allerdings auch einige Längen, die sich bei mir durch die politischen Abhandlungen bemerkbar machten. Dies mag jedoch auch meiner Unkenntnis und der daraus resultierenden Unwissenheit über Eliots Anspielungen auf die politischen Belange geschuldet sein.

Fazit

Ein lesenswertes Zeitzeugnis über das Leben in der englischen Provinz im 19. Jahrhundert.

Veröffentlicht am 25.10.2019

Magisch-Mystische Fantasy

Der Wächter der Winde
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Beschreibung

Die »Welt unter dem Winde« wurde von dem unkonventionellen und visionären Erfinder Ross erschaffen. Seither lebt er mit seiner Tochter Mira(nda), dem Geist Ariel und dem Jungen Caliban in ...

Beschreibung

Die »Welt unter dem Winde« wurde von dem unkonventionellen und visionären Erfinder Ross erschaffen. Seither lebt er mit seiner Tochter Mira(nda), dem Geist Ariel und dem Jungen Caliban in seiner eigens erschaffenen Parallelwelt. Durch einen Sturm strandet eine Gruppe verschiedener Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Epochen in der magischen Welt unter dem Winde, die frappierende Ähnlichkeit mit der realen Umgebung der Gestrandeten aufweist, obwohl sich die Parallelwelt inmitten der Einöde von Big Sur verbirgt.

Mira begegnet zum ersten Mal in ihrem Leben anderen Menschen außer ihrem Vater und fasst schnell Zuneigung zu den Gestrandeten in ihrer Welt, vor allem zu Fernando, dem jungen Mann mit Cowboyhut. Außerdem verstärkt die Ankunft der Gruppe Miras Wunsch, in die reale Welt zu gelangen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Gemeinsam mit den Neuankömmlingen stellt sich Mira der Herausforderung, der magischen Welt ihres Vaters zu entkommen.

Meine Meinung

Das hübsche Cover zu Oliver Plaschkas neuem Fantasy-Roman »Der Wächter der Winde« ist im Vintagestil gehalten und passt ausgesprochen gut zur Geschichte. Die Optik erinnert zudem stark an Oliver Plaschkas Roman aus dem Jahre 2010, »Die Magier von Montparnasse«. Die Geschichte ist, ganz Plaschka, auf mehrere Perspektiven ausgelegt und von William Shakespeares »Der Sturm« inspiriert.

Die komplexe Fantasygeschichte splittet sich auf mehrere Handlungsstränge auf, die von der Gegenwart über die 1990er, 1930er bis hin in die 1850er Jahre reichen und aus der Perspektive der unterschiedlichen Protagonisten erzählt werden.

In der Gegenwart befindet sich Antonia (Toni) mit ihrem Angestellten Francis im Wagen ihres ehemaligen Kontrahenten und Studienfreundes Alexander, mit dessen Sohn Bastian und der Fahrerin Swaine, als sie in einen Sturm geraten und durch einen Autounfall gemeinsam in die magische Parallelwelt unter dem Winde geschleudert werden. Diese magische Welt wurde, ebenfalls bei einem schweren Autounfall, in den 1990ern von Tonis Ehemann Ross erschaffen, der sich seither mit ihrer gemeinsamen Tochter Mira, dem Geist Ariel und Caliban dort aufhält. Aus den 1930er Jahren wird das Gangster-Paar Rince & Stephanie angespült, die sich durch einen eigenen Coup endlich von Al Capone lösen wollten, doch ihre Fahrt endet auch in einem Unfall mit ihrem Lkw voller Schmugglerware. Aus dem »Wilden Westen« in den 1850er Jahren verschlägt es den jungen Mann Fernando in die Welt unter den Winden, der ein Versprechen halten will und dabei das Herz von Mira gewinnt.

