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Veröffentlicht am 01.12.2019

Ernst und zugleich sehr unterhaltsam

Drüberleben
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Ida erwacht einmal mehr neben einem Mann, den sie bis vor wenigen Stunden noch nie gesehen hat, in einer Müllhalde, die ihre eigene Wohnung ist, und weiss, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Zum Glück ...

Ida erwacht einmal mehr neben einem Mann, den sie bis vor wenigen Stunden noch nie gesehen hat, in einer Müllhalde, die ihre eigene Wohnung ist, und weiss, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Zum Glück hat sie genau an diesem Tag den Termin in der Klinik, in die sie sich für unbestimmte Zeit begeben wird. Ohne sich noch einmal umzublicken und nach einer sehr kurzen Verabschiedung von dem Mann in ihrem Bett, verlässt sie das Haus und kommt pünktlich in der Klinik an. Nachdem sie dort gefühlte tausend Seiten Eintrittspapiere durchgelesen und unterschrieben hat, bekommt sie endlich eine kurze Führung durchs Gebäude. Schnell lernt sie einige Mitpatienten kennen, Richard, Peter, ihre Mitbewohnerin Isabell und einige andere. Schnell beginnt sie, sich über die Begrüssungsfloskel "und warum bist du hier?" zu ärgern, sie hat es satt, immer wieder ihre Geschichte zu wiederholen. Und auch bald realisiert sie, dass sie nicht allen einfach trauen sollte und dass ihre Mitbewohnerin nicht immer nur die Wahrheit erzählt und selber eine richtige Drama-Queen ist. Es geht einige Tage, bis Ida merkt, dass auch sie wohl nicht nur den anderen, sondern auch sich selber immer wieder etwas vor macht. Der Klinikalltag und die vielen Einzelgespräche lehren sie, auf sich selber zu hören und zu verstehen, was genau ihre Probleme sind, und wie sie diese anpacken kann. Die Autorin Kathrin Weßling schreibt in diesem Buch nicht nur über Ida, sondern immer auch ein wenig über sich selber und verarbeitet so ihre Vergangenheit und ihren früheren Alltag mit Depressionen. Trotzdem muss man klar trennen zwischen Ida und Weßling. Einzig der geschilderte Klinikalltag und die unterschiedlichsten Mitpatienten und Arztgespräche dürften wohl beiden, der Protagonistin und auch der Autorin, sehr gut bekannt sein.

Meine Meinung:
Auch wenn mir gewisse Szenen und Situationen, sowie Gedankengänge der Protagonistin zu extrem und teilweise zu aufgesetzt provokativ vorkamen, so hat mir das Buch doch sehr gut gefallen. Die Geschichte von Ida fesselt und berührt und mit einer schonungslosen Ehrlichkeit und trotzdem viel Ironie schafft es die Protagonistin, den Leser in ihren Bann zu ziehen. Das Buch kann es schaffen, Menschen zum Nachdenken anzuregen und es plädiert für mehr Respekt, Offenheit und Mut. Psychisch kranke Menschen sind auch (nur) Menschen und genau dies spürt man während der Lektüre von "Drüberleben" und dies ist es wohl auch, was uns die Autorin auf den Wege geben will und was sich sicher einige Menschen ein wenig bewusster überlegen sollten.

Fazit:
Ein unterhaltsames Buch mit einem ernsten Hintergrund, welches zum Nachdenken anregt und für mehr Verständnis und Toleranz plädiert.

Veröffentlicht am 03.11.2019

Humorvoller und fesselnder Auftakt einer Jugendbuchreihe

Selection
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Inhalt:
America ist eine fünf und stammt damit aus der Künstler- und Musikerkaste, welche im Staat Illeá eine sehr niedrige Bedeutung hat. Das verdiente Geld reicht nicht für grossen Luxus und von den ...

