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Veröffentlicht am 22.01.2020

Hellsehen für Anfänger

Das Labyrinth von London
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Zuerst einmal: Vergesst diesen dümmlichen Klappentext. Der hat mit der Handlung so viel zu tun wie ein Einhorn mit dem Reparieren von Uhren. Wahrscheinlich möchte man auf den Aaronovitch-Zug aufspringen, ...

Zuerst einmal: Vergesst diesen dümmlichen Klappentext. Der hat mit der Handlung so viel zu tun wie ein Einhorn mit dem Reparieren von Uhren. Wahrscheinlich möchte man auf den Aaronovitch-Zug aufspringen, aber so funktioniert das eher schlecht.

Alexander Verus ist ein Magier, der in London lebt. Ein echter, keiner, der so Geldmünzen hinter Ohren oder Hasen aus Zylindern hervorholt. Er ist Hellseher, kann also gewisse Sachen aus der Zukunft sehen. Eines Tages fällt ihm nicht nur ein sonderbares Artefakt in die Hände, aus dem er nicht schlau wird, sondern ihn sucht auch jemand vom Rat auf, um ihn für einen seltsamen Job anzuheuern. Da Alex und der Rat nicht auf besten Fuß stehen, lehnt er ab. Nur kurz darauf erhält er dasselbe Angebot von der Magier-Mafia, das er fast noch schwerer ablehnen kann. Alles läuft am Ende darauf hinaus, dass zwei Parteien etwas Mächtiges beherrschen wollen und Alex samt seiner Freundin Luna mitten ihnen stehen.

Ich mag Magier. Ich lebe quasi in Hogwarts und amüsiere mich immer wieder mit Peter Grant in London. Kein Wunder also, dass ich auch zu diesem (Hör)Buch greifen musste. An und für sich sind die Ideen auch sehr cool. Ein Magier mit Zauberladen, eine nähende Riesenspinne von der Größe und dem Gewicht eines Kleinwagens, ein Luftelementar, den man gelegentlich als Taxi nehmen kann, der Fluch einer jungen Frau und ein Tarnumhang, den Alex wahrscheinlich von Harry geklaut hat. Soweit, so gut.

Kaputtgemacht wird das Ganze durch ewiges Drumherumlabern. Selten habe ich so viele nichtssagende Dialoge gehört, die nicht auf den Punkt kamen und wo Fragen gestellt wurden, die schon beim ersten Satz beantwortet waren. Dann hat der Autor scheinbar nicht begriffen, dass in Actionszenen auch etwas Wichtiges vorkommen muss: nämlich Action! Man kann während einer gefährlichen Szene nicht erst ausführlich darüber dozieren, warum dieses oder jenes funktioniert (oder auch nicht). Wenn man das nicht vorher unauffällig im Fließtext untergebracht hat, hat man seinen Job irgendwie verfehlt. Ich könnte jetzt noch ewig selbst darüber dozieren, warum dieses Buch zumindest für mich so gar nicht funktioniert hat, aber dann wäre ich kaum besser als Jacka. Zumindest den Sprecher trifft keine Schuld. Er und der völlig verpeilte Luftelementar waren meine Highlights in dem Hörbuch.

Veröffentlicht am 18.01.2020

Atme!

Freefall – Die Wahrheit ist dein Tod
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In den Rocky Mountains stürzt ein Flugzeug ab. Einzige Überlebende ist die einunddreißigjährige Ally, die zwar voller Verletzungen ist, aber weiß, dass sie verschwinden muss, denn jemand ist hinter ihr ...

In den Rocky Mountains stürzt ein Flugzeug ab. Einzige Überlebende ist die einunddreißigjährige Ally, die zwar voller Verletzungen ist, aber weiß, dass sie verschwinden muss, denn jemand ist hinter ihr her. Sie packt alles ein, was sie gebrauchen kann und verschwindet in der Wildnis, bevor Helfer - oder schlimmer - Verfolger am Unglücksort auftauchen können. Wenig später erhält ihre Mutter Maggie die Nachricht von ihrem Tod und ist natürlich geschockt. Gleichzeitig jedoch will sie sich nicht mit den offiziellen Erklärungen abspeisen lassen und forscht selbst im Leben ihrer Tochter nach, von der sie sich in den letzten Jahren - nach dem Tod ihres Mannes Charles und Allys Vater - entfremdet hat. Sie kommt einer Sache auf die Spur, die vielleicht nicht nur Allys Leben kosten könnte ...

Ich hatte die Leseprobe gelesen und fand sie gut. Mir imponierte diese Ally, die kurz nach dem Absturz so klar denken konnte, dass sie alles tat, um zu überleben. Und ich dachte, sie wäre die ganze Zeit diese Frau vom Anfang: tough, konzentriert, irgendwie cool und unter Strom, denn sie wusste, was sie erwartete. Tatsächlich jedoch waren das die einzigen lichten Momente, die ich persönlich mit Ally erlebte. Ansonsten ist die Frau, die zwar von allen als stark und clever bezeichnet wird, eine furchtbare Person. Wie ein Teenager schiebt sie alles, was ihr passiert, auf andere. Sie lässt sich von vorne bis hinten manipulieren, hat aber auch nur Verachtung für andere Frauen übrig, die dasselbe tun. Maggie war da schon sympathischer, auch die Leute in dem kleinen Ort in Maine, wo sie wohnt.