Die Einflüsse von Shakespeares Klassiker »Der Sturm« reichen von Figuren wie Caliban und Ariel, die sogar die gleichen Namen wie ihre Vettern aus dem Klassiker tragen, über Persönlichkeiten, die an die Protagonisten aus dem Original angelehnt sind wie z. B. Ross an den Zauberer Prospero bis hin zu einer modernen Interpretation des Ursprungstückes. So verfangen sich die Gestrandeten in einem Netz aus Vergangenheit, Wünschen, Hoffnungen, Schuld und sind ihren eigenen Intrigen genauso ausgeliefert wie Ross Macht, sie in der Welt unter den Winden festzuhalten.

Oliver Plaschka erweckt mit seinem bildhaften Schreibstil eine faszinierende Fantasy-Welt zum Leben und reichert diese mit einer vielschichtigen Erzählstruktur sowie Bezügen zu Shakespeares »Der Sturm« an. Um diesen Fantasy-Roman genießen zu können ist es jedoch nicht unbedingt notwendig den Klassiker zu kennen. Vielmehr sollte man sich gegenüber der Geschichte mit all ihren Irrungen und Wirrungen, die eine gewisse Tragik und Dramaturgie mit sich bringt, unvoreingenommen auf sich wirken lassen, sodass sich der Zauber von Plaschkas Erzählkunst richtig entfalten kann.

Mir hat der komplexe Aufbau sehr gut gefallen und auch das Oliver Plaschka die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet empfand ich als guten Ansatz, bei dem es jedoch durch die vielfältigen Erzählperspektiven und die entsprechend geringe Seitenanzahl pro Protagonist an Tiefe und Bezug zu den einzelnen Charakteren fehlte. Daher fühlte ich zu den agierenden Persönlichkeiten immer eine Distanz, obwohl ich gerne viel mehr mit ihnen mitgefiebert und mitgelitten hätte. Dennoch ist »Der Wächter der Winde« ein empfehlenswertes Buch für alle Fantasy-Fans, die mystische Geschichten und eine umfangreiche Erzählstruktur zu schätzen wissen.

Fazit

Magisch-Mystische Fantasy, die die Tragik eines Shakespeare Stückes in sich trägt.

Veröffentlicht am 25.10.2019

Ein charmanter sowie zeitloser Klassiker

Die vollkommene Lady
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Beschreibung

Julia Packett ist eine lebensfrohe Dame, die mit ihrem fröhlichen Naturell ihre Mitmenschen bezaubert und die meiste Zeit ihres Lebens einfach in den Tag hineinlebt. Als ihr freies Leben ...

Beschreibung

Julia Packett ist eine lebensfrohe Dame, die mit ihrem fröhlichen Naturell ihre Mitmenschen bezaubert und die meiste Zeit ihres Lebens einfach in den Tag hineinlebt. Als ihr freies Leben in London von einem finanziellen Engpass bedroht wird, kommt der Hilferuf ihrer Tochter genau zur richtigen Zeit. Julia lässt kurzerhand alle ihre Probleme stehen und liegen und kauft sich ein einfaches Ticket, um zu ihrer Tochter und Schwiegermutter nach Frankreich in die Haute-Savoie zu reisen.

In der idyllischen Landschaft und der Abgeschiedenheit des Anwesens soll sich Julia, die ihre Tochter eigentlich überhaupt nicht kennt, einen jungen Mann in Augenschein nehmen, den ihre Tochter zu ehelichen gedenkt. Für Julia stellt sich die schwierige Herausforderung, ihrer Tochter darzulegen, wie ungeeignet die Ehe mit diesem jungen Mann ist, ohne zu offenbaren, dass sie beide aus dem gleichen Holz geschnitz sind. Als der vornehme Patenonkel Sir William Waring anreist, um sich auch ein Bild des jungen Mannes zu machen wird die Situation noch einmal verschärft.

Meine Meinung

Nachdem letztes Jahr bereits eine Neuübersetzung von Margery Sharps Roman »Die Abenteuer der Cluny Brown« im Eisele Verlag herausgebracht wurde, folgt nun mit »Die vollkommene Lady« ein weiterer Roman der Autorin in einer Neuübersetzung von Wibke Kuhn, die erstmals 1937 erschien.