Inhalt:
America ist eine fünf und stammt damit aus der Künstler- und Musikerkaste, welche im Staat Illeá eine sehr niedrige Bedeutung hat. Das verdiente Geld reicht nicht für grossen Luxus und von den Mahlzeiten bleibt nie etwas übrig, weil die Mittel zu knapp sind. Doch America hat Aspen. Aspen stammt aus der Kaste sechs und somit ist ihre Beziehung zum Scheitern verdammt, wenn er nicht genug Geld zusammen bringen und sie heiraten kann. Doch seine Familie hungert noch viel mehr und arbeitet als Bedienstete von höheren Kasten. Diese Liebe muss also streng geheim gehalten werden.
Eines Tages kriegt Amercia die Einladung zum Casting aller Mädchen des Staates Illeá welche sechzehn Jahre alt oder älter sind. Aus diesen vielen Mädchen werden 35 Schönheiten ausgewählt, welche um die Gunst des Prinzes von Illeá buhlen müssen und dürfen und so die Möglichkeit haben, in eine höhere Kaste aufzusteigen, viel Geld zu verdienen oder sogar Prinzessin zu werden. Amercia weigert sich, wird aber von Aspen und ihrer Familie überredet, die Chance zu ergreifen. Sie meldet sich an und wird tatsächlich ausgewählt. Doch sie will diesen Prinzen gar nicht, sie will Aspen und sie will gar nicht gegen andere Mädchen um einen Prinzen kämpfen. So bietet sie dem Prinzen einen Deal an: er lässt sie bleiben, bis ihre Familie genügend Geld für ein besseres Leben erhalten hat und dafür hilft sie ihm, aus den vielen Mädchen auszuwählen. Doch sie hat die Rechnung ohne ihre Gefühle und ohne Aspen gemacht, welcher plötzlich im Palast auftaucht.

Meine Meinung:
Ich würde mich als emanzipierte junge Frau bezeichnen und deshalb ist mir so ein Auswählverfahren, welches mich stark an „Der Bachelor“ und ähnliche Formate erinnert ziemlich zuwider. Ich war jedoch froh, dass es Amercia genau so ging. Sie beginnt sich aber nach und nach an die Situation und ihre neuen Möglichkeiten zu gewöhnen und verstrickt sich immer mehr in eine komplizierte Freundschaftsbeziehung mit dem Prinzen Maxon. Dies verstehe ich sehr gut. Ausserdem ist sie in einer Situation, in der sie diese Möglichkeit als einzigen Ausweg für ihre Familie sieht. Ich finde es jedoch sehr schade, wie die Beziehung zwischen Aspen und Amercia sich vor ihrer Abreise verändert hat und es ist somit auch verständlich, dass es ihr nun leichter fällt, sich auf den Prinzen einzulassen. Dieser verhält sich meiner Meinung nach teilweise sehr kindlich, und dann trotzdem wieder sehr erwachsen und reif, was eigentlich gut zu seinem Alter, nicht aber unbedingt zu seiner Position als Prinz von Illeá passt. Eigentlich habe ich anfangs nur weiter gelesen, weil ich unbedingt wissen wollte, wie die Geschichte endet. Aber dann hat mich der Schreibstil so gefesselt, dass ich einfach weiter gelesen habe und innerhalb von kürzester Zeit war das Buch dann auch schon beendet. Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht, auch wenn ich mich mit gewissen Strukturen des Buches (kindlicher Prinz, überhaupt nicht emanzipierte junge Frauen, welche um einen Mann buhlen) überhaupt nicht anfreunden kann.

Fazit:
Ein unterhaltsames, spannendes und faszinierendes Jugendbuch, welches hungrig auf die weiteren Teile macht und über einen sehr fesselnden Schreibstil verfügt.

Veröffentlicht am 29.09.2019

Gemütlich und unterhaltsam

Schneeflockenträume
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Inhalt:

Josie ist kreativ, empathisch und erfolgreich und hat sich gerade einen neuen Job ergattert, der sie in das Restaurant einer Kochlegende führen wird und der sie auf der Karriereleiter hoffentlich ...