Mit Maggies Strang hätte man vielleicht vieles rausreißen können, wenn die Geschichte nicht so übel konstruiert gewesen wäre. Die amerikanischen Polizisten müssen alle völlig dumm und schludrig sein, sonst könnte das Buch von vornherein nicht funktionieren. Mit traumwandlerischer Sicherheit verfolgt ein Typ eine Frau in der Wildnis, kommt ihr aber nie wirklich näher - ein bisschen wie in den Horrorfilmen der 60iger, nur noch lächerlicher. Hier wird rechts und links des Weges gemordet, aber die Polizei ist zu blöd, das zu erkennen.

Ich weiß nicht, warum dieses Buch so als Hype aufgebaut werden soll. Es ist nicht schlecht geschrieben, aber dermaßen unlogisch, dass sich beim mitdenkenden Leser die Zehennägel aufrollen. Vielleicht funktioniert es als Hollywood-Film, als Buch ist es ein Absturz in den Rocky Mountains.

Veröffentlicht am 23.11.2019

Black Out

Draussen
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Cayenne und Joshua leben ihr ganzes Leben am Rande der Gesellschaft, wenn nicht sogar im Wald. Ihr Ziehvater Stephan besteht darauf, ebenso, sie auf Nahkampftechniken, Survival und andere Dinge zu trainieren. ...

Cayenne und Joshua leben ihr ganzes Leben am Rande der Gesellschaft, wenn nicht sogar im Wald. Ihr Ziehvater Stephan besteht darauf, ebenso, sie auf Nahkampftechniken, Survival und andere Dinge zu trainieren. Die siebzehnjährige Cayenne hält das mittlerweile für übertrieben und lehnt sich immer öfter gegen Stephan auf. Doch dass er Recht hat, merkt sie eines Tages, als sie von einem Mann angegriffen und fast getötet wird. Doch damit ist es nicht getan. Durch heftige Unwetter kommt es in Deutschland zu einem Black Out, einem flächendeckenden Stromausfall. Und jemand aus den höchsten Kreisen hat noch eine Rechnung mit Stephan und den Jugendlichen offen.

Zuerst das Positive: Es war gut geschrieben. Damit beginnen und enden die Vorteile des Buches. Hier wird sich unter anderem extrem fleißig aus der Klischeekiste des Supermarkts für 99 Cent bedient. Der verfettete Verschwörungstheoretiker, der seine Bude verkommen lässt. Die blonde Sekretärin aus dem Ministerium, die sich flachlegen lässt, und deren Namen der Antagonist gleich wieder vergisst. Ein Wurzelzwerg von Reichsbürger, der so weit vorbereitet ist, dass er alles außer einer Atombombe übersteht. Ein Asiate, meist stoisch und natürlich in Kampfkunst geschult und loyal bis zum Schluss. Bei den Auswirkungen des Black Outs hatte ich das Gefühl, das gleichnamige Buch von Elsberg nochmal zu lesen. Das wäre alles nicht so übel, wie es sich jetzt anhört, wenn wenigstens die Ausgangsbasis für die ganze Geschichte einen logischen Untergrund besäße. Mit ein bisschen Nachdenken wird jedoch klar, dass man sich schon hier in Treibsand befindet. Wer sollte den Aussagen von Stephan und den Kindern glauben? Genau. niemand. Zwischendurch kann man sich auch fragen, wie es der schurkische Schurke überhaupt innerhalb der wenigen Jahre geschafft hat, in eine so hohe Position zu steigen, wie er besetzt. Aber das ist dann bei all dem, worüber man sich so Gedanken macht, nur noch Nebensache und macht das Buch dann auch nicht besser oder schlechter.

Empfehlung: Klüpfel/Kobr, bleibt bei euren Leisten im Allgäu.

Veröffentlicht am 10.11.2019

Für Eve

Eve of Man (I)
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Fünfzig Jahre lang wurden auf der ganzen Welt keine Mädchen mehr geboren - und dann kam sie: Eve. Dieses Kind ist der kostbarste Schatz der Menschheit, denn auf ihr ruht die Hoffnung, dass eben diese überlebt. ...