Obwohl die Erstveröffentlichung der Geschichte schon ein paar Tage zurückliegt hatte ich überhaupt keine Schwierigkeiten mich in Margery Sharps Erzählung zurecht zu finden, was sicherlich auch ein großer Verdienst der Neuübersetzung von Wibke Kuhn zu verdanken ist. Als Erzählstimme hat Sharp sich eine besonders fröhliche und amüsante Hauptprotagonistin auserkoren, die mit ihrer herzlichen und unbeschwerten Art mein Leserherz im Sturm erobert hat. Am schönsten finde ich, dass es sich bei Julia Packett um eine Frau handelt, die keine Probleme damit hat sich ihre eigenen Schwächen einzugestehen und das zu einer Zeit, in der die Gesellschaft viel Wert auf Etikette und ein gutes Benehmen legte.

Der Buchtitel passt insofern wie angegossen, dass Julia, die perfekte Schauspielerin in ihrer Rolle als Dame von Welt, alles daran setzt vor ihrer Tochter und Schwiegermutter als »Die vollkommene Lady« zu erscheinen. Doch die Maskerade steht auf einem brüchigen Fundament und droht mit der Zeit immer stärker ins Wanken zu geraten.

Im Vordergrund der Geschichte steht neben Julias einnehmendem Charakter die Tatsache, dass ihre Tochter Susan sich in einen Mann verliebt hat, der alles andere als für sie geeignet zu sein scheint. Während Susan sich um die Unterstützung und einer zustimmenden Meinung zu ihrer anvisierten Ehe mit dem Müßigänger Bryan sucht, dauert es nicht lange und Julia durchschaut den Charakter des jungen Mannes. Der Unterhaltungswert der Situation nährt sich nun aus der Krux, wie Julia es bewerkstelligen kann, denn jungen Windhund, der so gar nicht zu ihrer enrsthaften Tochter passt und zu ihrem Leidwesen viel zu sehr nach ihrem Naturell schlägt, entlarven kann ohne dass sie die wahre Beschaffenheit ihres eigenen Charakters dabei entblößt.

Margery Sharp hat mit »Die vollkommene Lady« einen Roman vorgelegt der vor allen Dingen durch eine polarisierende Hauptprotagonistin besticht und trotz des unaufgeregten Plots für heitere Lesestunden und Entertainment sorgt. Mit spitzer Zunge porträtiert die Autorin ein Bild der Gesellschaft zu den 30er Jahren und bricht mit ihrer Romanheldin Julia das Bild einer scheinbar perfekten Lady auf. Außerdem vermittelt die Geschichte die Botschaft an junge heiratsfähige Frauen, ihre Partnerwahl gut zu überdenken und nicht bei der ersten blinden Verliebtheit vor den Traualtar zu treten.

Fazit

Ein charmanter sowie zeitloser Klassiker, der in dieser hübschen Neuübersetzung hoffentlich den Weg in viele Leserherzen finden wird.

Veröffentlicht am 25.10.2019

Eine mysteriöse und vielfältige Schauerstory

Melmoth
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Beschreibung

In ihrem selbstauferlegten Exil hat es Helen Franklin nach Prag gezogen. Sie führt ein zurückgezogenes Leben und versagt sich selbst die kleinsten Freuden. Eines Tages gelangt durch einen ...

Beschreibung

In ihrem selbstauferlegten Exil hat es Helen Franklin nach Prag gezogen. Sie führt ein zurückgezogenes Leben und versagt sich selbst die kleinsten Freuden. Eines Tages gelangt durch einen befreundeten Professor eine merkwürdige Sammlung von Texten in ihren Besitz, die sich allesamt mit der Legende über eine mysteriöse Frauengestalt befassen, die für alle Ewigkeit dazu verdammt ist, vollkommen alleine auf der Erde zu wandeln. Schon bald greifen die düsteren Geschichten über Melmoth von den Niederschriften in Tagebucheinträge und Briefe weit hinaus und Helen fühlt sich auch in der Realität verfolgt. Doch existiert diese mystische Sagengestalt tatsächlich? Um das herauszufinden muss sich nicht nur Helen ihrer Vergangenheit stellen…