Inhalt:

Josie ist kreativ, empathisch und erfolgreich und hat sich gerade einen neuen Job ergattert, der sie in das Restaurant einer Kochlegende führen wird und der sie auf der Karriereleiter hoffentlich ein ganzes Stück nach oben bringt. Vorher kommt es aber noch, wie es kommen muss: sie verliebt sich in der Sommersaison in Alaska, in der sie in Ponder die Küche einer Lodge führt, in Palmer, einen gutaussehenden Schwertschmied. Josie will sich und Palmer das Herz nicht brechen, sie möchte aber auch nicht auf die einmalige Karrierechance verzichten, weshalb sie sich für einen Kompromiss entscheidet, der alles nicht einfacher macht.


Meine Meinung:

Debbie Macombers Bücher sind in der Regel ein Garant für kurzweilige, romantische Lesestunden und sie lassen mir zudem sehr oft das Wasser im Munde zusammenlaufen. Gut, letzteres war bei "Schneeflockenträume" definitiv nicht der Fall, da gefühlt ausschliesslich Elchfleisch konsumiert wird, aber kurzweilig und romantisch war mein Ausflug nach Ponder alleweil. Allerdings auch ein wenig schnell vorbei, insgesamt hätten die Polarlichter nämlich durchaus ein wenig intensiver glitzern und die Stunden am Kaminfeuer, im lustigen Schneetreiben oder auch in der Küche ein wenig ausgedehnter gestaltet werden können. Auch haben mir detaillierte Ausschmückungen der vorweihnachtlichen Stimmung, Dekoration und Gaumenfreuden ein wenig gefehlt, da war wohl die Zeit bis zum Abgabetermin oder die vorgegebenen Seitenzahl ein wenig zu knapp bemessen...

Abgesehen davon hat mich das Buch und vor allem der brummige aber herzensgute Jack, Palmers guter Freund und Ratgeber, sehr gut unterhalten, wenn auch die Rollenverteilung ein wenig gar stereotyp war. Dass die Köchin nunmal am Herd steht, ist mir natürlich bewusst. Dass es aber ausser Frage steht, dass der Mann ihrer Träume sein Leben hinter sich lässt und zu ihr zieht, dies aber umgekehrt von ihr erwartet, ist nicht mehr ganz zeitgemäss. Ausserdem haben mich zwei logische Fehler (woven einer ein Fehlerchen war) ein wenig aus dem Lesefluss gebracht.

SPOILER!!! Achtung, ich spoilere dies einmal, ihr lest folgende kursive Zeilen auf eigene Gefahr (wenn auch nicht viel Handlung verraten wird, ich will euch nur gewarnt haben):

Zum Einen besuchen Jack und Palmer Josie an ihrer neuen Arbeitsstelle und Josie linst um die Ecke, um zu sehen, ob es sich wirklich - wie sie aufgrund der Beschreibung ihrer Arbeitskollegin vermutet - um die beiden handelt. Sie sieht, dass es wirklich Jack und Palmer sind. Am Ende der nächsten Seite ist sie sich nicht sicher, ob es wirklich Jack und Palmer sind (obwohl sie dies ja unzweifelhaft mit eigenen Augen gesehen hat) und es bleibt ihr nichts anderes übrig, als die Küche zu verlassen und sich davon zu überzeugen, wer wirklich vor ihr sitzt. Hää?

Zum Anderen spricht sie ca. in der Mitte des Buches davon, dass ein Food-Blog/Koch-Blog in Ponder nie rentieren würde. Am Ende des Buches führt sie einen ebensolchen Blog sehr erfolgreich und ist nicht einmal selber auf die Idee gekommen, sondern ist von Angie auf diese Idee gebracht worden. Die Idee hat sie aber hundert Seiten vorher noch verworfen, hat also damals effektiv mit dem Gedanken gespielt und weiss dies am Ende des Buches nicht mehr? Komisch...



Spoiler Ende!!!