Fünfzig Jahre lang wurden auf der ganzen Welt keine Mädchen mehr geboren - und dann kam sie: Eve. Dieses Kind ist der kostbarste Schatz der Menschheit, denn auf ihr ruht die Hoffnung, dass eben diese überlebt. Die Männer haben natürlich völlig die Macht an sich gerissen, Frauen zur Brut verdammt, den Planeten vor die Hunde gehen lassen. Stürme sind an der Tagesordnung, das Klima ist kaputt. Doch Eve wächst behütet und abgeschirmt von allem in einem 4000 Meter hohem Turm auf, wird von alten Frauen behütet, unterrichtet und sportlich gehalten. Junge Männer, so genannte Piloten, schlüpfen regelmäßig in eine Art Avatar, um ihr als "Holly", der besten Freundin, Gesellschaft zu leisten. Einer davon ist Bram, der Sohn des Wissenschaftlers, der hinter allem steht, was hier passiert. Doch sowohl Eve als auch Bram merken irgendwann, dass es nicht mehr nur um die Rettung der Menschheit geht, sondern nur noch Macht, und sie beschließen, sich aufzulehnen ...

Okay. Ich weiß nicht wirklich, was ich erwartet habe. Vielleicht etwas mehr logischer wissenschaftlicher Hintergrund? Ich meine, selbst wenn Eve in der Lage wäre, nur Mädchen zu gebären, sie allein könnte die Menschheit mit ihren Nachkommen nicht retten. Das müsste auch den Protestierenden und allen anderen Regierungen, die sich anscheinend der Organisation, die Eve besitzt, klar gewesen sein. Doch selbst wenn wir das mal außen vor lassen, bleibt von der Geschichte nicht viel Substanz. In der ersten Hälfte zeichnen sich die beiden Protagonisten dadurch aus, dass sie immer genau das tun, was das Dümmste ist, obwohl sie genau wissen, dass sie permanent überwacht werden. Ab der zweiten Hälfte kommt dann Action hinzu, allerdings so furchtbar pathetisch und unlogisch, dass es schwer fällt, dabei zu bleiben. Was ist also übrig von dem Buch? Jedenfalls auf meiner Seite nicht das Bedürfnis, noch mehr Bände dieser Trilogie zu lesen.

Veröffentlicht am 16.10.2019

Teenie-Apokalypse

Lovely Curse, Band 1: Erbin der Finsternis
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Aria ist sechzehn und hat ihre Eltern bei einem Unfall verloren. Deshalb zieht sie von New York nach Texas zu ihrer Tante auf eine Ranch. Das Leben im texanischen Kaff fällt ihr nicht leicht und auch in ...

Aria ist sechzehn und hat ihre Eltern bei einem Unfall verloren. Deshalb zieht sie von New York nach Texas zu ihrer Tante auf eine Ranch. Das Leben im texanischen Kaff fällt ihr nicht leicht und auch in der neuen Schule hat sie's schwer. Eine Mädchenclique um die örtliche Schulkönigin mobbt sie. Zum Glück gibt es gleich zwei Ritter in schimmernden Rüstungen, die sich sofort um sie bemühen: den absolut perfekten Sunnyboy Simon und den mindestens genauso perfekten Bad Boy Dean. Während Aria versucht, sich einzuleben, geschehen seltsame Dinge. Eine Alge vergiftet das Wasser und damit die Tiere, Arias Haare färben sich über Nacht, ein paar Leute sind der Meinung, sie müssten ihr unbedingt ihre tiefsten Geheimnisse anvertrauen. Die Apokalypse ist vorprogrammiert!

Dass der Untergang der Welt in Texas beginnt, war spätestens klar, als Bush senior an die Macht kam. Ich hatte allerdings nicht erwartet, dass er so banal und langweilig daherkommen würde und dass das größte Problem darstellen würde, sich zwischen zwei Jungs zu entscheiden. Der eine von beiden ist ein Christian-Grey-Abklatsch, der am liebsten das Mädchen 24/7 kontrollieren würde, der andere ein ganz, ganz schlimmer Bad Boy, der allerdings ständig zu Hilfe eilt und die Protagonistin mit Respekt behandelt. Natürlich ist er auch ein ganz, ganz schlimmer Frauenverführer, bei dem ein Blick aus seinen dunklen Augen genügt, die Knie weich werden zu lassen. Vielleicht muss die Protagonistin auch einfach mal einen Orthopäden aufsuchen, normal ist das nicht. Vielleicht bin ich auch einfach zu alt, um einen sechzehnjährigen Casanova ernstnehmen zu können. Ansonsten plätscherte die Geschichte mit den typischen Teenie-Dramen dahin, ohne auch nur Ansätze von Spannung zu erzeugen - es sei denn natürlich, man knabbert an den Fingernägeln, wenn man liest, wie jemand Kerzen herstellt. Die Protagonistin konnte mich auch nicht überzeugen. Sie ist eher der lethargische Bella-Swan-Typ (okay, bei der hat's ja auch mit zwei Jungs geklappt) ohne besondere Merkmale, die deutlich machten, warum sich die Helden um sie bemühten. Viele Dialoge klangen bemüht cool, als hätte sie sich vorher Sprüche auf Instagram angesehen und auswendig gelernt. Jedenfalls trieft das Buch vor lauter Kitsch und Klischees und langweilt auf 400 Seiten, bis auf den letzten 20 endlich mal was passiert. Kann ich nicht weiterempfehlen.