Meine Meinung

Melmoth, Melmotte, Melmotka, Melmat – die dunkle Frau, die für alle Ewigkeit dazu verdammt ist, in Einsamkeit auf der Erde zu wandeln und die armen sündigen Seelen derer heimzusuchen, deren Gewissen nicht frei von Schuldgefühlen ist, hat viele Namen. Doch alle Beschreibungen in Legenden, Tagebucheinträgen, Briefen und Geschichten erzählen eine ähnlich düstere Geschichte. Sarah Perry nimmt uns in ihrem neuen Roman »Melmoth« mit auf eine mysteriöse Reise in die tschechische Hauptstadt Prag.

Die Autorin konnte mich bereits mit ihrem unglaublich bildhaften Schreibstil in »Die Schlange von Essex« an die Seiten fesseln und auch in ihrem neusten Werk überzeugt Perry mit einer unglaublich dichten Atmosphäre die eine ganze Palette an Gefühlen hervorruft. Von einem stark beklemmenden Szenario, dass durch teilweise direkte Ansprache des Lesers zusätzlich verstärkt wird, bis hin zu schaurigen Sequenzen wird einiges geboten. Als Beobachter der Geschichte mit einbezogen zu werden ist ein guter Ansatz, jedoch fand ich die Einschübe mit der direkten Ansprache etwas gewöhnungsbedürftig.

Das Buch ist in drei Teile aufgeteilt, die diverse Lebensgeschichten erzählen und als Schnittpunkt die Begegnung mit der düsteren Zeugin Melmoth gemein haben. Die Hauptprotagonistin ist die zweiundvierzigjährige Engländerin Helen Franklin, deren Vergangenheit sie zu einem selbst auferlegten Exil nach Prag führte, wo sie durch den befreundeten Professor Dr. Karel Pražan an eine Dokumentensammlung über die Erscheinungen der geisterhaften Frau gelangt und durch diese Lektüre immer tiefer in den Sog ihrer eigenen Gedanken über ihre Vergangenheit und ihre eigenen Sünden gezogen wird.

Die Zeichnung von Helen Franklins faszinierendem Charakter ist Perry hervorragend gelungen und sorgt für ein besonders tiefgehendes Leseerlebnis. Häppchenweise rückt man an den Kern von Helens prägender Vergangenheit heran und wird mit einer dramatischen Lebensgeschichte überrascht. Als Katalysator hat Perry die entzückende und etwas schrullig anmutende Vermieterin Albína Horákovás herbeigezaubert, die mit ihrer extrovertierten Art eine frische Brise mitbringt.

Am berührendsten fand ich die Erzählung über die Kindheit von Josef Adelmar Hoffmann, die vor allen Dingen durch den Krieg und die Auswirkungen des Nationalsozialismus geprägt wurde, der seine Fänge bis nach Prag ausstreckte und durch den schamlosen Machtmissbrauch den perfekten Nährboden für einen Sündenpfuhl darbrachte. Diese tiefschürfenden Erlebnisse verfolgten Josef Adelmar Hoffmann bis ins hohe Alter und sorgten für seine ganz persönliche Begegnung mit Melmoth.

Im dritten Abschnitt bekommt der Leser das Tagebuch einer jungen Frau aus den 1930er Jahren zu lesen, die über ein Ereignis aus ihrem Leben berichtet, welches sich in Ägypten zutrug und über das Zeugnis von Namenlos und Hassan berichtet. Zu dieser Erzählung habe ich leider keinen rechten Zugang gefunden und habe diesen Abschnitt fast schon als Störung der Gesamtkomposition empfunden. Trotz diesem kleinen Abschwung zum Ende hat Sarah Perry mit »Melmoth« ein wirklich gelungenes und lesenswertes Werk vorgelegt, dass sich durch seine Dramaturgie auch wunderbar als Filmmaterial eigenen würde.

Fazit

Eine mysteriöse und vielfältige Schauerstory, die für ein cineastisches und absolut fesselndes Leseerlebnis sorgt.