Schreibstil:

Gewohnt flüssig, leicht und mit viel Wohlfühlcharakter erzählt Debbie Macomber von einer Landschaft, in die man sich definitiv verlieben kann und stattet ihre Figuren mit lebenswert-skurrilen Eigenschaften aus, die für viel Unterhaltungswert sorgen. Josie hat mir sehr gut gefallen und ich hätte gerne noch ein wenig mehr aus ihrem Leben erfahren. Wie die Beziehung zwischen ihr und Palmer sich entwickelt, war meiner Meinung nach realistisch erzählt und auch ihr Alltag im Beruf als Köchin hat sicher einiges mit der Wirklichkeit gemein, wenn auch ich es ein wenig schade fand, dass sie nicht ein paar Chancen mehr gehabt hat, sich als Köchin zu beweisen und als eher schwach und nicht sehr belastbar dargestellt worden ist. Wichtige Lebensentscheide hat sie allerdings komplett selber und sehr stark und mutig gefällt, ist für sich eingestanden und hat Palmer nicht zu leichtes Spiel gelassen, was mir gut gefallen hat.


Meine Empfehlung:

Dieses Buch (respektive: dieses Büchlein) ist ein kleiner Lesesnack, der schon ein wenig winterliche Stimmung verbreitet und leicht, romantisch und sehr liebevoll erzählt daherkommt. Das Buch ist kein Muss, aber eine schöne und entspannende Lektüre, welche mir meinen Sonntagnachmittag versüsst hat.

Veröffentlicht am 28.09.2019

Zu eindimensional, aber wichtig und wundervoll erzählt

Das Licht ist hier viel heller
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Der schwierige Einstieg:

Wer hier schon länger mitliest, weiss, wie begeistert ich war von Mareike Fallwickls Erstling "Dunkelgrün fast schwarz", weshalb ich mir natürlich auch ihr zweites Buch kaufen ...

Der schwierige Einstieg:

Wer hier schon länger mitliest, weiss, wie begeistert ich war von Mareike Fallwickls Erstling "Dunkelgrün fast schwarz", weshalb ich mir natürlich auch ihr zweites Buch kaufen wollte. Ich freute mich schon lange darauf - der Hype war Wochen vor dem Erscheinungstermin ausgebrochen - und stieg dann fast ganz ohne Vorwissen ein, was toll war. Nur leider gestaltete sich der Einstieg zäh. Obwohl ich die charakterstarke Sprache sofort wiedererkannte, waren mir die Figuren zu eindimensional und stereotyp gezeichnet. Fallwickl legt ihren Protagonisten schon in den ersten Kapiteln alles an Voruteilen in den Mund, was nur geht. Egal ob Deutsche, Schweizer, Bloggerinnen und Influencerinnen, und natürlich auch egal ob Frau oder Mann, da wird an niemandem ein gutes Haar gelassen. Gerade weil Fallwickl ihre Figuren in einem eher gebildeten Menschenschlag ansiedelt, war mir das ein wenig zu plakativ und undifferenziert, die Handlung floss dröge dahin, die ersten knapp zweihundert Seiten langweilten mich. Ich wartete auf Paukenschläge, Provokation, grosse Ereignisse und zum Nachdenken anregende Wendungen.


Und dann...:

Die Grundstimmung ändert sich plötzlich, das Erzähltempo wird gesteigert und Fallwickl macht genau das, was ihr Protagonist Wenger macht: sie wird konkret und ich fragte mich, was denn vorher dieses ganze Herumdümpeln in den seichten Gewässern von Coktailpartys und den leeren Weiten einer verranzten Wohnung sollte. Was die Frauen in "Das Licht ist hier viel heller" erleben und auch verbal über sich ergehen lassen müssen, ist uns allen sicher wohlbekannt. Wie die "Wengers" normalerweise davonkommen, wissen wir auch. Und es wird schnell klar, dass Fallwickln nicht eigentlich den "Typus Wenger", sondern vielmehr die ganze Gesellschaft, welche diesen Typus mitgeformt hat und weiterhin mitträgt, anklagt. Sie schafft es, ganz subtil aufzuzeigen, wie Grenzüberschreitungen geschehen können und welche Dominanz und Selbstverständlichkeit - und leider oft auch Akzeptanz - damit einhergeht. Aber die Subtilität und das Einschleichen solcher Muster in die Beziehungen zwischen Frau und Mann, sind nicht nur das grösste Plus dieses Buches, sondern auch seine grösste Schwäche. Ich höre die vielbesungenen "alten, weissen Männer" schon belustigt vor sich hin murmeln und ihre fetten Ärsche in den Ledersesseln knarzen, während sie sich genüsslich einen weiteren Brandy einschenken und sagen: "Aber der Wenger, der war ja nun wirklich arm dran. Der wurde von Frau und Kindern verlassen, verleumdet und letztendlich in eine Ecke gedrängt, in die er gar nicht gehört. Er hat sich ja sogar noch entschuldigt, der Gute. Der andere hat sich schon ein wenig daneben benommen, aber ich weiss wirklich nicht, was ihr alle habt, es ist ja gar nichts passiert." Und genau das ist es, was wütend macht. Dass wir, die wir wissen, von was Fallwickl schreibt, immer wieder niedergerungen werden von solchen, die sich alles schönreden und leider lässt sich auch dieses Buch schönreden. Leider war da dann doch zu wenig konkret, was hätte auf den Tisch gebracht werden müssen und leider gibt es sicher Menschen, welche genau falsch verstehen, was eigentlich gemeint war und ja, das ist nicht das Problem der Autorin. Aber es ist ein Problem, das weiter bestehen bleibt, solange subtile Fallstudien - auch wenn sie grandios romanesk verpackt werden - nicht eindeutiger, brutaler und ekeleregender erzählt werden und es ärgert mich, dass ich dies so fordern muss, weil offensichtlich "Das Licht ist hier viel heller" noch lange nicht reicht.


Die Nebenfiguren:

Wenn Wenger die Hauptfigur ist, sind seine Ex-Frau und seine Kinder die Nebenfiguren. Seine Frau bleibt hohl und blass und oberflächlich und befeuert leider weiter die Vorurteile, welche die hier kritisierten Herren der Schöpfung gerne über davonziehende Ehefrauen bemühen.

Aber bei Wengers Kinder läuft Mareike Fallwickl zu ihrer ganzen Grösse auf. Da zeigt sie, was eigentlich in ihr steckt und sie lässt die starke und mutige Zoey erzählen, selber denken und schwierige Entscheidungen treffen, ihren Vater und ihre Mutter kritisieren, die Gesellschaft anprangern und dabei Kunst erschaffen. Sie lässt Zoey zuerst leise und dann immer lauter Widerstand leisten und für sich einstehen, so wie wir alle für uns einstehen sollen. Und dann ist da Spin, Zoeys kleiner Bruder. Der einfühlsame und sympathische junge Mann, der sich abgrenzt von einem Männerbild, das ihm vorgelebt worden ist, der für seine Schwester einsteht, auch wenn er sie nicht immer versteht und schade, dass er schwul ist, es wäre so viel toller gewesen, wenn all diese Eigenschaften bei einem heterosexuellen Mann aufgetaucht wären, auch hier also leider wieder Stereotyp über Stereotyp. Aber die zärtlichen Beschreibungen der Geschwisterbeziehung zwischen Zoey und Spin ist etwas vom Schönsten, das ich je über Familien gelesen habe und es ist ein schriftstellerisches Meisterstück, wie Fallwickl es schafft, die positive Entwicklung dieser Menschen sanft und aufmerksam beobachtend in ihren Roman einzuflechten, wie sie deren Vergangenheit, die darin verarbeiteten Verletzungen und Enttäuschungen, aber auch zahlreiche Abenteuer einbaut und dabei stets die Handlung im Blick behält und die Geschwister miteinander und aneinander wachsen lässt, wie es schöner nicht erzählt werden könnte.


Meine Empfehlung:

Und allen Kritikpunkten zum Trotz ist dieses Buch somit natürlich ein Muss. Ein Muss, weil es anregt, weil es für Gesprächsstoff sorgt, weil es uns dazu bringt, nach mehr zu verlangen, zu erzählen, zu diskutieren, nach Lösungen zu suchen und nach Bestrafungen zu schreien. Und weil es von einer sprachlichen Schönheit ist, die ihresgleichen sucht, Regionalkolorit und eine breite Gefühlpalette beinhaltet und von einem scharfen Intellekt und einer Leidenschaft zum Erzählen geprägt ist.

Veröffentlicht am 01.09.2019

Trotz einiger Längen sehr spannend und märchenhaft erzählt

Der verborgene Garten
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Handlung:

In mehreren Zeitebenen wird erzählt, wie die Australierin Cassandra sich auf die Suche nach ihren Wurzeln macht. Der einzige Hinweis ist das Erbe ihrer Grossmutter, ein Haus an der Küste Cornwalls. ...

Handlung:

In mehreren Zeitebenen wird erzählt, wie die Australierin Cassandra sich auf die Suche nach ihren Wurzeln macht. Der einzige Hinweis ist das Erbe ihrer Grossmutter, ein Haus an der Küste Cornwalls. Bei ihrer Reise nach Cornwall muss Cassandra sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen, wie es ihre Grossmutter vor Jahrzehnten auch schon getan hat. Nur ist ihre Grossmutter damals nie dazu gekommen, ihre Suche zu Ende zu bringen. In den Rückblenden erfahren wir, wie es Nell, Cassandras Grossmutter ergangen ist und lesen ausserdem von Eliza, die als Waise mit ihrer Cousine gemeinsam aufwächst und ebenfalls in Cornwall ihr vorübergehendes Zuhause gefunden hat.


Meine Meinung:

Die ersten paar Seiten dieses Buches lasen sich meiner Meinung nach ein wenig zäh. Dann aber habe ich immer besser in die Geschichte hineingefunden und mich selber mehr und mehr auf die Lösung des Rätsels gefreut. In der Mitte fanden sich wieder einige Längen, respektive mir waren die steten Wechsel der Perspektive insgesamt ein wenig zu anstrengend, weil die gleiche (oder sehr ähnliche) Geschichte meistens aus zwei oder sogar gleich drei Sichten geschildert wurde, obwohl schon klar war, worauf das Ganze letztendlich hinauslaufen würde. Aber gegen Ende kam noch einmal Fahrt auf, einige überraschende Wendungen wurden eingestreut und ich habe die letzten Seiten wie im Flug gelesen. Besonders gut gefallen hat mir übrigens immer die Reise in die Vergangenheit und Elizas Sicht. Von diesem kleinen Wirbelwind hätte ich gerne noch mehr erfahren und sie länger durch diese Geschichte begleitet. Leider kam für mich das Ende dann ein wenig überstürzt. Über so viele Seiten hinweg wurde die Geschichte entwickelt und viel Spannung aufgebaut und am Ende war dann alles ein wenig gar schnell erledigt und aufgelöst, was meiner Meinung nach sehr schade war.
Was mir dann aber sehr gut gefallen hat, waren die eingebauten Märchen und die Geschichten, welche sich um die Autorin dieser Märchen und die Verflechtungen ihrer Erlebnisse und Erzählungen mit der restlichen Romanhandlung drehen. Das ist wirklich ausserordentlich gut gelungen und wundervoll eingebaut worden.


Schreibstil:

Die Sprache dieses Buches hat mir sehr gut gefallen und vor allem hat es Kate Morton meiner Meinung nach gut geschafft, die unterschiedlichen Lebensumstände ihrer Protagonistinnen einzufangen und die drei Frauen damit gut durch ihre jeweilige Geschichte zu begleiten. So wird auch klar, warum alles so gekommen ist, wie es wohl kommen musste und weshalb die Figuren handelten, wie sie es eben taten. Besonders schön waren übrigens die Gartenanlagen beschrieben. Sie geben dem Buch zu Recht den Titel und die Beschreibungen davon lassen romantische und verträumte Gefühle sowie eine märchenhafte Stimmung aufkommen.


Meine Empfehlung:

Dieses Buch hat mich trotz einiger Längen aufgrund seiner fesselnden Sprache und den wundervoll geschilderten Gärten, sowie den stimmig erzählten Hintergrundgeschichten der Protagonistinnen überzeugen können, weshalb ich es euch gerne weiterempfehle.